Verwaltungsgericht Hamburg:
Urteil vom 20. Dezember 2011
Aktenzeichen: 8 K 1101/11

(VG Hamburg: Urteil v. 20.12.2011, Az.: 8 K 1101/11)

Tenor

1. [Es] wird festgestellt, dass die Übertragung von x% der Kommanditanteile an der X GmbH & Co.KG auf die Klägerin keiner Genehmigung durch den Dienstherrn bedarf.

2. Die Beklagte wird [...] verpflichtet, der Klägerin die Genehmigung zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zweck der Herstellung und des Vertriebs von Holzschnitzereien, in der die Klägerin als Gesellschafterin mit einem Arbeitsumfang von höchstens zwei Stunden pro Woche tätig werden will, zu erteilen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zustimmung der Beklagten zur Übertragung von Geschäftsanteilen auf die Klägerin sowie zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) durch die Klägerin, hilfsweise die Feststellung, dass eine Genehmigung nicht erforderlich sei.

Die Klägerin ist Oberregierungsrätin (Besoldungsgruppe A 14) bei der Beklagten. Sie ist als Untersuchungsführerin nach dem Gesetz zur Verbesserung der Sicherheit der Seefahrt durch die Untersuchung von Seeunfällen und anderen Vorkommnissen (Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz; zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetzes und zur Änderung sonstiger schifffahrtsrechtlicher Vorschriften vom 22.11.2011, BGBl. I 2011, 2279; im Folgenden: SUG) bei der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (im Folgenden: Bundesstelle) mit Dienstsitz in Hamburg eingesetzt.

Mit Schreiben vom x teilte die Klägerin der Dienststelle mit, dass ihre Mutter beabsichtige, ihr schenkweise x% der Anteile an der X GmbH & Co.KG (im Folgenden: €die GmbH & Co.KG€) in Form von Kommanditanteilen sowie 25% der Anteile der X GmbH zu übertragen. Über die Anteilseignerschaft hinaus seien damit keine weiteren Verpflichtungen, auch keine Geschäftsführungsverpflichtungen verbunden.

Darüber hinaus beabsichtige sie mit ihrem Ehemann eine GbR zu gründen. Zweck der Gesellschaft solle die Herstellung und der Vertrieb von aus Holz geschnitzten Einzelstücken sein. Ihre Aufgabe in der GbR würde sich auf das Verpackungsdesign beschränken und wäre mit maximal zwei Stunden pro Woche anzusetzen. Auch diesbezüglich bitte sie um Genehmigung. [...]

Mit Schreiben vom x lehnte die Dienststelle die Übertragung einer Kommanditbeteiligung sowie die Beteiligung an der zu gründenden GbR unter Hinweis auf das in § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG niedergelegte Totalverbot der Gewerbeausübung für Untersuchungsführer i.S.d. SUG ab.

Mit der Übertragung einer Kommanditbeteiligung an einer GmbH & Co.KG würde die Klägerin Mitunternehmerin der GmbH & Co.KG. Sie bezöge dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dies ergebe sich aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Daraus ergebe sich, dass sie dann auch gewerblich im Sinne von § 15 Abs. 5 Satz 1 SUG tätig werden würde. Außerdem habe die Klägerin eingeräumt, dass die Fraktale gewerblich vertrieben werden sollen. Das Halten von Geschäftsanteilen einer GmbH sei dagegen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine gewerbliche Tätigkeit, sondern bloße Vermögensverwaltung. Sie sei daher dienstrechtlich nicht relevant und bedürfe keiner Genehmigung.

Mit anwaltlichem Schreiben vom x legte die Klägerin Widerspruch gegen die Versagung der Genehmigung ein. § 11 Abs. 5 Satz 1 SUG verstoße gegen Art. 12, 3, 14, 2 GG. Ein Totalverbot sei nicht erforderlich, um den gesetzgeberischen Zweck zu erfüllen. Im Übrigen werde die Klägerin insbesondere gegenüber Untersuchungsfachkräften nach dem SUG sowie Richtern schlechter behandelt.

Am x erließ die Beklagte einen ablehnenden Widerspruchsbescheid. Sie verwies auf den eindeutigen Wortlaut von § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG. Selbst wenn sich die Norm nach einer Wortlautauslegung als verfassungswidrig erweisen sollte, so sei die Beklagte gleichwohl an diesen Wortlaut gebunden.

Mit der am x erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Zum Geschäftszweck der GmbH & Co.KG gab die Klägerin an, dass im Handelsregister die Zwecke Radio, Fernsehen, Tonträger und Immobilienverwaltung eingetragen seien. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, sei ihr Geschäftszweck heute allein die Verwaltung der in ihrem Eigentum stehenden Geschäftsimmobilie in X. Berührungspunkte zwischen dem Geschäftsbetrieb der GmbH & Co.KG und im Seeverkehr bzw. der dienstlichen Tätigkeit der Klägerin bestünden nicht. Die Kommanditanlage sei vollständig geleistet worden und eine Nachschusspflicht der Kommanditisten bestehe nicht. Die Ausübung der Kommanditistenrechte erfolge in der Regel im Rahmen der einmal jährlich stattfindenden Gesellschafterversammlung. Die Gesellschaft habe im Steuerjahr 2009 einen Verlust von X € erzielt. In den davor liegenden Jahren hätten sich Gewinne und Verluste abgewechselt.

Im Hinblick auf die zu gründende GbR sei noch nicht entschieden, ob die Gesellschaft als Außen- oder Innengesellschaft geführt werden solle. Da die Holzschnitzereien möglicherweise auch über das Internet vertrieben werden sollten, könnten sie eine weite Verbreitung finden. Eine Geschäftsführung durch die Klägerin sei nicht ausgeschlossen, allerdings einstweilen nicht beabsichtigt. Die Tätigkeit der Klägerin für die GbR werde zwei Stunden pro Woche nicht überschreiten, wobei die Klägerin rechtlich nicht verpflichtet sei, diese Tätigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen.

Nicht jede Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft sei auch zugleich eine gewerbliche Tätigkeit, da sie häufig lediglich der Geldanlage diene.

Die Beklagte dürfe die Genehmigung der Nebentätigkeit nicht allein auf § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG stützen. Das Totalverbot der gewerblichen Tätigkeit für Untersuchungsführer sei verfassungswidrig. Ein derartiges Totalverbot finde sich weder bei Richtern noch bei sonstigen Beamten, deren Status mit dem der Klägerin vergleichbar sei. Lediglich der Bundespräsident (Art. 55 GG), die Bundeskanzlerin und die Bundesminister (Art. 66 GG), der Präsident der Bundesnetzagentur (§ 4 BEGTPG), der Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (§ 23 BDSG), die drei Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit (§ 382 SGB III) sowie der Bundesvorstand der Deutschen Bahn (§ 8a BBahnG) unterlägen ähnlichen Einschränkungen. Jene Personen bekleideten jedoch € anders als die Klägerin € Spitzenpositionen in der Verwaltung.

Die Klägerin meint, dass abgesehen von § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG die Voraussetzungen für die Erteilung einer Nebentätigkeitserlaubnis im Hinblick auf die Übertragung der Kommanditanteile sowie die Gründung der GbR vorlägen. Es sei auch nicht andeutungsweise erkennbar, dass hierdurch dienstliche Belange berührt würden. Man könne der Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass sie bei ihrer Bewerbung um die Stelle als Untersuchungsführerin um das Totalverbot des § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG gewusst habe. Auch Beamte dürften sich auf die Grundrechte berufen. Ein sachlicher Grund für deren Einschränkung sei nicht ersichtlich. Es sei auch nicht gerechtfertigt, zwischen Untersuchungsfachkräften einerseits, für die § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG nicht gelte, und Untersuchungsführern andererseits zu unterscheiden. Beide Beamtengruppen würden nämlich in der Praxis dieselben Tätigkeiten durchführen. Das Totalverbot des § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG verstoße auch gegen die Eigentumsgarantie, da diese Norm es verbiete, dass die Klägerin im Wege der Erbfolge Inhaberin von Geschäftsanteilen werde.

Nachdem die Klägerin die Klage hinsichtlich der Genehmigung der Übertragung von Geschäftsanteilen an der X GmbH zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,

[...]

Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG dürfe die Klägerin keine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Hierzu zähle auch die Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft, was sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ergebe. Dies folge auch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

§ 12 Abs. 5 Satz 1 sei auch nicht verfassungswidrig. Die Klägerin könne sich nur eingeschränkt auf ihre Grundrechte berufen. Ihre Grundrechtsbetätigung finde ihre Grenzen in den besonderen Erfordernissen des jeweiligen öffentlichen Amtes. Die Ausübung einer Nebentätigkeit könne dort begrenzt werden, wo der Beamte in Konkurrenz zum Dienstherrn trete. Auch Notare unterlägen ähnlichen Beschränkungen wie die Klägerin. Die besonderen Kompetenzen des Untersuchungsführers machten eine absolute Unabhängigkeit nötig. Eine solche weitgehende Unabhängigkeit entspreche auch den Vorgaben der unionsrechtlichen Rechtsakte, auf die das SUG sowie das Gesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen bei dem Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchung-Gesetz; FlUUG) zurück gingen. Auch sei es gerechtfertigt, lediglich dem Untersuchungsführer ein Totalverbot der gewerblichen Tätigkeit aufzuerlegen, da sie gegenüber Untersuchungsfachkräften weitergehende Kompetenzen hätten.

Außerdem hätte die Klägerin bei Amtsantritt wissen können, dass sie keinerlei Nebentätigkeiten ausüben darf. Da die Untersuchungsführer bei der Dienststelle der Beklagten nach der Besoldungsgruppe A 14 bzw. A 15 besoldet würden, sei sichergestellt, dass sie auch ohne Nebentätigkeit einen amtsangemessenen Lebensstil pflegen könnten.

Die absolute Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, die eine unvoreingenommene Vorgehensweise bei der Sicherheitsuntersuchung ermögliche, lasse sich nur durch möglichst weitgehende Maßnahmen zur Vermeidung eines denkbaren Interessenkonflikts vermeiden.

Die Notwendigkeit der absoluten Unabhängigkeit des Untersuchungsführers folge schließlich aus der hohen Bedeutung des Untersuchungsberichtes gemäß § 15 Abs. 1 SUG i.V.m. § 9 FlUUG.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt (Bl. 26 und 103 d. A.).

Gründe

A.

Die Entscheidung konnte gemäß § 87a Abs. 2 Abs. 3 VwGO mit Zustimmung der Parteien durch den Berichterstatter allein ergehen.

B.

Die zulässige Klage hat, soweit sie nicht zurück genommen wurde, in der Sache Erfolg.

[...]

II.

Hinsichtlich des Erwerbs der Kommanditanteile an der X GmbH & Co.KG ist die Klage mit dem Hilfsantrag begründet, weil sie keiner Genehmigung bedarf. Es ist weder eine Nebentätigkeitserlaubnis nach §§ 97 ff. BBG erforderlich (dazu 1.), noch ist der Erwerb der Anteile vom Wortlaut des § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG erfasst (dazu 2.).

1. Der Erwerb der Kommanditanteile sowie die Ausübung der hiermit verbundenen Rechte ist keine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit im Sinne der §§ 97 ff. BBG (dazu 1.1, 1.2), sondern genehmigungsfreie Vermögensverwaltung (dazu 1.3).

Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BBG bedürfen Beamte zur Ausübung jeder entgeltlichen Tätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 BBG abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht aus § 98 BBG zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 gilt das Gleiche für die unentgeltliche Nebentätigkeit in Form des Eintritts in ein Organ eines Unternehmens mit Ausnahme einer Genossenschaft.

1.1 Der Erwerb der Kommanditanteile sowie die Ausübung dieser Rechte stellt eine Nebentätigkeit im Sinne der §§ 97 ff. BBG dar. Nach § 97 Abs. 3 BBG ist eine Nebenbeschäftigung jede sonstige nicht zu einem Hauptamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes. Die hier in Rede stehende Nebentätigkeit ist nicht nur auf den bloßen Empfang der Gesellschaftsanteile gerichtet. Hierzu bedarf es lediglich der Abgabe einer Willenserklärung, die für sich betrachtet keinen potentiellen Konflikt mit den Dienstpflichten der Klägerin darstellt. Die Anteile sollen vielmehr übertragen werden, um sie gesellschaftsvertragsgemäß auszuüben und um am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft zu partizipieren. In dieser Tätigkeit und den durch diese Rechtsstellung geschaffenen Rechten, Pflichten und Interessenlagen liegt der mögliche Konflikt zur Dienstpflicht.

1.2 Die Übertragung und Ausübung der Kommanditanteile unterfällt § 99 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BBG. Danach ist genehmigungspflichtig der unentgeltliche Eintritt in ein Organ eines Unternehmens mit Ausnahme einer Genossenschaft. Zwar erfasst der Wortlaut vorliegend lediglich den Eintritt in ein Organ eines Unternehmens. Damit sind bei einem engen Verständnis nur solche Unternehmen gemeint, die in der Rechtsform einer juristischen Person betrieben werden (z. Bsp. GmbH oder AG). Eine solche enge Sichtweise wird dem Zweck des Nebentätigkeitsgenehmigungsrechts jedoch nicht gerecht. Der Dienstherr soll nämlich die Möglichkeit erhalten, solche Tätigkeiten zu verbieten, die potentiell mit den Dienstpflichten des Beamten in Konflikt geraten können. Vor dem Hintergrund dieses Zweckes ist es nicht einzusehen, wieso die Organstellung in einem Unternehmen, das nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft verfasst ist wie die Kommanditgesellschaft (und auch die hier betroffene GmbH & Co.KG) ausgeschlossen sein soll. Vom Tatbestand erfasst wird damit jede Beteiligung an einer unternehmenstragenden Gesellschaft unabhängig vom Gesellschaftstyp (Geiß, in: GKÖD, § 99 BBG, Lieferung 8/11, Rn. 40). Soweit in der Literatur diese erweiternde Auslegung nicht für erforderlich gehalten wird (Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 7. Auflage 2011, § 7, Rn. 15, Fn. 75), wird dabei nicht der hier vorliegende Sonderfall bedacht, dass eine Gesellschaft auch nur der Vermögensverwaltung dienen kann und damit nicht gewerblich tätig wird (siehe dazu sogleich).

Als Kommanditistin der Gesellschaft wird die Klägerin zur Gesellschafterin, die im Wege der Selbstorganschaft handelt und Kontrollrechte ausübt.

1.3 Erwerb und Ausübung der Kommanditrechte sind genehmigungsfrei im Sinne von § 100 Abs. 1 Nr. 1 BBG. Danach ist die Verwaltung eigenen Vermögens keine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit.

1.3.1 Die Befreiung von der Genehmigungspflicht für die in § 100 Abs. 1 BBG enumerativ aufgeführten Nebentätigkeiten gilt auch für die in § 99 Abs. 1 Satz 2 BBG genannten unentgeltlichen Nebentätigkeiten. Die Anordnung in § 99 Abs. 1 Satz 2 BBG, dass €Gleiches€ für die unentgeltlichen Nebentätigkeiten im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 2 BBG gelte, muss sich auf den gesamten Normgehalt von § 99 Abs. 1 Satz 1 BBG, d.h. auch auf die Ausnahmevorschrift des § 100 Abs. 1 BBG, beziehen. Ansonsten würden unentgeltliche Nebentätigkeiten schlechter gestellt als die in § 99 Abs. 1 Satz 1 BBG genannten entgeltlichen Nebentätigkeiten. Dies wäre ein Wertungswiderspruch.

1.3.2 Die Ausübung der Kommanditrechte stellt eine nicht genehmigungspflichtige Verwaltung eigenen Vermögens im Sinne von § 100 Abs. 1 Nr. 1 BBG dar. Die bloße Verwaltung eigenen Vermögens ist von der gewerblichen Tätigkeit im Sinne von § 99 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BBG zu unterscheiden. Dieser Gewerbebegriff entspricht dem der Gewerbeordnung. Gewerbe ist demnach jede allgemein erlaubte, selbständige, auf Dauer angelegte Wirtschaftstätigkeit in Gewinnerzielungsabsicht, die keine bloße Verwaltung eigenen Vermögens, keine Ausübung eines freien Berufs und auch keine Urproduktion darstellt (Geiß, in: GKÖD, Lieferung 8/11, § 99 BBG, Rn. 32 m.w.N.).

Die Rechtsprechung stellt für die Abgrenzung der beiden Begriffe (Gewerbe / Vermögensverwaltung) auf die Umstände des Einzelfalls ab. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil v. 25.8.11, 2 C 31/10, juris, Rn. 14) führt aus:

Für die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und bloßer privater Vermögensverwaltung sind im Einzelfall das sich aus objektiven Umständen ergebende Gesamtbild und die in Bezug auf das konkrete Wirtschaftsgut herrschende Verkehrsanschauung maßgeblich. Ein gewerbsmäßiges Handeln ist anzunehmen, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der jeweiligen Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung des Wirtschaftsgutes im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (...).

Ähnlich äußert sich der Bundesfinanzhof (Urt. v. 19.8.09, III R 31/07, juris, Rn. 16f.):

Bei der Abgrenzung zwischen einem Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. Dabei sind die einzelnen Umstände zu gewichten und gegeneinander abzuwägen (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 14/07, BFH/NV 2008, 2012). In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist [...].

Ob eine Tätigkeit noch der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist, lässt sich nicht für alle Bereiche nach einheitlichen Maßstäben beurteilen. Vielmehr sind die jeweiligen artspezifischen Besonderheiten zu beachten [...] und der Lebenswirklichkeit entlehnte Berufsbilder zur Orientierung heranzuziehen.

Bei der Abgrenzung zwischen gewerblicher und vermögensverwaltender Tätigkeit macht es keinen Unterschied, ob die Tätigkeit als Einzelperson ausgeübt wird oder im Rahmen eines Unternehmens erfolgt. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Beamte geschäftsführend tätig wird und damit ein potentieller Konflikt mit seinen Dienstpflichten entstehen kann. Sofern die Tätigkeit substantiell über die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten hinausgeht, ist eine Genehmigungspflicht zu bejahen (Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis 7. Auflage 2011, § 7 Rn 32).

Vorliegend war die GmbH & Co.KG zwar ursprünglich gewerblich tätig. Heute beschränkt sie ihre Tätigkeit jedoch auf die Verwaltung einer Gewerbeimmobilie in X. Damit ist die Verwaltung bestehenden Vermögens nicht nur der Hauptzweck, sondern der einzige Bereich, in dem die GmbH & Co.KG am Rechtsverkehr teilnimmt. Auch ist die Klägerin nicht geschäftsführend tätig, sondern beschränkt sich auf die Ausübung der Gesellschafterrechte. Im Übrigen wäre sie zur Geschäftsführung als Kommanditistin auch nicht befugt gemäß §§ 164 Satz 1, 170 HGB.

Die Beklagte vermag ihre Rechtsauffassung, dass es sich bei dem Erwerb der Kommanditanteile um gewerbliche Tätigkeit handele, nicht auf § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG stützten. Der Tatbestand dieser Norm ist nicht erfüllt. Selbst wenn er erfüllt wäre, ist nicht ersichtlich, warum die in § 15 EStG zum Ausdruck kommende steuerrechtliche Wertung auf das Nebentätigkeitsrecht der Beamten übertragen werden sollte.

Da die GmbH & Co.KG lediglich den Zweck der Vermögensverwaltung hat, sind die Einkünfte der Gesellschafter hieraus nicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerbar. Nach der hier einzig in Betracht kommenden Variante dieser Vorschrift sind €Einkünfte aus Gewerbebetrieb€ die Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist.

Anders als die Beklagte meint, sind nicht alle Gewinnanteile der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Anforderungen des zweiten Halbsatzes von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gelten vielmehr für sämtliche aufgezählte Gesellschaftsformen (Wacker/Schmidt, EStG, 29. Auflage 2010, § 15, Rn. 170). Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten also nur solche Gewinnanteile der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer des Betriebs anzusehen ist. Mitunternehmer ist nur, wer aufgrund eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Für die Mitunternehmerinitiative reicht es zwar grundsätzlich aus, wenn der Mitunternehmer hinsichtlich seiner Stimmkontrolle und Widerspruchsrechte einem Kommanditisten wenigstens angenähert ist (Schmidt/Wacker, EStG, 29. Auflage 2010, § 15, Rn. 322). Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen, da die Klägerin ihre Rechte auf der Gesellschafterversammlung ausüben will. Sofern die GmbH & Co.KG jedoch nur vermögensverwaltend tätig ist, hat sie nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen (Schmidt/Wacker, EStG, 29. Auflage 2010, § 15, Rn. 323). Der Gesellschafter einer solchen GmbH & Co.KG ist damit gerade nicht €Mitunternehmer€, sondern Vermögensverwalter.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, sind die Voraussetzungen von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllt. Die Gesellschaft, deren Anteile der Klägerin übertragen werden sollen, ist nicht mehr gewerblich tätig, sondern ihre Tätigkeit beschränkt sich auf die Verwaltung des bestehenden Immobilienvermögens.

Selbst wenn die Einkünfte der Klägerin, die sie als Kommanditistin aus der GmbH & Co.KG erwirbt, Einkünfte aus Gewerbebetrieb sein sollten, so erschließt sich nicht, warum dieser steuerrechtliche Gewerbebegriff für die Auslegung von § 100 Abs. 1 BBG ausschlaggebend sein sollte. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Übertragung von Anteilen an einer GmbH bloße Vermögensverwaltung sein soll, während die Übertragung von Kommanditanteilen als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert werden sollte. Maßgeblich abzustellen sein dürfte darauf, ob der Beamte durch seine Stellung als Gesellschafter bzw. Anteilseigner selbst aktiv ins Wirtschaftsgeschehen eingreift. Dies ist bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der GmbH genauso wenig der Fall wie beim Eintritt als Kommanditistin in eine Personenhandelsgesellschaft. Der Unterschied besteht konstruktiv darin, dass in dem einen Fall eine juristische Person in Form einer GmbH existiert und im anderen Fall der Beamte als natürliche Person in eine Handelsgesellschaft eintritt. Da die Klägerin letzteres als Kommanditistin tut, die von der Vertretung ausgeschlossen ist, entfaltet sie keine wirtschaftliche Aktivität. [...]

2. Der Genehmigungsfreiheit der Übertragung und Ausübung der Kommanditanteile steht auch nicht das Totalverbot des § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG entgegen, da schon dessen Wortlaut nicht erfüllt ist. Übertragung und Ausübung der Kommanditanteile ist nämlich € wie dargelegt € keine gewerbliche Tätigkeit.

III.

Hinsichtlich der Gründung und dem Betrieb der GbR ist die Verpflichtungsklage begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Genehmigung der Gründung einer GbR, deren Zweck die Herstellung und der Vertrieb von holzgeschnitzten Unikaten ist, und der Tätigkeit für diese GbR im Rahmen von nicht mehr als zwei Stunden pro Woche. Zwar ist die Tätigkeit genehmigungspflichtig (dazu 1.), doch stehen weder allgemeine (dazu 2.) noch besondere Versagungsgründe (dazu 3.) der Genehmigung entgegen.

1. Die Gründung und der Betrieb der GbR ist genehmigungspflichtig im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BBG, da es sich um eine entgeltliche Nebentätigkeit im Sinne von § 97 Abs. 4 BBG handelt. Die Tätigkeit ist entgeltlich, da die Schnitzereien einschließlich ihrer Verpackung gegen Entgelt angeboten werden.

Die Tätigkeit ist nicht genehmigungsfrei nach § 100 Abs. 1 Nr. 2 BBG. Zwar mögen die Schnitzarbeiten des Ehemannes der Klägerin als künstlerische Tätigkeit im Sinne von § 100 Abs. 1 Nr. 2 BBG zu verstehen sein. Die Klägerin beabsichtigt jedoch die Verpackung der Schnitzereien zu gestalten, bei denen ein funktionaler Aspekt im Vordergrund steht, so dass es sich dabei nicht um eine künstlerische Tätigkeit handeln kann.

2. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Genehmigung der Nebentätigkeit im beantragten Umfang, da keine allgemeinen Versagungsgründe vorliegen.

2.1 Nach § 99 Abs. 2 Satz 1 BBG ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Besteht eine solche Besorgnis nicht, hat der Beamte einen von Verfassungs wegen (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützten Anspruch auf Genehmigung (Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 7. Auflage 2011, § 7, Rn. 15 a. E. m.w.N. in Fn. 78; Geiß, in: GKÖD Lieferung 8/11, § 99 BBG, Rn. 2). Battis, BBG, 4. Aufl. 2010, § 99, Rn. 3). Ob ein Versagungsgrund im Sinne von § 99 Abs. 2 Satz 1 BBG vorliegt, ist auf der Grundlage einer Prognoseentscheidung zu treffen. Dies ist der Fall, wenn bei verständiger Würdigung des Einzelfalls eine Beeinträchtigung der dienstlichen Belange wahrscheinlich ist (Schnellenbach, a.a.O., § 7, Rn. 16). Während es zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört, sich innerhalb der Arbeitszeit voll dem Dienst zu widmen, kann der Beamte dagegen in seiner Freizeit grundsätzlich eine Nebentätigkeit ausüben (Schnellenbach, a.a.O., § 7, Rn. 13).

2.2 § 99 Abs. 2 Satz 2 BBG nennt beispielhaft einzelne Versagungsgründe. Deren Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Da die Tätigkeit für die GbR auf zwei Stunden pro Woche beschränkt ist und die Tätigkeit beliebig in den Abendstunden oder am Wochenende vorgenommen werden kann, hält es das Gericht für ausgeschlossen, dass die Nebentätigkeit die Arbeitskraft der Beamtin so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann (§ 99 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BBG). Selbst wenn die Tätigkeit es erforderlich machen würde, dass ein Untersuchungsführer sofort auf eine Einsatzmeldung reagierten müsste, wäre dies mit der beantragten Nebentätigkeit in Einklang zu bringen, da das Verpacken von Holzschnitzereien jederzeit aufgeschoben oder delegiert werden kann.

Da die Herstellung und der Vertrieb von Holzschnitzereien in keinem auch nur entfernten Zusammenhang zur Tätigkeit der Klägerin als Untersuchungsführerin für Seeunfälle steht, hält es das Gericht für ausgeschlossen, dass durch diese Tätigkeit die Klägerin in einen Widerstreit mit ihren dienstlichen Pflichten gelangen (Nr. 2) oder die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin beeinflusst werden könnte (Nr. 4).

Auch ein unbenannter Versagungsgrund nach § 99 Abs. 2 Satz 1 BBG liegt ersichtlich nicht vor.

3. Es liegen auch keine sonstigen Versagungsgründe vor. Zwar ist nach seinem Wortlaut der Tatbestand des Totalverbots gewerblicher Tätigkeit nach § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG erfüllt (dazu 3.1). Ein so verstandenes Verbot ist jedoch verfassungswidrig (dazu 3.2). Hieraus folgt allerdings nicht die Nichtigkeit der Norm. Sie ist vielmehr verfassungskonform dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass nur solche gewerblichen Tätigkeiten verboten sind, die zu einem Interessenkonflikt führen könnten (dazu 3.3). Ein so verstandener Verbotstatbestand ist vorliegend nicht erfüllt (dazu 3.4).

3.1 Der Wortlaut von § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG verbietet die von der Klägerin beabsichtigte Gründung einer GbR.

§ 12 Abs. 5 SUG lautet:

1Der Direktor der Bundesstelle und die Untersuchungsführer dürfen neben ihrem Amt kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung oder dem Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören. 2Sie dürfen nicht gegen Entgelt außergerichtliche Gutachten abgeben. 3Sie dürfen keiner der in Absatz 2 genannten juristischen Personen [d.h. alle juristischen oder natürlichen Personen, deren Interessen mit den Aufgaben der Bundesstelle kollidieren könnten] angehören, sie vertreten, sie beraten oder für sie als Gutachter oder Sachverständige tätig werden.

Nach seinem Wortlaut steht Satz 1 dieser Vorschrift der Nebentätigkeitserlaubnis für die Gründung und den Betrieb der GbR entgegen. Die zu gründende GbR ist nämlich auf eine gewerbliche Tätigkeit gerichtet. Der Vertrieb der Holzschnitzereien ist nach dem Vortrag der Klägerin auf Dauer angelegt und soll auch Gewinn erwirtschaften.

3.2 Dieses vollständige Verbot gewerblicher Tätigkeit, unabhängig davon, ob sie mit dienstlichen Aufgaben kollidieren könnte, ist verfassungswidrig, weil es einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin nach Art. 12 Abs. 1 GG darstellt.

3.2.1 Auch Beamte können sich auf die Grundrechte berufen (grundlegend BVerfGE 33,1). Ein Grundrechtsverzicht ist nicht möglich, so dass es nicht darauf ankommt, ob die Klägerin beim Wechsel zur Bundesstelle um das Totalverbot wusste.

Es liegt ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG vor. Art. 12 Abs. 1 GG schützt den Beruf. Darunter ist jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient (vgl. BVerfGE 102, 197, 212; 111, 10, 28). Hierbei ist es unbeachtlich, ob die Tätigkeit einem konkreten Berufsbild zuzuordnen ist (Jarass/Pieroth, GG, 11. Auflage 2011, Art. 12, Rn. 5). Der Vertrieb der Holzschnitzereien ist auf Dauer angelegt und soll auch der Aufrechterhaltung der Lebensgrundlage dienen. Durch die Nichtgenehmigung dieser Tätigkeit wird in den Schutzbereich eingegriffen.

3.2.2 Dieser Eingriff ist nicht zu rechtfertigen. § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG, der nach seinem Wortlaut ein Totalverbot gewerblicher Tätigkeit enthält, ist nicht von der Schrankenregelung des Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob es sich bei dem Totalverbot gewerblicher Tätigkeit um eine Berufswahl- oder € bezogen auf den konkreten Fall € um eine Berufsausübungsschranke handelt. Auch eine nur die Berufsausübung einschränkende Regelung ist nur dann verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 70, 1, 28; 111, 10, 32; stRspr). Verhältnismäßig ist ein Eingriff, wenn er geeignet, erforderlich und zumutbar ist, um ein von Verfassungs wegen zulässiges Ziel zu erreichen (BVerfG, Beschluss v. 9.3.1994, 2 BvL 43/92 et al., BVerfGE 90, 145 = juris, Rn. 120ff.).

Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil das Totalverbot zwar einen zulässigen Zweck verfolgt (dazu 3.2.2.1) und geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen (dazu 3.2.2.2). Es ist jedoch hierzu nicht erforderlich (dazu 3.2.2.3). Dies gilt auch unter der Prämisse, dass Einschränkungen der Berufsfreiheit im öffentlichen Dienst auf der Grundlage der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG und der daraus folgenden besonderen Dienst- und Treuepflichten des Beamten leichter zu rechtfertigen sind (Jarass/Pieroth, GG, 11. Auflage 2011, Art. 12, Rn. 85; OVG Magdeburg, Beschl. v. 17.11.2010, 1 M 142/10, Juris, Rn. 8). Maßstab der Erforderlichkeitsprüfung ist nämlich allein der Gesetzeszweck. Ob der Grundrechtsträger noch weiteren beamtenrechtlichen Beschränkungen unterliegt, wird erst bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen im Rahmen der Zumutbarkeit relevant. Auf diese kommt es hier jedoch nicht an. Im Einzelnen:

3.2.2.1 Ziel des für die gesamte Seefahrt geltenden SUG ist es, die Vorsorge für die Sicherheit der Seefahrt zu verbessern einschließlich des damit untrennbar im Zusammenhang stehenden Arbeitsschutzes von Beschäftigten auf Seeschiffen und des Umweltschutzes auf See durch Untersuchung von Seeunfällen (§ 1 Abs. 1, 2 SUG). Damit dient das Gesetz wichtigen Allgemeingütern, die auch verfassungsrechtlich abgesichert sind (Art. 2 Abs. 2, 20a GG).

Um dieses Ziel zu erreichen, werden amtliche Untersuchungen durchgeführt (§§ 9 ff. SUG), die Umstände der Seeunfälle, insbesondere deren Ursachen sowie der Faktoren, die den Seeunfall begünstigt haben, beleuchten. Die Untersuchung dient weder der Ermittlung von Tatsachen zum Zwecke der Zurechnung von Fehlern, um Nachteile für Einzelne herbeizuführen, noch dient sie der Feststellung von Verschulden, Haftung oder Ansprüchen. Nach Abschluss der Untersuchung werden Untersuchungsberichte herausgegeben, die Empfehlungen zur Verhütung künftiger Seeunfälle enthalten können (§ 9 Abs. 2 SUG).

Die Untersuchungen werden von der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (Bundesstelle) als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung durchgeführt (§ 12 Abs. 1 SUG). Dem Direktor der Bundesstelle sind die Untersuchungsführer, Untersuchungsfachkräfte und weitere Fachkräfte unterstellt, die die Untersuchung durchführen (§ 12 Abs. 4 SUG). Der Direktor bestimmt einen Untersuchungsführer, der die Untersuchung leitet (§ 21 SUG). Zusammen mit den Untersuchungsfachkräften, denen er Weisungen erteilen kann, führt er die Untersuchung durch. Beide haben weitreichende Befugnisse zur Durchführung der Untersuchung (§ 22 Abs. 2 SUG), wobei der Untersuchungsführer zusätzlich Autopsien anordnen kann (§ 22 Abs. 3 SUG).

§ 12 Abs. 2, 3 und 5 SUG behandeln die institutionelle Unabhängigkeit der Bundesstelle sowie die beamtenrechtliche und persönliche Unabhängigkeit der Beamten, die bei der Bundesstelle tätig sind: Die Bundesstelle nimmt ihre Aufgaben funktionell und organisatorisch unabhängig von allen natürlichen und juristischen Personen wahr, deren Interessen mit ihren Aufgaben kollidieren könnten (§ 12 Abs. 2 SUG). Weisungen dürfen der Bundesstelle hinsichtlich der Sicherheitsuntersuchungen nicht erteilt werden; erfolgt dies gleichwohl, dürfen sie nicht ausgeführt werden (§ 12 Abs. 3 SUG). Der bereits zitierte § 12 Abs. 5 SUG bestimmt das Totalverbot gewerblicher Tätigkeit für den Direktor der Bundesstelle sowie die Untersuchungsführer.

§ 25 SUG regelt das Verfahren, wenn für einen Beamten der Bundesstelle die Besorgnis der Befangenheit besteht.

Das SUG erging in Umsetzung der Richtlinie 2009/18/EG vom 23.4.2009 zur Festlegung der Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr und zur Änderung der Richtlinie 1999/35/EG des Rates und der Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. EU 2009 L 131/114, im Folgenden: €Richtlinie€). Dort lautet der 13. Erwägungsgrund (Hervorhebung hinzugefügt):

Bei der Durchführung von Sicherheitsuntersuchungen von Unfällen und Vorkommnissen mit Hochseefahrzeugen oder anderen Wasserfahrzeugen in Häfen oder anderen eingeschränkten Seeverkehrsgebieten ist es von entscheidender Bedeutung, unvoreingenommen vorzugehen, damit die Umstände und Ursachen des Unfalls oder Vorkommnisses tatsächlich festgestellt werden können. Diese Untersuchungen sollten daher von qualifizierten Ermittlern unter der Kontrolle einer unabhängigen Stelle oder Einrichtung durchgeführt werden, die mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet ist, damit Interessenkonflikte vermieden werden.

In Art. 8 Abs. 1 UAbs. 2 der Richtlinie heißt es hinsichtlich der Untersuchungsstellen (Hervorhebung hinzugefügt):

Damit die Untersuchungsstelle die Sicherheitsuntersuchungen unvoreingenommen durchführen kann, ist sie organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen unabhängig von allen Parteien, deren Interessen mit der ihr übertragenen Aufgabe in Konflikt treten könnten.

3.2.2.2 Das Totalverbot der gewerblichen Tätigkeit ist geeignet, den Zweck des SUG € die unabhängige Durchführung von Unfalluntersuchungen € zu erreichen. Werden nämlich gewerbliche Tätigkeiten schlechthin verboten, können durch deren Ausübung keine Interessenkonflikte entstehen.

3.2.2.3 Das Totalverbot gewerblicher Tätigkeit für Untersuchungsführer ist nicht erforderlich, um den gesetzgeberischen Zweck zu erfüllen. Es gibt nämlich eine weniger stark in die allgemeine Handlungsfreiheit der Beamten eingreifende Maßnahme, die den Gesetzeszweck in gleicher Weise erfüllt. Dies ist ein Verbot für solche gewerbliche Tätigkeiten, deren Ausübung mit dem Interesse an einer unparteiischen Untersuchung von Seeunfällen kollidieren könnte.

Die Gesetzesmaterialien enthalten keine Begründung für die Einführung des Totalverbots. Weder im Gesetzentwurf für das SUG noch im Gesetzentwurf für den mit § 12 Abs. 5 SUG wortgleichen und diesem als Vorbild dienenden § 4 Abs. 5 FlUUG wird das Totalverbot erläutert (Zum SUG: BT-Drs. 14/6455 v. 27.6.2001, S. 39; BR-Drs. 248/01 v. 30.3.2001, S. 94 f.; zum FlUUG: BR-Drs. 266/98 v. 27.3.1998, S. 45 ff.).

Ziel der Untersuchungen durch die Bundesstelle ist es, objektive Unfallanalysen vorzunehmen (siehe oben 3.2.2.1). Seeunfälle können verschiedene Ursachen haben, für die unterschiedliche Akteure (mit)verantwortlich sind. Am Seeverkehr nehmen verschiedene Personen- und Wirtschaftsgruppen teil. Die Ursachen für Seeunfälle können etwa aus der Sphäre der Reeder, Schiffseigner, Besatzungen, Hafenbetreiber, Hafenbehörden oder Hafendienstleister stammen. Eine unabhängige Unfallanalyse muss sicherstellen, dass die Beamten, die die Untersuchung durchführen, nicht von den Interessen der an einem Seeunfall potentiell beteiligten Gruppen beeinflusst werden.

Dieses Ziel wird erreicht, wenn man den an der Untersuchung beteiligten Beamten verbietet, sich für Personen, Institutionen oder Unternehmen zu engagieren, deren Interessen durch einen Seeunfallbericht berührt werden könnten. Gleichzeitig bedeutet dies, dass es gerade nicht nötig ist, den Beamten solche gewerblichen Tätigkeiten zu untersagen, die in keinem potentiellen Konflikt zu ihrer Tätigkeit stehen. Da es sich beim Seeverkehr zwar um ein in sich betrachtet komplexes System mit zahlreichen Akteuren handelt, es jedoch vom übrigen (Wirtschafts-)Leben gut abgrenzbar ist, ist eine Unterscheidung der Lebensbereiche, die Seeunfälle berühren € und sei es auch nur mittelbar € und solche, bei denen dies nicht der Fall ist, in den meisten Fällen ohne Weiteres möglich. Da das Totalverbot der gewerblichen Tätigkeit keine weitergehende Absicherung der Unabhängigkeit der Untersuchungen enthält als ein Verbot, das auf mögliche Interessenkonflikte abstellt, ist letzteres genauso geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen.

Das Unionsrecht verlangt ein Totalverbot nicht. Die Richtlinie fordert in den Erwägungsgründen sowie in Art. 8 lediglich, dass die Untersuchung unvoreingenommen durchgeführt werden kann und Interessenkonflikte vermieden werden. Auch die Richtlinie 94/56/EG vom 21.11.1994 über Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt (ABl. EU 1994 L 319/14), in deren Umsetzung das FlUUG ergangen ist und das den mit § 12 Abs. 5 SUG wortgleichen § 4 Abs. 5 FlUUG enthält, verlangt kein Totalverbot. In Art. 6 Abs. 3 jener Richtlinie heißt es, dass die Untersuchungsstelle ihre Aufgaben völlig unabhängig von den Luftfahrtbehörden wahrnehmen müsse und die Untersuchungsführer eine Stellung erhalten sollten, €die ihnen die erforderlichen Unabhängigkeitsgarantien bietet€. Damit wird gerade kein Totalverbot gewerblicher Tätigkeit verlangt. Die Unabhängigkeitsgarantien beziehen sich nach ihrem Wortlaut auf das Verhältnis zum Dienstherrn nicht jedoch auf außerdienstliche Tätigkeiten.

Die Erforderlichkeit des Totalverbots ergibt sich nicht aus der Eigenart der Tätigkeit als Untersuchungsführer. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die Untersuchungsführer und Untersuchungsfachkräfte in Rufbereitschaft stehen und unter Umständen sofort reagieren müssen. Insoweit unterscheiden sie sich nicht von Feuerwehrleuten, Polizisten oder Rettungskräften, für die kein Gewerbetotalverbot gilt. Selbst wenn die Besonderheiten des Dienstes als Untersuchungsführer eine besonders rasche Verfügbarkeit nötig machen (siehe § 21 Abs. 2 SUG), kann dieser Umstand im Rahmen der Prüfung der allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen (§ 99 Abs. 2 BBG, siehe oben 2.) berücksichtigt werden.

Das Totalverbot wird auch nicht durch die weitgehenden Untersuchungsbefugnisse der Untersuchungsführer (§ 22 Abs. 3 SUG) erforderlich. Diese Befugnisse dienen nämlich einzig der Erstellung der Untersuchungsberichte. Sie dürfen damit nur zur Aufklärung des Seeunfalls eingesetzt werden.

Auch der Vergleich mit den anderen Vorschriften, die die Unabhängigkeit der an der Untersuchung beteiligten Beamten sicherstellen, spricht gegen die Erforderlichkeit des Totalverbots. Die sonstigen Vorschriften über die institutionelle und persönliche Unabhängigkeit der Beamten stellen nämlich € anders als das Totalverbot gewerblicher Tätigkeit € einen Bezug zum Zweck des Gesetzes her und schränken die institutionelle und persönliche Handlungsfreiheit nur insoweit ein.

Hinsichtlich der institutionellen Unabhängigkeit der Bundesstelle bestimmt § 12 Abs. 2 SUG, dass nur Kontakte zu solchen Personen bedenklich sind, deren Interessen mit ihren Aufgaben konfligieren könnten. Damit übernimmt es die Formulierung aus Art. 8 Abs. 1 UAbs. 2 der Richtlinie, die eine €unvoreingenommene€ Untersuchung fordert.

Zur Sicherstellung der persönlichen Unabhängigkeit der Beamten, die eine Untersuchung durchführen, enthält § 12 Abs. 5 SUG drei Verbotsbereiche: Erstens verbietet § 12 Abs. 5 Satz 1 a. E. SUG die Mitgliedschaft in der Legislative. Zweitens untersagt § 12 Abs. 5 Satz 3 SUG die Tätigkeit für Personen, deren Interessen mit der Tätigkeit der Bundesstelle konfligieren könnte. Drittens postuliert § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG ein Totalverbot für die Ausübung eines Gewerbes, Berufes oder anderen besoldeten Amtes bzw. die Leitungsarbeit in einem gewerblichen Unternehmen.

Für die ersten beiden Verbotstatbestände lässt sich leicht ein Bezug zum Gesetzeszweck herstellen: Die Legislative kann zu jeder Zeit mit seeunfallrelevanten Fragestellungen befasst werden, sei es in regulatorischer oder etatmäßiger Hinsicht. Für die in § 12 Abs. 5 Satz 3 SUG genannten Tätigkeiten ergibt sich der Bezug zum Zweck des Gesetzes aus dem Verweis auf § 12 Abs. 2 SUG, der wiederum eine potentielle Interessenkollision thematisiert. Nur das Totalverbot gewerblicher oder beruflicher Tätigkeit in § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG nimmt keinen Bezug auf den Gesetzeszweck.

Die Ausgestaltung des Totalverbots gewerblicher Tätigkeit führt darüber hinaus zu Wertungswidersprüchen innerhalb des SUG. Ein solcher ergibt sich zum einen daraus, dass andere nicht gewerbliche Tätigkeiten, die die Unvoreingenommenheit der Untersuchungsbeamten weit mehr gefährden können als die gewerbliche Tätigkeit in einem Bereich, der in keinem Zusammenhang mit dem Seeverkehr steht, nicht verboten sind. Es bleibt dem Untersuchungsführer beispielsweise gestattet, Schiffsbeteiligungen zu erwerben. Würde ein Untersuchungsführer Eigentümer eines Schiffs oder Anteilseigner eines Schiffsfonds, der wiederum Eigentümer eines Schiffes ist, könnte eine Situation eintreten, in der der Untersuchungsführer einen Unfall zu untersuchen hat, an dem sein eigenes Schiff beteiligt ist. Folgt man der Rechtsauffassung der Beklagten hinsichtlich des Haltens von Gesellschafteranteilen, könnte die Klägerin außerdem Anteile an einer Gesellschaft erwerben, die gewerblich im Seeverkehr tätig ist, solange sie als juristische Person organisiert ist. Mit dem Totalverbot gewerblicher Tätigkeit wird damit die Grundrechtsausübung in einem Teilbereich verboten, ohne dass ein Bezug zum Gesetzeszweck besteht, während andere Lebensbereiche, in denen potentielle Interessenkonflikte auf der Hand liegen, € abgesehen von den Befangenheitsbestimmungen € unreglementiert bleiben. Diese Diskrepanz leuchtet dem Gericht nicht ein.

Zum anderen liegt ein Wertungswiderspruch darin, dass das Totalverbot nicht für die Untersuchungsfachkräfte gilt. Auch wenn in Umsetzung der Änderungen des SUG Untersuchungsfachkräfte nicht mehr federführend einen Seeunfall untersuchen dürfen, werden sie auch in Zukunft eigenverantwortlich Daten erheben. Ihre Tätigkeit kann daher in gleicher Weise von Interessenkonflikten beeinflusst werden wie die der Untersuchungsführer. Dass die Untersuchungsführer im Einzelnen noch weitergehende Eingriffsbefugnisse haben, ändert hieran nichts.

Der Verfassungswidrigkeit des § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG in seiner wörtlichen Auslegung steht nicht entgegen, dass es andere Gesetze gibt, die bestimmten Beamten ein vollständiges Gewerbeverbot auferlegen. Ein derartiges Verbot, neben dem Amt irgendein Gewerbe auszuüben, findet sich € soweit ersichtlich € für folgende Spitzenpositionen in der Verwaltung:

- den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (§ 14 Abs. 3 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages), - den Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (§ 36 Abs. 2 Stasi-Unterlagen-Gesetz), - den Bundesdatenschutzbeauftragten (§ 23 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz), - den Präsidenten der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost (§ 4 Abs. 3 Bundesanstalt Post-Gesetz), - die Vorstandsmitglieder der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost (§ 7 der Satzung der Bundesanstalt), - die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bundesbahn (§ 8a Abs. 1 Bundesbahngesetz), - den Präsident der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (§ 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Bundesnetzagentur), - die Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit (§ 382 Abs. 5 SGB III)Außerdem unterliegen der Bundeskanzler (Art. 66 GG), die Bundesminister (Art. 66 GG, § 5 Abs. 1 Bundesministergesetz), der Bundespräsident (Art. 55 Abs. 2 GG) sowie beispielsweise die Mitglieder des Hamburgischen Senats (Art. 40 HmbVerf) einem totalen Gewerbeverbot.

Bei den genannten Positionen handelt es sich sämtlich um Spitzenpositionen der Verwaltung oder um politische Ämter. Auch die Spitzen der Bundesnetzagentur oder anderer Bundesanstalten nehmen herausgehobene Positionen ein, die wirtschaftlichem und politischem Druck ausgesetzt sein können. Darüber hinaus lassen sich die Lebensbereiche, die von den genannten Gesetzen reguliert werden, € anders als beim Seewesen € nicht eindeutig eingrenzen. Man wird daher nie von vornherein ausschließen können, dass eine gewerbliche Tätigkeit einen Bezug zur Deutschen Bahn, Post, Telekommunikation, Strom- und Wärmelieferung, Stasi-Unterlagen oder Datenschutz haben könnte.

Von daher lässt sich das vollständige Gewerbeverbot für diese Positionen für diese Ämter durchaus rechtfertigen. Soweit auch das Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz in § 4 Abs. 5 Satz 1 FlUUG ein solches Totalverbot für Untersuchungsführer enthält, ist die Vorschrift genauso verfassungskonform zu reduzieren, wie dies für § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG gilt.

Da das Totalverbot gewerblicher Tätigkeit für Untersuchungsführer nicht erforderlich ist, um den Zweck des SUG zu erreichen, ist es nicht Ausdruck der Schranken von Art. 12 Abs. 1 GG. Damit ist § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG nach einer wörtlichen Auslegung insoweit verfassungswidrig.

3.3 Die Verfassungswidrigkeit von § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG in seiner wörtlichen Auslegung führt nicht dazu, dass das erkennende Gericht, den Rechtsstreit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen müsste. Eine Vorlagepflicht besteht nur, wenn es nicht möglich ist, die Norm verfassungskonform auszulegen (BVerfG, Beschluss v. 3.6.1992, 2 BvR 1041/88, 2 BvR 78/89, BVerfGE 86, 288, 320 = juris, Rn. 102). Dies kann im Wege der teleologischen Reduktion geschehen. Dabei wird das Maximum des Norminhalts aufrecht erhalten, das von Verfassungs wegen zulässig ist (siehe Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 1995, S. 161 m.w.N.).

Ein solches Vorgehen ist hier möglich. § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG kann teleologisch so reduziert werden, dass die Norm den Zweck des Gesetzes erfüllt und gleichzeitig nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht der Gesetzeszweck selbst verfassungsrechtlich bedenklich ist, sondern die Mittel, die zu dessen Erfüllung eingesetzt werden.

Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums erlauben es, dem Beamten solche Nebentätigkeiten zu untersagen, die die Gefahr eines Interessenkonfliktes bergen. Damit wäre eine Beschränkung der gewerblichen Nebentätigkeit soweit sie einen solchen Konflikt mit sich bringt, eine zulässige Schranke von Art. 12 Abs. 1 GG.

Eine am Gesetzeszweck orientierte Beschränkung der gewerblichen Tätigkeit kann unter Beachtung der im Gesetz vorhandenen Formulierung vorgenommen werden. § 12 Abs. 2 SUG sichert die institutionelle Unabhängigkeit der Bundesstelle im Hinblick auf Personen, €deren Interessen mit ihren Aufgaben kollidieren könnten.€ Auf § 12 Abs. 5 S. 1 SUG angewendet, lautet dieser in einer verfassungskonform reduzierten Fassung, soweit sie hier entscheidungserheblich ist:

Die Untersuchungsführer dürfen neben ihrem Amt kein Gewerbe ausüben, das mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben kollidieren könnte.

Eine solche Auslegung wäre auch unionsrechtlich unbedenklich, da sie die Formulierung aus 8 Abs. 1 UAbs. 2 der Richtlinie aufgreift.

3.4 Wendet man den in seinem Anwendungsbereich teleologisch auf einen verfassungskonformen Inhalt reduzierten § 12 Abs. 5 Satz 1 SUG auf den vorliegenden Fall an, so steht er der Erteilung einer Nebentätigkeitserlaubnis nicht entgegen. Die Herstellung und der Vertrieb von Holzschnitzereien stehen nämlich in keinem auch nur irgendwie gearteten Zusammenhang zur Untersuchung von Seeunfällen. Das Gericht hält es für fernliegend, dass durch die Ausübung eines solchen Gewerbes auch nur der Anschein entstehen könne, dass die Klägerin in ihrer Funktion als Untersuchungsführerin einen Unfall nicht mehr objektiv untersuchen könnte.

4. Da sonstige Versagungsgründe nicht ersichtlich sind, ist der Klägerin die Gründung und Mitarbeit in einer GbR, die Holzschnitzereien herstellt und vertreibt, im Umfang von zwei Stunden wöchentlich zu bewilligen. Die Bewilligung kann für längstens fünf Jahre erteilt werden (§ 99 Abs. 4 Satz 1 BBG). [...]






VG Hamburg:
Urteil v. 20.12.2011
Az: 8 K 1101/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/50632acd8bc2/VG-Hamburg_Urteil_vom_20-Dezember-2011_Az_8-K-1101-11




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