Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 21. Dezember 1994
Aktenzeichen: 11 U 95/94

(OLG Köln: Urteil v. 21.12.1994, Az.: 11 U 95/94)

Haftung des Handelnden vor Eintragung einer Aktiengesellschaft Wer für eine nicht existierende Person rechtsgeschäftlich handelt, haftet wie ein Vertreter ohne Vertretungsmacht. Eine Haftung aus § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG, wonach derjenige, der vor der Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister in ihrem Namen handelt, persönlich haftet, setzt voraus, daß die Aktiengesellschaft bereits gem. § 29 AktG errichtet ist.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten zu 2) führt nur bezüglich

der Nebenkostenvorauszahlungen und eines Teilbetrages der Zinsen zu

einem Erfolg und ist im übrigen zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 2) haftet den Klägern wegen der im Vertrag vom

19. März 1993 durch die ,G.v.R. AG, A." eingegangenen

Verpflichtungen.

Das ergibt sich, wie schon in einer Zuschrift an die Parteien

ausgeführt worden ist, allerdings nicht aus § 41 Abs. 1 Satz 1

AktG, wonach derjenige, der vor der Eintragung der

Aktiengesellschaft in das Handelsregister in ihrem Namen handelt,

persönlich haftet. Diese Bestimmung ist nur anwendbar, wenn die

Aktiengesellschaft bereits gemäß § 29 AktG errichtet ist (vgl. BGH

NJW 1984/2164; Hüffer AktG § 41 Randziffer 23; Kraft im Kölner

Kommentar zum Aktiengesetz 2. Aufl. § 41 Randziffer 98). Das war

unstreitig nicht der Fall. Es wird von keiner Partei etwas darüber

vorgetragen, daß eine deutsche Aktiengesellschaft gegründet worden

ist oder gegründet werden sollte.

Anspruchsgrundlage ist vielmehr § 179 Abs. 1 BGB. Wer für eine

nicht existierende Person rechtsgeschäftlich handelt, haftet wie

ein Vertreter ohne Vertretungsmacht (vgl. BGH a.a.O.).

Der Beklagte ist laut Vertragsurkunde, die er ,gelesen, überall

genehmigt und eigenhändig unterschrieben" hat, als

,Geschäftsführer" der G.v.R. AG in A. aufgetreten. So ist das

Vertragsangebot Dr. B. B. vorgelegt worden, der es für die Kläger

angenommen hat.

Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, daß der Beklagte gegenüber

dem Verhandlungsführer der Kläger, dem Zeugen N.C., klargestellt

hat, er miete die Räume in Wahrheit als Bevollmächtigter einer

G.v.R. Vermögensverwaltung AG in Cheyenne, Wyoming.

Der Zeuge N.-C. hat nach seinen Angaben aufgrund von Àußerungen

des Beklagten den Eindruck gehabt, er trete unter einem gekauften

Titel auf, was im Fall der Richtigkeit sogar bedeutet hätte, daß

der Beklagte persönlich Vertragspartei hätte werden sollen. Die

Aussagen der Zeugen G. und V., die bei den Vorgesprächen als

Angehörige der in Gründung befindlichen Firma E. GmbH mit der

Angelegenheit befaßt gewesen sind, erbringen nicht den Beweis, daß

der Beklagte zu dieser Zeit unter Vorlage der Vollmacht vom 23.

Juli 1992 ein Vertretungsverhältnis offengelegt hat. Ihre

Erinnerung und ihre Angaben waren so ungenau, daß nicht deutlich

wird, ob der Zeuge N.-C. die Vollmacht gezeigt erhalten hat.

Es bleibt vielmehr dabei, daß die Tatsache, daß weder dieser

Zeuge noch der Beklagte selbst dafür gesorgt haben, daß das

amerikanische Unternehmen im Vertrag genannt wurde, zeigt, daß der

Beklagte sich hierum gar nicht bemüht hat. Andernfalls wäre es

unverständlich, daß der Vertrag trotzdem mit dem vorliegenden

Inhalt abgefaßt und unterschrieben worden ist.

Bei dieser Sachlage ist eine Fahrlässigkeit des Klägers (§ 179

Abs. 3 BGB) nicht gegeben.

Aus den obigen Ausführungen folgt, daß der Beklagte zu 2) für

die Mietzinsansprüche der Kläger aus der Zeit von Juni bis November

1993 in der unstreitigen Höhe von 24.843,12 DM einzustehen hat.

Der auf die Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 6.440,82 DM

gerichtete Anspruch ist dagegen abzuweisen. Nachdem die

Abrechnungsperiode - unstreitig das Kalenderjahr - seit langem

abgelaufen ist, können die Kläger keine Abschlagszahlungen mehr

verlangen, sondern müßten sie über die Kosten abrechnen und das

sich ergebende Guthaben geltend machen. Die in der letzten

mündlichen Verhandlung überreichte Aufstellung zeigt, daß

Hinderungsgründe nicht gegeben sind. Entgegen der Ansicht der

Kläger sind bei Gewerberäumen keine anderen Beurteilungsmaßstäbe

anzulegen.

Óber die Jahresabrechnung ist nicht zu entscheiden. Die

Óberreichung allein der Aufstellung für 1993 reicht zur

prozessualen Geltendmachung durch die Kläger nicht aus, die auch

gar nicht ihren Antrag geändert haben. Ihnen ist nicht Gelegenheit

zu geben, ihre Vorbringen zu ergänzen. Das würde die Erledigung des

Rechtsstreits verzögern und wäre verspätet.

Der Zinsanspruch der Kläger ist auf 4 % zu beschränken (§ 288

BGB). Es ist nicht ersichtlich, daß die Vermietung für sie ein

Handelsgeschäft (vgl. § 352 HGB) ist.

Unbegründet ist die Berufung, soweit sie die Verurteilung zur

Verschaffung einer Bürgschaft gemäß § 13 des Mietvertrages

betrifft. Die Verpflichtung ist nicht durch die Verurteilung des

Beklagten zu 1) wie auch des Beklagten zu 2) zur Zahlung

gegenstandslos geworden. Das Sicherungsbedürfnis der Kläger endet

erst mit der Erfüllung der Mietzinsansprüche. Eine Bürgschaft führt

nicht etwa zu einer Doppelzahlung.

Den Klägern ist ein Rechtschutzbedürfnis nicht völlig

abzusprechen, obwohl der Beklagte nicht mit Mitteln der

Zwangsvollstreckung dazu angehalten werden könnte, eine Bank zur

Abgabe eines Vertragsangebots zu bewegen. Eine Verurteilung zur

Beschaffung einer Bürgschaft kann aber Grundlage einer

Ersatzvornahme oder von Folgeansprüchen sein. Außerdem könnte ein

Mieter die Verpflichtung zur Vermeidung von Nachteilen freiwillig

erfüllen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO, die

Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.

10, 713 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 38.783,94 DM Beschwer der

Kläger: ca. 6.800,00 DM Beschwer des Beklagten zu 2): 32.343,12

DM

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Az: 11 U 95/94


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