Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 147/03
(BPatG: Beschluss v. 17.02.2004, Az.: 24 W (pat) 147/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die WortmarkespeedUpist für die Waren und Dienstleistungen
"Klasse 16: Handbücher, Computerbücher; Lehr- und Unterrichtsmaterial;
Klasse 38: Telekommunikation;
Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung außer Entwicklung von Computersoftware in bezug auf die Simulation von Verfahrensproblemen in der chemischen, petrochemischen, pharmazeutischen, Erdöl-, Stromerzeugungs-, Nahrungsmittel-, Konsumgüter-, Metall- und Mineralindustrie;
Gestaltung, Design und Bereitstellung von Webseiten; Design von Netzwerkseiten (Homepages); Einstellen von Webseiten ins Internet für Dritte; Erstellen von Datenbankanwendungen"
zur Eintragung in das Register angemeldet.
Mit Beschluß vom 18. Februar 2003 hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung - nach vorheriger Beanstandung bezüglich absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG - wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Marke stehe, selbst wenn in dem Markenwort "speedUp" eine anpreisende Bedeutungsnuance gesehen werde, ein die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibender Begriffs- und Aussagegehalt im Vordergrund. Die gängige und lexikalisch nachweisbare englische Wortverbindung "speed up" bedeute "beschleunigen, eine (Produktions-)Steigerung erzielen" und sei den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres verständlich, da Englisch im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen gängige Fachsprache sei. In bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 38 und 42 weise die Marke lediglich darauf hin, daß diese dazu verwendet würden, eine Geschwindigkeitssteigerung, insbesondere bei der Daten- und Informationsübertragung, zu erzielen. In bezug auf die Waren der Klassen 16 erschöpfe sich sie Marke in einem sachlichen Inhaltshinweis, da sich die Handbücher, Computerbücher sowie das Lehr- und Unterrichtsmaterial inhaltlich mit Software und den entsprechenden Internet- und Telekommunikationsdienstleistungen befassen und Abhandlungen darüber enthalten könnten, wie die Datenübertragung noch schneller und intensiver bewerkstelligt werden könne. Bei der Schreibweise ohne Leerzeichen zwischen den Worten und der Binnengroßschreibung des "U" handle es sich um ein werbeübliches Gestaltungsmittel, dessen wegen die Wortzusammensetzung nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefaßt werde. Ob die angemeldete Marke darüber hinaus auch freihaltebedürftig im Sinn von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sei, könne dahingestellt bleiben.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nach ihrer Auffassung besitzt die angemeldete Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. In bezug auf die Waren der Klasse 16 und die Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung und Erstellen von Datenbankanwendungen" könne nicht von einer inhaltlichen Werbeaussage ausgegangen werden, da nicht zu erkennen sei, welcher Begriffs- und Aussagegehalt für die Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehe. Bezüglich der Dienstleistungen "Gestaltung, Design und Bereitstellung von Webseiten; Design von Netzwerkseiten (Homepages); Einstellen von Webseiten ins Internet für Dritte" komme es nicht auf die Beschleunigung an, sondern auf das Design, dh die künstlerische Gestaltung, die mit dem Begriff "speedUp" nicht umschrieben werden könne. Auf die Eintragung der Marken 300 65 370 "SPEED" und 2 014 809 "DOCUWARE" jeweils für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 werde hingewiesen, bei denen ein Unterschied zur der angemeldeten Marke nicht zu erkennen sei.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen, wobei nach Auffassung des Senats ihrer Eintragung sowohl das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft als auch das einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe entgegensteht (§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG).
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Ein Wortzeichen unterliegt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dann einem Freihaltebedürfnis, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl EuGH GRUR 1999, 723, 725 f (Nr 25-37) "Chiemsee"; GRUR 2001, 1145, 1147 (Nr 39-40) "Babydry"; MarkenR 2003, 450, 453 (Nr 32) "DOUBLE-MINT"). Das Markenwort "speedUp" stellt für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine solchermaßen beschreibende Bezeichnung dar.
Die englische Wortkombination "speed up/speedup" läßt sich lexikalisch als Verb mit der Bedeutung "beschleunigen, die Geschwindigkeit erhöhen" sowie als Substantiv mit der Bedeutung "Beschleunigung, Temposteigerung, (econ) Produktionserhöhung" belegen (vgl ua Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, Muret-Sanders, Teil I, Engl-Dt, 2001, S 1056). Auch auf dem hier einschlägigen Computer-, EDV- und Telekommunikations-Bereich wird der englische Ausdruck im Sinn von "beschleunigen, Beschleunigung" verwendet (vgl zB Peter Winkler, Fachwörterbuch der EDV-Begriffe, Engl-Dt/Dt-Engl, 2001, S 293; Beck EDV-Berater Computer-Englisch, 4. Aufl 2002, S 609). Da sich die Bedeutung "die Geschwindigkeit erhöhen, Temposteigerung, Beschleunigung" naheliegend aus der direkten Übersetzung der einfachen englischen Grundworte "speed" (= "Geschwindigkeit") und "up" (= "nach oben, hinauf") ergibt, kann ferner davon ausgegangen werden, daß beachtliche Teile des angesprochenen inländischen Verkehrs die englische Wortzusammensetzung "speed up" ohne weiteres in ihrer Bedeutung verstehen werden, zumal, worauf die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat, Englisch auf dem Sektor der elektronischen Datenverarbeitung und Telekommunikation die vorherrschende Fach- und Verkehrsprache ist und deshalb beim interessierten Publikum das Verständnis zumindest einfacher englischer Begriffe vorausgesetzt werden kann.
In dieser Bedeutung enthält der Ausdruck "speed up" zudem einen in bezug auf die mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibenden Aussagehalt. Auf dem hier betroffenen Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung und Telekommunikation stellt die Geschwindigkeit, in der die Daten und Informationen verarbeitet und übertragen werden, und damit auch die Erhöhung der Geschwindigkeit bzw die Beschleunigung der jeweiligen Verarbeitungsabläufe und Informationsübermittlung ein wesentliches Leistungsmerkmal dar. Die Angabe "speed up" bezeichnet demzufolge in bezug auf die konkret beanspruchten Dienstleistungen "Telekommunikation" schlagwortartig deren Eigenschaft, die Geschwindigkeit der Informationsübermittlung zu beschleunigen, in bezug auf "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" und "Erstellen von Datenbankanwendungen" die auf die Beschleunigung der Datenverarbeitung oder der Datenbankanwendungen gerichtete Zweckbestimmung der zu erstellenden Programme und Anwendungen. Entgegen der Auffassung der Anmelderin kann die Beschleunigung ferner ein mögliches Merkmal der beanspruchten Dienstleistungen "Gestaltung, Design und Bereitstellung von Webseiten, Design von Netzwerkseiten (Homepages)" und "Einstellen von Webseiten ins Internet für Dritte" sein, wobei die Begriffe "Gestaltung" und "Design" in diesem Sachzusammenhang nicht bzw nicht nur im Sinn einer künstlerischen Ausgestaltung, sondern ebenso softwaretechnisch im Sinn von Software-Entwurf (vgl zB Peter Winkler, aaO, S 597: Software Entwurf = engl software design) zu verstehen sind. Bei Webseiten oder Netzwerkseiten ist insbesondere die Schnelligkeit ihres Aufrufs und Aufbaus ein wichtiges Eigenschaftsmerkmal, so daß die Angabe "speed up" insoweit auf die Zweckbestimmung der betreffenden Design- und Gestaltungs- sowie Ein- und Bereitstellungs-Dienstleistungen hinweist, eine diesbezügliche Beschleunigung von Web- oder Netzwerkseiten zu erreichen. Nicht zu beanstanden ist schließlich die Feststellung der Markenstelle, daß sich die angemeldeten "Handbücher, Computerbücher" sowie das "Lehr- und Unterrichtsmaterial" inhaltlich mit der Beschleunigung der Datenverarbeitung oder Informationsübermittlung befassen können und der Begriff "speed up" daher das Thema bzw den Inhalt dieser Produkte bezeichnet.
Nachdem sich außerdem die Zusammenschreibung "speedUp" des englischen Ausdrucks "speed(-)up" mit Binnengroßschreibung des "U" im Rahmen eines üblichen Schriftbildes hält (vgl BGH MarkenR 2003, 388, 390 "AntiVir/AntiVirus"), kann die angemeldete Marke mithin auch in der konkret gewählten Schriftzugestaltung im Verkehr zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen und ist folglich nach der Bestimmung des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Da, wie dargelegt, der englische Ausdruck "speed up" für die von der Anmeldung erfaßten Waren und Dienstleistungen einen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt besitzt, der sich den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erschließt und sich auch die konkret beanspruchte Gestaltung des Schriftzuges im Rahmen des Üblichen hält, fehlt der angemeldeten Marke "speedUp" darüber hinaus die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Eignung, die betreffenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH MarkenR 2002, 231, 235 (Nr 35) "Philips/Remington"; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 "anti KALK"; GRUR 2003, 1050 "Cityservice").
Der Hinweis auf - nach Auffassung der Anmelderin vergleichbare - Markeneintragungen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Aus Voreintragungen ähnlicher oder selbst übereinstimmender Marken durch das Deutsche Patent- und Markenamt ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer eigenen Prüfung unterliegt und etwa zu Unrecht erfolgte frühere Eintragungen nicht das Recht verschaffen, auch weiterhin derartige Eintragungen durch das Patentamt zu erwirken (vgl BGH GRUR 1997, 527, 528 "Autofelge"; BlPMZ 1998, 248, 249 "Today"). Im übrigen wird auf die der Anmelderin vom Senat übermittelten PAVIS PROMA-Ausdrucke mit Beschlüssen des Bundespatentgerichts und Harmonisierungsamts hingewiesen, in denen Marken mit dem Bestandteil "SPEED" für zum Teil identische zum Teil ähnliche Waren und Dienstleistungen für nicht eintragbar beurteilt wurden (vgl BPatG v 27.10.1998, 24 W (pat) 241/97 "SPEEDUP"; v 20.7.1998, 30 W (pat) 108/97 "SPEED"; v 8.2.2000, 24 W 80/99 "HYPERSPEED"; HABM v 11.7.2000, R 36/99-2 "MAXSPEED").
Ströbele Guth Kirschneck Bb
BPatG:
Beschluss v. 17.02.2004
Az: 24 W (pat) 147/03
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