Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2009
Aktenzeichen: 6 W (pat) 302/05

(BPatG: Beschluss v. 24.03.2009, Az.: 6 W (pat) 302/05)

Tenor

Das Patent 102 36 923 wird mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

-Patentansprüche 1 bis 12 vom 30. Mai 2005 -Beschreibung und Figuren, wie erteilt.

Gründe

I.

Gegen das am 2. September 2004 veröffentlichte Patent 102 36 923 mit der Bezeichnung "Federspeicherzylinder" ist am 1. Dezember 2004 Einspruch erhoben worden.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch zusätzlich zu den bereits im Prüfungsverfahren genannten auf weitere druckschriftliche Entgegenhaltungen, zu denen sie schriftlich vorbringt, diesen gegenüber bestehe keine Patentfähigkeit. Im Prüfungsund Einspruchsverfahren wurden folgende Entgegenhaltungen angezogen: Im Prüfungsverfahren entgegengehaltene Druckschriften:

P1 WO 98/037 338 A1 P2 DE 28 46 652 C2 (bei der Angabe DE 28 26 652 handeltes sich um einen Schreibfehler)

P3 DE4409351A1 P4 WO 97/020 153 A1 P5 DE3247210A1 P6 DE3836080A1.

Im Einspruchsverfahren entgegengehaltene Druckschriften:

E1 US4796513A E2 US5816371A E3 DE4409351A1=P3.

Die Einsprechende argumentiert, die US 47 96 513 A (E1) offenbare bereits einen Federspeicherzylinder mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1, der sich lediglich in der Ausbildung der Löseeinrichtung geringfügig unterscheide. Auch die US 58 16 371 A (E2) und die DE 44 09 351 A1 (E3) offenbarten bereits einschlägige Federspeicherzylinder, die einen Fachmann zum Streitgegenstand führen.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin, die dem Vortrag der Einsprechenden widerspricht, reicht mit Datum vom 30. Mai 2005 ein neues, eingeschränktes Patentbegehren ein und beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

Patentansprüche 1 bis 12 vom 30. Mai 2005 Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt.

Sie verweist insbesondere darauf, bei den entgegengehaltenen Federzylinderbremsen seien keine Notlöseeinrichtungen vorhanden, sondern es handele sich um Detektiereinrichtungen zur Bestimmung der Kolbenposition, weshalb diese Einrichtungen den Patentgegenstand nicht nahelegen könnten.

Der geltende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Federspeicherzylinder (1) zur Erzeugung von Bremskräften für die Hilfsund Feststellbremswirkung, mit a) einem in einem Gehäuse (2, 3) angeordneten Kolben (5), derzur Betätigung eines Bremshebels (15) bewegbar ist, und der über eine Feder (4) zu dem Bremshebel (15) hin vorgespannt ist, b) einem in dem Gehäuse (2, 3) angeordneten mit Druck beaufschlagbaren Primärraum (30), in dem bei Übersteigen eines Ansprechdruckes der Kolben (5) gegen die Kraft der Feder (4) in die zurückgezogene Position bewegt wird, undc) einer Lösespindel (6) zum Notlösen des Federspeicherzylinders (1) im Falle eines Defekts, wobei durch Verdrehen der Lösespindel (6) der Kolben (5) von einer ausgefahrenen, den Bremshebel (15) in Bremsstellung betätigenden Position gegen die Kraft der Feder (4) in eine zurückgezogene, die Bremse lösende Position verfahrbar ist, dadurch gekennzeichnet, dassd) zur Erfassung der Position des Kolbens (5) in dem Gehäuse (2, 3) mindestens ein Kontaktschalter (7, 80, 90) vorgesehen ist, welcher zwischen der Lösespindel (6) und dem Kolben (5) angeordnet ist.

Hieran schließen sich die Ansprüche 2 bis 12 an. Zum Wortlaut dieser Ansprüche, sowie zum weiteren Vorbringen aller Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geworden und auch nach der ab 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Fassung des § 147 Abs. 3 PatG gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori zuständig geblieben (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 859, 861 f. -Informationsübermittlungsverfahren I; BGH GRUR 2007, 862 f. -Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 2009, 184 f. -Ventilsteuerung).

2.

Der Einspruch wurde fristgerecht erhoben und mit Gründen versehen. Er ist damit zulässig, was von der Patentinhaberin auch nicht bestritten worden ist.

a. Die Merkmale des Anspruchs 1 stammen aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 sowie Angaben im Absatz [0004] der Offenlegungsschrift. Die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 12 entsprechen den ursprünglich eingereichten bzw. den erteilten Ansprüchen 2 und 4 bis 13.

3.

Fehlende Neuheit (in Bezug auf Anspruch 1) wurde von der Einsprechenden nicht behauptet. Der Patentgegenstand (Anspruch 1) ist auch neu, da keine der entgegengehaltenen Druckschriften einen Federspeicherzylinder mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 aufweist, wie nachfolgend gezeigt wird.

4.

Ein Federspeicherzylinder nach dem geltenden Patentanspruch 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit auch nicht in Zweifel gezogen wird, ist auch das Resultat einer erfinderischen Tätigkeit.

Der nächstkommende Stand der Technik ist durch die WO 98/37 338 A1 (P1) repräsentiert. Diese offenbart einen Federspeicherzylinder (vgl. Fig. 1 bis 4) zur Erzeugung von Bremskräften für die Hilfsund Feststellbremswirkung, mita) einem in einem Gehäuse 26 angeordneten Kolben, der zur Betätigung eines Bremshebels bewegbar ist, und der über eine Feder zu dem Bremshebel hin vorgespannt ist, b) einem in dem Gehäuse angeordneten mit Druck beaufschlagbaren Primärraum in dem bei Übersteigen eines Ansprechdruckes der Kolben gegen die Kraft der Feder in die zurückgezogene Position bewegt wird (Fig. 2), undc) einer Lösespindel (Fig. 2 bis 4) zum Notlösen des Federspeicherzylinders im Falle eines Defekts, wobei durch Verdrehen der Lösespindel der Kolben von einer ausgefahrenen, den Bremshebel in Bremsstellung betätigenden Position gegen die Kraft der Feder in eine zurückgezogene, die Bremse lösende Position verfahrbar ist.

Zur Erfassung der Kolbenposition dient dabei lediglich ein mechanischer Stab, der belastungsabhängig verschoben wird und dessen Stellung am Bremszylinder ablesbar ist (Fig. 2 bis 4). Die Position bzw. Funktion der Lösespindel ist zwar nicht extra beschrieben sie wird aber aus den Figuren 2 bis 4 deutlich. Der streitpatentgemäße Federspeicherzylinder unterscheidet sich von der Ausbildung nach der P1 daher insgesamt durch das Fehlen des Merkmals d), wonachzur Erfassung der Position des Kolbens in dem Gehäuse mindestens ein Kontaktschalter vorgesehen ist, welcher zwischen der Lösespindel und dem Kolben angeordnet ist.

Eine solche Ausbildung geht aus der P1 nicht hervor und wird auch nicht daraus nahegelegt.

Der Federspeicherzylinder nach der US 47 96 513 A (E1) weist zwar die für Federspeicherzylinder üblichen und wesentlichen Merkmale in Übereinstimmung mit dem Streitpatent auf, nämlich einen Federspeicherzylinder Fig. 1 zur Erzeugung von Bremskräften für die Hilfsund Feststellbremswirkung, mita) einem in einem Gehäuse 21 angeordneten Kolben 22, der zur Betätigung eines Bremshebels 1 (Fig. 7) bewegbar ist, und der über eine Feder 23 zu dem Bremshebel 1 hin vorgespannt ist, b) einem in dem Gehäuse 21 angeordneten mit Druck beaufschlagbaren Primärraum 35, in dem bei Übersteigen eines Ansprechdruckes der Kolben 22 gegen die Kraft der Feder 23 in die zurückgezogene Position bewegt wird.

Allerdings ist in dieser Entgegenhaltung keine Ausbildung einer Lösespindel zum Notlösen des Federspeicherzylinders im Falle eines Defekts offenbart. Der von der Einsprechenden angesprochene Schalter 27 detektiert die im normalen Betrieb stattfindende Kolbenposition. Insofern unterscheidet sich der Federspeicherzylinder nach Streitpatent nicht nur durch die Ausbildung einer Lösespindel sondern auch durch einen Kontaktschalter zwischen Lösespindel und Kolben. Diesbezügliche Anregungen können der E1 nicht entnommen werden.

Der Federspeicherzylinder nach der US 58 16 371 A (E2) ist ähnlich aufgebaut wie der nach der E1 mit (vgl. Fig. 7) Schalter und Magneten (62, 63, 66) zur Positionsbestimmung, derjenige gemäß der DE 44 09 351 A1 (E3) besitzt Reed-Kontakte (Fig. 4a, Pos. 116) zum Detektieren der entsprechenden Bremskolbenposition. Der Federspeicherzylinder nach Streitpatent unterscheidet sich daher gegenüber diesen Ausbildungen in vergleichbarer Weise wie gegenüber derjenigen nach der E1.

Damit sind die genannten Federspeicherzylinder weder für sich noch in ihrer Zusammenschau in der Lage, eine streitpatentgemäße Ausbildung nahezulegen. Die Federspeicherzylinder nach den weiteren genannten Entgegenhaltungen liegen demgegenüber weiter ab und können ebenfalls keine Hinweise geben.

Der geltende Anspruch 1 ist daher gewährbar.

Die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 12 beinhalten weiterbildende Merkmale und erfüllen damit die an Unteransprüche zu stellenden Anforderungen.

Auf die Anberaumung einer eigenen mündlichen Verhandlung konnte verzichtet werden, da die von beiden Parteien darauf gerichteten Anträge zurückgezogen worden sind und jeweils eine Entscheidung nach Aktenlage beantragt wurde.

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BPatG:
Beschluss v. 24.03.2009
Az: 6 W (pat) 302/05


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