Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. August 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 79/01

(BPatG: Beschluss v. 07.08.2002, Az.: 26 W (pat) 79/01)

Tenor

Die Widersprechende hat der Markeninhaberin die Kosten der Wahrnehmung des Termins vom 9. Januar 2002 zu erstatten.

Der weitergehende Kostenantrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 20. Februar 2001 den Widerspruch aus der prioritätsälteren Marke 694 816 - Arco gegen die Schutzerstreckung der IR-Marke 705 859 - ARCODOR zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Auf ihren Antrag hat der Senat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9. Januar 2002, 11.15 Uhr, bestimmt. Die Terminsladung ist den Vertretern der Widersprechenden am 10. Dezember 2001 zugegangen.

Am 8. Januar 2002, 15.30 Uhr, ist bei Gericht ein Telefax des Vertreters der Widersprechenden eingegangen, mit dem er den Widerspruch zurücknahm. Das Fax trägt den handschriftlichen Zusatz "Gegner ist informiert". Der Vorsitzende des Senats verfügte am 9. Januar 2002 vormittags die Aufhebung des Termins vom selben Tage.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke begehrt von der Widersprechenden Erstattung der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Zur Begründung trägt sie vor, dass ihr Vertreter seinen Kanzleisitz in B... habe. Wegen der ange- kündigten schlechten Wetterverhältnisse gerade an den ersten Tagen des Jahres 2002 sei er schon am 8. Januar 2002 mit dem PKW nach München angereist. Gegen 16.00 Uhr habe er in München ein Hotelzimmer bezogen. Das Telefon seiner Kanzlei sei am Nachmittag des 8. Januar 2002 auf sein Mobiltelefon nachgeschaltet gewesen. Die telefonische Mitteilung des Vertreters der Widersprechenden über die Rücknahme des Widerspruchs habe ihn gegen 15.00 Uhr am Stadtrand von München erreicht. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden sei seine Anreise am Vortag des Verhandlungstermins nicht verfrüht gewesen. Die entscheidende Nachricht des Gerichts über die Aufhebung des Verhandlungstermins habe ihren Vertreter erst unmittelbar vor dem Gerichtstermin telefonisch über sein B... Büro im Bundespatentgericht erreicht. Angesichts der Umstände sei die Rücknahme des Widerspruchs verspätet gewesen und verpflichte die Widersprechende deshalb wenigstens zur Erstattung der zur zweckentsprechenden Terminswahrnehmung notwendigen Kosten.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Widersprechende stellt den Antrag, den Kostenantrag zurückzuweisen.

Ihrer Ansicht nach besteht kein Grund, ihr die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Wenn sie den Widerspruch nicht zurückgenommen hätte, wäre es zu einer streitigen Entscheidung gekommen und die Beschwerdegegnerin hätte ihre gesamten Kosten selbst tragen müssen. Im übrigen sei der Vertreter der Markeninhaberin am 8. Januar 2002 unmittelbar, nachdem das Einverständnis der Beschwerdeführerin vorgelegen habe, davon informiert worden, dass der Widerspruch zurückgenommen werden würde. Schließlich hätte der Vertreter ohne weiteres am 8. Januar 2002 gegen 15.00 Uhr in Bingen losfahren oder am 9. Januar 2002 früh per Flugzeug anreisen können. Es komme auch nicht darauf an, wann der Senat über die Rücknahme des Widerspruchs informiert worden sei; maßgebend sei vielmehr, dass der Vertreter der Beschwerdegegnerin - rechtzeitig - unterrichtet gewesen sei.

II.

Der Antrag der Markeninhaberin, der Widersprechenden die Kosten aufzuerlegen, die der Beschwerdegegnerin infolge der kurzfristigen Aufhebung des Termins vom 9. Januar 2002 entstanden sind, ist gemäß § 71 Abs 1 MarkenG begründet; der weitergehende Antrag war dagegen zurückzuweisen.

Zwar gilt in den registerrechtlichen Verfahren vor dem Bundespatentgericht der Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens sind jedoch aus Billigkeitsgründen dem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, die er durch unsachgemäße Verfahrensführung veranlasst hat. So ist beispielsweise die Auferlegung der Kosten einer mündlichen Verhandlung etwa dann gerechtfertigt, wenn derjenige, der die mündliche Verhandlung herbeigeführt hat, ihr ohne rechtzeitige Benachrichtigung des Gegners fern bleibt (vgl dazu Fezer, Markenrecht, 3. Aufl, § 71 Rdn 4; BPatG Mitt 1978, 76).

Ein derartiger Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht ist im vorliegenden Fall darin zu sehen, dass der Vertreter der Widersprechenden den Widerspruch erst am Nachmittag vor dem angesetzten Verhandlungstermin zurückgenommen hat. Diese späte Rücknahme erst einen Tag vor dem Termin verursachte der Markeninhaberin Kosten, die bei einer rechtzeitigen Benachrichtigung vermeidbar gewesen wären. Die Widersprechende hat keine Gründe dargetan, die es ihr verwehrt haben könnten, die Rücknahme des Widerspruchs zu einem früheren Zeitpunkt zu erklären, zumal sie bereits am 10. Dezember 2001 auf ihren Antrag hin zum Termin am 9. Januar 2002 geladen worden war. Die anwaltlich vertretene Widersprechende hatte mithin ausreichend Zeit, die Frage einer etwaigen Rücknahme ihres Widerspruchs zu prüfen und die Rücknahme ihres Rechtsmittels so einzureichen, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung rechtzeitig aufgehoben und die Markeninhaberin rechtzeitig davon benachrichtigt werden konnte. Indem sie die Rücknahme ihres Rechtsmittels erst einen Tag vor dem Termin erklärte, verstieß sie gegen die allgemeine, auch im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren den Beteiligten obliegende, prozessuale Sorgfaltspflicht.

Die Einwände der Markeninhaberin vermögen keine andere Beurteilung zu rechtfertigen: Zunächst war dem in Bingen am Rhein ansässigen Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin auch wegen der zum Jahreswechsel herrschenden winterlichen Witterungsverhältnisse nicht verwehrt, bereits am Tag vor dem angesetzten Verhandlungstermin zum Sitz des Gerichts anzureisen. Ebenso wenig bestand für ihn die Verpflichtung, sein Verkehrsmittel und den Zeitpunkt seiner Abreise so zu wählen, dass er auch noch auf eine kurzfristige Widerspruchsrücknahme reagieren und die Anreise abbrechen konnte. Hierzu bestand auch kein Anlass, weil die Widersprechende die Rücknahme ihres Widerspruchs auch nicht etwa rechtzeitig angekündigt hatte. Schließlich war Grundlage seiner Anreise die Terminsanberaumung durch den Senat, die erst mit der Terminsaufhebung am 9. Januar 2002 entfiel. Im übrigen ließe es sich nicht mit dem Grundsatz der Billigkeit vereinbaren, wenn derjenige, der die mündliche Verhandlung veranlasst hat, kurzfristig die Rücknahme des Rechtsmittels erklärt, sodann selbst dem Termin fern bleibt, die Gegenseite aber aufgrund der verspäteten Benachrichtigung mit unnötigen Terminskosten belastet. Da sie durch ihr Fernbleiben eigene Kosten erspart hat, kann sie sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bei einer streitigen Entscheidung hätte die Beschwerdegegnerin ihre gesamten Kosten selbst tragen müssen.

Demgemäß hat die Widersprechende die Kosten zu tragen, die der Markeninhaberin durch die kurzfristige Aufhebung des Termins erst am Vormittag des 9. Januar 2002 entstanden sind. Im übrigen bleibt es bei dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Albert Reker Kraftbr/Bb






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Az: 26 W (pat) 79/01


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