Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. August 2003
Aktenzeichen: 6 W (pat) 63/02
(BPatG: Beschluss v. 28.08.2003, Az.: 6 W (pat) 63/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die am 15. November 2000 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Wassertank, insbesondere für Fahrzeuge"
hat die Prüfungsstelle für Klasse E 03 B des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 17. Mai 2002 zurückgewiesen, weil der Gegenstand des am 9.1.2002 eingegangenen Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2002 neue Ansprüche 1 bis 3 und neue Beschreibungsseiten 1 und 2 vorgelegt.
Der - wie angekündigt - zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene und nicht vertretene Anmelder hat schriftlich beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 3, eingegangen am 10. Oktober 2002, Beschreibung Seiten 1 und 2, eingegangen am 10. Oktober 2002, Beschreibung Seiten 3 bis 5, eingegangen am 9. Januar 2002, Figuren 1 und 2a bis 2c, eingegangen am 15. November 2000, Figur 3a bis 3c, eingegangen am 9. Januar 2002.
Der Patentanspruch 1 lautet.
"Wassertank, insbesondere für Fahrzeuge, mit einem Frischwasser aufnehmenden flexiblen Behälter (3a) und einem weiteren, unmittelbar an dem Frischwasserbehälter angrenzenden flexiblen Behälter (4a) für die Aufnahme von aus dem Frischwasserbehälter (3a) entnommenem, verbrauchtem Wasser, die beiden flexiblen Behälter (3a, 4a) im vollständig gefüllten Zustand jeweils einen Quader entsprechend dem Innenraum eines die Behälter aufnehmenden Stützbehälters (1a) bilden und innerhalb des Stützbehälters (1a) unter entsprechender Aufweitung des jeweils anderen Behälters zusammenlegbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass die flexiblen Behälter (3a, 4a) unter Zusammenführung einander diagonal gegenüberliegenden Kanten des Quaders zusammenlegbar sind, wobei eine der beiden Kanten in einer Ecke des Innenraums des Stützbehälters (1a) angeordnet bleibt."
Zum Wortlaut der Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Akte verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (PatG § 73), jedoch unbegründet.
Im Erteilungsbeschwerdeverfahren liegt der Sinn einer vom Senat als sachdienlich anberaumten mündlichen Verhandlung vor allem darin, den Anmelder auf vorhandene Mängel und Unklarheiten in den geltenden Unterlagen hinweisen und ihm Gelegenheit zu geben, erteilungsfähige Unterlagen vorzulegen und seine Anträge dem Ergebnis der Erörterung anzupassen.
Verzichtet ein Anmelder gemäß vorheriger Ankündigung auf das Erscheinen in der mündlichen Verhandlung, so begibt er sich freiwillig der Möglichkeit, zusätzlich mündlich rechtliches Gehör zu erhalten. Erweisen sich die geltenden Unterlagen als mängelbehaftet, wobei die Prüfung unter sämtlichen patentrechtlichen Aspekten des Falles, auch soweit sie bisher nicht Gegenstand des schriftlichen Vorbringens waren, zu erfolgen hat, ist die Beschwerde im Verhandlungstermin zurückzuweisen.
Dies ist hier der Fall, da mängelfreie und damit erteilungsreife Unterlagen nicht vorgelegen haben. Denn der Gegenstand des Anspruchs 1 ist gegenüber dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung unzulässig erweitert.
Im kennzeichnenden Teil des geltenden Anspruchs 1 ist angegeben, dass die flexiblen Behälter (3a, 4a) unter Zusammenführung einander diagonal gegenüberliegender Kanten des Quaders zusammenlegbar sind, wobei eine der beiden Kanten in einer Ecke des Innenraums des Stützbehälters (1a) angeordnet bleibt.
Eine solche Ausgestaltung soll sich gemäß den Ausführungen des Anmelders in seiner Erwiderung auf den Erstbescheid vom 8.1.2002 (vgl. Seite 1, Abs. 2) aus dem in Fig. 3 der Anmeldungsunterlagen gezeigten Ausführungsbeispiel ergeben. Dieses Ausführungsbeispiel zeigt in Fig. 3b zwar eine im Wesentlichen diagonal verlaufende Trennwand zwischen den beiden Behältern 3a und 4a, in den gesamten Anmeldungsunterlagen ist dazu jedoch weder ausgeführt, dass die Trennwand diagonal verlaufen soll, noch, dass das Zusammenfalten der beiden flexiblen Behälter 3a und 4a in der nun beanspruchten Art und Weise erfolgen soll. Es heißt bezüglich der Trennwand lediglich, dass die unmittelbar aneinandergrenzenden Wände der flexiblen Behälter 3a, 4a unregelmäßig gewölbt oder gefaltet sind (vgl. insbes. Seite 6, Abs. 2, letzter Satz).
Es ist zwar unstrittig, dass Anspruchsmerkmale auch in einer Zeichnung offenbart sein können. Bei lediglich gezeichneten Merkmalen, die also - wie im hier vorliegenden Fall - weder in der Beschreibung noch in den Ansprüchen erwähnt sind, ist aber besonders sorgfältig zu prüfen, ob die bloße zeichnerische Darstellung dem zuständigen Fachmann eine erkennbare und ausführbare Lehre vermittelt. Dabei kommt es darauf an, ob das fragliche Merkmal z.B. in den Zeichnungen besonders herausgestellt ist, ob ihm eine eigene Figur gewidmet ist oder ob es lediglich beiläufig in der Darstellung des Gesamtgegenstandes enthalten ist und deshalb der Fachmann den relevanten Sinn nicht oder erst mit dem Wissen aus der neuen Erfindung in rückschauender Betrachtungsweise begreifen kann.
Einen Fall dieser letztgenannten Art stellen die Figuren 3a bis 3c der vorliegenden Anmeldung dar. Selbst wenn der Fachmann erkennen würde, dass die linke obere Ecke des Behälters 4a gemäß Figur 3a im Laufe der Zeit über die in Figur 3b gezeigte Mittelstellung in die untere rechte Ecke in Figur 3c wandert, würde er auch erkennen, dass bei diesem Vorgang nicht nur - wie beansprucht - die linke untere Ecke des Behälters 3a in ihrer ursprünglichen Ecke verbleibt, sondern dass zusätzlich auch die beiden übrigen Ecken rechts oben und links unten in ihrer ursprünglichen Position verbleiben. Hierzu ist aber weder aus dem geltenden Anspruch 1 noch aus den Anmeldungsunterlagen in ihrer Gesamtheit etwas zu entnehmen.
Vielmehr umfasst der geltende Anspruch 1 auch eine Lösung, bei der lediglich eine einzige Ecke in ihrer ursprünglichen Position verbleibt, während alle übrigen Ecken ihre Position verändern, so dass z. B. drei der vier Ecken des Behälters 3a vollständig in einer Ecke zusammengeführt werden könnten. Eine solche durch den geltenden Anspruch 1 mit umfasste Lösung kann der Fachmann aber selbst bei wohlwollender Betrachtung und Auslegung der Figuren 3a bis 3c dort nicht entnehmen.
Da somit der geltende Anspruch 1 eine Ausgestaltung umfasst, welche in den Ursprungsunterlagen nicht offenbart ist, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung unzulässig erweitert.
Da somit eine Patenterteilung im beantragten Umfang mit den vorliegenden Unterlagen nicht möglich war, musste die Beschwerde zurückgewiesen werden.
Kowalski Heyne Riegler Schneider Cl
BPatG:
Beschluss v. 28.08.2003
Az: 6 W (pat) 63/02
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