Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juli 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 367/02
(BPatG: Beschluss v. 28.07.2004, Az.: 32 W (pat) 367/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 1. Juni 1999 angemeldete und am 23. August 1999 für die Waren Kinderluftballons und Modell-Luftfahrzeuge für Spielzwecke, Spielwaren und -geräte, Spiele und Spielzeug, einschließlich sportliches Spielzeug, Turn- und Sportgeräte, soweit in Klasse 28 enthalteneingetragene Wortmarke 399 38 401 Kiddiist Widerspruch erhoben worden aus der am 23. November 1977 eingetragenen Wortmarke 964 888 Kiddi.
Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für Schreib-, Zeichen-, Mal- und Modellierwaren und deren Teile, Lehrmittel (ausgenommen Apparate), Bürogeräte (ausgenommen Möbel).
Der Widerspruch ist beschränkt auf die Waren Kinderluftballons, Modell-Luftfahrzeuge für Spielzwecke, Spielwaren und -geräte, Spiele und Spielzeug, einschließlich sportliches Spielzeug, soweit in Klasse 28 enthalten.
Die Markeninhaberin hat die Einrede mangelnder Benutzung des Widerspruchszeichens erhoben.
Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 18. September 2002 die Teillöschung der jüngeren Marke hinsichtlich folgender Waren angeordnet:
Kinderluftballons und Modell-Luftfahrzeuge für Spielzwecke, Spielwaren und -geräte, Spiele und Spielzeug, einschließlich sportliches Spielzeug, soweit in Klasse 28 enthalten.
Die Widersprechende habe durch die vorgelegten Unterlagen die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren Blei- und Farbstifte, Wachsmalkreiden, Radierer, Spitzer, Pastell-Kreiden, Deckfarbkästen, Spielknete, Spielknete-Sets und Kinderknete, die allesamt unter die Oberbegriffe Schreib-, Zeichen-, Mal- und Modellierwaren zu subsumieren seien, ausreichend glaubhaft gemacht.
Zwischen den Vergleichsmarken liege die Gefahr von Verwechslungen im Verkehr vor. Dabei sei von einer markenrechtlich relevanten Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken auszugehen. Obwohl die Widerspruchsmarke wegen ihres deutlich beschreibenden Anklangs hinsichtlich der angesprochenen Zielgruppe lediglich eine verminderte Kennzeichnungskraft habe, könne die Verwechslungsgefahr hier nicht ausgeschlossen werden, da sich zwei sowohl klanglich als auch schriftbildlich absolut identische Wortmarken gegenüberstünden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 18. September 2002 im Umfang der teilweisen Löschung aufzuheben und den Widerspruch auch insoweit zurückzuweisen, hilfsweise verteidigt sie die Marke für Spielwaren, nämlich Spielfiguren.
Sie bestreitet weiterhin die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke. Durch die vorgelegten Unterlagen habe die Widersprechende die Benutzung nicht ausreichend glaubhaft gemacht, wobei es nicht auf die mit der Widerspruchsmarke erzielten Umsätze in den Jahren 2000 und 2001, sondern wegen der Bekanntmachung der jüngeren Marke im Jahr 1999 auf die vorangegangenen Jahre ankomme. Abgesehen davon bestehe zwischen den Vergleichsmarken auch keine Verwechslungsgefahr, da zwischen den sich gegenüberstehenden Waren keine oder allenfalls nur eine geringe Ähnlichkeit bestehe.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat im Beschwerdeverfahren weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke eingereicht. Zur Frage der Verwechslungsgefahr - insbesondere zur Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren - hat sich die Widersprechende den Argumenten der Markenstelle angeschlossen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg, weil die sich gegenüberstehenden Marken der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) unterliegen.
Nach diesen Bestimmungen ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr. vgl BGH GRUR 2002, 626, 627 - IMS).
a) Ist die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, sind bei der Entscheidung nur die Waren zu berücksichtigen, für welche die Benutzung glaubhaft gemacht ist (§ 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG). § 43 Abs. 1 MarkenG bestimmt, dass der Widersprechende aus einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang, wenn der Gegner die Benutzung der Marke bestreitet, die Benutzung glaubhaft zu machen hat. Dabei besteht im vorliegenden Fall eine Benutzungspflicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG für die fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 23. September 1999, also für die Zeit von September 1994 bis September 1999, und gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG für die letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch, also für die Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 28. Juli 2004.
Für den Zeitraum von September 1994 bis September 1999 hat die Widersprechende die Benutzung durch die eidesstattliche Versicherung des Herrn Steger vom 16. Mai 2002 ausreichend glaubhaft gemacht. Der eidesstattlichen Versicherung des früheren Marketingmanagers einer Lizenznehmerin der Widersprechenden ist zu entnehmen, dass mit dem Kiddi-Programm, das aus den Produkten Blei- und Farbstifte, Wachsmalkreiden, Radierer, Spielzeug, Pastell-Kreiden, Deckfarbkästen, Spielgeräte und Spielknete-Sets und Kinderknete besteht, im Jahre 1999 ca. ... DM Umsatz erzielt worden ist. Selbst wenn man von diesem Betrag für die Zeit vom 21. September bis 31. Dezember 1999 einen Teilbetrag abziehen würde, kann für die Zeit vom 1. Januar bis 22. September 1999 von einer rechtserhaltenden Benutzung der Marke für die in der eidesstattlichen Versicherung genannten Waren ausgegangen werden. Dafür sprechen insbesondere auch die vorgelegten Kataloge, die im November 1998 bzw. Januar 1999 gedruckt worden sind. Die in der eidesstattlichen Versicherung genannten Waren lassen sich unter die Oberbegriffe Schreib-, Zeichen-, Mal- und Modellierwaren subsumieren, für die die Widerspruchsmarke u. a. eingetragen ist.
Für den zweiten Benutzungszeitraum gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG von Juli 1999 bis Juli 2004 hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke durch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen vom 9. Mai 2003 und vom 12. Mai 2003 ausreichend glaubhaft gemacht. Danach betrug der Umsatz mit dem Kiddi-Programm 2001 ca. ... € (bei einer Menge von ca. ... Stück) und für 2000 ca. ... € (bei einer Menge von ebenfalls ca. ... Stück).
Zwischen den Schreib-, Zeichen-, Mal- und Modellierwaren der Widerspruchsmarke einerseits und den Waren der angegriffenen jüngeren Marke andererseits besteht eine leicht unterdurchschnittliche Warenähnlichkeit. Angesprochen werden von den Waren jeweils dieselben Verkehrskreise, nämlich insbesondere Kinder und deren Eltern. Die Spielknete der Widerspruchsmarke, aber auch die Wachskreide und die Malartikel sind als Spielwaren anzusehen. Derartige Waren werden regelmäßig über dieselben Vertriebswege in den Verkehr gebracht, da sämtliche Waren im Spielwarenhandel nebeneinander angeboten werden. Die von den Waren angesprochenen Verkehrskreise werden diese in der Regel demselben Hersteller zuordnen.
Von einer leicht unterdurchschnittlichen Warenähnlichkeit ist auch insoweit auszugehen, als die Markeninhaberin ihre Marke hilfsweise in der mündlichen Verhandlung nur für Spielwaren, nämlich Spielfiguren verteidigt. Die von der Widersprechenden angebotenen und für Kinder gedachten Waren werden häufig in der Form von Spielfiguren vertrieben, wie insbesondere auch den vorgelegten Katalogen zu entnehmen ist, bei denen beispielsweise Stifte, Spitzer oder Radierer mit einer Spielzeugfigur versehen sind bzw. die Form einer Spielzeugfigur haben.
b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist leicht unterdurchschnittlich. Aufgrund ihres deutlich beschreibenden Charakters hinsichtlich der angesprochenen Zielgruppe hat sie zwar von Haus aus nur eine schwache Kennzeichnungskraft, die jedoch aufgrund der nachgewiesenen intensiven Benutzung zu einer leicht unterdurchschnittlichen wird.
c) Den in Anbetracht der leicht unterdurchschnittlichen Warenähnlichkeit und der ebenfalls leicht unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderlichen geringen Zeichenabstand halten die klanglich und schriftbildlich identischen Marken nicht ein, so dass die Gefahr von Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden kann.
Winkler Viereck Kruppabr/Ko
BPatG:
Beschluss v. 28.07.2004
Az: 32 W (pat) 367/02
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