Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 7. Juli 2005
Aktenzeichen: 1 K 4556/04
(VG Köln: Urteil v. 07.07.2005, Az.: 1 K 4556/04)
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Verpflichtungen aus dem Bescheid der Re-gulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 8. Juni 2004 (00 00 00/000) nicht nach § 150 Abs. 1 TKG n. F. wirksam geblieben sind.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Klägerin betreibt als Rechtsnachfolgerin der E. C. bzw. der E. C. -U. Telekommunikationsnetze und die hierzu gehörenden technischen Einrichtungen.
Im Rahmen ihres Angebots an Endkunden vermarktet sie sogenannte Paketan- gebote, in denen sie genehmigte Anschlusstarife und genehmigte Optionstarife mit Leistungen, deren Entgelte nicht der Genehmigungspflicht unterliegen, zu einem ein- heitlichen Tarifangebot verknüpft. Bei den Angeboten, die den Gegenstand des vor- liegenden Verfahrens bilden, wird jeweils ein analoger (" "-Produktgruppe) oder ISDN-Telefonanschluss (" "-Produktgruppe) mit Verbindungsleistungen (" ", " " oder " ") und zusätzlichen Leistungsmerkmalen, die keinen Sprachtele- fondienst darstellen (z.B. die Merkmale " ", "Anklopfen", "Dreierkonferenz"), zu- sammengefasst. Die in den Paketen enthaltenen Anschlussleistungen, Optionsangebote und Zusatzleistungen können auch gesondert bezogen werden; die von der Klägerin hierfür jeweils verlangten Entgelte sind von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Regulierungsbehörde) genehmigt worden. Während die Einzelleistungen mit einer Frist von sechs Werktagen kündbar sind, gilt für die Paketangebote eine Kündigungsfrist von drei Monaten.
Mit Bescheid vom 8. Juni 2004 (00 00 00/000) stellte die Regulierungsbehörde fest, dass die von der Klägerin erhobenen Entgelte und entgeltrelevanten Bestandtei- le der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für die Paketangebote " ", " ", " ", " ", " ", " " und " " der Genehmigungspflicht nach § 25 Abs. 1 TKG in der damals geltenden Fassung vom 25. Juli 1996, BGBl. I 1120, (TKG a.F.) unterliegen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, bei den betroffenen Anschlusspaketen handele es sich um Ange- bote von Sprachtelefondienst, da sie auch Sprachtelefondienstleistungen enthielten. Ein Fall, in dem nach der Praxis der Regulierungsbehörde eine Ausnahme von der grundsätzlichen Genehmigungspflichtigkeit auch solcher Paketangebote zu machen sei, liege nicht vor, weil die in den Paketen enthaltenen genehmigungspflichtigen An- schlussleistungen und Optionsangebote nicht mit den jeweils genehmigten Entgelten in die Pakete einbezogen worden seien. Zwar überstiegen die Überlassungsentgelte für die Pakete die Summe der jeweils genehmigten Entgelte für die Überlassung des Anschlusses und des jeweiligen Optionstarifs, jedoch gelte für die Paketangebote eine deutlich längere Kündigungsfrist als bei den genehmigten Anschluss- und Opti- onstarifen. Zudem reiche bei einigen der Paketangebote der nach Abzug der ge- nehmigten Entgelte verbleibende Anteil des Überlassungsentgelts nicht zur Deckung der Kosten für die nicht genehmigungspflichtigen zusätzlichen Leistungsmerkmale aus. Mithin müsse der auf die Anschluss- und Verbindungsleistungen entfallende Anteil des Überlassungsentgelts für die Paketangebote teilweise zur Deckung dieser Kosten herangezogen werden. Das bedeute im Ergebnis einen Rabatt auf die ge- nehmigten Entgelte, so dass diese nicht in der jeweils genehmigten Höhe in das Pa- ketangebot eingeflossen seien. Die Kostenlücke dürfe nicht - wie die Klägerin meine - durch Überschüsse aus den Entgelten für die U1. im Einzelbezug geschlos- sen werden, weil die Paketangebote einheitliche, d.h. untrennbare Leistungspakete darstellten, für die gemäß § 25 Abs. 1 TKG a.F. nur die für diese Pakete erhobenen Entgelte berücksichtigt werden könnten. Anderenfalls werde die Genehmigungs- pflicht für Sprachtelefondienst unterlaufen. Die Zulassung einer Quersubventionie- rung durch andere Produkte würde es der Klägerin ermöglichen, die Bezugskonzent- ration ihrer Angebote zu erhöhen, weil Kunden, die lediglich an subventionierten Leistungen - wie etwa der U1. - interessiert seien, dazu veranlasst werden könnten, auch die anderen im Paket enthaltenen, aber von ihnen eigentlich nicht gewünschten Sprachtelefondienstkomponenten zu beziehen. Sollte die Klägerin nicht unverzüglich Genehmigungsanträge für die Paketangebote stellen, werde die Regulierungsbehör- de spätestens zum 30. Juni 2004 die Durchführung der entsprechenden Verträge untersagen.
Mit ihrer am 21. Juni 2004 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Regulierungsbehörde vom 8. Juni 2004 sei jedenfalls die darin festgestellte Verpflichtung mit dem In- krafttreten des TKG vom 22. Juni 2004, BGBl. I 1190, (TKG n.F.) erloschen, weil danach Entgelte für Endnutzerleistungen grundsätzlich nur der nachträglichen Regulierung unterlägen. Die Exante-Genehmigungspflichtigkeit bestehe auch nicht nach der Übergangsvorschrift des § 150 Abs. 1 TKG n.F. fort. Dieser ordne nur die fortdauernde Wirksamkeit konkretindividueller Feststellungen und Verpflichtungen, nicht jedoch die Fortgeltung der Normen des alten Rechts an. Sie habe ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung, weil die Beklagte durch die Erteilung der Genehmigung für die Entgelte und entgeltrelevanten Bestandteile der AGB für die Paketangebote Konsequenzen aus dem streitgegenständlichen Bescheid gezogen habe.
Dieser Bescheid sei auch rechtswidrig. Die Entgelte für die Paketangebote seien schon deswegen nicht genehmigungspflichtig, weil sie auch nach Auffassung der Regulierungsbehörde eigenständige Produkte bildeten, die keine Sprachtelefondienstleistung darstellten. Zudem seien die Entgelte für die genehmigungsbedürftigen Paketbestandteile (Anschluss, Optionstarif) in der genehmigten Höhe in den Paketpreis eingeflossen.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass die Verpflichtungen aus dem Bescheid der Regulierungsbehörde vom 8. Juni 2004 (00 00 00/000) nicht nach § 150 Abs. 1 TKG n.F. wirksam geblieben sind,
2. hilfsweise, den vorgenannten Bescheid aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Hauptantrag sei unbegründet, weil die Verpflichtung aus dem in Rede stehenden Bescheid nach § 150 Abs. 1 TKG n.F. wirksam geblieben sei. Diese Vorschrift diene der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben. Nach Art. 27 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommuni- kationsnetze und -dienste, ABl. EG Nr. L 108 S.33, (Rahmenrichtlinie) müssten die Mitgliedstaaten alle im nationalen Recht vorgesehenen Verpflichtungen nach Art. 16 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, ABl. EG Nr. L 108 S. 51, (Universaldienstrichtlinie) aufrecht erhalten, bis eine nationale Regulierungsbehörde gemäß Art. 16 Rahmenrichtlinie über diese Verpflichtungen beschließe. Die Mitgliedstaaten müssten nach Art. 16 Abs. 1 Universaldienstrichtlinie auch alle Verpflichtungen für Endnutzertarife für die Bereitstellung des Zugangs zum öffentli- chen Telekommunikationsnetz und dessen Nutzung aufrecht erhalten. Diese Verpflichtungen für Endnutzertarife nach Art. 17 der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld, ABl. EG Nr. L 101 S. 24, (Sprachtelefondienstrichtlinie) beschränkten sich nicht auf Tarifgrundsätze, sondern erstreckten sich auch darauf, die Einhaltung dieser Grundsätze durch Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht sicherzustellen. Deutschland habe diese Verpflichtung durch die Einführung einer Genehmigungspflicht nach § 25 Abs. 1 TKG a.F. umgesetzt. Diese Entscheidung des deutschen Gesetzgebers werde durch die Richtlinienvorgaben für den Übergangszeitraum nicht in Frage gestellt. Zu den nach Gemeinschaftsrecht zu- nächst aufrecht zu erhaltenden Verpflichtungen gehöre daher notwendigerweise auch die Genehmigungspflicht nach § 25 Abs. 1 TKG a.F.. Die Weitergeltung der Genehmigungspflicht für den Übergangszeitraum bis zum Abschluss des Marktdefinitions- und -analyseverfahrens widerspreche nicht dem neuen TKG. § 150 Abs. 1 TKG n.F. erfasse nicht nur solche Verpflichtungen, die in konkreten Verwaltungsakten der Regulierungsbehörde ausgesprochen worden seien, sondern beziehe sich auch auf solche abstrakten gesetzlichen Verpflichtungen, die nach dem TKG n.F. einem Unternehmen nach Durchführung eines Marktanalyseverfahrens individuell auferlegt werden könnten. Daher gelte die Genehmigungspflicht für Endkundenentgelte fort, bis sie durch eine Maßnahme nach § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG n.F. ersetzt worden sei. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Die Entgelte der genehmigungspflichtigen Bestandteile der Pakete seien nicht in der genehmigten Höhe in den Paketpreis eingeflossen. Zudem seien die entgeltrelevanten Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die genehmigten Paketbestandteile nicht unverändert in das Paket übernommen worden; die Kündigungsfrist für das Paketangebot betrage nämlich drei Monate anstelle der genehmigten sechs Werktage.
Mit Bescheid vom 27. August 2004 (00 00 00/00) hat die Regulierungsbehörde auf Antrag der Klägerin die Entgelte und entgeltrelevanten Bestandteile der Paketangebote befristet bis zum 31. März 2005 - mit Ausnahme der Verlängerung der Kündigungsfrist auf drei Monate und des Ausschlusses der Preselection- Möglichkeit und verschiedener weiterer Maßgaben - genehmigt. Zur Vermeidung weiterer Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat sie allerdings die Vollziehung dieses Bescheides ausgesetzt. Den Rechtsstreit um die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage (1 K 6892/04) haben die Beteiligten nach Ablauf des Genehmigungszeitraums in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 6. September 2004 (1 L 1832/04) zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt, dass die Verpflichtungen aus dem hier streitgegenständlichen Bescheid nicht nach § 150 Abs. 1 TKG n.F. wirksam geblieben sind.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 (0000 00/000) hat die Regulierungsbehörde gemäß § 39 Abs. 3 Satz 2 TKG n.F. der Klägerin die bis zum Erlass einer endgültigen Regulierungsverfügung befristete Verpflichtung auferlegt, ihre Entgeltmaßnahmen im Bereich der Entgelte für Endnutzerleistungen für den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, der öffentlichen Orts- und/oder Inlandsgespräche an festen Standorten und der öffentlichen Auslandsgespräche an festen Standorten zwei Monate vor dem geplanten Inkrafttreten der Regulierungsbehörde zur Kenntnis zu geben. Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage (1 K 266/05) ist noch beim erkennenden Gericht anhängig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genom- men auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Regulierungsbehörde.
Entscheidungsgründe Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig und begründet.
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO an der begehrten Feststellung, weil die Beklagte insoweit anderer Auffassung als die Klägerin ist und dieser angedroht hat, ihr die Durchführung der von dieser über die Pakete abgeschlossenen Verträge zu untersagen, falls die Klägerin keine Genehmigung für die zugehörigen Entgelte und entgeltrelevanten Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einholt. Die Klägerin hat darauf hin die Genehmigung beantragt, die ihr die Regulierungsbehörde auch unter dem 27. August 2004 - mit Maßgaben - erteilt hat. Nach Ablauf der Geltungsdauer der Genehmigung (am 31. März 2005) hat die Regulierungsbehörde zwar mit Beschluss vom 14. Dezember 2004 eine nur im Rahmen der Expost-Regulierung mögliche Anzeigepflicht nach § 39 Abs. 3 Satz 2 TKG n.F. auferlegt. Damit hat sie jedoch ihre Rechtsauffassung zur Fortgeltung der Genehmigungspflicht nicht aufgegeben, sondern - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt haben - lediglich der Prozesslage (Unterliegen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) Rechnung getragen. Für den Fall ihres Obsiegens im vorliegenden Klageverfahren beabsichtigt sie, auf der Grundlage des streitgegenständlichen Bescheides zu verfahren.
Der Hauptantrag ist auch begründet. Die Verpflichtungen aus dem Bescheid der Regulierungsbehörde vom 8. Juni 2004 sind nicht nach § 150 Abs. 1 TKG n.F. wirksam geblieben, sondern mit dem Inkrafttreten des neuen TKG am 26. Juni 2004 unwirksam geworden.
§ 150 Abs. 1 S. 1 TKG n.F. bestimmt, dass die von der Regulierungsbehörde vor Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffenen Feststellungen marktbeherrschender Stellungen sowie die daran anknüpfenden Verpflichtungen wirksam bleiben, bis sie durch neue Entscheidungen nach Teil 2 des Gesetzes ersetzt werden.
Zwar könnte der Wortlaut dieser Übergangsvorschrift - entsprechend der Auffassung der Beklagten - dahin verstanden werden, dass auch eine nach dem alten TKG bestehende Exante-Genehmigungspflicht (hier nach § 25 Abs. 1 TKG a.F.) wirksam bleiben sollte, zumal wenn sie in einem Verwaltungsakt konkret festgestellt worden ist. Doch ist der Regelungsgehalt des § 150 Abs. 1 S. 1 TKG n.F. enger als es sein Wortlaut nahe legt und somit auf den in Rede stehenden Feststellungsbescheid nicht anwendbar. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
In der Begründung des mit § 150 Abs. 1 S. 1 und 2 TKG n.F. übereinstimmenden § 148 Abs. 1 des Regierungsentwurfs zum neuen TKG heißt es u.a.:
"Die Vorschrift enthält zwei Vorgaben: Zum einen gilt die Feststellung der Marktbeherrschung fort. Hieraus folgt, dass die in diesem Gesetz enthaltenen Eingriffsbefugnisse, die aufgrund beträchtlicher Marktmacht bestehen, auch für diese "Altfälle" bis zum Abschluss des Marktanalyseverfahrens anwendbar sind. Darüber hinaus werden die nach bisherigem TKG unmittelbar geltenden und festgestellten Verpflichtungen (u.a. Zugangs- und Zusammenschaltungsverpflichtungen) und Entscheidungen bezüglich marktbeherrschender Unternehmen ausdrücklich fortge- schrieben." vgl. BT-Drs. 755/03 S. 143, (Unterstreichung nicht im Original).
Aus der Formulierung "unmittelbar geltenden" folgt, dass von dieser Übergangsvorschrift nur solche festgestellten Verpflichtungen erfasst werden, die keines weiteren regulatorischen Vollzugsakts bedürfen und somit aus sich heraus vollziehbar sind,
so auch Tschentscher/Bosch, K&R 2004, Beilage 4, S. 14 (16,19,23).
Der hier umstrittenen Feststellung der Genehmigungspflicht kommt aber eine derartige unmittelbare Geltung nicht zu. Sie bedarf vielmehr noch der - vor Inkrafttreten des TKG n.F. nicht erfolgten - Umsetzung in der Form der Ge- nehmigungserteilung.
Wollte man demgegenüber § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG n.F. auch auf festgestellte Verpflichtungen der vorliegenden Art anwenden, so würde damit praktisch die alte Rechtslage nach § 25 Abs. 1 TKG a.F. perpetuiert. Denn der Regelungsgehalt des umstrittenen feststellenden Verwaltungsakts konkretisiert nur den Genehmigungsgegenstand, geht ansonsten jedoch nicht über das hinaus, was bereits in § 25 Abs. 1 TKG a.F. allgemein geregelt war. Eine derartige Fortschreibung des alten Rechtszustands widerspräche aber der Regelung des § 152 Abs. 2 TKG n.F., wonach das TKG a.F. am Tage nach der Verkündung des TKG n.F. außer Kraft getreten ist.
Auch ist kein sachlich einleuchtender Grund dafür erkennbar, einem die Genehmigungspflichtigkeit bestimmter Entgelte nur feststellenden Verwaltungsakt eine den alten Rechtszustand stärker fortschreibende Wirkung beizumessen als einer im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen, gemäß § 28 Abs. 3 TKG a.F. in aller Regel aber lediglich befristeten Entgeltgenehmigung. Letztere träte - mit Ausnahme der inzident getroffenen Feststellung marktbeherrschender Stellung (§ 150 Abs. 1 Satz 1 und 2 TKG n.F.) - mit Ablauf der Befristung außer Kraft und könnte an- schließend nur nach den gerade für Endnutzerentgelte i.S.d. § 39 Abs. 1 TKG n.F. vollkommen unterschiedlichen Bestimmungen des TKG n.F. erteilt werden,
vgl. auch Scherer/Mögelin, K&R 2004, Beilage 4, S. 3 (13).
Außerdem leitet § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG n.F. nur getroffene Feststellungen marktbeherrschender Stellungen sowie die "daran anknüpfenden" Verpflichtungen über. Das zeigt, dass zwischen der marktbeherrschenden Stellung und der entsprechenden Verpflichtung ein enger Zusammenhang bestehen muss. Davon kann im vorliegenden Falle aber nicht die Rede sein. Denn entscheidend dafür, ob Entgelte der Klägerin nach altem Recht der Genehmigungspflicht unterliegen oder nur expost reguliert werden, ist nicht das Kriterium der marktbeherrschenden Stellung, sondern die Frage, ob die Entgelte für das Angebot von Übertragungswegen und Sprachtelefondienst im Rahmen der Lizenzklassen 3 und 4 erhoben (§ 25 Abs. 1 TKG a.F.) oder ob sie für andere Telekommunikationsdienstleistungen (§ 25 Abs. 2 TKG a.F.) verlangt werden. Die marktbeherrschende Stellung ist zwar in beiden Fällen für die Regulierungsbedürftigkeit als solche zusätzlich erforderlich, doch stellt sie nicht das Unterscheidungskriterium für die Exante oder die Expost-Regulierung dar.
Der fehlende Zusammenhang zwischen der Feststellung der marktbeherrschenden Stellung und der Feststellung der Genehmigungspflicht zeigt sich auch daran, dass hier zwischen den Beteiligten gar kein Streit über die Frage der Marktbeherrschung bestand. Vielmehr war umstritten, ob es sich bei den Paketangeboten insgesamt um Sprachtelefondienst i.S.d. § 25 Abs. 1 TKG a.F. handelte. Nur insoweit bestand ein hinreichender Grund für einen die Genehmigungspflicht feststellenden Verwaltungsakt. Denn legitimer Zweck eines solchen Verwaltungsakts konnte es nur sein, die Frage der Genehmi- gungspflichtigkeit bestimmter Entgelte im Interesse der Rechtssicherheit vorab und außerhalb eines aufwändigen Genehmigungsverfahrens zwischen den unmittelbar Beteiligten verbindlich zu klären,
vgl.: OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2001 - 13 A 2940/00 -; VG Köln, Urteil vom 6. April 2000 - 1 K 7606/97 -, JURIS.
Die vorstehende Auslegung des § 150 Abs. 1 Satz 1 TKG n.F. verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht.
Wie die Entwurfsbegründung
vgl. BT-Drs. 755/03 S. 143,
zeigt, setzt diese Vorschrift die europarechtlichen Vorgabe des Art. 27 Rahmenrichtlinie und des Art. 7 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung, ABl. EG Nr. L 108 S.7, (Zugangsrichtlinie) um.
Nach Art. 27 Rahmenrichtlinie erhalten die Mitgliedstaaten alle im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verpflichtungen nach Art. 7 Zugangsrichtlinie und nach Art. 16 Universaldienstrichtlinie aufrecht, bis eine nationale Regulierungsbehörde gemäß Art. 16 Rahmenrichtlinie über diese Verpflichtungen beschließt. Art. 7 Zugangsrichtlinie ist im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägig, da diese Vorschrift bestimmte nach altem Gemeinschaftsrecht geltende Verpflichtungen in Bezug auf den Zugang und die Zusammenschaltung
- es handelt sich im Einzelnen um die Verpflichtungen aus Art. 4, 6, 7, 8, 11, 12, und 14 der Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997, ABl. EG Nr. L 199, S. 32, (Zusammenschaltungsrichtlinie), Art. 16 Sprachtelefondienstrichtlinie sowie Art. 7 und 8 der Richtlinie 92/44/EWG des Rates vom 5. Juni 1992 zur Einführung des offenen Netzzugangs bei Mietleitungen, ABl. EG Nr. L 165, S. 27,(Mietleitungsrichtlinie) -,
nicht jedoch in Bezug auf Endnutzerleistungen betrifft.
Art. 16 Universaldienstrichtlinie bezieht sich zwar auf Endnutzertarife, doch ergibt sich aus dieser Vorschrift keine Verpflichtung, solche Tarife einem Genehmigungsverfahren zu unterwerfen. Zu den gemäß Art. 16 Abs. 1 Universaldienstrichtlinie i.V.m. Art 17 Sprachtelefondienstrichtlinie von den Mitgliedstaaten aufrecht zu erhaltenden Verpflichtungen gehören nämlich nur die dort näher beschriebenen Tarifgrundsätze der Kostenorientierung nach Anhang II, 4 der Richtlinie des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs, ABl. EG Nr. L 192 S. 1, (ONP-Richtlinie) und der hinreichenden Aufgliederung. Die Einhaltung dieser Tarifgrundsätze muss nicht notwendigerweise exante, noch dazu im Wege einer Genehmigung, erfolgen; dies kann vielmehr auch im Wege der nachträglichen Kontrolle geschehen. Die Art des Entgeltregulierungsverfahrens war somit im alten Gemeinschaftsrecht nicht vorgeschrieben und stand somit im Ermessen der Mitgliedstaaten. Unter diesen Umständen bestand für den europäischen Gesetzgeber auch kein Grund, aus Anlass des neuen Richtlinienpakets vom 7. März 2002 die Mitgliedstaaten zur Aufrechterhaltung ihres jeweiligen formellen Regulierungsregimes zu verpflichten.
Soweit demgegenüber teilweise die Auffassung vertreten wird
so: Stotz, MMR 2004, 834 (835),
aus Art. 17 Abs.1 Sprachtelefondienstrichtlinie ergebe sich deshalb eine Verpflichtung zur Exante-Kontrolle, weil der deutsche Gesetzgeber diese Bestimmung in der Form einer Genehmigungspflicht umgesetzt habe, wird der Inhalt dieser Vorschrift
- "Unbeachtet der besonderen Bestimmungen des Artikels 3 über die Erschwinglichkeit der Dienste oder des Absatzes 6 stellen die nationalen Regulierungsbehörden sicher, dass Organisationen - die Sprachtelefondienste bereitstellen und entweder über beträchtliche Marktmacht verfügen ...., die Bestimmungen dieses Artikels einhalten". -
verkannt. Schon ihr eindeutiger Wortlaut zeigt, dass nur solche Verpflichtungen gemeint sein können, welche die beträchtlich marktmächtigen Anbieter betreffen, nicht jedoch die Überprüfungs- und Sicherstellungsverpflichtungen der nationalen Regulierungsbehörden. Abgesehen davon muss die geforderte Sicherstellung - wie bereits ausgeführt -nicht notwendigerweise in einem Genehmigungsverfahren erfolgen. Nicht einmal in dem jetzt geltenden Gemeinschaftsrecht wird eine Exante- Genehmigungspflicht begründet. Vielmehr heißt es in Art.13 Abs. 3 Zugangsrichtlinie, es obliege dem Betreiber, "gegebenenfalls nachzuweisen, dass die Preise sich aus den Kosten sowie einer angemessenen Investitionsrendite errechnen".
Schließlich entsteht durch die hier vorgenommene Auslegung des § 150 Abs. 1 S. 1 TKG n.F. keine unvertretbare Regelungslücke für den Übergangszeitraum bis zum Erlass der Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 3 TKG n.F.. Denn nach § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG n.F. unterliegen Entgelte der Klägerin für Endnutzerleistungen, die keiner Entgeltgenehmigung unterworfen worden sind, auf jeden Fall der nachträglichen Regulierung nach Maßgabe von § 38 Abs. 4 i.V.m. § 28 TKG n.F.. Das gilt mangels anderweitiger Regelung auch für die Zeit, in der - wie hier - noch keine negative, die Unterwerfung unter die Genehmigungspflicht ausdrücklich ablehnende Regulierungsverfügung ergangen ist. Außerdem ist die Regulierungsbehörde nicht auf die nachträgliche Überprüfung beschränkt, sondern kann unter den Voraussetzungen des § 38 Abs. 3 S. 2 und 3 TKG n.F. gegen Entgeltmaßnahmen, welche mit § 28 TKG n.F. offenkundig unvereinbar sind, schon vor deren Einführung vorgehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 135 S. 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
VG Köln:
Urteil v. 07.07.2005
Az: 1 K 4556/04
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