Landgericht Nürnberg-Fürth:
Urteil vom 9. September 2010
Aktenzeichen: 8 O 1617/10
(LG Nürnberg-Fürth: Urteil v. 09.09.2010, Az.: 8 O 1617/10)
Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.836,39 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 24.03.2010 zu bezahlen, sowie 402,82 Euro als Ersatz für vorgerichtliche Kosten zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 24.03.2010 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten gesamtschuldnerisch 75%, die Klägerin 25%.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.115,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall.
Der Unfall ereignete sich am 14.11.2009 um 10.40 Uhr in Nürnberg in der K. Straße an der Einmündung der I Straße in Fahrtrichtung Innenstadt. Am Unfall beteiligt waren der von der Klägerin geführte BMW mit amtlichem Kennzeichen XXX, sowie der von dem Beklagten zu 1) gesteuerte Audi mit amtlichem Kennzeichen YYY samt Anhänger. Die Klägerin hat dieses Fahrzeug geleast, ist jedoch nach den Leasingbedingungen ermächtigt und verpflichtet, alle Schadensersatzanspruch in eigenem Namen geltend zu machen. Der ortsunkundige Beklagte zu 1) wollte mit seinem Fahrzeug von der I. Straße nach links in die K. Straße in stadtauswärtiger Richtung einbiegen. Dabei setzte er zunächst falsch zum Einbiegen in die zweispurig stadteinwärts führende Fahrbahn an, anstatt zuerst die zwischen den beiden Fahrtrichtungshälften liegenden Straßenbahngleise zu überqueren. Der Beklagte zu 1) stieß daraufhin mit seinem Anhänger zurück. Im Weiteren kam es dann zur Kollision mit dem aus Sicht des Beklagten zu 1) von links kommenden Fahrzeug der Klägerin, die mit 40 km/h bei für sie grüner Ampelschaltung in die Kreuzung einfuhr. Es entstanden für das Klägerfahrzeug Reparaturkosten in Höhe von 3.806,10 Euro, Gutachterkosten in Höhe von 668,07 Euro, eine Wertminderung am Fahrzeug in Höhe von 400 Euro, Mietwagenkosten in Höhe von 216,01 Euro, pauschale Unkosten in Höhe von 25 Euro und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 546,69 Euro.
Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte zu 1) bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren bzw. jedenfalls bei Rotlicht noch in der Kreuzung gewesen sei. Weiter behauptet die Klägerin, dass das Beklagtenfahrzeug unmittelbar vor der Kollision für sie nicht zu sehen gewesen sei, da es von auf dem rechten Fahrstreifen der Klägerin vor der Ampel stehenden Autos verdeckt gewesen sei. Die Beklagten müssten deshalb zu 100% haften. Dabei habe die Klägerin auch Anspruch auf die Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 Euro (1,3 Geschäftsgebühr) für die Einholung einer Deckungszusage bei ihrer Rechtsschutzversicherung für die gerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche.
Die Klägerin beantragt:
I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Euro 5.115,18 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.
II. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Ersatz für die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung Euro 546,96 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.
III. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere Anwaltskosten in Höhe von Euro 402,82 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagten bestreiten, dass der Beklagte zu 1) bei rot in die Kreuzung eingefahren sei. Gerade als er nach dem Zurückstoßen wieder den Vorwärtsgang eingelegt habe, sei die Klägerin mit fliegendem Start in die Kreuzung eingefahren. Dies sei grob fahrlässig erfolgt, da diese keinen freien Blick auf die Kreuzung gehabt habe. Das Klägerfahrzeug habe bereits in ihren Fahrstreifen geragt, sei also erkennbar gewesen. Damit habe dem Beklagten zu 1) als Kreuzungsräumer der Vorrang gewährt werden müssen. Die Klägerin habe im Übrigen keinen Anspruch auf die Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung für die gerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche. Diese Kosten stellten keinen ersatzfähigen unmittelbaren Schaden dar. Es handle sich bei der Übersendung des Entwurfs einer Klageschrift nicht um einen gesonderten und gebührenpflichtigen Service des Rechtsanwalts.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen W. und Dr. G., sowie durch mündliches Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. E.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.07.2010 verwiesen (Bl.35 d.A.). Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen. Die Ermittlungsakte der StA Nürnberg-Fürth 704 Js x/10 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Die Klageschrift ist den Beklagten am 23.03.2010 zugestellt worden.
Gründe
A.
Die Klage ist zulässig und zum überwiegenden Teil begründet.
I. Die Klägerin kann die streitgegenständlichen Ansprüche als eigene Rechte im eigenen Namen geltend machen. Darauf, dass sie als Leasingnehmerin (auch) Ansprüche ihres Leasinggebers in gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen kann, kommt es nicht an. Allerdings wäre es zulässig, ein fremdes Recht in eigenem Namen im Prozess geltend zu machen, wenn der Berechtigte eine entsprechende Ermächtigung erteilt hat und der Kläger an der Durchsetzung des Rechts ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (vgl. BGH WM 1989, 585; BGH VersR 2001, 1130). Diese Voraussetzungen, insbesondere auch das schutzwürdige Interesse der Klägerin als nach dem Leasingvertrag zur Schadensabwicklung Berechtigte und Verpflichtete, wären hier zu bejahen (vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 2004, 1168; KG VRS 104, 92; LG Köln, Urt. v. 18.03.2008 - 8 O 96/06, juris).
II. Da die Klägerin aber ein Mitverschulden an der Unfallentstehung in Höhe von 25% trifft, haften die Beklagten gesamtschuldnerisch nur auf einen Betrag in Höhe von 3.836,39 Euro.
1. Da das Fahrzeug des Leasinggebers bei dem Zusammenstoß mit dem Beklagten-Pkw beschädigt wurde, kann die Klägerin dem Grunde nach einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 1) aus § 7 Abs. 1 StVG, § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs.1 BGB und gegen die Beklagte zu 2) aus § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG 2008 geltend machen. Dass die Klägerin nicht Eigentümerin des Fahrzeugs ist, schadet nicht, da sowohl nach § 823 BGB als auch nach § 7 StVG der berechtigte (Leasing-)Besitz geschützte Rechtsgüter sind (BGH NJW 1981, 750; BGH VersR 1976, 943). Dass der Unfall durch höhere Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG) verursacht worden sei, wird von keiner Partei geltend gemacht.
Ein Anspruch der Klägerin nach § 7 Abs. 1 StVG ist deshalb nur ausgeschlossen, wenn der Unfallschaden von ihr durch ein für den Beklagten zu 1) unabwendbares Ereignis (§ 17 Abs. 3 Satz 1 StVG) oder jedenfalls ganz überwiegend verursacht bzw. verschuldet wurde, so dass der Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 1) vernachlässigt werden kann (§ 17 Abs. 1, 2 StVG, § 254 Abs. 1 BGB). Dafür, dass die Betriebsgefahr des PKW der Klägerin durch deren - ggfls. schuldhafte - Fahrweise gegenüber der des PKW der Beklagten wesentlich erhöht war und dass die Klägerin an dem Unfall ein Verschulden trifft, sind grundsätzlich die Beklagten darlegungs- und beweispflichtig (BGH VersR 2007, 681).
Der Schaden wurde vorliegend durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht (§ 17 Abs. 1, 2 StVG). Somit hängt im Verhältnis der Fahrzeugführer zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die Abwägung im Rahmen des § 17 Abs. 1 StVG ist aufgrund aller festgestellten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. In erster Linie ist hierbei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung das Maß der Verursachung von Belang in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (BGH VersR 2010, 642; BGH VersR 2007, 557). Dabei dürfen nur feststehende Umstände berücksichtigt werden, die sich erwiesenermaßen auf den Unfall ausgewirkt haben (BGH VersR 1995, 357 m.w.N.).
2. Der Kläger hat fahrlässig gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen, indem er - wenngleich irrtümlich - zunächst fehlerhaft sein Abbiegemanöver eingeleitet und sodann im Rahmen dessen Korrektur nicht auf den inzwischen freigegebenen kreuzenden Verkehr geachtet hat. Dass es dem Beklagten zu 1) aufgrund des räumlich-zeitlichen Ablaufs unmittelbar vor der Kollision möglich gewesen wäre, das herannahende Fahrzeug der Klägerin rechtzeitig zu erkennen und dieser das ihr aufgrund des grünen Lichtzeichens zustehenden Vorfahrtsrecht (§ 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO) einzuräumen, ergibt sich aus den Erkenntnissen des unfallanalytischen Sachverständigengutachtens. Die Unfallanalyse des gerichtsbekannt zuverlässigen Sachverständigen E. ist für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar. Die Parteien sind den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Gutachtenserstattung auch nicht substantiiert entgegengetreten.
In diesem Zusammenhang kann sich der Beklagte zu 1) nicht auf die so genannte "Kreuzungsräumer"-Rechtsprechung berufen (z.B. BGH VersR 1977, 154; KG DAR 2003, 516). Der Beklagte zu 1) war hier nämlich nicht im Sinne des § 11 Abs. 3 StVO bevorrechtigter Kreuzungsräumer. Dies würde voraussetzen, dass er berechtigt bei Grün in die Kreuzung eingefahren ist und der Verkehr dann - nicht vorhersehbar (vgl. § 11 Abs. 1 StVO) - gestockt hat (OLG Karlsruhe Schaden-Praxis 2008, 218). Zwar war zuletzt zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte zu 1) seinerseits zunächst bei Grün in die Kreuzung eingefahren ist. Dass er jedoch dann im Kreuzungsbereich anhalten musste, beruhte nicht auf einer unvorhersehbaren Stockung des Verkehrsflusses, sondern alleine auf seiner fehlerhaften Wahrnehmung der Straßenführung für ihn als Linksabbieger. In einer solchen Konstellation muss es beim Vorrecht der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1) bleiben. Da dieser damit einen erkennbaren und vermeidbaren Sorgfaltspflichtverstoß begangen hat, ist ihm fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen (§ 276 Abs. 1 BGB).
3. Die Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, dass auch der Klägerin ein Sorgfaltspflichtverstoß vorzuhalten ist, der sich unfallkausal ausgewirkt hat. So ist nach den Angaben der vernommenen Zeugen und auch den insoweit übereinstimmenden "Ermittlungsergebnissen" des Sachverständigen davon auszugehen, dass an der Unfallstelle am Unfalltag eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h angeordnet war. Diesen zwar von den Beklagten bislang nicht vorgebrachten Umstand haben jene sich als ihnen günstiges Ergebnis der Beweisaufnahme stillschweigend zu eigen gemacht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist nämlich davon auszugehen, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, hilfsweise zu eigen macht. Gründe, die im Streitfall zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind nicht ersichtlich (BGH NJW 2006, 63 m.w.N.; BGH VersR 2010, 946, 949). Unstreitig ist die Klägerin jedoch mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h gefahren, so dass ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 StVO (lfd. Nr. 49, Anlage 2) vorliegt. Nach der Unfallanalyse des Sachverständigen wäre der Zusammenstoß für die Klägerin bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit im Moment der Reaktionsaufforderung sowohl räumlich als auch zeitlich vermeidbar gewesen.
4. Die damit gegebene Geschwindigkeitsüberschreitung von ca. 10 km/h ist jedoch nicht so gravierend, als dass sie eine grundlegende Verschiebung der Haftungsverteilung, wie sie sich aufgrund des Verstoßes des Beklagten zu 1) darstellt, bewirken könnte. Das bestimmende Moment des Verkehrsunfalls bleibt weiterhin der Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 1 Abs. 2 StVO. Nach Ansicht des Gerichts ist deshalb eine Mithaftung der Klägerin in Höhe von 25% angemessen.
III. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin beziffert sich wie folgt:
1. Infolge der Besitzstörung war die Klägerin unstreitig zur Aufwendung der Mietwagenkosten und pauschaler Unkosten zur Abwicklung des Schadensfalls genötigt. Die Reparaturkosten kann die Klägerin als sog. Haftungsschaden verlangen (vgl. BGH VersR 1976, 943; BGH NJW 1981, 750), da sie nach Ziff. X.2 S. 2 der Leasingbedingungen gegenüber ihrem Leasinggeber verpflichtet ist, die "notwendigen Reparaturarbeiten unverzüglich in eigenem Namen und auf eigene Rechnung durchführen zu lassen". Die Gutachterkosten waren zur Prognose bzw. Einleitung der Reparatur erforderlich und sind deshalb ebenfalls für die Klägerin selbst eine ersatzfähige Position. Nachdem die Klägerin nach Ziff. X.5 S. 1 der Leasingbedingungen Entschädigungsleistungen für Wertminderung an den Leasinggeber weiterzuleiten hat, stellt auch die Belastung mit dieser Verbindlichkeit einen Haftungsschaden der Klägerin selbst dar.
Reparaturkosten in Höhe von 3.806,10 Euro, Wertminderung in Höhe von 400 Euro, Gutachterkosten in Höhe von 668,07 Euro, Mietwagenkosten in Höhe von 216,01 Euro und pauschale Unkosten in Höhe von 25 Euro sind unstreitig. Vom Gesamtschaden in Höhe von 5115,18 Euro haben die Beklagten gesamtschuldnerisch (§ 115 Abs. 1 S. 4 VVG) 75%, also 3.836,39 Euro zu ersetzen.
2. Der Klägerin steht daneben ein Anspruch auf Erstattung ihrer eigenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zur Durchsetzung ihres Besitzschadens nur hinsichtlich der eigentlichen vorgerichtlichen Tätigkeit des Klägervertreters zu (vgl. BGH NJW 2005, 1112).
Dabei ist jedoch nur ein Gegenstandswert in Höhe des der Klägerin tatsächlich zu erstattenden Schadensersatzes, d.h. von 3.836,39 Euro zugrunde zu legen (BGH aaO). Hieraus ergibt sich ein zu erstattender Betrag von 318,50 Euro (1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG) zuzüglich 20,00 Euro (Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG), zuzüglich 19% Mehrwertsteuer in Höhe von 64,32 Euro (nach Nr. 7008 VV RVG), insgesamt also 402,82 Euro.
3. Die Klägerin hat darüber hinaus aber keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten zur Einholung einer Deckungszusage bei ihrer Rechtsschutzversicherung.
a) Die Frage, ob ein aufgrund eines Verkehrsunfalls Haftungspflichtiger neben den im Einzelfall erforderlichen Kosten für die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes auch die Rechtsanwaltskosten des Geschädigten tragen muss, der seinen Rechtsanwalt vorgerichtlich mit einer Anfrage bei seinem eigenen Rechtsschutzversicherer beauftragt, um für das gerichtliche Vorgehen gegenüber dem Haftungspflichtigen eine Deckungszusage zu erlangen, ist in den letzten Monaten in der Rechtsprechung unterschiedlich entschieden worden (für den Fall der Erforderlichkeit bereits bejahend LG Amberg, AGS 1993, 58 [Ls.]).
29Bejaht wurde ein entsprechender Anspruch in der jüngsten Rechtsprechung - jedoch ohne nähere Begründung - z.B. vom LG Ulm (08.04.2010 - 6 O 244/09, juris). Als erforderlich und zweckmäßig bejahen einen Schadensersatzanspruch z.B. das LG Amberg (NJW 2009, 2610), das AG Hersbruck (AGS 2010, 257) und das AG Karlsruhe (AGS 2009, 355). Einige Gerichte bejahen einen entsprechenden Anspruch jedenfalls bei Verzug des Haftpflichtversicherers (LG Berlin, 09.12.2009 - 42 O 162/09, juris; AG Oberndorf, 12.11.2009 - 3 C 698/08, juris; LG Nürnberg-Fürth, AGS 2010, 257 und Urt. v. 07.04.09, Az. 2 O 9994/08).
Dagegen wird von einem Teil der Rechtsprechung ein entsprechender Anspruch abgelehnt, da die Rechtsanwaltskosten für die Erholung einer Deckungszusage nicht vom Schutzzweck der Haftungsnormen erfasst sei (LG Erfurt, 27.11.2009 - 9 O 1029/09, juris; AG Rastatt, Schaden-Praxis 2010, 90; LG Berlin, VersR 2002, 333). Vom LG Schweinfurt (NJW-RR 2009, 1254) wird ein Schadensersatzanspruch bereits deshalb abgelehnt, da die Einholung einer Deckungszusage schon durch die dem Anwalt vergütete Geschäftsgebühr abgegolten sei.
b) Das Gericht teilt im Ergebnis die zuletzt genannte Auffassung.
32Nach Ansicht des Gerichts spricht allerdings bereits viel dafür, dass jedenfalls regelmäßig dem vorgerichtlichen tätigen Rechtsanwalt des Unfallgeschädigten diesem gegenüber schon gar kein Honoraranspruch für die Erholung einer Deckungszusage zusteht: Erste Voraussetzung eines materiellrechtlichen Kostenersatzanspruches ist, dass der Geschädigte auf Grund des Verhältnisses, das zwischen ihm und seinem Rechtsanwalt besteht (Innenverhältnis), zur Zahlung der ihm von diesem in Rechnung gestellten Kosten auch wirklich verpflichtet ist. Das ist vorwiegend eine gebührenrechtliche Frage, die nach den Vorschriften des RVG zu beantworten ist. Erst wenn diese Frage dem Grunde und vor allem auch der Höhe nach zugunsten des Geschädigten bejaht ist, ist zu fragen, ob er nach den für sein Verhältnis zum Schädiger (Außenverhältnis) maßgebenden Grundsätzen des sachlichen Schadensersatzrechts (§§ 249 ff BGB) verlangen kann, dass dieser ihm die Kosten ganz oder teilweise ersetzt (BGH Urt. v. 03.08.2010 € VI ZR 113/09; BGH NJW 1968, 2334).
(1) Bereits zweifelhaft erscheint, ob die Anforderung der Deckungszusage nicht bereits durch die Geschäftsgebühr abgegolten ist. Nach §15 Abs. 2 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Einen gebührenrechtlichen Anspruch für die Deckungsanfrage hat der Anwalt deshalb nur, wenn es sich hierbei um eine "andere Angelegenheit" als das €Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information" im Sinne der Vorbem. 2.3 Abs. 3 RVG zu VV 2300 handelt. Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Zwar setzt die Annahme derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Ein innerer Zusammenhang zwischen verschiedenen Gegenständen der anwaltlichen Tätigkeit setzt voraus, dass die Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des nach dem Inhalt des Auftrags mit der anwaltlichen Tätigkeit erstrebten Erfolgs innerlich zusammengehören (zu allem BGH Urt. v. 03.08.2010 - VI ZR 113/09). Unter einer "Angelegenheit" im gebührenrechtlichen Sinne ist also das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Wann eine und wann mehrere Angelegenheiten vorliegen, bestimmt das RVG nicht. Die Abgrenzung ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse im Einzelfall vorzunehmen. Dabei ist insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrages maßgebend (BGH NJW 1995, 1431 zur BRAGO).
Nach einer vertretenen Ansicht soll der Rechtsanwalt für die Deckungsanfrage eine Geschäftsgebühr erhalten, da diese eine gesonderte Angelegenheit und daher gesondert zu vergüten sei (Onderka/Wahlen in: AnwK RVG 3. Aufl., Vorbemerkung 2.3 Rn 22; Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage § 19 RVG Rn 8 m.w.N.). Dies erscheint zumindest zweifelhaft (ablehnend - allerdings ohne Begründung - LG Schweinfurt NJW-RR 2009, 1254): Die Anfrage an die Rechtsschutzversicherung ist eine standardisierte Angelegenheit, die bei einer Vielzahl von Mandaten auftritt. Sie erfolgt im Rahmen der vorgerichtlichen Bearbeitung der Angelegenheit, um Sicherheit über ein etwaiges weiteres Vorgehen im Falle des Scheiterns vorgerichtlicher Regulierungsbemühungen zu haben. Gegebenenfalls schließt sie auch gescheiterte vorgerichtliche Regulierungsbemühungen ab, um den Einstieg in das gerichtliche Verfahren vorzubereiten. Die Anfrage einer Deckungszusage begleitet damit die eigentliche vorgerichtliche Rechtsanwaltstätigkeit und dient dadurch im weiteren Sinne der Vorbereitung der entsprechenden Rechtsvertretung. Diese Tätigkeit dürfte damit zu den Vorbereitungshandlungen im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RVG gehören und deshalb keine gesonderte Gebühr auslösen (i.E. ebenso OLG München JurBüro 1993, 163 Bestätigung von LG München ZfS 1993, 208).
(2) Einem entsprechenden Honoraranspruch wird regelmäßig auch der Umstand entgegenstehen, dass der Rechtsanwalt den Geschädigten nicht über die Tatsache aufgeklärt hat, dass seine Anfrage beim Rechtsschutzversicherer zusätzliche Gebühren verursachen soll.
Weist der Rechtsanwalt seinen Mandanten vor Übernahme des Auftrags schuldhaft nicht auf die entstehenden Gebühren hin, ist er dem Mandanten zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens verpflichtet (BGHZ 77, 27; 29; BGH NJW 2008, 371 zu § 49b Abs. 5 BRAO). Einen solchen Schadensersatzanspruch könnte der Mandant der Honorarforderung des Rechtsanwaltes entgegenhalten (BGHZ 77, 27, 29). Im Zusammenhang mit der ihm im Rahmen der Schadensersatzabwicklung eines Verkehrsunfalls als Geschädigtem obliegenden Pflicht zur Schadensgeringhaltung (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB), wäre der Geschädigte zu einem solchen Einwand zweifelsohne gehalten.
Nach der einschlägigen Rechtsprechung des BGH muss der Rechtsanwalt allerdings seinen Mandanten außer im Fall des § 49b Abs. 5 BRAO nicht ungefragt darauf hinweisen, dass seine Tätigkeit einer gesetzlichen Vergütungspflicht nach dem RVG unterliegt. Unter bestimmten Umständen kann der Anwalt aber nach Treu und Glauben verpflichtet sein, auch ohne Frage des Auftraggebers diesen über die voraussichtliche Höhe der Vergütung aufzuklären. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls (BGH AGS 2010, 216; BGH VersR 2007, 1377; BGH VersR 1999, 54). Ein Belehrungserfordernis ist etwa zu bejahen, wenn die Höhe der vom Auftraggeber zu zahlenden Gebühren das von ihm verfolgte Ziel wirtschaftlich sinnlos macht. Dabei sind bei der erforderlichen Gesamtwürdigung neben der Schwierigkeit und dem Umfang der anwaltlichen Aufgabe und dem Gegenstandswert auch die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten sowie dessen Vermögensverhältnisse und seine Erfahrung im Umgang mit Rechtsanwälten zu berücksichtigen. Letztlich hängt die anwaltliche Pflicht, den Auftraggeber vor Vertragsschluss über die voraussichtliche Höhe der Vergütung aufzuklären, entscheidend davon ab, ob der Rechtsanwalt nach den Umständen des Einzelfalles ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis des Mandanten erkennen konnte und musste (BGH aaO).
Gemessen daran wird man - vorbehaltlich der jeweiligen Umstände des Einzelfalls - eine Aufklärungspflicht des Anwalts regelmäßig bejahen müssen. Einem Mandanten, der die schadensersatzrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls in die Hände eines Anwalts legt, wird klar sein, dass dieser für sein vorgerichtliches Tätigwerden eine entsprechende Vergütung beanspruchen kann. Gleiches gilt für das sich dann gegebenenfalls anschließende gerichtliche Tätigwerden des Anwalts. Keinesfalls wird der Mandant jedoch damit rechnen, dass sein Anwalt, der in aller Regel derselbe sein wird für vorgerichtliches und gerichtliches Tätigwerden, für eine diese beiden Tätigkeitsbereiche nur verknüpfende Anfrage beim Rechtsschutzversicherer einen gesonderten Vergütungsanspruch geltend machen kann und wird, der immerhin circa 1/4 der Gebühren für das Tätigsein "in der Hauptsache" betragen wird (siehe dazu nachfolgend (3)). Dies insbesondere auch deshalb, da Schwierigkeit und Umfang der eigentlichen anwaltlichen Aufgabe "Deckungszusage" auch für den Mandanten erkennbar am untersten Rand der denkbaren Skala liegen.
(3) Selbst wenn man jedoch ungeachtet des Vorstehenden einen Honoraranspruch für die Erholung eine Deckungszusage bejahen wollte, könnte diese Rechtsanwaltsvergütung nicht wie in der Klageschrift geschehen unter Berücksichtigung eines Gegenstandswertes aus der Addition zweier Anwaltsgebühren (Verfahrensgebühr und Terminsgebühr), Gerichtskosten und "zu erwartenden Kosten für einen Sachverständigen in Höhe von 1500 Euro" mit einer hierauf angewendeten 1,3 Geschäftsgebühr errechnet werden.
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Gewährung von Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung richtet sich gemäß § 3 ZPO grundsätzlich nach den voraussichtlichen, durch die gerichtliche oder außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers entstehenden Kosten, deren Übernahme durch den Versicherer er erstrebt, abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20% (BGH VersR 2006, 716). Damit dürften grundsätzlich keine Bedenken dagegen bestehen, das Betreiben eines Geschäfts durch einen Anwalt, das im Falle einer Ablehnung der Klage auf Feststellung der Gewährung von Deckungsschutz vorausgeht, mit demselben Gegenstandswert zu bewerten. Ein Grund, auf den Feststellungsabschlag zu "verzichten", ist jedoch nicht ersichtlich. Warum das LG Ulm (08.04.2010 - 6 O 244/09, juris) für die Berechnung der Anwaltsgebühr als maßgeblichen Streitwert ohne Begründung den Mindeststreitwert von 300,00 Euro ansetzt, ist nicht vollziehbar.
Aus dem vorstehend dargestellten Gegenstandswert könnte eine Geschäftsgebühr jedoch nicht dem Rahmen des VV 2300 (0,5 - 2,5) entnommen werden (nach AG Oberndorf, 12.11.2009 - 3 C 698/08, juris; AG Hersbruck, AGS 2010, 257: 0,5-Gebühr). Einschlägig wäre für das Formulieren einer Anfrage auf Deckungszusage VV 2302, also nur eine 0,3-Gebühr für ein "Schreiben einfacher Art". Eine solche Gebühr ist anzusetzen, wenn sich der Auftrag auf ein Schreiben beschränkt, das weder schwierige rechtliche Ausführungen, noch Auseinandersetzungen enthält. Dies ist für ein Schreiben an einen Rechtsschutzversicherer, das den Unfallablauf in tatsächlicher Hinsicht und die beabsichtigt einzuklagenden Schadenspositionen darstellt - jedenfalls im Streitfall -, ohne weiteres zu bejahen. Dass die dem "Schreiben einfacher Art" vorausgegangene Tätigkeit des Anwalts gegebenenfalls in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht umfassend und kompliziert gewesen sein mag, würde hieran nichts ändern (vgl. BGH NJW 1983, 2451). Die sich hierauf beziehende Tätigkeit des Anwalts ist schließlich durch die Geschäftsgebühr abgegolten - gegebenenfalls über die Schwellengebühr von 1,3 als Regelgebühr (BGH VersR 2007, 265; BGH VersR 2009, 415) hinaus.
(4) Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Inanspruchnahme einer kostenpflichtigen Tätigkeit eines Rechtsanwalts für die bloße Erholung einer Deckungszusage beim eigenen Rechtsschutzversicherer grundsätzlich nicht als "erforderlich" im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen sein dürfte (ebenso AG Rastatt, Schaden-Praxis 2010, 90).
So ist nach der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auch die grundsätzliche Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Hilfe nur dann als "erforderlich" und damit erstattungsfähig anerkannt werden kann, wenn die hierfür entstehenden Rechtsanwaltskosten aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH VersR 2005, 558). Insoweit sind allerdings keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Prägende Faktoren in diesem Zusammenhang sind vor allem das vorgerichtliche Regulierungsverhalten des Schädigers, seines Haftpflichtversicherers oder auch des eigenen Kaskoversicherers des Geschädigten sowie der Umfang der im Raume stehenden Ansprüche. Ist dagegen die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar, dass aus der Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde, so wird es grundsätzlich nicht erforderlich sein, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (BGH VersR 2005, 558; Rogler in Stiefel/Maier, AKB 18. Aufl. SE Rn. 89). Ausnahmen können etwa bei Mangel an geschäftlicher Gewandtheit, Krankheit oder Abwesenheit gelten (BGH VersR 1995, 183). Hierfür ist im Streitfall jedoch nichts vorgetragen.
Der Geschädigte, dem es bereits gelungen ist, seinen vorgerichtlichen Rechtsanwalt vom Unfallgeschehen zu unterrichten, wird regelmäßig in der Lage sein, durch ein einfaches Schreiben auch seinem Rechtsschutzversicherer die wesentlichen Eckpunkte des Unfallgeschehens und die beteiligten Personen bzw. Haftpflichtversicherer mitzuteilen. Warum hierfür die kostenpflichtige Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes erforderlich (!) - und nicht nur für den Geschädigten zweckdienlich bzw. bequem - sein soll, erschließt sich zumindest nicht ohne weiteres.
(5) Ungeachtet der vorstehend - teilweise den individuellen Einzelfall betreffenden - Aspekte, scheitert eine Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten für die Erholung einer Deckungszusage beim eigenen Rechtsschutzversicherer in jedem Fall daran, dass diese Kosten nicht vom Schutzzweck des § 249 BGB umfasst sind.
(a) Die Kosten für die Erholung einer Deckungszusage sind allerdings adäquat-kausal auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Ohne den Verkehrsunfall wäre die Klägerin nicht in die Situation gekommen, für die Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber den Haftpflichtigen ihre Rechtsschutzversicherung in Anspruch zu nehmen. Ein solcher Geschehensablauf liegt auch nicht außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit, so dass eine Zurechnung unter - auch für den Schädiger erkennbaren - Kausalitätsgesichtspunkten nicht infrage stehen dürfte (a.A. LG Erfurt, 27.11.2009 - 9 O 1029/09, juris). Allerdings ist es in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Formel der adäquaten Kausalität nicht immer ausreicht, um dem Problem der Haftungsbegrenzung gerecht zu werden (BGHZ 27, 137, 139). Zu fragen ist deshalb darüber hinaus auch danach, ob der Ersatz der begehrten Schäden innerhalb des Schutzzwecks der einschlägigen Norm - hier § 823 Abs. 1 BGB - liegt (BGHZ 27, 137, 141 f.). So hat der BGH beispielsweise den Ersatz von Kosten für einen Verteidiger im Rahmen eines Strafverfahrens, das auf einen Verkehrsunfall zurückzuführen war, für den die Haftpflichtigen einzustehen hatten, als außerhalb des haftungsrechtlichen Schutzzwecks liegend angesehen: Die Gefahr, in ein Strafverfahren verwickelt zu werden, liege im Rahmen eines allgemeinen Risikos, das jeden Staatsbürger treffe (BGHZ 27, 137, 141).
(b) Für die Kosten für die Erholung einer Deckungszusage bedeutet dies folgendes:
Der Geschädigte unterhält eine Rechtsschutzversicherung, um sein eigenes Kostenrisiko abzudecken. Macht er seine Ansprüche gerichtlich erfolgreich geltend, bedeutet dies für ihn kein primäres Kostenrisiko (§ 91 Abs. 1 ZPO). Verliert er hingegen, so muss er neben den eigenen Kosten auch noch die des Prozessgegners tragen. Damit dient die Rechtsschutzversicherung v.a. der Absicherung eines Kostenrisikos für ein Gerichtsverfahren, das im Endergebnis der Geltendmachung unberechtigter, da klageabweisend verbeschiedener Ansprüche des Geschädigten dienen sollte (vgl. § 5 (1) lit. h ARB 2008). Das Risiko im Rahmen eines Rechtsstreits - sei es hinsichtlich der Forderung dem Grunde oder der Höhe nach - überhöhte Forderungen geltend zu machen, ist jedoch vom konkreten Verkehrsunfall als haftungsauslösendem Umstand unabhängig. Dieses Kostenrisiko gehört vielmehr zum allgemeinen - wenn nicht Lebensrisiko, so doch - Prozessrisiko. Ein solches allgemeines und nicht den spezifischen Haftungsfall betreffendes Risiko muss jedoch der Geschädigte selber tragen und kann es nicht auf den konkreten Schädiger überwälzen.
Ein einem Verkehrsunfall spezifisches Haftungsrisiko, das den Einsatz einer Rechtsschutzversicherung erforderlich machen könnte, kann auch nicht darin gesehen werden, eine eigene (sekundäre) Kostenlast trotz Obsiegens zu vermeiden. Zwar haftet der Geschädigte, der ein Gerichtsverfahren in Gang setzt neben dem zur Kostentragungslast verurteilten Unterlegenen als Gesamtschuldner (§§ 22 Abs. 1 S. 1, 29 Nr. 1, 31 Abs. 1 GKG). Ein Insolvenzrisiko des primären Kostenschuldners besteht jedoch bei der jederzeit möglichen direkten Inanspruchnahme eines Haftpflichtversicherers nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG faktisch nicht (AG Nürnberg, 10.11.2009 € 13 C 4886/09, n.V.).
Nach alledem ist ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Erholung einer Deckungszusage beim eigenen Rechtsschutzversicherer grundsätzlich nicht gegeben. Es sei in diesem Zusammenhang noch darauf hingewiesen, dass die 2. Zivilkammer des LG Nürnberg-Fürth als weitere Kammer mit Spezialzuständigkeit für Verkehrsunfallsachen auf Anfrage mitgeteilt hat, an ihrer bisherigen Rechtsprechung insoweit nicht mehr festzuhalten.
4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB und beginnt am Tag nach Zustellung der Klage (OLG Düsseldorf 01.07.1998 - 15 U 124/97, juris insoweit in Schaden-Praxis 1998, 415 nicht abgedruckt; OLG Frankfurt BeckRS 2002, 30241770; vgl. auch BGH NJW-RR 1990, 518 für § 291 BGB).
B.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war hinsichtlich des Streitwerts zu berücksichtigen, dass - wie auch grundsätzlich die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten im engeren Sinn (BGH NJW-RR 2008, 898; zu Ausnahmen BGH VersR 2008, 557 und VersR 2009, 806) - die Kosten für die Erholung der Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung als Nebenforderung nicht Streitwert erhöhend wirken: Wird der Kostenerstattungsanspruch für die Deckungszusage neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig, so dass es sich bei den zur Durchsetzung eines Anspruchs vorprozessual aufgewendeten und unter dem Gesichtspunkt des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemachten Geschäftsgebühren um Nebenforderungen i.S. von § 4 ZPO handelt (vgl. BGH NJW 2007, 3289).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S.1, 2 ZPO.
LG Nürnberg-Fürth:
Urteil v. 09.09.2010
Az: 8 O 1617/10
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/508c038d0e7b/LG-Nuernberg-Fuerth_Urteil_vom_9-September-2010_Az_8-O-1617-10