Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2011
Aktenzeichen: 35 W (pat) 457/09
(BPatG: Beschluss v. 06.04.2011, Az.: 35 W (pat) 457/09)
Tenor
1.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin ist Inhaberin des am 1. September 2006 beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldeten Gebrauchsmusters 20 2006 013 555. Das Gebrauchsmuster wurde am 21. Dezember 2006 unter der Bezeichnung
"Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen"
mit am 3. November 2006 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichten Schutzansprüchen 1 bis 11 in das Register eingetragen. Der eingetragene Schutzanspruch 1 und der die Merkmale des Herstellungsverfahrens enthaltende Schutzanspruch 5 lauten:
"1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, bestehend aus verzinktem Grauguss, welches Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Zink-Beschichtung im wesentlichen kristallin ist.
5. Schwenklager nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, erhältlich durch ein Verfahren mit den folgenden Schritten : a) Gießen eines Rohlings aus Grauguss b) Entfernen der Angüsse c) Säuberungsstrahlen d) Nachstrahlen eines ausgewählten Bereichs mit einem Strahlmittel, umfassend Glaspartikel und Nichtmetall-
Partikel e) Bohren, Fräsen und/oder Gewindeschneiden f) Verzinken, umfassend mindestens die folgenden Schritte
(i)
einfach oder mehrfach Entfetten und/oder Beizen
(ii)
Dekapieren
(iii) saures Verzinken
(iv)
Passivieren
(v)
optional Versiegeln
(vi)
Trocknen, wobei die Reihenfolge der Schritte d) und e) vertauscht werden kann."
Zu den nachfolgenden Schutzansprüchen 2 bis 4 und 6 bis 11 wird auf die Streitgebrauchsmuster-Schrift verwiesen.
1.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 1. April 2008 Antrag auf Teillöschung des Gebrauchsmusters im Umfang der Schutzansprüche 1 bis 8 gestellt.
Die Gebrauchsmusterinhaberin hat dem Löschungsantrag widersprochen und ihr Schutzrecht in der eingetragenen Fassung, hilfsweise mit dem in der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung am 3. März 2009 vorgelegten Hilfsantrag verteidigt.
2.
Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamts hat das Gebrauchsmuster mit Beschluss vom 3. März 2009 im Umfang der Schutzansprüche 1 bis 8 teilgelöscht. Sie war der Auffassung, der jeweilige Schutzanspruch 1 nach Hauptund Hilfsantrag sei durch den Stand der Technik nahegelegt.
3.
Gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung wendet sich die Gebrauchsmusterinhaberin mit ihrer Beschwerde. Sie verteidigt das Gebrauchsmuster gegenüber der eingetragenen Fassung beschränkt mit Hauptantrag und vier Hilfsanträgen.
Schutzanspruch 1 und der die Merkmale des Herstellungsverfahrens enthaltenden Schutzansprüche anführende Schutzanspruch 5 nach Hauptantrag lauten (Unterschiede zu den Schutzansprüchen 1 und 5 der eingetragenen Fassung durch Unterstreichung hervorgehoben):
"1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, bestehend aus galvanisch verzinktem Grauguss, welches Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Zink-Beschichtung im wesentlichen kristallin ist und eine einzige Zinkschicht umfasst."
5. Schwenklager nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, erhältlich durch ein Verfahren mit den folgenden Schritten : a) Gießen eines Rohlings aus Grauguss b) Entfernen der Angüsse c) Säuberungsstrahlen d) Nachstrahlen eines ausgewählten Bereichs mit einem Strahlmittel, umfassend Glaspartikel und Nichtmetall-
Partikel e) Bohren, Fräsen und/oder Gewindeschneiden f) Verzinken, umfassend mindestens die folgenden Schritte
(i)
einfach oder mehrfach Entfetten und/oder Beizen
(ii)
Dekapieren
(iii) saures Verzinken
(iv)
Passivieren
(v)
optional Versiegeln
(vi)
Trocknen, wobei die Reihenfolge der Schritte d) und e) vertauscht werden kann."
Diesen Schutzansprüchen schließen sich die Unteransprüche 2 bis 4 und 6 bis 8 sowie der nebengeordnete Schutzanspruch 9 mit den auf ihn rückbezogenen Schutzansprüchen 10 und 11 an.
Schutzanspruch 1 nach dem 1. Hilfsantrag lautet:
"1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, bestehend aus galvanisch in einem Schritt sauer verzinktem Grauguss, welches Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Zink-Beschichtung im wesentlichen kristallin ist."
Die übrigen Schutzansprüche stimmen mit denen des Hauptantrags überein.
Schutzanspruch 1 nach dem 2. Hilfsantrag lautet:
"1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, bestehend aus galvanisch verzinktem Grauguss, welches Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Zink-Beschichtung im wesentlichen kristallin ist."
Die übrigen Schutzansprüche stimmen mit denen des Hauptantrags überein.
Schutzanspruch 1 nach dem 3. Hilfsantrag lautet:
"1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, bestehend aus galvanisch sauer verzinktem Grauguss, welches Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Zink-Beschichtung im wesentlichen kristallin ist, die Zinkoberfläche passiviert und versiegelt ist, und die Passivierung Nanopartikel umfasst."
Diesem Schutzanspruch 1 schließen sich rückbezogenen Schutzansprüche 2 bis 6 sowie nebengeordnet der Schutzanspruch 7 mit Unteransprüchen 8, 9 an. Die Schutzansprüche stimmen abgesehen von ihrer Nummerierung bzw. angepassten Rückbeziehung zumindest inhaltlich mit den Schutzansprüchen 2 und 5 bis 11 nach Hauptantrag überein.
Schutzanspruch 1 nach dem 4. Hilfsantrag lautet (Abweichungen zu Schutzanspruch 5 der eingetragenen Fassung hervorgehoben):
"1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, bestehend aus galvanisch sauer verzinktem Grauguss, welches Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen aufweist, erhältlich durch ein Verfahren mit den folgenden Schritten, a) Gießen eines Rohlings aus Grauguss b) Entfernen der Angüsse c) Säuberungsstrahlend) Nachstrahlen eines ausgewählten Bereichs mit einem Strahlmittel, umfassend Glaspartikel und Nichtmetall-
Partikele) Bohren, Fräsen und/oder Gewindeschneidenf) Verzinken, umfassend mindestens die folgenden Schritte
(i) einfach oder mehrfach Entfetten und/oder Beizen
(ii) Dekapieren
(iii) saures Verzinken
(iv) Passivieren
(v) optional Versiegeln
(vi) Trocknen, wobei die Reihenfolge der Schritte d) und e) vertauscht werden kann."
Diesem Schutzanspruch 1 schließen sich die Schutzansprüche 2 bis 4 und 5 bis 7 an, die bis auf Nummerierung bzw. Rückbeziehung mit den Schutzansprüchen 6 bis 8 und 9 bis 11 des Hauptantrags übereinstimmen.
Die Gebrauchsmusterinhaberin ist der Meinung, der von der Gebrauchsmusterabteilung zugrunde gelegte Fachmann sei falsch definiert. Dieser sei als Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Werkstofftechnik mit vertieften Kenntnissen im Bereich der Oberflächenveredelung, insbesondere der Galvanotechnik, zu sehen. Die Besetzung der Gebrauchsmusterabteilung mit Maschinenbau-Ingenieuren mit besonderen Kenntnissen im Bereich der Fahrwerkskonstruktion habe zur unkorrekten Würdigung des Standes der Technik und zur unzutreffenden Verneinung des erfinderischen Schritts geführt.
Sie hält die verteidigten Schutzansprüche für zulässig und schutzfähig gegenüber dem Stand der Technik.
Die Beschwerdeführerin (Gebrauchsmusterinhaberin) beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag im Umfang des Hauptantrags (als Hilfsantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung am 3. März 2009), hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge 1 und 2, eingereicht mit Schriftsatz vom 20. Mai 2010, weiter hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge 3 und 4, eingereicht mit Schriftsatz 28. März 2011 zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin (Löschungsantragstellerin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, die Schutzansprüche 1 nach dem Hauptantrag und dem 1. Hilfsantrag seien gegenüber der eingetragenen Fassung des Streit-Gebrauchsmusters unzulässig erweitert. Die Definition des zuständigen Fachmanns im Sinne der Gebrauchsmusterinhaberin sei unzutreffend. Der Fachmann sei ein als Fahrwerkskonstrukteur tätiger Maschinenbau-Ingenieur, der Fachkenntnisse der Oberflächenveredelung schon im Rahmen seiner Ingenieurausbildung im Lehrbereich Werkstoffkunde erhalte und aufgrund seiner Tätigkeit immer wieder mit entsprechenden Problemstellungen konfrontiert sei.
Zum Verständnis des Standes der Technik durch den Fachmann bietet sie außerdem Zeugenbeweis an.
Der Stand der Technik stehe den Schutzansprüchen 1 bis 8, bzw. 1 bis 6 und 1 bis 4 nach allen Anträgen schutzhindernd entgegen. Hierzu zieht sie -z. T. bereits im Löschungsverfahren entgegengehalten -folgende Druckschriften/Fachveröffentlichungen in Betracht:
-DE-OS 2 046 449 (E1) -Stahl-Informations-Zentrum Merkblatt 229 (E2) -DE 198 53 692 A1 (E3) -Internet-Veröffentlichung "Verzinkung", 2 Seiten,
(http://www.technikhomepage.de/kfz/karosserie/zink3_main.
html), Abruf am 23.11.2007 (E4) -Patent Abstracts of Japan JP 59-024 543 A (E5) -DE 196 10 366 A1 (E6) -DE 10 2006 006 910 B3 (E7) -Newsletter www.automanager.de automanager 2004-04-05
"SurTec" (E8) -Diefenbach, S. u.a. "Galvanische Verzinkung von Gusseisen" in Zeitschrift Gießerei 01/2006, Seiten 40 bis 45 (E9) -Diefenbach, S. u. a. "Galvanische Verzinkung von Gusseisen" in Galvanotechnik 9/2004, Seiten 2139 bis 2154 (E10) -EP 0 040 054 A1 (E11) -Braess/Seifert "Handbuch Kraftfahrzeugtechnik", Vieweg Verlag, 2. Auflage April 2001, Seiten 589 bis 591 (E12) -Lindner, E. "Chemie für Ingenieure", Lindner Verlag, 8. Auflage 1987, Seiten 64 bis 69 und 420 bis 425 (E13) -Gerigk, P. u. a. "Kraftfahrzeugtechnik", Westermann Schulbuchverlag GmbH, 3. Auflage 2001, Seiten 485, 486 (E14) -DIN 50 961 Ausgabe Juni 1987 (E15) -Internet-Veröffentlichung "SurTec-Forum 3 : Process Safetyin Surface Technology", 1 Seite, (http://forum.surtec.com./Beitrag.php€lang=en&domain=3&p osition=0&entryID=14), Abruf am 4. April 2011 (E16)
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Gebrauchsmusterinhaberin ist nicht begründet.
1.
Da die technischen Schwerpunkte des Streitgebrauchsmusters gleichermaßen in die Klasse B 60 B als auch in die Klasse C 25 D fallen, ergibt sich die Besetzung des Senats aus der gültigen Geschäftsverteilung des 35. Senats in Verbindung mit der jeweiligen Geschäftsverteilung des 9. Senats und des 14. Senats.
2.
Das Streit-Gebrauchsmuster betrifft ein Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen sowie einen Stopfen, der zum Verschließen der Radlagerbohrung beim Verzinken des Schwenklagers vorgesehen ist.
Nach der Beschreibung des Streit-Gebrauchsmusters dienen derartige Schwenklager zur Vorderradbefestigung bei Automobilen. Sie seien im allgemeinen aus Grauguss hergestellt, der üblicherweise vor einer mechanischen Bearbeitung zum Einbringen von Sacklöchern, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen lackiert werde. Nach der mechanischen Bearbeitung seien die bearbeiteten Bereiche blank und somit ungeschützt. In diesen Bereichen trete häufig Rotrost auf, der zu Funktionsbeeinträchtigungen des Bauteils führen könne. Zur Abhilfe habe man versucht, anschließend an die mechanische Bearbeitung eine ZnNioder ZnFe-Beschichtung aus alkalischen Galvanisierungsbädern auf dem Grauguss abzuscheiden. Dabei trete jedoch eine zeitverzögerte Unterkorrosion auf, so dass zuvor eine Zinkschicht aus einem sauren Elektrolyten aufgebracht werden müsse. Diese zweistufigen Verfahren seien dementsprechend aufwändig und teuer.
Überdies sei aufgrund der unvermeidbaren Defekte der Gussoberfläche das galvanische Beschichten und insbesondere Verzinken von Grauguss ohnehin häufig problematisch. Zur Erzielung einwandfreier Oberflächen müsse die Vorbehandlung optimiert werden (Streitgebrauchsmusterschrift Absätze 0002 bis 0006).
Aus dem Stand der Technik bekannte Verfahren seien energieaufwändig und/oder erforderten mehrere Schritte, weshalb sie sehr teuer seien. Zudem lieferten sie keine vollständig befriedigenden Ergebnisse. An die Zink-Beschichtung von Schwenklagern würden indes besonders hohe Anforderungen gestellt (Absätze 0015, 0016).
3.
Aufgabe der Weiterbildung sei deshalb die Bereitstellung von verzinkten Schwenklagern, bei denen das Auftreten von Rotrost an den Sacklöchern und/oder Bohrungen und/oder Gewinden sowie von Weißrost an der gesamten Verzinkung vermieden ist, wobei die Verzinkung optisch gleichmäßig ist und durchgängig einen metallischen Glanz aufweist. Außerdem solle ein besonders ökonomisches Herstellungsverfahren für ein derartiges Schwenklager bereitgestellt werden (Absätze 0016, 0017).
4.
Gelöst werden soll diese Aufgabe durch ein Schwenklager mit den Ausgestaltungsmerkmalen nach dem jeweiligen Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag und 1. Hilfsantrag bis 3. Hilfsantrag bzw. durch ein Schwenklager mit den in Schutzanspruch 1 nach 4. Hilfsantrag gekennzeichneten Herstellungsmaßnahmen.
Für die Interpretation des Gegenstands des Streitgebrauchsmusters sowie für die Beurteilung der Relevanz des Standes der Technik ist das Verständnis des zuständigen Fachmanns zugrunde zu legen.
Vorstehende Ausführungen zur Problemund Aufgabenstellung zeigen, dass die Weiterbildung sich auf den Schutz der Oberfläche von Bauteilen für Kraftfahrzeuge durch Verzinkung derselben richtet. Der in einem Unternehmen des Kraftfahrzeugbaus mit der Konstruktion von derartigen Bauteilen, hier Schwenklager von Kfz-Radaufhängungen, befasste Konstrukteur richtet an die mit der Oberflächenveredelung befassten Spezialisten auf der Grundlage seines während der Ausbildung erworbenen Fachwissens die Anforderungen, denen das in Rede stehende Bauteil hinsichtlich Korrosion und Lebensdauer unter Beachtung der mechanischen Belastungsanforderungen, des Verschleißes und der Maßhaltung genügen soll. Als hier zuständigen Fachmann sieht der Senat deshalb einen Fachhochschulabsolventen oder Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Schwerpunkt Werkstoffkunde oder Oberflächentechnik an, der in einem auf die Oberflächenveredelung von Metallbauteilen spezialisierten Fachbetrieb beschäftigt ist und sich hier auf die Optimierung von Maßnahmen zur Galvanisierung insbesondere von Gussbauteilen für den Fahrzeugbau konzentriert hat. Da Fahrzeugbauteile wie Schwenklager in der Regel, wie die Beschwerdeführerin eingehend erörtert hat, eine komplizierte Oberflächengeometrie aufweisen, wobei dies ein Grund für ihre Herstellung durch Gießverfahren ist, erfordert die Oberflächenveredelung durch Galvanisieren eine einschlägige mehrjährige Berufserfahrung, um zufriedenstellende, d.h. den Anforderungen genügende Ergebnisse erzielen zu können.
Nach dem Verständnis dieses Fachmanns handelt es sich bei der "kristallinen" Zink-Beschichtung nach Hauptantrag und 1. bis 3. Hilfsantrag um eine ganzflächig gleichmäßig deckend und defektfrei aufgebrachte Zinkschicht mit durchgängig silbrigmetallischem Glanz (vgl. Streitgebrauchsmusterschrift Absatz 0021). "Im wesentlichen" sagt dabei aus, dass eventuelle (nicht derart "kristallin" beschichtete) Fehlstellen in einer für den Schutz der Oberfläche allenfalls bedeutungslosen Größenordnung auftreten können. Dies ergibt sich aus der Beschreibung der Streit-Gebrauchsmusterschrift, wonach "im wesentlichen kristallin" bedeuten soll, dass "bei Betrachtung mit dem bloßen Auge die gesamte Oberfläche des verzinkten Schwenklagers einen gleichmäßigen silbrigen Metallglanz aufweist und keine dunklen matten amorphen Bereiche zu erkennen sind" (Absatz 0027). Die "amorphen" Bereiche können dabei zwar zinkbeschichtet sein, jedoch nur in einer für den geforderten Korrosionsschutz unzureichenden Weise. In solchen Bereichen wäre somit die Zinkbeschichtung im Sinne des Streitgebrauchsmusters fehlerhaft, erkennbar an der dem Auge dunkel und matt erscheinenden Oberfläche. Zu einem solchen Verständnis führt die Streitgebrauchsmusterschrift den Fachmann auch durch den ausdrücklichen Hinweis, dass die "kristalline" Zinkbeschichtung auch bei Einsatz einer Hilfsanode erzeugbar wäre (Absatz 0030), die nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin bekanntlich nur verwendet wird, um ansonstenz. B. wegen ihrer Oberflächengeometrie unzureichend beschichtbare Werkstückbereiche mit hinreichender Schichtdicke versehen zu können. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit des ungleichmäßigen Schichtauftrags eine dem Fachmann ohnehin geläufige Erscheinung ist (vgl. E10 Abschnitt 4.1, 3. Absatz, Zeilen 1 bis 6; Abschnitt 4.3.1 letzter Absatz), was ebenfalls sein Verständnis der vom Streitgebrauchsmuster unterschiedenen Schichtqualitätsbereiche in die geschilderte Richtung lenkt. Die Begriffe "kristallin" bzw. "amorph" in der Terminologie des Streitgebrauchsmusters stehen somit für "durchgehend deckend fehlerfrei" bzw. "unzureichend oder fehlerhaft" beschichtet.
5. Zulässigkeit der Schutzansprüche und Schutzfähigkeit ihrer Gegenstände Die Zulässigkeit der Schutzansprüche nach den vorgelegten Anträgen sowie die Neuheit ihrer zweifellos gewerblich anwendbaren Gegenstände kann dahinstehen. Denn der jeweilige Schutzanspruch 1 nach jedem dieser Anträge ist nicht gewährbar, weil das mit ihm beanspruchte Schwenklager nicht Ergebnis eines erfinderischen Schritts ist. Die jeweils rückbezogenen Schutzansprüche teilen dabei das Schicksal des in Bezug genommenen Hauptanspruchs (BGH GRUR 1997, 120 -Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 Ls. -Ionenaustauschverfahren).
a) Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist Schutzanspruch 1 nachfolgend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben.
1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, 2 das Schwenklager weist Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen auf, 3.
das Schwenklager besteht aus Grauguss, 4.
der Grauguss ist verzinkt, 5.
die Verzinkung ist galvanisch erzeugt, 6.
die Zink-Beschichtung ist im wesentlichen kristallin, 7.
die Zink-Beschichtung umfasst eine einzige Zinkschicht.
Die galvanisch erzeugte Zink-Beschichtung von mit Sacklöchern und Bohrungen versehenen Schwenklagern aus Grauguss für Kfz-Radaufhängungen zum Zwecke des Korrosionsschutzes war am Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters bereits bekannt. Dies ist schon in der Streitgebrauchsmusterschrift so dargelegt (Absätze 0003, 0004) und wurde auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts am 6. April 2011 von der Gebrauchsmusterinhaberin nicht bestritten. Die Ausgestaltung eines insoweit gestalteten bzw. oberflächenbehandelten Schwenklagers ist demnach dem hier relevanten Stand der Technik zuzurechnen (--> Merkmale 1 bis 5).
Daher kann auch der Einwand der Gebrauchsmusterinhaberin, der Stand der Technik, insbesondere die die Beschichtung von Bremssätteln beschreibende Entgegenhaltung E3, lege die Beschichtung von Schwenklagern nicht nahe, zu keiner anderen Beurteilung führen. Darauf kommt es ausgehend von dem in der Streitgebrauchsmusterschrift selbst geschilderten Stand der Technik in Verbindung mit der in E10 vermittelten Lehre ersichtlich nicht an.
Die in der Streitgebrauchsmusterschrift beschriebenen Schwenklager weisen im Unterschied zum Schwenklager nach dem Streitgebrauchsmuster jedoch eine Beschichtung aus zwei Schichten auf, nämlich eine aus einem sauren Elektrolyten abgeschiedene Zinkschicht als Bekeimungsgrundlage, über deren Ausgestaltung "kristallin" oder "amorph" im Streitgebrauchsmuster keine Angaben enthalten sind. Die Zinkschicht wird von einer aus alkalischen Galvanisierungsbädern abgeschiedenen Zink-Nickeloder Zink-Eisenschicht überlagert, so dass die Merkmale 6 und 7 bei den Schwenklagern nach dem Stand der Technik nicht verwirklicht sind (vgl. Streitgebrauchsmusterschrift Abs. 0004).
Dieser Unterschied kann den erfinderischen Schritt jedoch nicht begründen. Denn der Fachmann, der zur Lösung der Aufgabe auf der Suche nach einem weniger aufwändigen Verfahren ist, erhält aus dem Stand der Technik E10 bereits die Anregung, Bauteile aus Grauguss mit lediglich einer Zinkschicht entsprechend dem Merkmal 7 vorstehender Gliederung zu versehen (vgl. E10, S. 2149, Abs. 4.3). Als Nachteil wird dort zwar geschildert, dass es bei den kompliziert geformten Gussteilen in Bereichen niedriger Stromdichten zu sehr dünnen, im Extremfall sogar zu ausgedehnten unbeschichteten Stellen kommen kann (vgl. E10, S. 2151, li. Sp. Abs. 1). Aus diesem Grund empfiehlt die Druckschrift, die Vorbehandlung der zu beschichtenden Gussteile besonders sorgfältig durchzuführen, insbesondere auch einzelne Prozessstufen zu optimieren (vgl. E10, S. 2139, re. Sp. vorl. Abs.;
S. 2147, Abs. 4.1 und 4.2 "Rauheit der Oberfläche" i. V. m. S. 2146, li./re. Sp. Brückenabs.: Strahlung zu einem späteren Zeitpunkt). Das Merkmal 7, wonach eine einzige Zinkschicht als Korrosionsschutz auf dem Gussteil abgeschieden wird, beruht demzufolge nicht auf einem erfinderischen Schritt. Da dem Fachmann aus seinem allgemeinen Fachwissen ferner bekannt ist, dass die mittels galvanischer Verzinkung hergestellten Oberflächenschichten feinkristallin sind, vermag auch die Tatsache, dass die Beschaffenheit weder der als Bekeimungsgrundlage bezeichneten Zinkschicht des in der Streitpatentschrift gewürdigten Standes der Technik noch die der in E10 beschriebenen einzigen Zinkschicht nicht ausdrücklich als feinkristallin bezeichnet ist, den erfinderischen Schritt nicht zu begründen (vgl. E4 Tab.: Eigenschaften der Verzinkungsmethoden im Vergleich (Stand 1998), re. Sp., Z. 2; E14, S. 486, li. Sp. Abs. unter Abb. 1).
Soweit die Beschwerdeführerin hierzu geltend gemacht hat, die Entgegenhaltung E10 könne die Anbringung einer einzigen Zinkschicht nicht nahe legen, sie führe vielmehr von einer einzigen Zinkschicht weg, da sie dem Fachmann zur Überwindung der jeweiligen Nachteile der sauren und der alkalisch cyanidfreien Verzinkung vorrangig eine Kombinationsverzinkung aus beiden Verfahren empfehle, kann ihr nicht gefolgt werden. In diesem Fachaufsatz wird auf verschiedene Varianten von Zinkbeschichtungen auf Bauteilen aus Grauguss hingewiesen, die jeweils für sich, aber auch in Kombination zur Anwendung kommen können. So wird ausdrücklich ausgeführt, dass entweder mit einer alkalischen cyanidfreien oder einer schwach sauren Verzinkung beschichtet werden kann (E10, Abschnitt 4.3 auf Seite 2149; Unterstreichung nachträglich zugefügt). Für beide Verfahren werden nachfolgend die Vorund Nachteile dargelegt (Abschnitte 4.3.1, 4.3.2). Hier wird deutlich, dass die einstufigen Verfahren jeweils für sich für die Herstellung einer korrosionshemmenden Beschichtung in der Fachwelt durchaus in Betracht gezogen werden. Davon ausgehend hat der Fachmann, der wegen des hohen Aufwandes von der in der Entgegenhaltung E10 beschriebenen Kombinationsverzinkung gerade wegkommen will, nachdrückliche Anregung, durch Erzeugen einer von Fehlern weitgehend freien Gussoberfläche sowie durch sorgfältige und speziell angepasste Vorbehandlung der Werkstückoberfläche und unter geeigneter Einstellung der Badparameter mit dem einstufigen Verfahren eine einzige Zinkschicht zu erzeugen, die gerade nicht mehr die beschriebenen "Defekte" mit amorphen Bereichen aufweist.
Das Schwenklager nach Anspruch 1 des Hauptantrags beruht demnach nicht auf einem erfinderischen Schritt.
b) Schutzanspruch 1 nach 1. Hilfsantrag Schutzanspruch 1 nach dem 1. Hilfsantrag lautet nach Merkmalen aufgegliedert wie folgt :
1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, 2 das Schwenklager weist Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen auf, 3.
das Schwenklager besteht aus Grauguss, 4.
der Grauguss ist verzinkt, 5.
die Verzinkung ist galvanisch erzeugt, 5.1 es handelt sich um eine saure Verzinkung, 5.2 die Verzinkung ist in einem Schritt erzeugt, 6.
die Zink-Beschichtung ist im wesentlichen kristallin.
Die Merkmale 1 bis 5.1 und 6 nach diesem Schutzanspruch 1 stimmen mit denen des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag überein. Die diesbezüglichen Ausführungen zum Hauptantrag gelten deshalb hier gleichermaßen (--> Merkmale 1 bis 5.1, 6). Auch gibt es weder in E3 noch in E10 im Zusammenhang mit der sauren Verzinkung allein einen Hinweis darauf, die Verzinkung in mehreren Schritten auszuführen. Der Fachmann sieht sich vorliegend durch die zum Ziel gesetzte Abkehr vom zweistufigen Verfahren zu dieser Maßnahme auch nicht veranlasst; die Verzinkung in einem Schritt gemäß Merkmal 5.2 ist somit für ihn naheliegend.
Aus Vorstehendem folgt, dass der Fachmann auch zu der Ausgestaltung des Schwenklagers nach Schutzanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag auf naheliegende Weise hat kommen können.
c) Schutzanspruch 1 nach 2. Hilfsantrag Dieser Schutzanspruch umfasst die Merkmale 1 bis 6 des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag auf. Diese vermögen -wie zum Hauptantrag im einzelnen dargelegt -einen erfinderischen Schritt nicht zu begründen.
d) Schutzanspruch 1 nach 3. Hilfsantrag Schutzanspruch 1 nach dem 3. Hilfsantrag lautet nach Merkmalen aufgegliedert wie folgt :
1. Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, 2 das Schwenklager weist Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen auf, 3.
das Schwenklager besteht aus Grauguss, 4.
der Grauguss ist verzinkt, 5.
die Verzinkung ist galvanisch erzeugt, 5.1 es handelt sich um eine saure Verzinkung, 6.
die Zink-Beschichtung ist im wesentlichen kristallin, 7.
die Zinkoberfläche ist passiviert und versiegelt, 7.1 die Passivierung umfasst Nanopartikel.
Die Merkmale 1 bis 6 stimmen mit den Merkmalen 1 bis 5.1 und 6 nach Schutzanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag überein. Es wird auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen, die hier gleichermaßen gelten. Das Passivieren und Versiegeln verzinkter Oberflächen von metallischen Werkstücken war bereits am Anmeldetag eine im Fachgebiet weithin gebräuchliche Maßnahme zur Verbesserung des Korrosionsschutzes. Belegt ist dies z. B. durch die von der Löschungsantragsstellerin entgegengehaltene zurückgezogene Norm DIN 50 961 von Juni 1987 (E15, Abschnitte 2.2, 9). Auch die Entgegenhaltung E3 schlägt als Nachbehandlung der aufgebrachten Zink-Nickelschicht eine Passivierung und Versiegelung vor (vgl. E3, Sp. 2, Z. 63 bis 66). Die vorliegend angewendete Passivierung und Versiegelung war am Anmeldetag somit fachüblich und daher ohne erfinderischen Gehalt (--> Merkmal 7).
Passivierungsmittel mit Nanopartikeln zur Anwendung auf verzinkten Metallbauteilen waren am Anmeldetag -wie das Streitgebrauchsmuster selbst ausführt ebenfalls bereits bekannt, z. B. Lanthane TR 175 (Streitgebrauchsmusterschrift Absatz 0043). In der Nanopartikel umfassenden Passivierung des zinkbeschichteten Schwenklagers liegt daher nicht mehr als die bestimmungsgemäße Anwendung eines an sich bekannten Mittels. Eine erfinderische Bedeutung kann dem nicht zukommen.
Bei dieser Sachlage beruht auch der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach dem 3. Hilfsantrag nicht auf einem erfinderischen Schritt.
e) Der Gegenstand nach Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags 4 weist folgende Merkmale auf:
"Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, bestehendaus galvanisch sauer verzinktem Grauguss, welches Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen aufweist, erhältlich durchein Verfahren mit den folgenden Schritten, a) Gießen eines Rohlings aus Graugussb) Entfernen der Angüssec) Säuberungsstrahlend) Nachstrahlen eines ausgewählten Bereichs mit einem Strahlmittel, umfassend Glaspartikel und Nichtmetall-Partikele) Bohren, Fräsen und/oder Gewindeschneidenf) Verzinken, umfassend mindestens die folgenden Schritte
(i)
einfach oder mehrfach Entfetten und/oder Beizen
(ii)
Dekapieren
(iii) saures Verzinken
(iv)
Passivieren
(v)
optional Versiegeln
(vi)
Trocknen, wobei die Reihenfolge der Schritte d) und e) vertauscht werden kann."
Der als productbyprocess-Anspruch formulierte Schutzanspruch kennzeichnet nach den Ausführungen der Gebrauchsmusterinhaberin in der mündlichen Verhandlung das Schwenklager durch das körperliche Merkmal, wonach die Zinkbeschichtung zur Gänze, d. h. insbesondere auch im Bereich von Vertiefungen im Bauteil, kristallin ist.
Entscheidende Voraussetzung für die vollständig kristalline Beschichtung des Schwenklagers nach Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags 4 sei hierbei das Merkmal d), das Nachstrahlen eines ausgewählten Bereichs mit einem Strahlmittel, umfassend Glaspartikel und Nichtmetall-Partikel. Zum Beleg der vollständigen kristallinen Verzinkung nach Durchführung des Verfahrensschrittes d) hat die Gebrauchsmusterinhaberin weitere Herstellungsverfahren und die vorschriftgemäße Bewitterung der mitgebrachten Schwenklagermuster erläutert; die Vergleichsversuche sind in den 4 Farbkopien, überreicht in der mündlichen Verhandlung, dokumentiert.
Zwar sind productbyprocess-Ansprüche nur dann für eintragbar erklärt worden, wenn eine andere Möglichkeit zur eindeutigen Kennzeichnung nicht besteht (Bühring GebrMG 7. Aufl. 2007, § 1 Rdn. 174). Die eindeutige Kennzeichnung des Erzeugnisses wäre den Ausführungen der Gebrauchsmusterinhaberin zufolge wohl auch durch das körperliche Merkmal "kristallin" möglich, selbst wenn der angegebene Herstellungsweg nach den Ergebnissen der Vergleichsversuche das Merkmal "kristallin" des so erhaltenen Erzeugnisses als anspruchsgemäß qualifiziert (BGH GRUR 2001, 1129, Ls. -Zipfelfreies Stahlband). Insofern ist die Zulässigkeit des Anspruches fraglich. Sie kann jedoch dahinstehen, weil das Schwenklager nicht das Ergebnis eines erfinderischen Schrittes ist.
Ein Schwenklager für Automobil-Vorderradaufhängungen, bestehend aus galvanisch sauer verzinktem Grauguss, welches Sacklöcher, Bohrungen und/oder Gewindebohrungen nach dem Oberbegriff des Schutzanspruchs und Merkmal (iii) aufweist beruht nach den Ausführungen zum Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einem erfinderischen Schritt (vgl. II, Abs. 5 a). Von diesem Stand der Technik ausgehend weiß der Fachmann, welche Verfahrensschritte die Herstellung erfordert. So entnimmt er der E10 bereits, dass bei der Herstellung von verzinkten Bauteilen aus Grauguss eine mechanische Vorbehandlung der Oberfläche gemäß den Maßnahmen a) bis c) vorstehender Gliederung, dort als "Putzen und Bearbeiten" bezeichnet, unabdingbar ist, wenn ein zufriedenstellendes Beschichtungsergebnis erreicht werden soll (vgl. E10, S. 2145, Abs. 3.2). Insofern bedarf es keiner weiteren Anregungen aus dem Stand der Technik. Ein Strahlen nach dem Putzen zu einem späteren Zeitpunkt wird in der E10 zwar nur kursorisch angesprochen, konkrete Maßnahmen und Strahlbedingungen sind aber schon der vor der E10 veröffentlichten E3 zu entnehmen. Nach dem dort beschriebenen Verfahren erfolgt nämlich vor dem Aufbringen einer galvanisch erzeugten Zink-Nickel-Beschichtung eine Aktivierung der Oberfläche durch mechanisches Strahlen. Diese Aktivierung kann sich auf die Oberflächenabschnitte beschränken kann, die von ihrer Farbschicht oder Oberflächenschicht befreit sind, d.h. es werden lediglich ausgewählte Bereiche aktiviert (vgl. E10, S. 2146, li. Sp. letzt. Abs. i. V. m. E3, Ansp. 2 und Sp. 2, Z. 4 bis 12 und 21 bis 27). Die Aktivierung wird durch Strahlen mit einem Strahlmittel umfassend Glaspartikel und Nichtmetall-Partikel, z.B. Sand oder Keramikkörper vorgenommen (vgl. E3, Sp. 2, Z. 21 bis 25). Demgemäß ist auch der Verfahrensschritt d) dem Fachmann bekannt. Nichts anderes gilt für die Maßnahmen zur eigentlichen Verzinkung des Schwenklagers f(i) bis f(v), die über das routinemäßige Vorbereiten des Bauteils vor dem eigentlichen Beschichtungsvorgang und der ebenfalls bekannten Nachbehandlung nicht hinausgehen (vgl. E10, S. 2147, Abs. 4.2 bis 4.3.1 i. V. m. E3, Ansp. 2 und Sp. 2, Z. 63 bis 66). Der sich an die Versiegelung f(v) anschließende Trocknungsschritt f(vi) ist dem Fachmann aus seinem allgemeinen Fachwissen geläufig und kann daher auch nichts zur Begründung eines erfinderischen Schrittes beitragen (vgl. E15, S. 3, insb. Abs. 9.1).
Es wird mit der Aggregation der einzelnen Maßnahmen nach vorliegendem Schutzanspruch auch keine neue und auf einem erfinderischen Schritt beruhende Gesamtwirkung erzielt, denn auch in E3 erfährt das Werkstück vor dem galvanischen Abscheidungsvorgang eine an die Parameter des Werkstücks, insbesondere die Oberflächenbeschaffenheit angepasste Vorbehandlung (vgl. E3, Anspr. 1 i. V. m. Sp. 1, Z. 11 bis 35). Hierzu zählt insbesondere das mechanische Strahlen zur Aktivierung der Oberfläche, das die Gebrauchsmusterinhaberin im vorliegenden Fall gemäß Verfahrensschritt d) als entscheidende Maßnahme zur Lösung der Aufgabe bezeichnet hat (vgl. E3 Anspr. 2 i. V. m. Sp. 2, Z. 21 bis 27).
Für den Fachmann hat es folglich nahe gelegen, diese angepasste Vorbehandlung auf die im Streitgebrauchsmuster als bekannt beschriebenen Schwenklager gerade wegen ihrer komplizierten Oberflächengeometrie zu übertragen.
Der Gegenstand nach Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags 4 beruht daher nicht auf einem erfinderischen Schritt. Der Anspruch ist daher nicht gewährbar.
Gleiches gilt für die rückbezogenen Ansprüche 2 und 3, die rein handwerkliche Maßnahmen betreffen. Auch in der Anwendung eines an sich bekannten Passivierungsmittels gemäß Anspruch 4, das Nanopartikel wie z. B. Silikat-Nanopartikel enthält, wird kein erfinderischer Schritt gesehen (vgl. Streitpatentschrift Abs. 0043).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Müllner Dr. Schuster Reinhardt prö
BPatG:
Beschluss v. 06.04.2011
Az: 35 W (pat) 457/09
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