Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 19. August 1996
Aktenzeichen: 2 W 165/96
(OLG Köln: Beschluss v. 19.08.1996, Az.: 2 W 165/96)
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin vom 6. August 1996 gegen den Beschluß der 12. Ferienzivilkammer des Landgerichts Köln vom 19. Juli 1996 - 12 T 166/96 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Schuldnerin zu tragen.
Gründe
I.
Die Gläubiger betreiben die
Zwangsversteigerung in das Grundstück der Schuldnerin. In dem
Versteigerungstermin vom 21. Mai 1996 ist die Schuldnerin durch
ihren Rechtsanwalt vertreten worden. Dieser hat einen Schriftsatz
überreicht, der einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 765 a ZPO
enthält. In dem Termin ist der Beteiligte zu 4) Meistbietender
geblieben. Der Rechtspfleger hat nach Abschluß der Bieterstunde
durch verkündeten Beschluß Verkündungstermin auf den 30. Mai 1996
bestimmt. Der Beschluß ist an der Gerichtstafel angeheftet worden.
In dem Verkündungstermin vom 30. Mai 1996, zu dem niemand
erschienen ist, hat der Rechtspfleger Verkündungstermin auf den 3.
Juni 1996 bestimmt. Der Rechtsanwalt der Schuldnerin ist von der
Vertagung des Termins durch Telefax vom 30. Mai 1996 unterrichtet
worden. In dem Verkündungstermin vom 3. Juni 1996 hat der
Rechtspfleger durch verkündeten Zuschlagsbeschluß unter
Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrags der Schuldnerin und
eines von dieser unter dem 24. Mai 1996 gestellten
Einstellungsantrags das Grundstück dem Meistbietenden zugeschlagen.
In den Gründen dieses Beschlusses wird unter anderem ausgeführt,
warum der Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin unbegründet
sei. Gegen diesen der Schuldnerin persönlich am 13. Juni und ihrem
Rechtsanwalt am 14. Juni 1996 zugestellten Beschluß hat die
Schuldnerin mit einem am 26. Juni 1996 beim Amtsgericht
eingegangenen Schriftsatz Rechtsmittel eingelegt. Der Richter des
Amtsgerichts hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem
Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht hat die
damit als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung als unzulässig
verworfen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der
Schuldnerin.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist
statthaft (§§ 96 ZVG, 793 Abs. 2 ZPO), sie ist auch form- und
fristgerecht (§§ 569, 577 ZPO) eingelegt worden. Die Schuldnerin
ist neu und selbständig beschwert (§ 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO), weil
das Landgericht die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen
hat.
Die weitere Beschwerde ist aber
unbegründet.
Das Landgericht hat die Erstbeschwerde
zu Recht als unzulässig verworfen, weil sie verspätet eingelegt
worden ist.
Nach § 96 ZVG finden auf die Beschwerde
gegen die Entscheidung über den Zuschlag die Vorschriften der
Zivilprozeßordnung über die sofortige Beschwerde Anwendung, soweit
in den §§ 97 bis 104 ZVG nichts anderes bestimmt ist. Nach § 577
Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Beschwerde binnen einer Notfrist von zwei
Wochen einzulegen. Die Frist beginnt nach § 98 Satz 2 ZVG im Falle
der Erteilung des Zuschlags für die Beteiligten, die im
Versteigerungs- oder im Verkündungstermin erschienen waren, mit der
Verkündung des Zuschlagsbeschlusses. Da die Entscheidung über den
Zuschlag der Rechtspfleger trifft, ist innerhalb der genannten
Frist die Rechtspflegererinnerung einzulegen (§ 11 Abs. 1 Satz 2
RPflG), die nach der - hier vorliegenden - Nichtabhilfe durch den
Amtsrichter und der Vorlage der Sache an das Beschwerdegericht als
sofortige Beschwerde gilt (§ 11 Abs. 2 Sätze 4, 5 RPflG).
In dem Versteigerungstermin vom 21. Mai
1996 ist die Schuldnerin durch Rechtsanwalt S. vertreten gewesen,
war dort also im rechtlichen Sinne erschienen. Am Ende des
Versteigerungstermins ist durch verkündeten Beschluß
Verkündungstermin für die Zuschlagsentscheidung auf den 30. Mai
1996 bestimmt worden. In dem Verkündungstermin vom 30. Mai 1996, in
dem niemand erschienen war, ist Verkündungstermin auf den 3. Juni
1996 bestimmt worden. In dem Verkündungstermin vom 3. Juni 1996 ist
der Zuschlagsbeschluß verkündet worden. Die für die Schuldnerin
geltende Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den
Zuschlagsbeschluß lief mithin am 17. Juni 1996 ab. Die Erinnerung
der Schuldnerin ist aber erst am 26. Juni 1996, also verspätet bei
dem Amtsgericht eingegangen.
Ohne Erfolg macht die Schuldnerin
geltend, neben der genannten Frist sei eine gesonderte Frist für
die Einlegung eines weiteren Rechtsmittels zu beachten gewesen, die
sie durch Einreichung der Beschwerdeschrift gewahrt habe. Die
Schuldnerin meint, soweit der Rechtspfleger in dem
Zuschlagsbeschluß zugleich über den Antrag nach § 765 a ZPO
entschieden habe, sei ein gesonderter Rechtsmittelweg eröffnet,
insoweit komme es für den Fristbeginn gemäß § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO
auf die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an.
Das ist nicht richtig. Wenn der
Rechtspfleger in dem Zuschlagsbeschluß zu einem Antrag des
Schuldners nach § 765 a ZPO Stellung nimmt, so trifft er keine
gesonderte, von der Zuschlagsentscheidung unabhängige Entscheidung,
die gesondert anfechtbar ist. Liegen Gründe vor, die die
Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nach der genannten
Vorschrift rechtfertigen, so liegt ein sonstiger Grund im Sinne des
§ 83 Ziffer 6 ZVG vor, der die Fortsetzung des Verfahrens als
unzulässig erscheinen lassen kann und der, wenn das
Vollstreckungsgericht dies bejaht, zur Versagung des Zuschlags
führt. Óber einen solchen Antrag kann nach Schluß der Bietstunde
gemäß § 33 ZVG nicht mehr durch eine gesonderte
Einstellungsentscheidung, sondern nur noch durch Versagung des
Zuschlags positiv befunden werden. Wird der Zuschlag versagt, so
gilt dies nach § 86 ZVG als einstweilige Einstellung des
Verfahrens, wird der Zuschlag erteilt, so ist die Einstellung
abgelehnt ( vgl. Zeller/Stöber, ZVG, 14. Aufl., Einleitung Anm.
58.3 ).
Das Gesetz läßt die nach Ansicht der
Schuldnerin zu treffende gesonderte Entscheidung über den
Einstellungsantrag mithin gerade nicht zu, sondern erfordert eine
Behandlung der Einstellungsfrage im Rahmen der
Zuschlagsentscheidung. Die Zurückweisung des Schutzantrags der
Schuldnerin war mithin Bestandteil der Entscheidung über den
Zuschlag. Der Schuldnerin stand demgemäß nur die - hier verspätet
eingelegte - sofortige Beschwerde nach § 96 ZVG zur Verfügung. Da
eine fehlerhafte Behandlung des Vollstreckungsschutzantrags - wie
gesagt - einen Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Ziffer 6 ZVG
darstellt, wäre das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet
gewesen, auf eine zulässig eingelegte Beschwerde hin die
Zuschlagsentscheidung auch auf etwaige Fehler des
Vollstreckungsgerichts bei der Beurteilung des Antrags nach § 765 a
ZPO zu überprüfen ( § 100 Abs. 1 und 3 ZVG).
Entfällt die Möglichkeit einer
gesonderten Anfechtung des Zuschlagsbeschlusses, soweit sich dieser
mit dem Schutzantrag des Schuldners befaßt, so entfällt auch die
von der Schuldnerin bejahte Möglichkeit, die Entscheidung über den
Zuschlag mit der außerordentlichen Beschwerde nach § 577 Abs. 2
Satz 3 ZPO anzufechten. Die von der Schuldnerin erwogene
Konstruktion, wonach die ihr positive - gesonderte - Entscheidung
des Beschwerdegerichts über die Einstellungsfrage eine Entscheidung
nach § 580 Nr. 6 ZPO darstellen soll, die zur Erhebung der
außerordentlichen Beschwerde berechtigt, wird der dargestellten
Gesetzeslage nicht gerecht. Eine solche Konstruktion ist auch
überflüssig, weil die Einstellungsfrage - wie ausgeführt - im
Rahmen der - rechtzeitig erhobenen - Zuschlagsbeschwerde zu prüfen
wäre. Die Zulassung der von der Schuldnerin erwogenen
Rechtsmittelhäufung stünde auch im Widerspruch zu der erkennbaren
Absicht des Gesetzes, Rechtsmittel gegen den Zuschlagsbeschluß im
Hinblick auf dessen einschneidende Rechtswirkungen (§ 90 ZVG) nur
beschränkt auf die in § 100 ZVG genannten Beschwerdegründe
zuzulassen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist
deshalb die Wiederaufnahme eines gegen die Zuschlagsentscheidung
gerichteten Beschwerdeverfahrens überhaupt unzulässig (Senat,
Rpfleger 1975, 406 f. m. abl. Anm. von Kirberger; Beschluß vom 17.
Juli 1992 - 2 W 94/ 92; ebenso z.B. OLG Stuttgart NJW 1976, 1324
f.; Zeller/Stöber a.a.O. § 96 Rn. 3.1; a.A. z.B. z.B. OLG Oldenburg
NJW-RR 1991, 61 f.; OLG Hamm Rpfleger 1978, 422 f. m. zust. Anm.
von Kirberger; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21.Aufl., Vor § 578 Rn.
40; Zöller/Greger, ZPO, 19.Aufl., Vor § 578 Rn. 14 jeweils mit
weiteren Nachweisen).
Ohne Erfolg beruft sich die Schuldnerin
darauf, der Verkündungstermin sei nicht ordnungsgemäß bekannt
gemacht worden. Nach § 87 Abs. 2 Satz 2 ZVG, der auch für die
Vertagung eines bereits anberaumten Verkündungstermins gilt, ist
die Bestimmung des Verkündungstermins zu verkünden. Dies ist hier,
wie dem Protokoll zu entnehmen ist, geschehen. Die in der
Vorschrift vorgesehene Anheftung an die Gerichtstafel ist keine
Wirksamkeitsvoraussetzung der Verkündung (Senat Rpfleger 1980, 354;
Zeller/Stöber a.a.O. § 87 Anm. 3.2 jeweils mit weiteren
Nachweisen). Auf eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs kann sich
die Schuldnerin schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil sie
von der in dem - ordnungsgemäß bekannt gemachten -
Verkündungstermin am 30. Mai 1996 verkündeten Entscheidung durch
Terminswahrnehmung hätte Kenntnis nehmen können. Darüber hinaus ist
dem Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin - wie sie selbst
vorträgt - von der Vertagung des Verkündungstermins auf den 3. Juni
1996 durch Telefax des Amtsgerichts vom 30. Mai 1996 Nachricht
gegeben worden. Eine förmliche Zustellung dieser Benachrichtigung,
welche die Schuldnerin vermißt, sieht das Gesetz nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
Abs. 1 ZPO.
Beschwerdewert für den gesamten
Beschwerderechtszug - unter Abänderung der vom Landgericht für das
Erstbeschwerdeverfahren getroffenen Streitwertfestsetzung gemäß §
25 Abs. 2 Satz 2 GKG - : 300.000,00 DM (geschätztes Interesse der
Schuldnerin an der Versagung des Zuschlags, vgl. § 57 Abs. 2 Satz 6
BRAGO, ferner Zöller/Herget, ZPO,
19.Aufl., § 3 Rn. 16
"Zwangsversteigerung" und Anders/Gehle, Handbuch des Streitwerts,
2. Aufl., "Zwangsversteigerung" Rn. 16 jeweils mit weiteren
Nachweisen).
OLG Köln:
Beschluss v. 19.08.1996
Az: 2 W 165/96
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