Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 31. Juli 2008
Aktenzeichen: 2 U 17/08

(OLG Stuttgart: Urteil v. 31.07.2008, Az.: 2 U 17/08)

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15.01.2008

g e ä n d e r t .

2. a) Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,zu unterlassen,im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern nachfolgende oder diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über ambulante Pflegedienste einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01.04.1977, zu berufen:

(Klageantrag Ziff. 6)Danach bzw. ansonsten kann der Kunde den Pflegevertrag mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündigen (Ziff. 8).

b) Im Übrigen wird die weitergehende Berufung des Klägers sowie die Berufung der Beklagten insgesamt

z u r ü c k g e w i e s e n .

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 1/6, die Beklagte 5/6.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 15.000,00 EUR.

Gründe

I.

Die Berufungen sind zulässig, nur diejenige des Klägers hat, und auch diese nur teilweise, Erfolg.A.

Die Parteien streiten durch wechselseitige Berufungen über die Wirksamkeit von insgesamt sechs Klauseln im Formularwerk der Beklagten (K 2 a und b = Bl. 21), welche einen Pflegedienst für häusliche Pflege betreibt. Sie bietet neben der sog. Grundpflege, die auch Unterstützungsleistungen im hauswirtschaftlichen Sinne einschließt, ambulante Krankenpflege an.

Der Kläger, welcher gelistet ist gemäß § 4 UKlaG, macht einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG geltend.

Dabei hat er sechs Klauseln im Formularvertragswerk der Beklagten beanstandet.

Da das Landgericht nur vier Klauseln für unwirksam erklärt hat und nicht nur die Beklagte diesen Ausspruch bekämpft, sondern auch der Kläger hinsichtlich der beiden Klauseln, bezüglich deren das Landgericht ihm nicht folgte, Rechtsmittel eingelegt hat, sind alle im Streit stehenden, nachfolgend im Einzelnen behandelten Klauseln Berufungsgegenstand.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).B.1.

Berufung des Klägers.

a) (Klageantrag Ziff. 1)

Dem Kunden gegenüber ist die bezifferte Entgelterhöhung spätestens zwei Wochen vor dem Zeitpunkt, an dem sie wirksam werden soll, schriftlich geltend zu machen und zu begründen (Ziff. 2).aa)

(1) Hintergrund der Regelung ist, dass gemäß § 89 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 85 Abs. 6 S. 1 SGB XI Vereinbarungen über die Vergütung der anerkannten Pflegeleistungen und der hauswirtschaftlichen Versorgung grundsätzlich zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern (Pflegekassen, sonstige Sozialversicherungsträger, Träger der Sozialhilfe [§ 89 Abs. 2 SGB XI]) ausgehandelt werden, dass diese Pflegesatzvereinbarungen zu dem darin bestimmten Zeitpunkt in Kraft treten und für den Pflegedienst sowie den Pflegebedürftigen und dessen Kostenträger unmittelbar verbindlich sind. Ein rückwirkendes Inkrafttreten dieser Pflegesätze ist grundsätzlich nicht zulässig (§ 85 Abs. 6 S. 1 und 2 SGB XI).

(2) Das Landgericht hat keine Unwirksamkeit dieser Klausel zu erkennen vermocht, da nach der Rechtsprechung des BGH NJW-RR 2005, 777 dem Pflegeversicherungsrecht Vorrang vor zivilrechtlichen Regeln zukomme. Wenn danach ohne Karenzzeit eine Änderung der Vergütungssätze sofort mit ihrer Vereinbarung in Kraft trete, so stelle die Selbstauferlegung einer Vorankündigungsfrist von 2 Wochen keine unangemessene Interessenwahrnehmung der Beklagten dar. Für eine längere Ankündigungsfrist sei danach kein Raum.

bb) Der Kläger greift die Klausel nicht an, soweit sie in Zusammenhang steht mit einer Preisänderungsregel. Auch anerkennt er im Ansatz die Bindung an die sozialrechtlichen Entgeltvereinbarungen, erachtet die Ankündigungsfrist jedoch für zu kurz. Dabei sei zu beachten, dass sich die Klausel auf alle Entgelterhöhungen beziehe, also auch auf solche außerhalb des Leistungsprofils nach SGB, etwa auf frei vereinbarte Leistungen. Doch auch Entgelte nach SGB V (medizinische Krankenpflege) oder SGB XI seien einer Klauselüberprüfung nicht grundsätzlich entzogen. Die BGH-Entscheidung habe den Sonderfall betroffen, dass sich ein unauflösbarer Konflikt für den Verwender zwischen Sozialrecht einerseits und grundlegenden bürgerlich-rechtlichen Regelungen andererseits aufgetan habe, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei. So sei auch bei sozialgesetzbuchgetreu geregelten Entgelten eine längere Ankündigungsfrist geboten, wie sie sich aus § 8 Abs. 2 S. 1 HeimG als gesetzlichem Leitbild oder auch aus § 5 StromGVV oder § 5 GasGVV ergebe. Der Verbraucher müsse, sei er wegen der für unberechtigt erachteten Preiserhöhung wechselwillig, zuerst den Markt sondieren und angesichts seiner persönlichen Situation, die in der Regel von körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen geprägt sei, sich oftmals zunächst der Unterstützung von Hilfspersonen bedienen, die häufig nur an Wochenenden zur Verfügung stünden. Daran gemessen baue die Frist einen nicht hinnehmbaren Zeitdruck auf, zumal sie sich bei einer Ankündigung zu Wochenbeginn und bei der Einschaltung der Hilfspersonen frühestens am darauffolgenden Wochenende unschwer faktisch auf nur eine Woche verkürzen könne.

cc) Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig, zumal durch die den Vertragsparteien der Pflegesatzvereinbarung vom Gesetz zugewiesene Sachwalterstellung die Verbraucherinteressen schon hinreichend gesichert seien. Zudem würden bei der häuslichen Krankenpflege die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen ebenso übernommen wie letztlich auch bei den privat Versicherten; für den gesetzlich Versicherten ergebe sich nur ein Quartalsbetrag von höchstens 10,00 EUR je Verordnung. Danach sei die Ankündigung überobligatorisch und damit nicht zu beanstanden. § 8 Abs. 2 S. 1 HeimG gebe kein gesetzliches Leitbild ab, da es an einer Entsprechung für die häusliche Pflege fehle. Im Übrigen werde die Regelung, welche Ausdruck eines Unterworfenseins der Beklagten unter ein gesetzliches Preisrecht sei, noch flankiert und kompensiert durch ein Kündigungsrecht - dieses hat der Kläger einer eigenen Unwirksamkeitsprüfung zugeführt (Klageantrag Ziff. 6, nachfolgend unter b).dd)

(1) § 85 SGB XI regelt das Pflegesatzverfahren für stationäre Einrichtungen, die Vereinbarung der Vergütung für ambulante Pflegeleistungen erfolgt nach § 89 SGB XI (Uschding, SGB XI, 2. Aufl., § 85, 2). Dabei fungieren die Pflegekassen als Sachwalter der Pflegebedürftigen (BGH NJW-RR 2005, 777 [juris Tz. 12 und 14]; Uschding a.a.O. § 85, 6; Vogel/Schmäing in LPK-SGB XI, § 85, 5). § 85 Abs. 3, in Bezug genommen in § 89 Abs. 3 S. 2 SGB XI, regelt, dass Pflegesatzvereinbarungen nur im Voraus für die jeweilige Wirtschaftsperiode, regelmäßig das Kalenderjahr, getroffen werden dürfen (Vogel/Schmäing a.a.O. § 85, 9; Uschding a.a.O. § 85, 6; Gürtner in Kasseler Kommentar [2002], § 85 SGB XI, 6). Dieser Grundsatz wird in Abs. 3 S. 2 durch das Verbot des rückwirkenden Inkrafttretens der Pflegesätze bekräftigt (vgl. auch Vogel/Schmäing a.a.O. 9; Uschding a.a.O. 6; Gürtner a.a.O. § 89, 7). Bei der Vereinbarung der Pflegesätze für die häusliche Pflege besteht demgegenüber aber ein hohes Maß an Flexibilität für die Vergütungsbestimmung (BT-Drs. 12/5262 S. 148 [dort zu § 98]; Gürtner a.a.O. [1996], § 85, 6; Schmäing a.a.O. § 89, 12). Auch insoweit gilt grundsätzlich das Rückwirkungsverbot (Uschding a.a.O. § 89, 8; Schmäing a.a.O. § 89, 13). Vergütungsvereinbarungen sind für alle Beteiligten (Pflegeeinrichtungen, Kostenträger, Pflegebedürftige) unmittelbar verbindlich (Schmäing a.a.O. § 89, 13).

(2) Das Rückwirkungsverbot ist jedoch durchbrochen, soweit gemäß § 85 Abs. 5 i.V.m. § 89 Abs. 3 S. 2 SGB XI wegen Nichteinigung der Vertragsparteien eine Schiedsstelle (§ 76 SGB XI) angerufen wird (vgl. Schmäing a.a.O. § 89, 13). Auch eine Schiedsstellenentscheidung entfaltet für die Beteiligten unmittelbare Verbindlichkeit (§ 85 Abs. 6 S. 1 i.V.m. § 89 Abs. 3 S. 2 SGB XI; BGH NJW-RR 2005, 777 [juris Tz. 10 und 12]; Gürtner a.a.O. [2004], § 89, 13; Vogel/Schmäing a.a.O. § 85, 19; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversiche-rung [1999], § 85, 20). Eine hiervon abweichende Vereinbarung verstößt gegen § 134 BGB (so Gürtner a.a.O. [2004], § 85, 13; Knittel a.a.O. § 85, 20). Zwar gilt nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 6 S. 2 i.V.m. § 89 Abs. 3 SGB XI auch hier das Rückwirkungsverbot (Uschding a.a.O. § 85, 9; Vogel/Schmäing a.a.O. § 85, 18). Die Rechtsprechung und die Literatur lassen jedoch in Anlehnung an § 93 b Abs. 2 S. 2 BSHG eine Rückwirkung dahin zu, dass Feststellungen der Schiedsstelle mit dem Tag wirksam werden können, an dem der Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen ist (BSGE 87, 199, 206/207; Uschding a.a.O. § 85, 9; Vogel/Schmäing a.a.O. § 85, 19; Knittel a.a.O. § 85, 19; Richter in LPK-HeimG, 2. Aufl. [2006], § 7, 20 a; abl. Gürtner a.a.O. § 85, 13).

(3) § 7 Abs. 3 HeimG sieht vor, dass eine Entgelterhöhung nur wirksam ist, wenn sie vom Träger der Bewohnerin oder dem Bewohner gegenüber spätestens 4 Wochen vor dem Zeitpunkt, an dem sie wirksam werden soll, schriftlich geltend gemacht und begründet wurde. Die Frist dient dazu, dass der Bewohner die Kalkulationsunterlagen einsehen und ggf. sein Kündigungsrecht aus § 8 Abs. 2 S. 2 HeimG wahrnehmen kann (BT-Drs. 14/6366 S. 31; Richter in LPK-HeimG a.a.O. § 17, 15 und 20 a; Butz in Kunz/Butz/Wiedemann, HeimG, 10. Aufl. [2004], § 7, 8). Vormals hatte die Frist 2 Wochen betragen (BT-Drs. 14/5399 S. 23 zu § 7 HeimG, Abs. 3; 14/6366 S. 31). Da der Heimbewohner in der Frist von 2 Wochen sein Einsichtsrecht in die Kalkulationsunterlagen und auch sein sich daraus ergebendes Kündigungsrecht zumeist nicht realisieren kann, da er in einem sehr kurzen Zeitraum einen zumutbaren Heimplatz kaum wird finden können (BT-Drs. 14/6366 S. 31), hat der Gesetzgeber die Frist verdoppelt. § 7 Abs. 3 HeimG soll uneingeschränkt auch gegenüber pflegeversicherten Bewohnern für weitere oder sonstige Leistungen im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 4 und begrenzt auch für Zusatzleistungen im Sinne des § 88 SGB XI gelten (Richter a.a.O. § 7, 19). Unter weiteren Leistungen im Sinne jenes Satzes 4 verstand der Gesetzgeber alle Leistungen, zu deren regelmäßiger Erbringung sich der Träger im Heimvertrag noch verpflichtet hatte, wie Wäsche- oder Reinigungsdienst (BT-Drs. 14/5399). Die anderen Entgeltbestandteile werden im SGB XI ausführlich geregelt, sodass sie die allgemeinen Regelungen in § 7 Abs. 1 und 3 HeimG verdrängt haben (Richter a.a.O. § 7, 19; vgl. allg. Butz a.a.O. § 7, 15 [zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung]). Das genaue Verhältnis von § 7 Abs. 3 HeimG zu § 85 Abs. 6 SGB XI ist dabei umstritten. Manche halten dafür, dass (erst) nach Inkrafttreten der sozialrechtlichen Vergütungsvereinbarung (in der Regel nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen) eine Erhöhungsankündigung nach Abs. 3 gegenüber den im Heim versorgten Pflegebedürftigen erfolgen müsse, wodurch im Ergebnis die Erhöhung um mindestens 4 Wochen hinausgeschoben werde. Andere halten dafür, dass dem Zweck genügt sei, wenn nur bei Aufnahme der Verhandlungen mit den Pflegekassen und anderen Beteiligten der sozialrechtlichen Vereinbarung ein Abs. 1 bis 3 entsprechendes Erhöhungsschreiben an den Heimbewohner geht, weshalb mit Vereinbarung oder dem wirksamen (auch rückwirkenden) Inkrafttretenszeitpunkt des Schiedsspruchs die Erhöhung Platz greife (Vorrang des SGB XI verneint, vgl. zum Streitstand Richter a.a.O. § 7 HeimG, 20 a und b und 21 m.ausführl.N.).

(4) Diese Streitlage, ob § 7 Abs. 3 HeimG auch bei im Heim lebenden Leistungsempfängern der Pflegeversicherung Anwendung findet oder ob insoweit nur die Ankündigung genügt, ein Erhöhungsverlangen anzustreben, findet seine Abbildung auch hier, jedoch heruntergebrochen auf die Fallgestaltung einer ambulanten (häuslichen) Pflege.

(5) Die Umsetzung dieser aufgezeigten Rechtsgrundsätze und vergleichenden Betrachtung ergibt die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Anders als in § 7 Abs. 3 HeimG ausdrücklich geregelt, findet sich eine vergleichbare Vorschrift nicht im Gesetz zur Sozialen Pflegeversicherung. Dabei kann dem Gesetzgeber diese Problemlage nicht entgangen sein, zumal er in § 11 Abs. 3 SGB XI bestimmte, dass die Bestimmungen des HeimG unberührt bleiben (vgl. auch zur wechselbezüglichen jüngeren Gesetzgebungsgeschichte Pöld-Krämer in LPK-SGB XI, § 11, 17). Trotz dieser abgrenzenden Bezugnahme hat der Gesetzgeber auf einen Verweis oder eine ähnliche Regelung verzichtet. Danach kann § 7 Abs. 3 HeimG nicht uneingeschränkt Leitbildcharakter beanspruchen. Bedenkt man, was den Gesetzgeber geleitet hat, die vormalige Ankündigungsfrist von 2 auf 4 Wochen anzuheben (Einsichtsdauer in Kalkulationsunterlagen für die Entgelterhöhung, Zeit für die Kündigungsentscheidung und Vorbereitung des Heimwechsels), so begegnet die Einräumung von (nur) 2 Wochen, in Entsprechung zur vormaligen Frist im HeimG, keinen durchgreifenden Bedenken. Schon im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung hat es der BGH NJW-RR 2005, 777 als unüberbrückbaren Widerspruch zwischen HeimG und SGB XI hingenommen, dass anders als in § 3 S. 3 HeimG die nach der gesetzlichen Pflegeversicherung im Heim Aufgenommenen keine nach Entgeltgruppen abgeschichteten Informationen erhalten müssen, da die maßgeblichen und für die Versicherten unmittelbar verbindlichen Vereinbarungen solches nicht vorsehen. Danach ist auch hinzunehmen, dass im Bereich der ambulanten gesetzlichen Pflegeversicherung mit durch Sachwalter ausgehandelten Tarifstrukturen ein geringerer Anspruch auf Kontrollen der Erhöhungsgrundlagen besteht, zumal auch bei der Krankenpflege Verbindlichkeitsregeln gelten (§ 132 a Abs. 2 SGB V) und Deckelungen (§ 61 S. 3 SGB V) bestehen. So gibt es - was im Übrigen zwischen den Parteien außer Streit steht - nach der Rechtslage in Baden-Württemberg, in dem Bereich, in welchem die Beklagte auch nur tätig ist, gar keine Preisunterschiede insoweit. Vielmehr sind die Pflegeleistungen nach genau definierten Leistungskomplexen standardisiert und im Tarif einheitlich und verbindlich festgelegt. Doch auch die Privatzahler, die in der Regel über einen gleichen, wenn nicht über gar einen besseren Versicherungsschutz verfügen, sind ebenso wenig in einem solchen Maße schutzwürdig, wie dies § 7 Abs. 3 HeimG vorgibt. Im Rahmen der ambulanten (Kranken-)Pflege sind Einsichtsrechte in Kalkulationsunterlagen nicht ersichtlich. Im Übrigen ist ein aufgrund einer Entgelterhöhung vorgenommener Wechsel des Anbieters nicht mit so gravierenden Folgen verbunden wie ein Wechsel des Heims; denn bei einem ambulant Versorgten ist kein Umzug unter Mitnahme seiner persönlichen Habe und keine Verlegung seines Lebensmittelpunktes notwendig. Deshalb begegnet die Frist, die dem Gesetzgeber früher im HeimR für genügend erschien, für diese Fallgestaltung keinen durchgreifenden Bedenken.

b) (Klageantrag Ziff. 6)

Danach bzw. ansonsten kann der Kunde den Pflegevertrag mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündigen (Ziff. 8).

aa) Das Landgericht ließ auch diese Klausel unbeanstandet, da § 120 Abs. 3 S. 2 SGB XI selbst ein Kündigungsrecht von 2 Wochen vorsieht und deshalb geschlussfolgert werden könne, dass der Gesetzgeber § 627 BGB für nicht anwendbar erachtet habe. Sonach werde dieses Kündigungsrecht auch in der Klausel nicht entgegen § 307 BGB verdrängt. Dass im Falle der Entgelterhöhung die Kündigungsfrist mit der Ankündigungsfrist zusammenfalle und danach keinen eigenständigen Schutz zu entfalten vermöge, sei hinzunehmen, da mit der Verlagerung der Entgeltvereinbarung auf die Kollektivebene dem Schutzbedürfnis des Verbrauchers hinreichend entsprochen sei.

bb) Der Kläger sieht nicht nur - in Übereinstimmung mit der Beklagten und der Regelung insoweit schon in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen - in der ambulanten Krankenpflege, sondern auch in der Grundpflege eine Dienstleistung höherer Art, die gemäß § 627 BGB ein jederzeitiges Auflösungsrecht eröffne. Die Klausel schließe dieses gesetzwidrig aus. Dies sei auch nicht von § 120 Abs. 2 S. 2 SGB XI gedeckt, da diese Vorschrift schon nicht abschließend sei und ohnehin eine Sonderregelung für eine Probezeit darstelle.

cc) Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig und wendet sich gegen das Anliegen des Klägers, in der häuslichen Pflege das Sonderkündigungsrecht nach § 627 BGB einzuführen. Dies sei aber unverträglich mit der gesetzgeberischen Wertung in § 120 Abs. 2 S. 2 SGB XI, im Rahmen einer 2-wöchigen Erprobungsfrist ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu eröffnen, wenn nach der Probezeit ohnehin eine jederzeitige Kündbarkeit möglich wäre. Im Übrigen seien nicht alle im Rahmen häuslicher Pflege anfallenden Dienste solche höherer Art im Sinne des § 627 BGB, vielmehr nur therapeutische Leistungen, nicht aber Verrichtungen des täglichen Lebens. Das Sonderkündigungsrecht des § 627 BGB bezüglich einzelner Leistungen sei auch nicht im Hinblick auf § 139 BGB auf Verrichtungen zu erstrecken, welche diese Rechtsqualität nicht besäßen; der Kunde könne nicht besser gestellt sein, als hätte er hinsichtlich der unterschiedlichen Verrichtungen jeweils einzelne, eigenständige Verträge abgeschlossen.dd)

(1) § 120 SGB XI hebt die Erfordernisse eines zivilrechtlichen Vertragsabschlusses nicht auf; lediglich die Transparenzanforderungen werden aus Gründen der Qualitätssicherung erhöht (Krahmer in LPK-SGB XI, § 120, 5 und 2; Leitherer in Kasseler Kommentar a.a.O. § 120, 4 [da ohnehin stillschweigend ein Dienstvertrag abgeschlossen werde gemäß § 611 BGB, sei der Sinn des § 120 Abs. 1 S. 1 nicht klar]). Die Kündigungsregelung in § 120 Abs. 2 S. 2 SGB XI ermöglicht eine zunächst probeweise Inanspruchnahme des Pflegedienstes. Die 2-Wochen-Frist ist keine Kündigungsfrist, sondern eine Frist, innerhalb derer das Recht zur fristlosen Kündigung ausgeübt werden kann (BT-Drs. 14/5395 S. 47; Knittel in Krauskopf a.a.O. § 120, 8; Leitherer a.a.O. 11).

(2) Zwar hätte es dieser Regelung nicht unbedingt bedurft, wenn der Pflegebedürftige ohnehin gemäß § 627 BGB jederzeit kündigen könnte. Da aber die Gesetzesbegründung selbst angibt, mit § 120 SGB XI würden - (abgesehen vom Zivilrecht) - erstmals Vorgaben zum Vertragsverhältnis zwischen dem Träger eines Pflegedienstes und den von ihm betreuten Pflegebedürftigen eingeführt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die bürgerlich-rechtlichen Regelungen insoweit außer Kraft setzen und zugleich eine Aussage über die Anwendbarkeit des § 627 BGB auf die häusliche Pflege treffen wollte.

(3) Der Anwendung des § 627 BGB steht nicht schon entgegen, dass neben dem kumulativ (BAG NZA 2006, 1094 [juris Tz. 10]; BGHZ 47, 303 [juris Tz. 11]; Henssler in MünchKomm-BGB, 4. Aufl. [2005], § 627, 13; Fuchs in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. [2008], § 627, 5; vgl. Preis in Staudinger, BGB [2002], § 627, 17) zu bewertenden Anspruchsmerkmal der Dauerhaftigkeit feste Bezüge vereinbart wären. Solche liegen nämlich nur vor, wenn eine fortlaufende Vergütung für eine Gesamtdienstleistung und nicht für einzelne Dienstleistungsakte erbracht wird (BAG a.a.O. [juris Tz. 14]; Henssler a.a.O. § 627, 12; Franzen in AnwKomm-BGB [2005], § 627, 3; Lingemann in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 3. Aufl. [2008], § 627, 1). An festen Bezügen fehlt es, wenn die Vergütung der Höhe nach schwankend und abhängig ist von einzelnen Dienstleistungen (BAG a.a.O. [juris Tz. 14]). So aber liegt es hier.

(4) Auch bei der allgemeinen Pflege, die nicht Krankenpflege ist, handelt es sich um Dienste höherer Art, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Als Beispiele dafür sind in der Rechtsprechung und Literatur anerkannt etwa Inkassobeauftragter (BGH NJW-RR 2004, 989; Weidenkaff in Palandt, BGB, 67. Aufl. [2008], § 627, 2; Henssler a.a.O. 15; Preis a.a.O. § 627, 19; Fuchs a.a.O. § 627, 6; Lingemann a.a.O. § 627, 1), Ehe- und Partnerschaftsvermittler (BGH NJW 1989, 1479, 1480; Weidenkaff a.a.O. 2; Henssler a.a.O. 15; Preis a.a.O. 19; Fuchs a.a.O. 6; Franzen a.a.O. 4), Krankengymnasten (AG Andernach NJW-RR 1994, 121; Weidenkaff a.a.O. 2; Henssler a.a.O. 15), Arzthelferin (Henssler a.a.O. 15; Preis a.a.O. 19), Leiter eines Meditationsseminars (LG Kassel NJW-RR 1999, 1281 [Seminar für Heilungs- und Schutzmeditation]; Weidenkaff a.a.O.) sowie Hebamme oder Entbindungspfleger (Henssler a.a.O. 15). Dem steht die Tätigkeit eines ambulanten Pflegers in nichts nach. Gerade der Katalog der Sachleistungen (§ 36 Abs. 1 SGB XI) für Pflegebedürftige (§ 14 SGB XI) veranschaulicht, dass dabei ein Umgang mit hilfsbedürftigen Menschen erforderlich ist, der neben Fachwissen auch den persönlichen Lebensbereich in einer vertraulichen, gar intimen Form betrifft und damit insoweit hinter einer Betreuung durch einen Inkassobeauftragten, Partnerschaftsvermittler oder Leiter eines Meditationsseminars nicht zurückbleibt. Dass dieses Vertrauen auch der Beklagten gegenüber aufgebracht wird, vornehmlich aber deren Mitarbeitern, die in direktem Kontakt zu den Pflegebedürftigen stehen, ist für die Anwendung des § 627 BGB unschädlich (vgl. KG NJW-RR 2003, 1062, 1064; Weidenkaff a.a.O. 2; Henssler a.a.O. 19 und 20; Preis a.a.O. 22). Dass der damit angesprochene Grundsatz, nur einer Person, nicht aber Institutionen gegenüber könne solches Vertrauen entgegengebracht werden, in dieser Strenge letztlich nicht verfängt, veranschaulicht auch, dass Rechtsanwälte zweifellos Dienste höherer Art verrichten und für sie § 627 BGB gilt, auch wenn die Gesetzesentwicklung nun ermöglicht, dass nicht nur das Vertragsverhältnis mit einem Rechtsanwalt selbst, sondern auch mit einer Rechtsanwalts-GmbH geschlossen wird (§ 59 c Abs. 1 BRAO).

(5) Danach ist § 627 BGB auch auf die reine häusliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung zu erstrecken. Herrschender Meinung entspricht aber, dass der formularmäßige Ausschluss dieses Rechtes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt (BGH WM 2005, 1667 [juris Tz. 38]; Weidenkaff a.a.O. 5; Henssler a.a.O. 31; Preis a.a.O. 8; Fuchs a.a.O. 3; Franzen a.a.O. 7; Lingemann a.a.O. 3).

(6) Danach ist die Klausel unwirksam. Im Übrigen würde gelten, dass selbst wenn § 627 BGB auf gewisse, einzeln übertragene Verrichtungen keine Anwendung fände, die Klausel gleichwohl der Unwirksamkeitsfeststellung insgesamt unterfiele, da sie eine solche Unterscheidung nicht trifft, vielmehr nach Erwähnung des § 627 BGB nur im Zusammenhang mit der Krankenpflege den Schluss aufdrängt, § 627 BGB sei im Übrigen unterschiedslos ausgeschlossen. Dies ist aber - wie aufgezeigt - nicht der Fall. Dies führt zur Gesamtunwirksamkeit der Klausel, da eine geltungserhaltende Reduktion grundsätzlich ausscheidet (BGH NJW 2007, 3421 [Tz. 21]; Grüneberg in Palandt a.a.O. Vorb v § 307, 8 und § 307, 8). Zwar ist auch eine Teilunwirksamkeit dann grundsätzlich denkbar, wenn sich das Verwendungsverbot für diese Klausel bei bestimmten Vertragstypen unschwer abschichten lässt (vgl. hierzu BGHZ 110, 241 [juris Tz. 14]; Grüneberg a.a.O. Vorb v § 307, 8 und § 307, 8). Dass dies vorliegend der Fall ist, ist aber weder ersichtlich noch aufgezeigt.2.

Berufung der Beklagten.

a) Bei einer rückwirkenden Festsetzung der Entgelte nach § 89 SGB XI durch die Schiedsstelle kann unter den obengenannten (Ziffer 2, erster Absatz) Voraussetzungen eine Nachberechnung ab Inkrafttreten der festgesetzten Entgelte durchgeführt werden (Ziff. 2).

aa) Das Landgericht hat die Unwirksamkeit der Klausel festgestellt, da sie in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht verständlich sei, denn für den Durchschnittsleser bleibe unklar, wie sich die Erhöhung bei einem rückwirkenden Inkrafttreten und im Verbund mit der in Bezug genommenen Ziff. 2 zutrage.

bb) Dies bekämpft die Beklagte, da ihr kein freies Entgeltrecht zustehe, vielmehr müsse bei Nichteinigung über Musterverträge mit Trägern der Sozialhilfe oder Pflegekassen eine Schiedsstelle angerufen werden, die ihrem Schiedsspruch eine Rückwirkung für frühestens den Tag des Eingangs des Schlichtungsantrages beimessen könne. Diese beschränkte Rückwirkungsmöglichkeit trage dem Interesse des Erbringers der Pflegeleistungen vor allzu langen Schiedsverfahren Rechnung. Diese gesetzlich vorgesehene Möglichkeit setze die Klausel semantisch, strukturell und gesetzesgenau um. Wenn die Beklagte dann in Ziff. 2 sich selbst eine solche Ankündigungslast auferlegt habe, so handle sie überobligatorisch regelnd für den Fall, dass der Schiedsspruch einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf überhaupt eröffne. Nicht aber könne aus dieser überobligatorischen Nebenregelung ein Widerspruch zur Regelung des Grundfalles konstruiert und diese dann hinsichtlich der Regelungsstufung für intransparent und damit unwirksam erklärt werden.

cc) Der Kläger hält daran fest, dass die Klausel die Gefahr einer rückwirkenden Entgelterhöhung schaffe. Danach könne der Verbraucher ohne Einwirkungsmöglichkeit auf das Schlichtungsverfahren und ohne Vorankündigung mit einer erheblichen Nachzahlung konfrontiert werden. Unverträglich damit sei auch das in Ziff. 8 vorgesehene Kündigungsrecht, welches dann leerlaufe.

dd) Damit ist der bereits zu B 1 a, dd behandelte Problemkreis wieder betroffen.

Der landgerichtlichen Entscheidung kann auch hier beigetreten werden.

(1) Das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot gebietet es, tatbestandliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen in Formularbedingungen so genau zu beschreiben, dass einerseits für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und andererseits der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach feststellen kann (BGH NZM 2008, 363 [Tz. 17]).

(2) Dagegen verstößt die Klausel. Zwar gibt sie einerseits vor, dass eine Nachzahlung erfolgen könne, andererseits erklärt sie zugleich hierfür Ziff. 2, ersten Absatz, zur Voraussetzung. Diese in Bezug genommene Klauselpassage aber lautet:

Die Erhöhung von Entgelten ist zulässig, wenn sich die bisherige Rechnungsgrundlage verändert hat und das erhöhte Entgelt angemessen ist. Dem Kunden gegenüber ist die bezifferte Entgelterhöhung spätestens zwei Wochen vor dem Zeitpunkt, an dem sie wirksam werden soll, schriftlich geltend zu machen und zu begründen.

Danach wäre weitere Voraussetzung die Änderung der Rechtsgrundlage, die Angemessenheit der erhöhten Entgelte und die Ankündigung 2 Wochen vor ihrer rückwirkenden Festsetzung. Wie dies zusammengehen soll, muss nicht nur dem Durchschnittsleser unerfindlich bleiben, weil eben das Schiedsgericht diese Voraussetzungen verbindlich feststellt, die Klausel sie aber wieder als weitere eigenständige Erhöhungsvoraussetzungen in Bezug nimmt.

b) Der Kunde wird die erforderlichen Anträge gegenüber den Kostenträgern stellen und - so weit aus ärztlicher Sicht erforderlich - Verordnungen zur häuslichen Krankenpflege entgegennehmen und an den Pflegedienst weiterleiten (Ziff. 3 Abs. 1).

aa) Das Landgericht hat auch diese Klausel gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB für unwirksam erklärt. Die Beklagte sei bei Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie Leistungen gegenüber dem Verbraucher erbringe, darauf angewiesen, rasch die entsprechende ärztliche Verordnung zu erhalten, um gegenüber dem jeweiligen Kostenträger abrechnen zu können. Der Patient sei aber nicht gehindert, für unterschiedliche pflegerische Leistungen unterschiedliche Pflegedienste einzuschalten. Die Formulierung lege aber in beanstandungswürdiger Weise nahe, dass der Kunde, habe er einen Pflegedienst bereits eingeschaltet, diesen im Falle einer erstmaligen oder ergänzenden Verordnung der ambulanten Krankenpflege insoweit ergänzend beauftragen müsse.

bb) Die Beklagte erkennt in dieser Klausel nicht eine Bindung an den Pflegedienst auch für ergänzende Krankenpflegeverordnungen. Nach der Klausel selbst, aber auch nach der Präambel oder Ziff. 4 Abs. 2 S. 2 des Formularwerkes ergebe sich eindeutig, dass dem Patienten insoweit ein uneingeschränktes Wahlrecht zustehe und dass die Passage nur der zügigen Abwicklung bestehender Leistungsverhältnisse diene. Zudem stehe dem Pflegebedürftigen, der häusliche Krankenpflege in Anspruch nehme, gemäß Ziff. 8 ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu.

cc) Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.dd)

(1) Im Rahmen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB kommt es gerade im Verbandsprozess auf eine überindividuell generalisierende, typisierende und von den konkreten Umständen des Einzelfalls absehende Betrachtungsweise an (BGH NZM 2008, 243 [Tz. 26 und 48]; WM 2008, 308 [Tz. 28]). Unklar sind Klauseln, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGH NJW-RR 2008, 189 [Tz. 11]; NJW 2007, 504 [Tz. 23]). Dabei gehen die Zweifel zu Lasten des Verwenders (BGH NJW 2007, 504 [Tz. 23]). Ohnehin gilt im Rahmen des § 1 UKlaG bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten die kundenfeindlichste Auslegung (BGH WM 2008, 308 [Tz. 28]).

(2) Gemessen an diesen Grundsätzen kann der angefochtenen Entscheidung beigepflichtet werden. Ein Bezug auf ein bestehendes Vertragsverhältnis und eine hinreichende Klarstellung, dass es nur um ein solches gehe, ist der Klausel nicht zu entnehmen. Sie ist vielmehr allgemein gehalten. Ein Auslegungsverständnis dahin, dass sie - auch - den Fall regele, dass durch ärztliche Verordnung zur bisherigen Pflege (weitere) ambulante Krankenpflege hinzutrete, ist nicht fern liegend und nach dem Auslegungsansatz im Verbandsprozess gar geboten. Für diesen Fall gibt sie aber die Pflicht vor, die ärztliche Verordnung an die Beklagte weiterzuleiten. Dies kommt einem Kontrahierungszwang gleich, den es auch nach dem Verständnis der Beklagten nicht gibt und der den Kunden in unvertretbarer Weise in seinem freien Wahlrecht beschneidet. Dies macht die Klausel unwirksam. Ungeachtet der Frage, inwieweit angesichts der Auslegungsvorgabe im Verbandsprozess auch außerhalb der Klausel vorkommende Auslegungshilfen überhaupt Beachtung finden dürfen, zumal wenn, wie hier, die Klausel keinen Verweis erkennen lässt, ergibt sich jedenfalls aus den bezeichneten Stellen eine als korrigierende Aufklärung deutbare Wendung nicht. Weder findet sich solches in der Präambel noch in Ziff. 4 Abs. 2, welcher nur allgemeine Abrechnungsgrundsätze wiedergibt, aber nichts besagt über das der Abrechnungsabwicklung vorgelagerte Wahlrecht bei neu hinzukommenden Krankenpflegeleistungen. Dass der Patient jederzeit kündigen könne, ist unbeachtlich. Der Verwender soll schon an der auf unklarer Fassung des Formularwerkes beruhenden Vertragsanbahnung bei Folgeleistungen gehindert werden. Dass der Verbraucher sich aus dieser Vertragsfalle wieder lösen könne, hebt den Unwertgehalt der Ausgangs-regel nicht auf. So hat denn auch der BGH zu einer unangemessenen Preisänderungsklausel entschieden, dass ein eingeräumtes Kündigungsrecht keinen angemessenen Ausgleich schaffe. Eine Unangemessenheit werde nicht durch das Hinzufügen eines Vertragsauflösungsrechts kompensiert (BGH NJW 2008, 360 [Tz. 33 und 34]).

c) Wenn der Leistungsempfänger Mitglied einer privaten Krankenversicherung ist, verpflichtet er sich, deren Rechnungsbeträge innerhalb einer Woche nach Rechnungerhalt an den Pflegedienst zu überweisen ... (Ziff. 4).

aa) Das Landgericht folgte der Wertung des Klägers, dass in der Klausel eine Verzugsregelung zu sehen sei, welche eine unangemessen kurze Frist vorgebe. Denn sie weiche schon deutlich von der in § 286 Abs. 3 BGB allerdings als Höchstfrist vorgesehenen gesetzgeberischen Fristvorgabe ab, trage nicht hinreichend dem Umstand Rechnung, dass die pflegebedürftigen Menschen zumeist sich der Mithilfe Dritter zur Regelung auch dieser Aufgabe bedienen müssten und dass der Adressatenkreis für diese Klausel, Mitglieder von privaten Krankenversicherungen, eine Zeitspanne dafür benötigten, ihren Erstattungsanspruch bei ihrer Versicherung zu verwirklichen.

bb) Zwar hält nun auch die Beklagte dafür, dass die Klausel einen Verzug nach 7 Tagen vorsehe. Diese Frist sei jedoch angesichts der Besonderheiten im Pflegeverhältnis angemessen. Zwar sei es Übung des Privatversicherten, die Rechnung zunächst bei seiner Versicherung einzureichen und erst nach deren möglicherweise verzögerter Erstattung den Pflegedienst zu bezahlen. Dass trotz sofortiger Fälligkeit bezüglich des Kunden dieser entsprechend verbreiteter Übung erst um Erstattung bei seinem Versicherer nachsucht, kann nicht zu Lasten des Pflegedienstes gehen und - so seine Wendung - diesen zum Ausfallbürgen machen. Die Frist reiche auch zur Überprüfung der Richtigkeit der Rechnung, da diese erst nach Leistungserbringung und auf der Grundlage von Leistungsnachweisen, welche der Kunde zuvor gegengezeichnet habe, erstellt werde. Da die Entgelte auch nicht auf der Grundlage etwa von komplizierten Stundensätzen, sondern nach in der Anl. 2 zum Vertrag preislich klar festgelegten Leistungsbildern geschehe, sei auch der Prüfungsaufwand zeitlich überschaubar.

cc) Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.dd)

(1) § 309 Nr. 4 BGB betrifft die Klausel nicht unmittelbar (vgl. Kieninger in MünchKomm-BGB, 5. Aufl. [2007], § 309 Nr. 4, 9; Graf von Westphalen in VertragsR und AGB-Klauselwerke, Verzugsklauseln, 13). Denn sie lässt § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB im Ansatz unberührt, füllt diese Frist nur formularmäßig aus. Zwar mag der Einwand der Beklagten, dass, ist die Frist zu kurz, § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB gleichwohl anwendbar bleibe, an die Stelle der vereinbarten zu kurzen Frist nur eben die angemessene trete, zutreffen (so Heinrichs in Palandt a.a.O. § 286, 23; anders aber Ernst in MünchKomm-BGB, 5. Aufl. [2007], § 286, 61). Dies gilt aber nur für Individualverträge. Formularmäßig kann sich ein Klauselverwender nicht mit unangemessen kurzen Fristen gefahrlos begünstigen in der Gewissheit, dass im Streitfall ohnehin die angemessene gelte. Diese Erwägung widerspricht dem in diesem Rechtsgebiet geltenden Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion (herrschend, etwa BGH NJW 2007, 3421 [Tz. 21]; Grüneberg a.a.O. Vorb v § 307, 8).

(2) Der landgerichtlichen Wertung kann auch hier beigetreten werden. Denn nach verbreiteter Ansicht ist eine Klausel, nach welcher der Verbraucher durch Fristablauf nach Zugang einer Rechnung in Verzug gesetzt wird, unwirksam, wenn diese Frist kürzer als 14 Tage ist (Heinrichs in Palandt a.a.O. § 286, 31; Kieninger a.a.O. § 309 Nr. 4, 11; Hensen in Ulmer/ Brandner/Hensen, AGBG, 10. Aufl. [2006], § 309 Nr. 4, 6; vgl. auch Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1791 [Verkürzung auf 10 bis 14 Tage nach Rechnungserhalt je nach Branchenüblichkeit denkbar]). Ob dieser Rechtsmeinung generell zu folgen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, auch nicht, ob die praktischen Besonderheiten in der Zahlungsabwicklung bei Privatpatienten zu Lasten des Leistungserbringers beachtlich sind. Ist jedoch - wie vorliegend - Adressat der Klausel ein pflegebedürftiger Mensch, ist eine auf seine besonderen Bedürfnisse zugeschnittene Frist vorzugeben, welche die Rechnungskontrolle, das Zuziehen von Hilfspersonen und die banktechnische Abwicklung gerade durch ihn berücksichtigen muss. Wird eine Frist von 10 bis 14 Tagen beim Normalverbraucher verbreitet schon für zu kurz oder jedenfalls gerade noch angängig erachtet, so gilt dies bei einer Fristvorgabe von 7 Tagen bei Verbrauchern dieses Zuschnitts allemal. Welche Frist bei ihm angemessen ist, muss der Senat nicht entscheiden. Die vorliegend klauselartig vorgegebene ist jedenfalls unangemessen kurz und damit unwirksam.

d) (Klageantrag Ziff. 5)

Für einen etwaigen Verlust eines nach besonderer Vereinbarung (siehe Ziffer 10) überlassenen Wohnungsschlüssels haftet der Pflegedienst nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit seiner Mitarbeiter (Ziff. 6).

aa) Das Landgericht sah darin die Einschränkung einer wesentlichen Vertragspflicht, wodurch die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet sei (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Mit der Überlassung des Schlüssels öffne der Pflegebedürftige seinen privatesten Lebensbereich. Mit dem Verlust des Schlüssels gehe nicht nur je nach Behinderung eine spürbare Belastung im Umgang mit Personen einher, welche ihn aufsuchen wollen, er müsse bei Abwesenheit den unbefugten Zutritt Fremder befürchten. Der Schlüsselverlust werde ihn deshalb zum sofortigen und kostspieligen Schlossaustausch veranlassen. Dies zeige, dass es nach dem Vertragsinhalt unter keinen Umständen zum Schlüsselverlust kommen dürfe. Die Freizeichnung im Voraus auch für einfache Fahrlässigkeit stelle danach eine unangemessene Klauselfassung dar.

bb) Die Beklagte hält entgegen, dass die Schlüsselverwahrung entgegen der Wertung des Landgerichtes keine Kardinalpflicht sei, für deren Verletzung keine Freizeichnung geschehen dürfe. Für den Kunden bestehe keine Pflicht zur Schlüsselüberlassung; sie sei vielmehr freiwillig. Spiegelbildlich könne danach die Entgegennahme und Verwahrung nur eine Nebenpflicht begründen, für welche ein Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit, wie auch vom BGH für die Obhutspflicht von Krankenhäusern gegenüber vom Patienten eingebrachten Sachen bejaht, formularmäßig vorgegeben werden könne.

cc) Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.

dd) Die landgerichtliche Entscheidung hält den Angriffen der Berufung Stand.

(1) Die Klausel begegnet nicht schon deshalb durchgreifenden Wirksamkeitsbedenken - wie der Kläger allerdings rügt (Bl. 16) -, weil angesichts des reinen Regelbezugs auf Mitarbeiter bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung eine Haftung des Trägers des Pflegedienstes für eigenes Verschulden völlig ausgeschlossen werde. Zum einen ist im Verbandsprozess der Auslegungsgrundsatz zu beachten, dass völlig fern liegende Auslegungsmöglichkeiten, von denen Störungen des Rechtsverkehrs nicht ernstlich zu besorgen seien, außer Betracht bleiben und nicht die Unwirksamkeit zu begründen vermögen (BGH NJW 1994, 1798, 1799). Die vom Kläger angestellte Schlussfolgerung, dass nur für Mitarbeiter gehaftet werde, die Haftung der Gesellschaft insgesamt aber freigezeichnet sei, ist angesichts der Haftungsregeln der §§ 31, 278, 831 BGB fern liegend. Zum anderen müsste der - bei kundenfeindlichster Auslegung - Umkehrschluss dazu führen, dass die Gesellschaft selbst, etwa für Geschäftsführerhandeln, uneingeschränkt haftet.

(2) Aus § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ergibt sich jedoch, dass bei der Verletzung von Kardinalpflichten die Haftung auch für (einfache) Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden darf (BGH NJW-RR 1993, 560, 561; NJW 1990, 761 [juris Tz. 40]; 1980, 914, 916; Grüneberg in Palandt a.a.O. § 307, 35; Graf von Westphalen a.a.O., Freizeichnungsklauseln bei leichter Fahrlässigkeit, 29). Auch Nebenpflichten können dazu zählen (BGH NJW 1985, 914, 916 [dort Tanken mit Tankschecksystem]; Grüneberg a.a.O. 35; Graf von Westphalen a.a.O. 36 und 37). Unter Kardinalpflichten sind Pflichten im Sinne einer zentralen Leistungserwartung des Kunden zu verstehen (Graf von Westphalen a.a.O. 36). Dieser Gedanke ist angewandt worden bei Haftungsausschlüssen für das Verschulden eines Kaufhauses bei der Beaufsichtigung von in Obhut genommenen Kindern (OLG Hamburg MDR 1998, 470; Grüneberg a.a.O. § 307, 36), für die Organisations- und Bewachungspflichten eines Parkplatzbetreibers (OLG Köln NJW-RR 1994, 25; Grüneberg a.a.O. 36). Zudem gilt dies, wenn der Vertragsgegenstand dem Verwender anvertraut ist und der Kunde keine eigenen Vorkehrungsmöglichkeiten besitzt (BGH NJW 2005, 422, 424; Grüneberg a.a.O. § 307, 48; Graf von Westphalen a.a.O. 42). So erwartet der Kunde einer Autowaschanlage Schadensersatz immer dann, wenn der Betreiber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, also auch bei einfacher Fahrlässigkeit. Diese Erwartung ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Risikobeherrschung gerechtfertigt, der für die Beurteilung der Angemessenheit einer Haftungsbeschränkung wichtig ist (BGH a.a.O. 424; Grüneberg a.a.O. 48; vgl. auch BGH NJW 1985, 914, 915).

(3) Dies ist vorliegend anzunehmen. Die Überlassung des Schlüssels erleichtert in hohem Maße die Abwicklung der Pflege. Der Pflegebedürftige muss, um dem Pflegepersonal Einlass zu gewähren, nicht lange oder beschwerliche Wege gehen. Der Pflegedienst hat umgekehrt schnellen Zugang zur Wohnung, was Wartezeiten entfallen lässt und die Organisation des Einsatzes nachhaltig erleichtert; andererseits ist auch ein rascher Zutritt zur Wohnung gewährleistet, wenn die pflegebedürftige Person aufgrund ungeklärter Umstände nicht öffnet. Mit der Schlüsselübergabe, die danach ein wesentliches technisches und pflegerisches Vertragselement darstellt, hat der Patient seinen geschützten Wohnbereich dem ungehinderten und jederzeitigen Zugriff des Pflegepersonals eröffnet und sich so eines wesentlichen Teils seiner Selbstbestimmung begeben. Dies wird von seinem Willen gedeckt und ist wesentlicher Bestandteil der Vertragsabwicklung. Dieser Öffnung seines räumlichen Schutzbereichs steht aber eine besondere Schutzpflicht gegenüber. Der Patient darf erwarten, dass mit dem Gegenstand, der dem Pflegedienst, aber bei Verlust auch unter Umständen jedem Dritten ungehinderten Zutritt zu seiner Wohnung ermöglicht, besonders sorgsam umgegangen wird. Denn im Verlustfalle muss er sich nicht nur, da ein Zuwarten bis zum möglichen Wiederauffinden des Schlüssels in der Regel nicht zumutbar ist, sofort um einen Schlossaustausch bemühen, was bei einer pflegebedürftigen Person oft mit besonderen Erschwernissen verbunden sein kann, um vor dem ansonsten möglichen Eindringen von Unbefugten, die nicht von guten Absichten geleitet sind und denen er zumeist schutzlos ausgeliefert ist, zu wehren. Der Haftungs- und damit Sorgfaltsmaßstab im Umgang mit dem in Obhut genommenen Schlüssel darf danach nicht auf besondere Sorglosigkeit beschränkt bleiben. Vielmehr muss sich der Pflegedienst dieses anvertrauten Gegenstandes in besonderer Weise annehmen. Eine davon abweichende Klausel missachtet dieses Interesse grob. Sie ist danach unwirksam.

(4) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH NJW 1990, 764. Denn dort ging es um eine Klausel, nach der die Haftung des Krankenhausträgers für eingebrachte Sachen, die in der Obhut des Benutzers bleiben, auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt wurde. Das dortige Berufungsgericht hatte die Klausel für wirksam erachtet, da die Obhutspflicht ohne Vertragswesentlichkeit sei; denn nehme der Patient Gegenstände von größerem Wert in sein Krankenzimmer mit, um sich größere Annehmlichkeiten zu verschaffen, sei es angemessen, wenn das Schadensrisiko in größerem Maße auf ihn verlagert werde. Der BGH führte aus, dass die Haftungsbeschränkung bei sog. Kardinalpflichten eine wesentliche Pflicht, deren Verletzung die Erreichung des Vertragszweckes gefährde, betreffen müsse, was dort zu verneinen gewesen sei, da die Behandlung und Pflege im Mittelpunkt stünden und eine Gefährdung des Vertragszwecks mit einer Haftungsbeschränkung für eingebrachte Sachen nicht einhergehe (BGH a.a.O. [juris Tz. 43]). Vorliegend geht es schon nicht darum, dass die Wertsache weiterhin in der Obhut des Patienten bleibt. Vielmehr entäußert er sich ihrer und ist im Weiteren ohne Einflussmöglichkeit auf die Obhut und Fürsorge in Bezug auf seinen Schlüssel. Zudem bildet wie dargestellt die Schlüsselverwahrung ein zentrales Element in der Gestaltung und Abwicklung von Pflege und Betreuung und ist danach - anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall - wesentlicher Bestandteil zur Erreichung des vorausgesetzten Vertragszweckes, nämlich der reibungslosen und sicheren pflegerischen Versorgung.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO und § 26 Nr. 8 EGZPO.






OLG Stuttgart:
Urteil v. 31.07.2008
Az: 2 U 17/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5264d46f2a11/OLG-Stuttgart_Urteil_vom_31-Juli-2008_Az_2-U-17-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share