Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 3. August 1999
Aktenzeichen: 13 W 52/99
(OLG Köln: Beschluss v. 03.08.1999, Az.: 13 W 52/99)
Erklären die Anwälte der Parteien auf Anfrage des Gerichts ihr Einverständnis mit einer bestimmten Streitwertfestsetzung, so folgt daraus jedenfalls aufgrund des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) die Verpflichtung, später nicht im Wege der Beschwerde eine Ànderung des so festgesetzten Streitwerts zu erstreben, obwohl sich an den Grundlagen der Streitwertfestsetzung nichts geändert hat.
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen
Gründe
I.
Die Antragsteller des zugrunde liegenden Verfahrens haben mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 30.12.1998 - gemäß deren nachträglicher Erklärung versehentlich anstelle einer beabsichtigten Erledigungserklärung - ihren Antrag nach § 888 ZPO zurückgenommen. Auf die Anfrage des Gerichts, ob mit einer Festsetzung des Gegenstandswertes auf 50.000,00 DM Einverständnis bestehe, haben sowohl die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller als auch der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Festsetzung des Gegenstandswertes auf 50.000,00 DM erklärt. Nach entsprechender Streitwertfestsetzung mit Beschluß des Landgerichts vom 21.01.1999 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner zunächst in deren Namen Beschwerde gegen den Streitwertbeschluß vom 21.01.1999 eingelegt und mit Schriftsatz vom 01.03.1999 eine Abänderung der Festsetzung auf 6,6 Mio DM beantragt. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung sowohl auf die anwaltlichen Einverständniserklärungen als auch darauf verwiesen, daß sich der Streitwert im Verfahren nach § 888 ZPO nicht nach dem Wert der Hauptsache, sondern nach dem Interesse des Gläubigers an der Durchführung der Zwangsvollstreckung richte, das nach Einschätzung der Zivilkammer mit 50.000,00 DM zutreffend bewertet sei. Mit Beschluß vom 19.04.1999 (13 W 28/99) hat der Senat die Beschwerde der Antragsgegner als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt.
"Zum einen haben die Antragsgegner, in deren Namen die auf eine Erhöhung der Streitwertfestsetzung gerichtete Beschwerde von ihrem Verfahrensbevollmächtigten eingelegt worden ist, kein erkennbares schutzwürdiges Interesse an einer Anhebung des Streitwerts, weil sich dadurch ihre gesetzliche Gebührenschuld gegenüber ihrem Verfahrensbevollmächtigten lediglich erhöht. Daß den Antragsgegnern aufgrund der Kostengrundentscheidung insoweit ein prozessualer Erstattungsanspruch zusteht, ändert nichts daran, daß sie durch eine etwa zu niedrige Streitwertfestsetzung nicht belastet sind.
Im übrigen fehlt es aber auch deshalb an der erforderlichen Beschwer der Antragsgegner, weil sie sich auf die entsprechende Anfrage des Gerichts - vor Erlaß des angefochtenen Beschlusses - durch ihren Verfahrensbevollmächtigten ausdrücklich mit der Festsetzung des Streitwerts auf 50.000,00 DM einverstanden erklärt haben. Mit ihrer beiderseitigen Einverständniserklärung haben die Verfahrensbevollmächtigten ihren Willen zum Ausdruck gebracht, sich und die jeweils von ihnen vertretenen Parteien an die angekündigte Streitwertfestsetzung gebunden zu halten. Daraus folgt die Verpflichtung, später nicht im Wege der Beschwerde die Abänderung des Streitwertbeschlusses anzustreben, obwohl sich an den Grundlagen der Streitwertfestsetzung nichts geändert hat. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit eines vorweggenommenen Rechtsmittelverzichts oder einer durch die beiderseitigen Einverständniserklärungen zustande gekommenen Streitwertvereinbarung der Parteien fehlt es unter diesen Umständen jedenfalls an der erforderlichen Rechtsmittelbeschwer, wenn mit der Beschwerde ein anderer als der vom Gericht einvernehmlich festgesetzte Streitwert erstrebt wird."
Mit der daraufhin gegen die Streitwertfestsetzung vom 21.01.1999 eingelegten Beschwerde vom 28.06.1999, der das Landgericht wiederum nicht abgeholfen hat, verfolgt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner das Ziel der vorangegangenen Beschwerde nunmehr im eigenen Namen weiter. Er meint, die im Senatsbeschluß vom 19.04.1999 vertretene Rechtsauffassung zur Bindungswirkung der Einverständniserklärungen sei greifbar gesetzwidrig und werde von keinem anderen Gericht geteilt.
II.
Die gemäß § 9 Abs.2 BRAGO statthafte Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist ebenfalls als unzulässig zu verwerfen. Der Senat hält an seiner hierzu bereits im Beschluß vom 19.04.1999 zum Ausdruck gebrachten Auffassung nach Maßgabe folgender durch den Beschwerdeangriff veranlaßten ergänzenden Ausführungen fest:
Der Senat befindet sich mit seiner Auffassung jedenfalls im Ergebnis im Einklang mit der seit langem - soweit aus Veröffentlichungen ersichtlich - vorherrschenden Rechtsprechung (für Unzulässigkeit der Beschwerde gegen eine im beiderseitigen Einverständnis erfolgte Wertfestsetzung z.B. OLG Bamberg, JurBüro 1975, 1463 mit weiteren Nachweisen zur älteren Rechtsprechung; OLG Hamburg, MDR 1977, 407; OLG Köln, GRUR 1988, 724; OLG Hamm, FamRZ 1997, 691; and. Ans. insbes. OLG München, JurBüro 1981, 892). Dogmatische Bedenken gegen die Wirksamkeit eines vorweggenommenen Rechtsmittelverzichts oder gegen das Zustandekommen einer Streitwertvereinbarung aufgrund übereinstimmender anwaltlicher Erklärungen der zu einer beabsichtigten Streitwertfestsetzung angehörten Parteien ändern jedenfalls nichts daran, daß die Beteiligten gegen das aus § 242 BGB abgeleitete Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen (auf diesen Gesichtspunkt stellen z.B. OLG Bamberg, a.a.O., und OLG Hamm, a.a.O., sowie Markl/Meyer, GKG, 3. Aufl., § 25 Rdnr. 46, und Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rdnr. 196 und 2145, ab), wenn sie entgegen einer ausdrücklichen Einverständniserklärung im nachhinein eine Änderung des so festgesetzten Streitwerts erstreben, obwohl sich an den Grundlagen der Streitwertfestsetzung nichts geändert hat. Angesichts der in der Rechtsprechung seit langem festzustellenden zunehmenden Tendenz, die Parteien und ihre Anwälte stärker an ihre eigenen Streitwertangaben gebunden zu halten (vgl. Schneider/Herget, a.a.O., Rdnr. 198 - 200 m.w.Nachw.), konnte der Beschwerdeführer auch nicht davon ausgehen, daß seine Einverständniserklärung lediglich als eine unverbindliche Mitteilung mit allenfalls indizieller Bedeutung für das Gericht angesehen würde. Es spricht für sich, wenn der Beschwerdeführer, nachdem es den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller nicht gelungen ist, durch Auslegung ihrer Rücknahmeerklärung als Erledigungserklärung einen Kostenbeschluß entsprechend § 269 Abs.3 S.2 ZPO zu verhindern, nunmehr einen um mehr als das 100-fache höheren Streitwert für richtig hält. Nur beiläufig sei angemerkt, daß der Senat auch keine Veranlassung sähe, die angefochtene Streitwertfestsetzung von Amts wegen abzuändern, wenn man mit einer gelegentlich vertretenen, vom Senat indessen nicht geteilten Auffassung trotz Unzulässigkeit der Beschwerde eine Abänderungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts gemäß § 25 Abs.2 S.2 GKG bejahte.
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Beschluss v. 03.08.1999
Az: 13 W 52/99
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