Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Mai 2004
Aktenzeichen: 10 W (pat) 12/01

(BPatG: Beschluss v. 13.05.2004, Az.: 10 W (pat) 12/01)

Tenor

Die Beschwerde des Pfändungspfandgläubigers sowie dessen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung 195 37 401.0 vom 9. Oktober 1995 ist durch Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts Eggenfelden vom 4. Juli 1997 für den Pfändungspfandgläubiger gepfändet worden. Ferner hat das Amtsgericht im Februar 1998 die Verwaltung der gepfändeten Patentanmeldung zum Zweck ihrer Ausübung und Verwertung angeordnet und den Pfändungspfandgläubiger zum Verwalter mit der Ermächtigung bestellt, die Patentanmeldung selbst zu nutzen oder auch Lizenzen gegen angemessenes Entgelt zu vergeben. Von dem letztgenannten Beschluss hat der Pfändungspfandgläubiger dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) am 24. Februar 1998 Kenntnis gegeben.

Mit Schreiben vom 3. März 1999 hat der Patentanmelder eine Benachrichtigung gem. § 17 Abs. 3 PatG (in der bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung) über die Zahlung der 4. Jahresgebühr erhalten. Da eine Zahlung innerhalb der Nachfrist unterblieben war, ist am 5. Oktober 1999 festgestellt worden, dass die Anmeldung wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr als am 3. August 1999 zurückgenommen zu gelten habe.

Dem Pfändungspfandgläubiger ist die Nachricht vom 3. März 1999 nicht zugestellt worden. Darüber hat er sich mit Schreiben vom 13. Februar 2000 beschwert und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das DPMA hat ihm daraufhin mitgeteilt, dass ihm die genannte Nachricht versehentlich nicht zugeleitet worden sei und er somit auch die Zahlungsfrist nicht versäumt habe. Für eine Wiedereinsetzung sei daher kein Platz. Im Fall der Entrichtung der aufgelaufenen Gebühren für das 4. und 5. Jahr (zusammen 275,- DM) könne die Anmeldung erneut in Bearbeitung genommen werden. Eine Stundung der Jahresgebühren könne ihm als Verwalter der Anmeldung ebenso wenig wie Verfahrenskostenhilfe gewährt werden.

In einem weiteren Schreiben ist dem Pfändungspfandgläubiger die Benachrichtigung erneut übersandt worden, wobei als Ende der Zahlungsfrist der 31. Januar 2001 genannt worden ist.

Zu dieser Übersendung hat der Pfändungspfandgläubiger mehrfach fernschriftlich Stellung genommen und dabei u.a. Forderungen nach Wiedereinsetzung, Stundung der Gebühren und Gewährung von Verfahrenskostenhilfe erhoben. Daraufhin hat die Patentabteilung 11 des DPMA durch Beschluss vom 20. November 2000 entschieden, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Rechtsgrundlage habe und daher unzulässig sei, und dass der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe (gedeutet als Antrag auf Stundung der Jahresgebühren) zurückgewiesen werde.

Mit Schreiben vom 4. und vom 21. Januar 2001, die das DPMA dem Bundespatentgericht als Beschwerde vorgelegt hat, wendet sich der Pfändungspfandgläubiger gegen den Beschluss vom 20. November 2000. Er hält die Vorgehensweise des Amtes für rechtswidrig, insbesondere weil das Amt seine Rechtsstellung als Verwalter der Patentanmeldung missachtet habe. Dies führe zu einer Enteignung sowohl des Eigentümers wie der Gläubigergemeinschaft und lasse den Vollstreckungstitel leer laufen. Mit weiterem Schriftsatz hat er verschiedene Forderungen erhoben. Im Zusammenhang mit dem angefochtenen Beschluss stellt er sinngemäß die Anträge,

(1) ihm die Jahresgebühren für die Patentanmeldung zu stunden sowie

(2) Verfahrenskostenhilfe für das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und

(3) für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht zu gewähren.

Der Vertreter des Patentanmelders beantragt, dem Pfändungspfandgläubiger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Vor dem DPMA hat er erklärt, sein Mandant sei unbekannten Aufenthalts, weshalb für ihn die Stundungsvoraussetzungen nicht glaubhaft gemacht werden könnten.

II.

Die gegen den Beschluss des DPMA vom 20. November 2000 gerichtete Beschwerde des Pfändungspfandgläubigers ist gemäß § 73 Abs. 1 PatG zulässig. Insbesondere ist sie nicht verspätet eingelegt worden. Da sich in der Akte kein Zustellungsnachweis befindet, ist davon auszugehen, dass trotz Zugangs des Beschlusses beim Empfänger die einmonatige Beschwerdefrist des § 73 Abs. 2 PatG nicht in Lauf gesetzt worden ist (vgl. § 127 Abs. 2 PatG in der bis zum 1. Juli 2002 gültigen Fassung). Die Beschwerde war gemäß § 73 Abs. 3 PatG in der bis zum 1. Januar 2002 gültigen Fassung auch nicht gebührenpflichtig.

In der Sache ist die Beschwerde jedoch nicht begründet. Auch kann dem Pfändungspfandgläubiger keine Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gewährt werden.

1. Das DPMA hat die Stundung der Jahresgebühren für die gepfändete Patentanmeldung zugunsten des Pfändungspfandgläubigers zu Recht abgelehnt.

Auch nach der Pfändung und der Bestellung des Pfändungspfandgläubigers zum Verwalter der Patentanmeldung ist der Vollstreckungsschuldner alleiniger Inhaber der Anmeldung geblieben (vgl. BGH GRUR 1994, 602, 605 - Rotationsbürstenwerkzeug). Er hat durch die Pfändung lediglich das Recht verloren, über die Anmeldung in einer dem Vollstreckungsgläubiger nachteiligen Weise zu verfügen. Dagegen ist er für Verfügungen, die (wie z.B. die Zahlung der Jahresgebühren) der Erhaltung der Anmeldung dienen, weiterhin zuständig (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rdn. 1722 ff.).

Bis zum Inkrafttreten des Patentkostengesetzes am 1. Januar 2002 konnte gemäß § 17 Abs. 4 und 5, § 18 PatG a.F. die Zahlung der Jahresgebühren hinausgeschoben oder gestundet werden, wenn dem Anmelder oder Patentinhaber die rechtzeitige Zahlung nicht zumutbar war. Diese Erleichterungen waren jedoch nur zugunsten des Patentanmelders oder -inhabers vorgesehen. Etwas anderes konnte auch nach einer Pfändung der Anmeldung oder des Patents nicht gelten, weil der Pfändungspfandgläubiger dadurch nicht zum Rechtsinhaber wird.

Der Pfändungspfandgläubiger ist zwar zur Teilnahme am patentamtlichen Verfahren insoweit berechtigt, als es um die Erhaltung des gepfändeten Rechts geht. Sofern das Patentamt - wie hier - von der erfolgten Pfändung benachrichtigt worden war, mussten ihm daher Mitteilungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 PatG a.F. rechtzeitig zugesandt werden, um ihm die Zahlung der Gebühren zu ermöglichen (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 29 Rdn. 19, 20 zu den markenrechtlichen Verlängerungsgebühren). Daraus folgt aber nicht, dass durch die Mitteilung an den Pfändungspfandgläubiger diesem gegenüber eine eigene Zahlungsfrist in Gang gesetzt werden oder die Gebühren zu seinen Gunsten gestundet werden konnten. Für Zahlungen von seiner Seite war vielmehr ausschließlich die für den Patentanmelder maßgebliche Zahlungsfrist maßgeblich. Wurde diese Frist versäumt, war der Pfändungspfandgläubiger auch nicht zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags berechtigt (vgl. Schulte, GRUR 1961, 525, 527). Das DPMA hat aus diesem Grund die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Jahresgebühren im Ergebnis mit Recht für unzulässig erklärt.

2. Ebenso hat das DPMA die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Zahlung der Jahresgebühren zu Recht abgelehnt.

Verfahrenskostenhilfe für die Zahlung von Jahresgebühren war vor Inkrafttreten des Patentkostengesetzes generell nicht vorgesehen (vgl. dagegen jetzt § 130 Abs. 1 Satz 2 PatG, wonach dem Patentanmelder bzw. dem Patentinhaber nunmehr - nach Wegfall der früheren Stundungsmöglichkeiten - Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann). Die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für denjenigen, zu dessen Gunsten die Patentanmeldung in der Zwangsvollstreckung gepfändet worden ist, kann auch nicht Aufgabe des Patentrechts sein. Da der Pfändungsgläubiger nicht Patentanmelder ist, ginge es nämlich in diesem Fall nicht um die Aufrechterhaltung einer ihm zustehenden patentrechtlichen Position, sondern lediglich um die Durchsetzung eines Vollstreckungstitels, der seine Grundlage nicht in der gepfändeten Anmeldung hat.

3. Auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren kann keine Verfahrenskostenhilfe gewährt werden.

Dies ergibt sich aus der abschließenden Regelung des § 129 i.V.m. §§ 130 ff. PatG. Danach kann für Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht Verfahrenskostenhilfe nur bewilligt werden, soweit es um Beschwerden im Rahmen eines Erteilungs-, Beschränkungs- oder Einspruchsverfahrens geht, was hier nicht der Fall ist. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe steht in den genannten Fällen in Zusammenhang mit der Gebührenpflichtigkeit dieser Beschwerden. Es erscheint folgerichtig, dass im Fall der vorliegenden, nach § 73 Abs. 2 PatG a.F. gebührenfreien Beschwerde Verfahrenkostenhilfe nicht gewährt wird.

4. Ein Anlass, dem Pfändungspfandgläubiger gemäß § 80 Abs. 1 PatG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, hat nicht bestanden.

Der Patentanmelder ist zwar - wie in allen Verfahren, die sich auf sein Schutzrecht beziehen - Verfahrensbeteiligter im Sinne der genannten Vorschrift. Jedoch gilt in patentgerichtlichen Beschwerdeverfahren der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat. Eine Kostenentscheidung nach § 80 Abs. 1 PatG hat nur in Ausnahmefällen zu erfolgen, wenn sie der Billigkeit entspricht. Von einem solchen Ausnahmefall kann hier nicht gesprochen werden. Das Anliegen des Pfändungspfandgläubigers, im Beschwerdeweg die Erhaltung des gepfändeten Rechts zu erreichen, erscheint keineswegs von vornherein unberechtigt.

Schülke Püschel Rauch Ko






BPatG:
Beschluss v. 13.05.2004
Az: 10 W (pat) 12/01


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