Verwaltungsgericht Minden:
Urteil vom 15. November 2002
Aktenzeichen: 3 K 1201/02
(VG Minden: Urteil v. 15.11.2002, Az.: 3 K 1201/02)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Im Oktober 2001 ging (u.a.) beim Beklagten ein Schreiben von Privatpersonen ein, mit dem diese darauf hinwiesen, dass die Niederwaldstraße durch den Kläger ständig stark verschmutzt werde. Eine Reinigung nehme er fast nie vor.
Dies nahm der Beklagte zum Anlass, den Kläger mit Schreiben vom 18.01.2002 auf die ihm obliegende Verpflichtung gemäß § 32 der Straßenverkehrsordnung hinzuweisen. Wenn er die Straße nicht reinige, könne der Träger der Straßenbaulast die Verunreinigungen auf Kosten des Verursachers beseitigen. Außerdem müsse der Kläger ggf. Schadensersatzforderungen gewärtigen.
Mit Schreiben vom 28.01.2002 meldeten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers - unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht - beim Beklagten und baten um Akteneinsicht "in der Ordnungswidrigkeitenangelegenheit".
Unter dem 18.02.2002 lehnte der Beklagte die begehrte Akteneinsicht ab: Bei dem Schreiben vom 18.01.2002 habe es sich um ein reines Informationsschreiben gehandelt. Ein Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz sei bisher noch nicht eingeleitet worden. Ein Recht auf Akteneinsicht nach § 49 des Ordnungswidrigkeitengesetzes bestehe daher nicht. Die Gewährung von Akteneinsicht stehe im pflichtgemäßen Ermessen. Die Beschwerde über den Kläger sei durch Anwohner, deren Besucher und Benutzer der Niederwaldstraße erhoben worden. Im Interesse der Beteiligten und zur Wahrung des Nachbarschaftsfriedens werde die begehrte Akteneinsicht versagt, weil die Ordnungsbehörde bei ihrer Aufgabenerfüllung auf die Mitarbeit der Bevölkerung angewiesen sei.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 21.02.2002: Er sei auf die Akteneinsicht angewiesen, um eine Stellungnahme zu dem Vorgang abgeben zu können. Er "remonstriere" gegen das Verhalten des Beklagten und bitte nochmals um die Gewährung von Akteneinsicht.
Hierauf reagierte der Beklagte nicht.
Der Kläger hat am 19.04.2002 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt: Es sei völlig unerheblich, ob die Akteneinsicht in einer Ordnungswidrigkeitensache oder einer sonstigen verwaltungsrechtlichen Angelegenheit begehrt werde. Es bestünden jedenfalls Verwaltungsvorgänge über ihn. Der Beklagte habe gegen ihn ermittelt. Dies sei im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens erfolgt. Der Beklagte sei nicht auf privatrechtlicher Basis tätig geworden, sondern habe eine Außentätigkeit durch die Versendung des Schreibens ausgeübt. Schließlich seien private Dritte, die sich in einer Unterschriftenliste befänden, nicht schutzwürdig.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Verfügung des Beklagten vom 18.02.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Akteneinsicht in den Verwaltungsvorgang I/32He zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, es sei zu keinem Zeitpunkt ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Kläger anhängig gewesen. Eine Akteneinsicht nach § 49 des Ordnungswidrigkeitengesetzes komme daher nicht in Betracht. Selbst wenn dies anders sein sollte, sei die Akteneinsicht über das zuständige Amtsgericht zu gewähren. Ein Anspruch des Klägers folge auch nicht aus § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Es sei nämlich niemals ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes anhängig gewesen. Er - der Beklagte - habe zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, einen Verwaltungsakt zu erlassen. Auch außerhalb eines Verwaltungsverfahrens bestehe kein Anspruch des Klägers. Insoweit stehe die Gewährung von Akteneinsicht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Da es vorliegend um die Daten Dritter gehe, die eine Weitergabe nicht wünschten, stünden der begehrten Akteneinsicht datenschutzrechtliche Belange entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Óbrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig.
Der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung
- VwGO - ist eröffnet. Da ein Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz offensichtlich zu keinem Zeitpunkt anhängig war, ist eine Zuständigkeit der Amtsgerichte nicht gegeben. - Lediglich zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass entgegen der Ansicht des Beklagten die Akteneinsicht des Betroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht durch § 49 des Ordnungswidrigkeitengesetzes geregelt wird, sondern durch § 46 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes i.V.m. § 147 der Strafprozessordnung. § 49 des Ordnungswidrigkeitengesetzes betrifft vielmehr die Akteneinsicht durch die Verwaltungsbehörde, wenn die Staatsanwaltschaft Verfolgungsbehörde ist. -
Der Kläger hat zulässigerweise eine Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage erhoben (vgl. §§ 42 Abs. 1, 75 VwGO). Bei dem Schreiben des Beklagten vom 18.02.2002, dem eine Rechtsmittelbelehrung allerdings nicht beigefügt war, handelt es sich nämlich um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG NW -. Mit seiner ablehnenden Entscheidung, die begehrte Akteneinsicht nicht zu gewähren, hat der Beklagte eine Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen getroffen
- vgl. auch Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2000, § 29 Rdnr. 28; Meyer/Borgs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Auflage 1982, § 29 Rdnr. 25 jeweils m.w.N. -.
Gegen den Verwaltungsakt vom 18.02.2002 hat der Kläger in Gestalt seines Schreibens vom 21.02.2002 Widerspruch eingelegt. Es ist unschädlich, dass dieses Schreiben nicht ausdrücklich als "Widerspruch" bezeichnet worden ist. Es reicht nämlich aus, dass für die Behörde aus dem Widerspruchsschreiben und den näheren Umständen des Falles hinreichend erkennbar ist, dass der Betroffene mit einem bestimmten Verwaltungsakt nicht einverstanden ist und eine Óberprüfung begehrt
- vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Auflage 2000,
§ 69 Rdnr. 5 -.
So liegt es hier. Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 21.02.2002 eindeutig dargelegt, dass er sich gegen die Verweigerung der Akteneinsicht wendet und auf dieser besteht. Damit ist den inhaltlichen Anforderungen des § 69 VwGO genügt worden.
Die Klageerhebung am 19.04.2002 wahrte zwar nicht die Sperrfrist von 3 Monaten gemäß § 75 VwGO. Für die Beurteilung, ob die Klage zulässig ist, kommt es jedoch auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Es genügt für die Zulässigkeit der Klage, dass in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen gegeben sind, auch wenn sie im Zeitpunkt der Klageerhebung noch gefehlt haben
- vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 75 Rdnr. 11 m.w.N. -.
Daraus folgt, dass die Klage nunmehr nicht mehr als verfrüht erhoben anzusehen ist.
Letztlich steht auch § 44 a VwGO der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, da ein auf eine Sachentscheidung gerichtetes Verwaltungsverfahren zu keinem Zeitpunkt anhängig war (siehe dazu unten)
- vgl. allgemein in diesem Zusammenhang Knack, a.a.O., § 29 Rdnr. 28; Meyer/Borgs, a.a.O., § 29 Rdnr. 25 -.
Die nach allem zulässige Klage ist jedoch nicht begründet.
Die Verfügung des Beklagten vom 18.02.2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil dieser keinen Anspruch auf Akteneinsicht hat (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 29 VwVfG NW. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Dieses Akteneinsichtsrecht hat jedoch zur Voraussetzung, dass überhaupt ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG NW anhängig ist
- vgl. Knack, a.a.O., § 29 Rdnr. 12 -.
Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG NW ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages gerichtet ist. Angesichts dieser Verfahrensziele reichen Verfahren, die zu behördlichen Erklärungen (Warnungen, Belehrungen etc.) führen nicht aus, so lange diese Maßnahmen kein Verwaltungsakt sind. Dies gilt auch dann, wenn wegen solcher Tätigkeiten der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist
- vgl. Knack, a.a.O., § 9 Rdnr. 12 -.
So liegt es hier. Das Schreiben des Beklagten vom 18.01.2002, das selbst offensichtlich keinen Verwaltungsakt darstellt, erschöpft sich darin, den Kläger auf die ihm gemäß § 32 der Straßenverkehrsordnung obliegende Verpflichtung hinzuweisen und ihn über mögliche Folgen zu belehren. Dass der Beklagte in Aussicht genommen hätte, auch nur die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes oder eines öffentlichrechtlichen Vertrages zu prüfen, ist nicht ersichtlich. Dann aber ist davon auszugehen, dass der Beklagte - wie dieser vorgetragen hat - zu keinem Zeitpunkt ein Verwaltungsverfahren eingeleitet hatte, sodass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 29 VwVfG NW nicht besteht.
Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus § 4 Abs. 1 des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen - IFG NW -.
Der Beklagte ist vorliegend zwar als Anspruchsverpflichteter anzusehen, weil er - zwar kein Verwaltungsverfahren eingeleitet (siehe oben), aber - eine Verwaltungstätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 IFG NW entfaltet hat. Ausweislich des Briefkopfes des Schreibens vom 18.01.2002 ist der Beklagte durch sein Ordnungsamt als Straßenverkehrsbehörde tätig geworden. Insoweit lag kein privatrechtliches Handeln des Beklagten vor, sondern eine Verwaltungstätigkeit.
Auch die formellen Voraussetzungen des § 5 IFG NW sind erfüllt.
Der grundsätzlich weite Informationsanspruch des Bürgers gemäß § 4 Abs. 1 IFG wird jedoch - abgesehen von hier nicht einschlägigen Beschränkungen gemäß §§ 6, 7 und 8 IFG - vorliegend gemäß § 9 Abs. 1 IFG NW, der dem Schutz personenbezogener Daten dient, entscheidend eingeschränkt. Danach ist - ohne Einräumung von Ermessen - der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der Information personenbezogene Daten offenbart werden.
So liegt es hier. Personenbezogene Daten sind gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - DSG NW) (gleichlautend § 3 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Vorliegend enthält der Verwaltungsvorgang des Beklagten die Namen und Anschriften bestimmter oder jedenfalls bestimmbarer natürlicher Personen, die dem Beklagten einen bestimmten Sachverhalt unterbreitet haben. Diese Informationen stellen mithin Einzelangaben über die sachlichen Verhältnisse dieser natürlichen Personen dar
- vgl. allgemein auch Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 6. Auflage 1997, § 3 Nr. 2.2 ff. -.
Die Offenbarung dieser personenbezogenen Daten ist - von hier nicht interessierenden weiteren Ausnahmen abgesehen - gemäß § 9 Abs. 1 lit. e) IFG NW nur dann zulässig, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Information geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Person der Offenbarung nicht entgegenstehen.
Vorliegend hat der Kläger schon nicht das erforderliche rechtliche Interesse an der Kenntnis der begehrten Information geltend gemacht. Der Begriff des "rechtlichen Interesses" wird im Informationsfreiheitsgesetz nicht näher definiert. In der Annahme, dass sich der Gesetzgeber eines einheitlichen Sprachgebrauchs bedient
- vgl. dazu Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 23 -,
ist daher auf den Begriff des rechtlichen Interesses abzustellen, wie er in § 256 der Zivilprozessordnung - ZPO - seinen Niederschlag gefunden hat. Ein schutzwürdiges (rechtliches) Interesse des Klägers besteht danach dann, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht
- vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 22. Auflage 2001, § 256 Rdnr. 7 -.
Es muss sich um ein eigenes Interesse des Klägers handeln und darf nicht ausschließlich ein wirtschaftliches oder persönliches sein
- vgl. Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 23. Auflage 2001, § 256 Rdnr. 13 -.
Gerade hierdurch unterscheidet sich das rechtliche Interesse von einem (nur) berechtigten Interesse i.S.d. §§ 43, 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO
- vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 23 -.
Der Begriff des berechtigten Interesses ist weiter und erfasst neben rechtlichen Interessen auch solche wirtschaftlicher oder ideeller Art. Ausgehend davon lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger vorliegend ein rechtliches Interesse an der begehrten Akteneinsicht hat. Es geht ihm ausweislich seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung darum, in Erfahrung zu bringen, wer ihn beim Beklagten "angeschwärzt" hat. Sollte es sich um eine bestimmte Person handeln, will der Kläger gegen diese Strafanzeige erstatten. Im Óbrigen will er Kenntnis davon erlangen, ob auch seine Verpächter gegenüber dem Beklagten vorstellig geworden sind bzw. welcher Sachverhalt überhaupt mitgeteilt worden ist. All diesen Beweggründen für die begehrte Akteneinsicht lässt sich nur ein persönliches ideelles Interesse entnehmen, nicht hingegen ein rechtliches Interesse im engeren Sinne. Dies erschließt sich auch daraus, dass das Recht oder die Rechtslage des Klägers ohne die Akteneinsicht nicht gefährdet ist. Gegenüber strafrechtlich relevanten Vorwürfen, so sie denn geäußert worden sein sollten, kann er sich im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zur Wehr setzen. Auch könnte er auf Grund eines solchen Verfahrens seinerseits Strafanzeige erstatten. Da ihm dies unbenommen bleibt, ist nicht ersichtlich, dass er ein rechtlich geschütztes Interesse daran hat, bereits im Vorfeld Kenntnis von personenbezogenen Daten zu erlangen. Dies gilt um so mehr hinsichtlich seines allgemeinen Begehrens, durch die Akteneinsicht in Erfahrung zu bringen, ob auch seine Verpächter gegen ihn vorgegangen sind. Unter Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit personenbezogener Daten, die zu einer engen Auslegung des rechtlichen Interesses i.S.d. § 9 Abs. 1 lit. e) IFG NW nötigt, muss es daher nach allem dabei bleiben, dass der Kläger ein rechtlich geschütztes Interesse nicht geltend gemacht hat. Auf die weitere Frage, ob überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Personen der Offenbarung entgegenstehen, kommt es danach nicht mehr an.
Ob es angesichts der im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes gewährten Auskunftsansprüche daneben und subsidiär noch einen Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen gibt, kann dahinstehen. Dem Grundsatz nach dürfte dies zu verneinen sein. Angesichts der detaillierten Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes, die den Informationsanspruch des Bürgers gegenüber der öffentlichen Verwaltung umfassend regeln, spricht vieles dafür, dass in Gestalt dieses Gesetzes eine abschließende Regelung getroffen worden ist, die der Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entgegensteht. Insbesondere geht es nicht an, die im Informationsfreiheitsgesetz getroffenen Vorkehrungen zum Schutz personenbezogener Daten im Rahmen einer Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen ins Leere laufen zu lassen. Letztlich braucht dieser Frage jedoch nicht abschließend nachgegangen zu werden. Bestünde nämlich gleichwohl noch ein Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen, hätte der Beklagten diesen Anspruch durch sein Schreiben vom 18.02.2002 erfüllt. Die von ihm getroffene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere durfte der Beklagte, der gegenüber dem Kläger weder ein Ordnungswidrigkeiten- noch ein Verwaltungsverfahren eingeleitet hat (siehe oben), die Interessen der Anwohner, Besucher und Benutzer der Niederwaldstraße an der Nichtweitergabe ihrer Namen höher bewerten als das Interesse des Kläger an deren Preisgabe. Auch ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Wahrung des Nachbarschaftsfriedens in den Mittelpunkt seiner Óberlegungen gestellt hat. Es muss daher nach allem dabei bleiben, dass auch ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen ermessensfehlerfrei verneint worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
VG Minden:
Urteil v. 15.11.2002
Az: 3 K 1201/02
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