Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 4. Dezember 2003
Aktenzeichen: 20 W 232/03

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 04.12.2003, Az.: 20 W 232/03)

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat der Beteiligten zu 2) die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu erstatten.

Beschwerdewert: 200.000,-- EUR.

Gründe

I.

Nachdem die Beteiligte zu 2) bereits den Jahresabschluss der Betroffenen für das Geschäftsjahr 2000/2001 geprüft hatte, wurde sie durch Beschluss der Hauptversammlung der Betroffenen vom ... Februar 2002 auch zur Abschlussprüferin für das am 01. Oktober 2001 beginnende Geschäftsjahr 2001/2002 bestellt. Der Prüfungsauftrag wurde durch den Aufsichtsrat der Betroffenen mit Schreiben vom ... März 2002 erteilt.

Über das Vermögen der Betroffenen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom ... Mai 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Antragsteller forderte die Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom ... August 2002 auf, ihr Amt als Abschlussprüferin niederzulegen und kündigte an, anderenfalls kurzfristig beim zuständigen Registergericht einen Antrag auf Neubestellung des Abschlussprüfers zu stellen.

Die Beteiligte zu 2) lehnte eine Amtsniederlegung ab und reichte am ... September 2002 eine Schutzschrift gegen eine zu beantragende Abberufung ein.

Sodann beantragte der Antragsteller mit Schreiben vom 11. Oktober 2002 € bei Gericht eingegangen am 15. Oktober 2002- die Bestellung eines anderen Abschlussprüfers für das Rumpfgeschäftsjahr 2001/2002, da begründete Zweifel an einer unvoreingenommenen Prüfung durch die Beteiligte zu 2) bestünden.

Das Amtsgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 11. Oktober 2002 zurück.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wurde durch Beschluss des Landgerichts vom 03. Juni 2003 zurückgewiesen. Hierbei wurde zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, eine gerichtliche Ersetzung der Beteiligten zu 2) als Abschlussprüferin wegen Besorgnis der Befangenheit komme wegen Ablaufs der Antragsfrist nicht in Betracht, des Weiteren liege auch keine Nichtigkeit der Bestellung der Beteiligten zu 2) zur Abschlussprüferin aufgrund deren früherer Beratungstätigkeiten vor.

Gegen den ihm am 11. Juni 2003 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 25. Juni 2003 sofortige weitere Beschwerde erhoben, mit der er im Wesentlichen geltend macht, ein vom Insolvenzverwalter gestellter Antrag auf Ersetzung des Abschlussprüfers unterliege nicht der Frist des § 318 Abs. 3 Satz 2 HGB. Im Übrigen habe er zum Teil erst während des Ersetzungsverfahrens vor dem Amtsgericht gesicherte und ermittelte Kenntnis von den Umständen erfahren, die eine Abberufung rechtfertigten. Des Weiteren sei die Bestellung der Beteiligten zu 2) zur Abschlussprüferin gemäß § 319 Abs. 2 Ziffer 5 HGB nichtig, da sie durch umfangreiche Beratungstätigkeiten unternehmerische Entscheidungen bei der Aufstellung des Jahresabschlusses maßgeblich beeinflusst habe.

Die Beteiligte zu 2) verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie hält den Antrag auf Bestellung eines anderen Abschlussprüfers für verfristet und macht geltend, die Erbringung früherer beratender und unterstützender Leistungen führe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur Nichtigkeit der Bestellung zum Abschlussprüfer.

II.

Die gemäß §§ 145 Abs. 1, 146 Abs. 2, 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG statthafte und auch im Übrigen form- und fristgerecht erhobene und somit zulässige sofortige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Bestellung eines anderen Abschlussprüfers nach § 318 Abs. 3 HGB nicht in Betracht kommt. Gemäß § 318 Abs. 3 HGB hat das Gericht auf Antrag der gesetzlichen Vertreter, des Aufsichtsrates oder einer qualifizierten Minderheit von Aktionären einen anderen Abschlussprüfer zu bestellen, wenn dies aus einem in der Person des gewählten Prüfer liegenden Grundes geboten erscheint, insbesondere wenn Besorgnis der Befangenheit besteht. Der Antrag ist binnen zwei Wochen seit dem Tage der Wahl der Abschlussprüfer zu stellen. § 155 Abs. 3 Satz 1 InsO bestimmt, dass für die Bestellung des Abschlussprüfers im Insolvenzverfahren § 318 HGB mit der Maßgabe gilt, dass die Bestellung ausschließlich durch das Registergericht auf Antrag des Insolvenzverwalters erfolgt. Des Weiteren sieht § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO vor, dass die Wirksamkeit der Bestellung eines Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die Insolvenzeröffnung nicht berührt wird. Gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein neues Geschäftsjahr.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers wird durch diese Vorschriften in ihrer Gesamtschau für den Insolvenzverwalter kein von einer Antragsfrist unabhängiges Antragsrecht auf Abberufung des für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestellten Abschlussprüfers eröffnet. Durch § 155 Abs. 3 Satz 1 InsO entfällt zwar mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis der Gesellschaftsorgane gemäß § 318 HGB zur Bestellung des Abschlussprüfers. Ab diesem Zeitpunkt ist der Abschlussprüfer nur noch auf Antrag des Insolvenzverwalters und durch das Gericht zu bestellen. Durch § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO wird jedoch ausdrücklich klargestellt, dass die bereits zuvor durch die Organe der Gesellschaft erfolgte Bestellung des Abschlussprüfers durch die nachfolgende Eröffnung des Insolvenzverfahrens in ihrer Wirksamkeit nicht berührt wird. Damit wird durch die spezialgesetzliche Regelung des § 155 InsO für den Fall der Insolvenz eine klare zeitliche Zäsur durch den maßgeblichen Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung gezogen. Ab diesem Zeitpunkt kommt eine Bestellung des Abschlussprüfers durch die Gesellschaftsorgane nicht mehr in Betracht. Ist die Bestellung jedoch bereits vor der Insolvenzeröffnung erfolgt, so bleibt es dabei. Hieraus ergibt sich zugleich, dass das dem Insolvenzverwalter in § 155 Abs. 3 Satz 1 InsO eingeräumte Antragsrecht sich nur auf diejenigen Fälle bezieht, in welchen ein Abschlussprüfer für das mit der Insolvenzeröffnung beginnende neue Geschäftsjahr bestellt werden soll oder bezüglich des davor liegenden und durch die Insolvenzeröffnung vorzeitig beendeten Rumpfgeschäftsjahres eine Bestellung des Abschlussprüfers durch die Gesellschaftsorgane noch nicht oder nicht in wirksamer Weise erfolgt war. Insoweit enthält § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO bezüglich der Tätigkeit des bereits bestellten Abschlussprüfers zugleich eine gesetzliche Durchbrechung der insolvenzrechtlichen Grundregel, wonach zuvor erteilte Aufträge und Geschäftsbesorgungsverträge mit der Insolvenzeröffnung erlöschen (vgl. Smid, InsO, 2. Aufl., § 155 Rn. 74). Angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung kann der vereinzelt vertretenen Auffassung, es müsse dem Insolvenzverwalter möglich sein, einem vor Insolvenzeröffnung bestellten Abschlussprüfer, der sein Vertrauen nicht genieße, den Prüfungsauftrag zu entziehen und bei Gericht die Bestellung eines neuen Abschlussprüfers zu beantragen (so Kübler/Prütting, InsO, § 155 Rn. 71) nicht gefolgt werden (so auch Eickmann/Flessner/Irschinger, InsO, 2. Aufl., § 155 Rn. 16).

Somit kommt eine Ersetzung des zunächst durch die Gesellschaftsorgane wirksam vor Insolvenzeröffnung bestellten Abschlussprüfers aufgrund der Regelung des § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO nur nach Maßgabe des § 318 Abs. 3 HGB in Betracht. Dabei ist bereits zweifelhaft, ob der Insolvenzverwalter insoweit überhaupt antragsberechtigt sein kann, da § 318 Abs. 3 Satz 1 HGB bei der Aktiengesellschaft ein Antragsrecht nur für die gesetzlichen Vertreter, den Aufsichtsrat, eine qualifizierte Minderheit von Aktionären oder die Aufsichtsbehörde vorsieht. Mit der Insolvenzeröffnung geht gemäß § 80 Abs. 1 InsO zwar das Recht zur Verwaltung und Verfügung über das zur Insolvenzmasse gehörende Gesellschaftsvermögen über. Damit tritt der Insolvenzverwalter jedoch nicht vollständig an die Stelle des Vorstandes und des Aufsichtsrates als Gesellschaftsorgane der gemäß § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG aufgelösten Gesellschaft. Deshalb wird teilweise ein Antragsrecht des Insolvenzverwalters nach § 318 Abs. 3 HGB insgesamt abgelehnt (so LG Hamburg ZIP 1985, 805 zu § 6 Abs. 4 PublG; Ensthaler, GK HGB, 6. Aufl., § 318 Rn. 6; Budde/Steuber, Bilanzkommentar, § 318 HGB Rn. 18).

Für den vorliegenden Fall kann diese Frage jedoch dahin stehen. Denn auch wenn man dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit der Antragstellung nach § 318 Abs. 3 HGB auf Ersetzung des durch die Gesellschaftsorgane für das Rumpfgeschäftsjahr vor der Insolvenzeröffnung bereits wirksam bestellten Abschlussprüfers grundsätzlich zubilligt, müssen die übrigen Voraussetzungen des § 318 Abs. 3 HGB erfüllt sein. Deshalb ist ein solcher Antrag auch für den Insolvenzverwalter daran gebunden, dass er innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 318 Abs. 2 gestellt wurde. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 318 Abs. 3 Satz 2 HGB beginnt der Lauf dieser Ausschlussfrist von zwei Wochen mit dem Tag der Wahl der Abschlussprüfer. Nach der Intention des Gesetzes soll das Verfahren zur Abberufung eines gewählten und nicht nach § 319 Abs. 2 oder 3 HGB ausgeschlossenen Abschlussprüfers nur aus gewichtigen Gründen eingeleitet werden können, damit von der Sache her nicht gebotene Verzögerungen unterbleiben. Im Hinblick auf die Bedeutung, die dem Jahresabschluss und dem Bestätigungsvermerk für große Kapitalgesellschaften zukommen, soll durch die gesetzliche Regelung eine längere Ungewissheit darüber, ob ein von der Hauptversammlung gewählter Prüfer gemäß § 318 Abs. 3 HGB ersetzt werden soll, vermieden werden (vgl. BayObLG FGPrax, 2002, 79, MünchKomm/Ebke, HGB, § 318 Rn. 55). Deshalb vermag der Senat sich nicht der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung anzuschließen, wonach die Frist erst dann zu Laufen beginnen soll, wenn der Ersetzungsgrund dem Antragsberechtigten bekannt wird (so MünchKomm/Ebke, a.a.O. § 318 Rn. 45; Ensthaler, GK HGB, 6. Aufl., § 318 Rn. 6; Hartmann, Bilanzrecht der GmbH, S. 104 f; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 42 Rn. 29; Ebenroth/Boujong/Joost/Wiedmann, HGB, § 318 Rn. 19). Es kann dahinstehen, ob ein nachträgliches Antragsrecht ausnahmsweise für diejenigen Fällen zugebilligt werden sollte, in welchen Ersetzungsgründe im Sinne des § 318 Abs. 3 HGB erst nachträglich nach der Wahl des Abschlussprüfers entstehen und deshalb innerhalb der gesetzlichen Frist des § 318 Abs. 3 Satz 2 von vornherein nicht geltend gemacht werden konnten (insoweit bejahend Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 318 Rn. 346; ; Kölner Kommentar/Claussen/Korth, AktG, § 318 HGB Rn. 49). Jedenfalls für den hier gegebenen Fall, dass die behaupteten Ersetzungsgründe von Beginn an vorgelegen haben, muss jedoch nach dem eindeutigen Zweck des Gesetzes, schnellstmöglich eine endgültige Klarheit über die Person des Abschlussprüfers herbeizuführen und unter dem Aspekt der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit von einer strikten Wirkung der Ausschlussfrist mit Beginn ab dem gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Zeitpunkt der Wahl ausgegangen werden (so auch Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., § 318 Rn.340 und 345; Hense/Veltins, a.a.O., § 318 Rn. 20; Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 246 Anm. 20 ff; Hoffmann/Becking, Münchner Handbuch des Gesellschaftsrecht: Aktiengesellschaft, 2. Aufl., § 44 Rn. 6; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 318 Rn. 6). Auch der Bundesgerichtshof lässt in seiner Entscheidung vom 25. November 2002 erkennen, dass er für den Beginn der zweiwöchigen Antragsfrist des § 318 Abs. 3 Satz 2 HGB den Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses für maßgeblich erachtet (NZG 2003, 216, 219). Danach war der erst 6 Monate nach der Wahl der Bet. zu 2) zur Abschlussprüferin bei Gericht eingegangene Antrag verspätet.

Im Übrigen hat bereits das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frist des § 318 Abs. 3 Satz 2 HGB vorliegend auch dann nicht eingehalten wäre, wenn man für deren Beginn auf die Kenntnis der geltend gemachten Ersetzungsgründe abstellen würde. Denn der Antragsteller hat mit seinem Schreiben vom ... August 2002, mit welchem er die Beteiligte zu 2) zur Niederlegung ihres Amtes als Abschlussprüferin veranlassen wollte, zu erkennen gegeben, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt über Kenntnisse verfügte, die aus seiner Sicht einen Ersetzungsantrag rechtfertigen konnten. Denn schon in diesem Schreiben wurde für den Fall der Ablehnung einer freiwilligen Amtsniederlegung angekündigt, die Gründe für ein mangelndes Vertrauen des Antragstellers in die weitere Tätigkeit der Bet. zu 2) sowie die Unstimmigkeiten bei deren bisheriger Tätigkeit als Abschlussprüferin und Beraterin der Betroffenen in einem Antrag auf Bestellung eines neuen Abschlussprüfers umfassend darzulegen und zu begründen. Hiermit wurden stichwortartig bereits diejenigen Umstände umschrieben, die der Antragsteller sodann in seinem am 15. Oktober 2002 bei Gericht eingegangenen Antrag und den späteren Begründungen im einzelnen näher ausgeführt und umschrieben hat. Auch wenn der Antragsteller von einzelnen Details durch Befragung von Unternehmensangestellten und Sichtung der Unterlagen erst nach Abfassung des Schreibens vom ... August 2002 erfahren haben mag, lässt dieses Schreiben doch erkennen, dass er im Kernbereich schon zu diesem Zeitpunkt über hinreichende Kenntnis von möglichen Ersetzungsgründen verfügte, die ihm eine Antragstellung bei Gericht ermöglicht hätten. Die vom Gesetzgeber durch die Setzung einer kurzen Frist beabsichtigte schnellstmögliche Schaffung von Klarheit über die Person des Abschlussprüfers kann aber nicht dadurch unterlaufen werden, dass ihr Beginn auf den Zeitpunkt der von dem Antragsteller postulierten Erlangung gesicherter umfangreicher Kenntnis von Abberufungsgründen verschoben wird. Diese Argumentation wird auch von den Stimmen in der Literatur nicht gestützt, die grundsätzlich im Falle der nachträglichen Erlangung der Kenntnis von Ersetzungsgründen unter Abweichung vom Gesetzeswortlaut einen Beginn der Frist erst mit diesem Zeitpunkt annehmen. Denn im Falle einer derart extensiven Auslegung könnte der jeweilige Antragsteller durch die Ausgestaltung seiner eigenen Nachforschungen den Beginn der Frist maßgeblich beeinflussen und hinausschieben. Dies ist jedoch mit der Intention des Gesetzes, die Position des Abschlussprüfers zu stärken und schnellstmöglich nach dessen Wahl durch die Gesellschaftsorgane Klarheit über eine mögliche Abberufung zu schaffen, nicht vereinbar. Eine Ersetzung der Bet. zu 2) als Abschlussprüferin nach § 318 Abs. 3 HGB kommt deshalb nicht in Betracht.

Des Weiteren hat das Landgericht zutreffend entschieden, dass die Bestellung eines neuen Abschlussprüfers auch nicht nach § 318 Abs. 4 HGB erfolgen kann. Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag ein Abschlussprüfer vom Gericht zu bestellen, wenn ein solcher bis zum Ablauf des Geschäftsjahres nicht gewählt wurde oder ein gewählter Abschlussprüfer die Annahme des Prüfungsauftrages abgelehnt hat, weggefallen ist oder am rechtzeitigen Abschluss der Prüfung verhindert ist, ohne dass ein anderer Abschlussprüfer gewählt worden ist. Dabei ist anerkannt, dass ein Anwendungsfall des § 318 Abs. 4 Satz 2 HGB auch dann gegeben ist, wenn die Wahl eines Abschlussprüfers wegen Vorliegen von absoluten Ausschlussgründen gemäß § 319 Abs. 2 und 3 HGB nichtig ist (vgl. MünchKomm/Ebke, a.a.O., § 319 An. 63; Ensthaler, a.a.O., § 318 Rn. 10; Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., § 318 Rn. 387, Hense/Veltins, a.a.O., § 318 Rn. 30; Ebenroth/Boujong/Joost/Wiedmann, a.a.O., § 318 Rn. 22). Der hier allein in Betracht kommende Nichtigkeitsgrund des § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB ist jedoch, wie das Landgericht zu Recht erkannt hat, nicht gegeben.

Gemäß § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB darf ein Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer dann nicht Abschlussprüfer sein, wenn er oder eine Person, mit der er seinen Beruf gemeinsam ausübt, bei der Führung der Bücher oder der Aufstellung des zu prüfenden Jahresabschlusses der Kapitalgesellschaft über die Prüfungstätigkeit hinaus mitgewirkt hat. Eine derartige Mitwirkung ist aufgrund der von dem Antragsteller näher geschilderten früheren Beratungstätigkeit der Beteiligten zu 2) für die Betroffene nicht gegeben. Zu dem absoluten Ausschlussgrund des § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB hat der Bundesgerichtshof in seiner sog. ...-Entscheidung (BGHZ 135, 260) ausgeführt, dass die Beratung eines Auftraggebers in wirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten mit einer Abschlussprüfung durch denselben Wirtschaftsprüfer grundsätzlich vereinbar ist. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der Gesetzgeber des Bilanzrichtliniengesetzes bewusst auf eine obligatorische Trennung von Prüfung und Beratung durch Zurückweisung entsprechender Gesetzesanträge verzichtet hat (vgl. BT-Drucks. 10/4268, S. 118). Eine solche Beratung könne jedoch nach Art und Umfang im Einzelfall eine unzulässige Mitwirkung im Sinne des § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB darstellen. Dies sei im Regelfall erst dann gegeben, wenn die Beratung über die Darstellung von Alternativen im Sinne der Entscheidungshilfe hinausgehe, insbesondere der Berater selbst anstelle des Mandanten eine unternehmerische Entscheidung in Bezug auf den zu überprüfenden Jahresabschluss treffe. Damit stellt der Bundesgerichtshof für die gebotene Abgrenzung zwischen zulässiger Beratung und unzulässiger Mitwirkung entscheidend auf das Kriterium der funktionalen Entscheidungszuständigkeit ab. Nach diesen Grundsätzen ist das Landgericht zutreffend zu der Einschätzung gelangt, dass eine unzulässige Mitwirkung vorliegend nicht gegeben ist, da auch nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers dessen Nachforschungen ergeben haben, dass trotz der umfangreichen Beratungstätigkeiten der Beteiligten zu 2) die Entscheidungskompetenz bei den jeweiligen Vorstandsmitgliedern der Betroffenen nach vorausgegangener Berichterstattung der Beteiligten zu 2) verblieb. Von einer Entscheidungsverlagerung auf die Beteiligte zu 2) oder einer vergleichbaren Einflussnahme im Sinne einer Mitwirkung gemäß § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB kann deshalb nicht ausgegangen werden.

Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis des Antragstellers, von den Zahlungen der Betroffenen an die Beteiligte zu 2) in Höhe von insgesamt ca. 1,2 Millionen Euro seien lediglich 300.000,-- EUR auf die Prüfung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2001/2002 entfallen, wo hingegen der weit überwiegende Teil von 900.000,-- EUR für die Beratungstätigkeiten aufgewendet worden seien. Denn für eine Inhabilität im Sinne des § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB kommt es nicht auf den Umfang der Beratungstätigkeiten und die Höhe des hierfür angefallenen Honorars, sondern auf die funktionale Entscheidungszuständigkeit an. Demgegenüber spielt die Höhe des Honorars des Wirtschaftsprüfers für die Frage der Inhabilität lediglich im Rahmen des § 319 Abs. 2 Ziffer 8 HGB eine entscheidende Rolle, für dessen Vorliegen hier jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.11.2002 (NZG 2003, 216). Vielmehr hat der Bundesgerichtshof dort die in der ... Entscheidung entwickelten Grundsätze zur Inhabilität des Abschlussprüfers gemäß § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB nochmals bestätigt und entschieden, dass eine frühere gutachterliche Tätigkeit sowie eine in diesem Zusammenhang gerügte unsachgemäße Vorgehensweise keinen Nichtigkeitsgrund nach § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB begründen, sondern lediglich die nur innerhalb kurzer Fristen gegebene Möglichkeit der Erhebung einer Anfechtungsklage gemäß § 243 Abs. 1 AktG oder eines Ersetzungsantrages gemäß § 318 Abs. 3 HGB eröffnen können.

Die sofortige weitere Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO, wobei der Senat sich an der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung des Beschwerdegerichtes orientiert hat.

Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ergibt sich aus § 31 Abs. 1 Ziffer 2 FGG.






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 04.12.2003
Az: 20 W 232/03


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