Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Dezember 2007
Aktenzeichen: 33 W (pat) 26/06
(BPatG: Beschluss v. 04.12.2007, Az.: 33 W (pat) 26/06)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die Eintragung der am 3. November 2000 angemeldeten Wortmarke 300 81 146 Univentureseingetragen für die Dienstleistungen Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Verwaltung und Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Erstellung von Geschäftsgutachten; Organisation und Veranstaltung von Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Public Relations; Markt- und Meinungsforschung; Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellung von Wirtschaftsprognosen;
Klasse 36:
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;
Klasse 41:
Erziehung, Ausbildung; Aus- und Fortbildungsberatung; Organisation und Veranstaltung von Symposien, Kongressen, Konferenzen, Seminaren und Workshops; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Durchführung von pädagogischen Prüfungen, ist Widerspruch erhoben worden aus der Wort-/Bildmarke 399 13 723 eingetragen für die Dienstleistungen
"Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Investmentgeschäfte, Versicherungs- und Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen", undaus der Wort-/Bildmarke 397 59 620 eingetragen für die Dienstleistungen
"Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten, Investmentgeschäfte, Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen".
Die beiden Widersprüche wurden auf die Dienstleistungen "Investmentgeschäfte", "Versicherungs- und Finanzwesen" bzw. "Versicherungswesen" und "Finanzwesen", "Geldgeschäfte" und "Immobilienwesen" gestützt. Sie richten sich gegen die Dienstleistungen "Versicherungswesen", "Finanzwesen", "Geldgeschäfte" und "Immobilienwesen" der jüngeren Marke.
Mit Beschluss vom 11. Dezember 2003 hat die Markenstelle für Klasse 35 die teilweise Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen "Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen" angeordnet. Die Markeninhaberin hat dagegen Erinnerung eingelegt und hilfsweise das Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt. Darin sind die angegriffenen Tätigkeiten der Klasse 36 "Versicherungswesen", "Geldgeschäfte" sowie "Immobilienwesen" nicht mehr enthalten. Darüber hinaus wird die Dienstleistung "Finanzwesen" durch folgende Formulierungen ersetzt:
"Dienstleistungen des Finanzwesens, nämlich Kapitalbeteiligungen an jungen Unternehmen in der Aufbauphase, insbesondere bei Universitätsausgründungen, und Finanzberatung von jungen Unternehmen in der Aufbauphase, insbesondere bei Universitätsausgründungen" (1. Hilfsantrag)
bzw.
"Dienstleistungen des Finanzwesens, nämlich Kapitalbeteiligungen an jungen Unternehmen in der Aufbauphase, insbesondere bei Universitätsausgründungen, und Finanzberatung von jungen Unternehmen in der Aufbauphase, sämtliche vorstehend genannten Dienstleistungen ausschließlich im Zusammenhang mit der Beratung und Betreuung von Ausgründungen aus dem Universitätsbereich" (2. Hilfsantrag).
Des Weiteren hat die Beschwerdeführerin die Benutzung der Widerspruchsmarke 397 59 620 ("UniCASH") gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG bestritten.
Durch Beschluss vom 26. Oktober 2005 ist die Erinnerung zurückgewiesen worden. Die Markenstelle hat die Stattgabe der Widersprüche damit begründet, dass die angegriffenen Dienstleistungen der jüngeren Marke identisch im Verzeichnis der Widerspruchsmarken enthalten und somit erhöhte Anforderungen an den Markenabstand zu stellen seien. Daran würden auch die beiden Hilfsanträge nichts ändern, da die Dienstleistungen weiterhin dem Bereich des Finanz- und Versicherungswesens auf Seiten der Widerspruchsmarken zuzurechnen seien. Mit Hilfe der eingereichten Berichte aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und dem Handelsblatt sei eine ausreichende Benutzung der Widerspruchsmarke 397 59 620 ("UniCASH") glaubhaft gemacht worden. Zudem habe die Inhaberin der jüngeren Marke zugestanden, dass auf dem Gebiet der Anlagenberatung der Bestandteil "Uni-" in Verbindung mit Fondsaktien dem Unternehmen der Widersprechenden zugeordnet werde. Auch sei entsprechend dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1. September 2004 (Az. 2/6 O 76/04) auf Grund der laufenden Kursmitteilungen für Investmentfonds von einer rechtserhaltenden Benutzung auszugehen. Es bestehe keine unmittelbare Verwechslungsgefahr, da die Wortbestandteile "-VARIO" und "-CASH" ausreichende klangliche und optische Unterschiede zu dem Element "-ventures" aufwiesen. Zudem präge der gemeinsame Bestandteil "Uni-" nicht den Gesamteindruck der Vergleichsmarken, da er auf Grund seiner extremen Kürze vom Verkehr nicht von den nachfolgenden Elementen abgetrennt werde. Bei den sich gegenüberstehenden Zeichen handele es sich somit um Gesamtbegriffe. Allerdings bestehe die Gefahr, dass sie gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Die Widersprechende verfüge über eine entsprechend wie die angegriffene Marke gebildete Serie von Zeichen, die stets das Präfix "Uni-" mit einem daran angehängten beschreibenden Fachbegriff aus dem Bereich des Finanzwesens enthielten. Den am Börsengeschehen interessierten Abnehmern der gegenständlichen Dienstleistungen seien die Bezeichnungen der Fonds der Widersprechenden mit der Anfangssilbe "Uni-" bekannt. Diese besitze den erforderlichen Hinweischarakter, da sie auf Grund ihrer Mehrdeutigkeit und des Fehlens eines Bezugs zu den betroffenen Dienstleistungen keinen eindeutig beschreibenden Sinngehalt aufweise. Darüber hinaus könne der isolierte Bestandteil "Uni-" nicht als verbraucht angesehen werden, da er meist in Wortkombinationen vorkomme. Zudem seien auf dem maßgeblichen Dienstleistungssektor der Großteil der mit der Anfangssilbe "Uni-" gebildeten Marken für die Widersprechende eingetragen. Auf Grund der allgemein gefassten Dienstleistungen auf Seiten der älteren Marke werde der Bestandteil "Uni-" nur zum kleinen Teil mit einer Universität, häufig jedoch mit der Widersprechenden in Zusammenhang gebracht. Eine Schwächung durch Drittmarken führe allenfalls zu einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken, zumal sie nicht als glatt beschreibend anzusehen seien.
Dagegen hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 26. Oktober 2005 aufzuheben.
Zur Begründung trägt sie vor, dass eine eindeutige Zuordnung des Bestandteils "Uni-" zu dem Unternehmen der Beschwerdegegnerin im Bereich der Finanzdienstleistungen nicht möglich sei. So würden weitere Unternehmen in dieser Branche existieren, die durch die Abkürzung "Uni-" identifiziert werden könnten. Auch entsprächen bestimmte Fondsbezeichnungen von Drittanbietern denjenigen der Widersprechenden. Hierbei seien verschiedene Schreibweisen des Präfixes "Uni-" anzutreffen. Ihm fehle damit die notwendige Funktion, auf die Firma der Widersprechenden hinzuweisen. Des Weiteren sei "Uni-" keinesfalls nur bestimmten Kreisen als Abkürzung für "Universität" bekannt. Damit bestehe keine gedankliche Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen.
Die Widersprechende hat demgegenüber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Hierzu führt sie aus, das von der Inhaberin der angegriffenen Marke genannte Unternehmen "U... S.A." sei mit der Muttergesellschaft der Widersprechenden verbunden. Darüber hinaus dürfe die U1 ... S.A. bestimmte Marken der Beschwerdegegnerin nutzen. Die von dem Wettbewerber "U3..." angemeldeten Marken seien zudem Gegenstand verschiedener zu- gunsten der Widersprechenden ausgefallener Entscheidungen des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt. Gegen mit den Widerspruchsmarken vergleichbare Bezeichnungen gehe die Beschwerdegegnerin konsequent und erfolgreich vor. Außerdem sei nicht auf die allgemeinen, sondern auf die konkret beteiligten und damit besser informierten Verkehrskreise abzustellen. Bei ihnen sei eine Verwechslungsgefahr zu befürchten, da das angegriffene Zeichen ebenso wie die Widerspruchsmarken gebildet sei. Die Beschwerdegegnerin verfüge über eine Serie von insgesamt 60 Marken mit dem Präfix "Uni-", dem ein englischsprachiger beschreibender Begriff aus dem Bereich des Finanzwesens folge. Die Bezeichnung "Univentures" füge sich somit in die Zeichenserie der Widersprechenden ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht begründet.
Die Widerspruchsmarke 399 13 723 ("UniVARIO") und das angegriffene Zeichen sind verwechselbar im Sinne der §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Verwechslungsgefahr liegt dann vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE).
1. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 399 13 723 "UniVARIO" ist als normal, allenfalls leicht geschwächt anzusehen.
a) Der Bestandteil "Uni-" stellt zum einen die Abkürzung für "Universität" dar (vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 21. Auflage, Seite 775). Zum anderen kommt ihm die Bedeutung einer Vorsilbe im Sinne von "einzig" bzw. "einheitlich" zu (vgl. Textor, Auf Deutsch - Das Fremdwörterlexikon, Seite 336). Bei dem Element "VARIO" handelt es sich um das italienische bzw. spanische Wort für "verschieden" oder "variabel" (vgl. "Woxikon" unter "http://www.woxikon.de/all/vario.php"). Da es dem deutschen Wort "variabel" ähnelt (vgl. Duden, a. a. O., Seite 786), lässt sich der Widerspruchsmarke der Begriffsgehalt "einheitlich veränderlich" entnehmen. Damit erweckt sie den Eindruck eines Oxymorons, dem eine gewisse Eigenart nicht abgesprochen werden kann. Allenfalls ist mit ihr die Vorstellung verbunden, Börsenkurse würden sich laufend ändern. Ein klarer Sachbezug zu den gegenständlichen Dienstleistungen, insbesondere "Finanzwesen" und "Geldgeschäfte", ergibt sich daraus jedoch nicht, da hierfür mehrere Gedankenschritte und Ergänzungen erforderlich sind. Vor allem sind die genannten Tätigkeiten nicht durch Kursschwankungen charakterisiert. Von Hause aus kommt der Widerspruchsmarke damit ein geringfügig eingeschränkter bis durchschnittlicher Schutzumfang zu.
b) Von einer Erhöhung der Kennzeichnungskraft auf Grund intensiver Benutzung der Gesamtmarke kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die von der Widersprechenden eingereichten Belege, insbesondere die Kursübersichten und Testergebnisse, enthalten keine Angaben zu der Bezeichnung "UniVARIO" als solcher. Selbst unter Berücksichtigung der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten erhöhten Kennzeichnungskraft des Bestandteils "Uni-" kann der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit keine erhöhte Kennzeichnungskraft zugebilligt werden, da bei einteiligen Marken auf den Schutzumfang des Zeichens insgesamt abzustellen ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 9 Rdnr. 215). Insofern verbleibt es bei dem von Hause aus bestehenden Schutzumfang.
2. Die angegriffenen Dienstleistungen "Versicherungswesen", "Finanzwesen", "Geldgeschäfte" und "Immobilienwesen" der jüngeren Marke sind identisch im Verzeichnis der Widerspruchsmarke 399 13 723 "UniVARIO" enthalten, so dass - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - die Vergleichszeichen einen deutlichen Abstand zueinander einhalten müssen.
3. Die jüngere Marke und das ältere Zeichen 399 13 723 sind ähnlich.
a) Vom Gesamteindruck her unterscheiden sich die Bezeichnungen "Univentures" und "UniVARIO" trotz der Übereinstimmung in der ersten Silbe deutlich voneinander. Das angegriffene Zeichen klingt wie "(j)univentscha(r)s", während die Widerspruchsmarke entsprechend ihrer Schreibweise ausgesprochen wird. Demzufolge stehen sich die Vokale "e" und "a" einerseits sowie "a", "i" und "o" andererseits im jeweils zweiten Wortbestandteil gegenüber. Hinzu kommt, dass die Konsonanten "n", "t" und "s" in dem Element "-VARIO" der älteren Marke nicht vorkommen. Dies führt zu einem abweichenden Eindruck in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht, zumal sich die beiden Zeichen von ihrer Länge her deutlich unterscheiden (elf zu acht Buchstaben).
Darüber hinaus wird die unmittelbare Verwechslungsgefahr durch den Umstand gemindert, dass Teile des Verkehrs zumindest einem Vergleichszeichen einen Sinngehalt beimessen werden. Die jüngere Marke enthält das englische Wort "-ventures", das im Deutschen soviel wie "Unternehmungen" oder "Projekte" bedeutet (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Auflage, Seite 1012). Damit stehen sich zwei Gesamtbegriffe gegenüber, die im Sinne von "einheitlich veränderlich" und "einheitliche Unternehmungen" interpretiert werden können. Infolgedessen werden die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede schneller und besser erfasst (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 151).
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht auch nicht auf Grund des gemeinsamen Bestandteils "Uni-". Den Gesamteindruck der beiden Marken kann er nicht prägen oder wesentlich mitbestimmen, da es sich um einteilige Zeichen handelt. Dies gilt vor allem auch für die Widerspruchsmarke. Sie stellt eine Wort-/Bildmarke dar, deren Elemente "Uni-" und "-VARIO" sich im Original von ihrer Schreibweise her kaum unterscheiden. Insbesondere sind die Buchstabenfolgen "ni" und "ARIO" etwa gleich hoch, so dass der auf Grund Klein- und Großschreibung bedingte Unterschied kaum auffällt. Selbst der etwas größer gehaltene Mittelbuchstabe "V" führt nicht zu der Annahme einer mehrgliedrigen Marke, da auch durch ihn die beiden Bestandteile nicht klar voneinander getrennt werden (vgl. BGH GRUR 2003, 963 - AntiVir/AntiVirus).
Eine Abspaltung der Bestandteile "-VARIO" und "-ventures" kommt ebenfalls nicht in Betracht. Sie setzt voraus, dass es sich bei ihnen um glatt beschreibende Angaben handelt und eine Branchenübung feststellbar ist, nach der der Verkehr ihnen keinerlei für die Betriebskennzeichnung auch nur mitbestimmende Bedeutung beimisst (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 310). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da die genannten Elemente keinen klar erkennbaren Sachbezug zu den gegenständlichen Dienstleistungen aufweisen.
Damit ist insgesamt eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen (vgl. auch HABM PAVIS R0442/04-2 - UniVARIO/unibanco).
b) Allerdings besteht die Gefahr, dass die beiden Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht und damit mittelbar verwechselt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, letzter Halbsatz, MarkenG). Von einer solchen ist unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens dann auszugehen, wenn die einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen nicht unmittelbar verwechselbar sind, jedoch in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und der ihn deshalb veranlasst, nachfolgende Bezeichnungen, die einen identischen oder wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Markeninhaber zuzuordnen (vgl. BGH GRUR 2000, 886 - Bayer/BeiChem).
(1) Der Widersprechenden gehören ausweislich der Registerlage eine Vielzahl nationaler Marken mit dem Bestandteil "UNI-" bzw. "Uni-", die für Dienstleistungen der Klasse 36 geschützt und vor dem 3. November 2000 als dem für die Bestimmung der Kennzeichnungskraft maßgeblichen Anmeldetag der angegriffenen Marke (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 35) angemeldet worden sind. Sie sind darüber hinaus vergleichbar wie die jüngere und die ältere Marke gebildet, da dem Präfix "Uni-" eine mehr oder weniger beschreibende Angabe nachgestellt ist. Insofern liegt eine Markenserie der Widersprechenden vor.
(2) Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass seitens der Markeninhaberin vor dem Deutschen Patent- und Markenamt die erhöhte Kennzeichnungskraft des Bestandteils "Uni-" zugunsten der Widersprechenden auf Grund intensiver Benutzung zumindest für Fonds und Aktien zugestanden worden ist. Dies ist zumindest ein weiteres Indiz für die Hinweisfunktion des gemeinsamen Zeichenelements. Zudem sprechen die von der Widersprechenden vorgelegten Übersichten zu Investment- und Aktienfonds dafür, dass sie diese im Verkehr mit Kennzeichnungen versieht, die übereinstimmend das Präfix "Uni-" aufweisen.
Fonds und Aktien sind der Dienstleistung "Finanzwesen" im Verzeichnis der Widerspruchsmarke zuzurechnen, so dass zunächst für diese die gesteigerte Verkehrsgeltung anzuerkennen ist. Allerdings kann sie auf eng verwandte Dienstleistungen ausstrahlen (vgl. BGH BlPMZ 1978, 326 - SPAR/STAR). Die Ausstrahlungswirkung umfasst jedoch auf keinen Fall den gesamten Bereich der Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen oder noch entferntere Gebiete (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 196). Mit Blick auf eine sachgerechte Interessenabwägung stellt nach Auffassung des Senats die Grenze der engere, allenfalls der mittlere Ähnlichkeitsbereich dar. Dies entspricht auch der Sichtweise des Verkehrs, der Waren und Dienstleistungen in erster Linie regelmäßig dann einem Unternehmen zuordnet, wenn sie ihm in Verbindung mit der Marke häufiger begegnen.
Zwischen Finanzwesen einerseits sowie Immobilien- und Versicherungswesen andererseits besteht hochgradige Ähnlichkeit (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Auflage, Seite 359, linke Spalte). Zudem gehören Geldgeschäfte zum Finanzwesen, so dass die diesbezüglich bestehende erhöhte Kennzeichnungskraft auf alle weiteren Dienstleistungen der Widerspruchsmarke ausstrahlt.
(3) Dem Umstand, dass im nationalen und im Gemeinschaftsmarkenregister mehrere Hundert Eintragungen von ähnlich aufgebauten Drittzeichen im Bereich der Klasse 36 zu finden sind, kommt demgegenüber keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Es ist nicht bekannt oder unstreitig, wie viele Marken davon tatsächlich benutzt werden. Die Frage, ob die Kennzeichnungskraft des Bestandteils "Uni-" der Widerspruchsmarke geschwächt ist, kann folglich nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH GRUR 1967, 246 - Vitapur). Selbst wenn im Übrigen von einer gewissen Schwächung ausgegangen wird, so weist auf Grund der für eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft sprechenden Gründe der Bestandteil "Uni-" einen zumindest normalen bis leicht gesteigerten Schutzumfang auf. Insofern wird seine Hinweisfunktion auch durch benutzte Drittzeichen nicht in Frage gestellt.
(4) Das Element "Uni-" tritt in dem jüngeren Zeichen außerdem als eigenständiger Wortstamm hervor. Diese Annahme wird zum einen durch die Silbengliederung nahe gelegt. Zum anderen ist die Bezeichnung "Univentures" - wie bereits oben unter a) ausgeführt - aus zwei Begriffen mit unterschiedlichen Sinngehalten zusammengesetzt. In ihrer Gesamtheit vermitteln sie keine neue Bedeutung, die über die Summe derjenigen der einzelnen Elemente hinausgeht. Insofern verschmelzen sie nicht zu einer unauflösbaren Einheit.
4. Es kann dahingestellt bleiben, ob die nur vor dem Deutschen Patent- und Markenamt gestellten Hilfsanträge im Beschwerdeverfahren weiterhin gelten. Die mit ihnen verbundene Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnis kann jedenfalls nicht die mittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen ausschließen. Die Dienstleistung "Finanzwesen" ist lediglich durch die Tätigkeiten "Kapitalbeteiligungen" und "Finanzberatung" konkretisiert worden. Sie gehören jedoch auch zum Finanzwesen, so dass die Identität zur entsprechenden Dienstleistung der Widerspruchsmarke nicht aufgehoben ist.
Die Ergänzung "Universitätsausgründungen" bzw. "Ausgründungen aus dem Universitätsbereich" kann zwar dazu führen, dass das Element "Uni-" in dem jüngeren Zeichen in verstärktem Maße als Abkürzung für Universität angesehen wird. Dies ändert jedoch nichts an der erhöhten Kennzeichnungskraft des gemeinsamen Zeichenbestandteils zugunsten der Widersprechenden. Durch die umfassende Benutzung im Verkehr hat er seine von Hause aus bestehende Kennzeichnungsschwäche überwunden und weist nunmehr die erforderliche Hinweisfunktion im Hinblick auf die gegenständlichen Dienstleistungen auf.
Ob darüber hinaus auch zwischen dem jüngeren Zeichen und der Widerspruchsmarke 397 59 620 ("UniCASH") Verwechslungsgefahr besteht, kann demzufolge dahingestellt bleiben. Insbesondere kommt es auf die Frage ihrer bestrittenen Benutzung nicht an.
Die Beschwerde war demnach zurückzuweisen.
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BPatG:
Beschluss v. 04.12.2007
Az: 33 W (pat) 26/06
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