Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. April 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 36/05

(BPatG: Beschluss v. 12.04.2006, Az.: 26 W (pat) 36/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch zwei Beschlüsse, zuletzt durch Erinnerungsbeschluss vom 3. Januar 2005, die Anmeldung der Wortmarke Kölner Brautradition seit 1894 für die Waren und Dienstleistungen 32: Biere, insbesondere Kölsch-Biere 42: Verpflegung und Beherbergung von Gästengemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die angemeldete Wortfolge für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft entbehre. Die angemeldete Wortfolge "Kölner Brautradition seit 1894" werde von den angesprochenen deutschen Verkehrskreisen ohne Weiteres dahin verstanden, dass es sich um Biere aus dem Gebiet der Stadt Köln handele, die seit 1894 gebraut würden und daher aufgrund einer langen Tradition in der Braukunst eine besondere Qualität aufwiesen. Auch im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen denke der Verkehr lediglich an eine Verpflegung mit traditionellhistorischen Bieren und sonstigen Brauereiprodukten aus Köln, so dass die angesprochenen Verkehrskreise angesichts der ohne Weiteres verständlichen begrifflichen Bedeutung nach der allgemeinen Lebenserfahrung keinen Anlass hätten, darin ein betriebliches Unterscheidungsmittel zu sehen. Eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke sei nicht gegeben, denn nach eigenem Vortrag der Anmelderin beziehe sich eine etwaige Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Wortfolge nur auf Köln und Umgebung. Ob das angemeldete Zeichen auch freihaltebedürftig sei, könne nach alledem dahinstehen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Sie ist der Auffassung, die angemeldete Marke verfüge über die erforderliche Unterscheidungskraft, denn die Wortfolge sei geeignet, die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Sie, die Anmelderin, sei im Jahr 1894 gegründet worden, was nur für sie zutreffe, sie besitze eine seit langen Jahren geschützte Wort/Bildmarke, in der sich der Hinweis "seit 1894" befinde, sie habe ihren Sitz nie aus der Stadt Köln verlegt und sie vertreibe ausschließlich Kölsch. Es komme mithin nur eine einzige Kölner Brauerei als Herstellerin in Betracht, nämlich die Anmelderin selbst. Zudem liege Verkehrsdurchsetzung vor, weil der Hinweis "Kölner Brautradition seit 1894" nahezu überall zu finden sei. Es sei unschädlich, wenn die Verkehrsdurchsetzung nicht gleichmäßig in allen Regionen der Bundesrepublik erreicht werde. Der maßgebliche Verkehrskreis seien daher nur Personen, die im geografischen Herkunftsgebiet Bier tränken und Verpflegung und Beherbergung in Hotels und Gaststätten in Anspruch nähmen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zutreffend hat die Markenstelle ausgeführt, dass der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz entgegensteht.

Nach dieser Vorschrift können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m. w. N.).

Die gleichen Maßstäbe gelten auch für Werbeslogans. Diese weisen ein ausreichendes Mindestmaß an Unterscheidungskraft dann auf, wenn sie keinen eindeutigen und rein produktbeschreibenden oder allgemein werbenden Inhalt haben (BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; vgl. auch BGH GRUR 2000, 323 - Partner with the Best; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns; GRUR 2001, 1047, 1048 - Local Presence, Global Power; GRUR 2001, 735, 736 - Test it!; vgl. auch EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 33) - Das Prinzip der Bequemlichkeit).

So liegt der Fall hier aber nicht. Es handelt es sich vorliegend um einen Werbeslogan mit einem in jeder Hinsicht allgemein werbenden Inhalt. In der Wortfolge ist nichts anderes als eine werbliche Anpreisung zu sehen, mit der unmittelbar verständlich die Tradition und Güte der beanspruchten Waren sowie der Gegenstand der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen positiv herausgestellt werden sollen. Bei einer mehr als hundertjährigen Brautradition werden bei dem angesprochenen Verkehr positive Assoziationen geweckt, insbesondere wird Vertrauen in die Fähigkeiten des Herstellers der beanspruchten Waren und des Anbieters der jeweiligen Dienstleistungen mit dem Ziel beworben, die Umworbenen als Kunden zu gewinnen bzw. die zu erbringenden Leistungen positiv herauszustellen. Denn der Begriff "Brautradition" wird gedanklich mit lang erworbenen Fertigkeiten und Kenntnissen verknüpft, die auf Erfahrung (Routine) und dem Verständnis fachspezifischer Zusammenhänge fußen. Nicht von ungefähr wird in der Werbung gern das Wort "Tradition" erwähnt, wenn besonderes Vertrauen eingeworben werden soll. So wird es nicht nur, aber auch im Ernährungs- und Getränkebereich gern in Slogans verwendet, z. B. vom Giessener Brauhaus: "Der frische Genuss traditionsgetreu gebraut" oder von Gold Ochsen "Braukunst ist Tradition" (vgl. http://www.slogans.de/slogans.php€GInput=Tradition).

Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht. Die angesprochenen Verkehrskreise werden mit dieser Wortfolge markierte Waren und Dienstleistungen als mit einem anpreisenden Werbespruch versehen betrachten, dem sie aber keinen Herkunftshinweis entnehmen können. Zur Annahme der Unterscheidungskraft ist jedoch die Eignung zum Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Produkte erforderlich, damit die Marke ihrer eigentlichen Funktion, Waren und Dienstleistungen von Konkurrenzprodukten zu unterscheiden, gerecht werden kann.

Nach alledem kann dahinstehen, ob für die angemeldete Marke auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist.

Ohne Erfolg macht die Anmelderin geltend, die angemeldete Wortfolge sei kraft Verkehrsdurchsetzung im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG einzutragen, denn die Voraussetzungen hierfür sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Eintragung einer Marke kraft Verkehrsdurchsetzung kommt ausschließlich für die Waren und Dienstleistungen in Betracht, für die eine Verkehrsdurchsetzung nachgewiesen worden ist. Daher muss der Anmelder grundsätzlich für alle in Anspruch genommenen Waren und Dienstleistungen die Durchsetzung glaubhaft machen (BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHÖN; BPatG GRUR 1998, 57, 58 - Nicht immer, aber immer öfter; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl. § 8 Rn.327; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 473 m. w. N.). Das kommt nach dem Vorbringen der Anmelderin ohnehin nur für die Ware "Biere" in Betracht. Vorliegend hat die Anmelderin aber auch insoweit eine Verkehrsdurchsetzung lediglich behauptet, aber nicht einmal ansatzweise Zahlen vorgetragen, aus denen Rückschlüsse auf eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Wortfolge für die Ware "Biere" gezogen werden könnten. Allein die Behauptung, die angemeldete Wortfolge werde seit vielen Jahren in und um Köln auf Werbeträgern wie Plakaten, Gaststättenreklamen, Bierdeckeln usw. im Rahmen einer Wort/Bildmarke verwendet, ist substanzlos und damit nicht verwertbar. Selbst wenn aber seitens der Anmelderin Zahlen über den Absatz und den Umfang der Bewerbung der maßgeblichen Produkte und Dienstleistungen vorgelegt würden, käme eine Eintragung der Wortfolge kraft Verkehrsdurchsetzung nicht in Betracht. Denn die Anmelderin geht selbst davon aus, dass eine gewisse Bekanntheit allenfalls im Kölner Einzugsbereich feststellbar sein könnte, was jedoch nicht ausreicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist für die Feststellung des Durchsetzungsgrades zwar nicht von festen Prozentsätzen auszugehen. Jedoch kann, sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen, die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 % der angesprochenen Verkehrskreise angesetzt werden (vgl. BGH GRUR 1990, 360, 361 - Apropos Film II; a. a. O. - REICH UND SCHÖN). Vorliegend sind aber die angesprochenen Verkehrskreise entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht auf einen geringen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung, bestehend aus den Einwohnern bzw. den Touristen im Kölner Einzugsbereich, zu beschränken. Die Anmelderin selbst wirbt bundesweit im Internet für ihr Bier, angesprochene Verkehrskreise sind mithin die Gesamtheit der am Bierkonsum interessierten Verbraucher. Eines Hinweises seitens des Gerichts auf die mangelnde Glaubhaftmachung der (pauschalen) Behauptung einer Verkehrsdurchsetzung bedurfte es daher nicht.






BPatG:
Beschluss v. 12.04.2006
Az: 26 W (pat) 36/05


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