Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 5. Februar 2009
Aktenzeichen: 6 U 216/07
(OLG Hamburg: Urteil v. 05.02.2009, Az.: 6 U 216/07)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1.) und 3.) wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 10, vom 17. August 2007 (Az.: 310 O 431/06) abgeändert:
Die Klage gegen die Beklagten zu 1.) und 3.) wird abgewiesen.
Von den in erster Instanz angefallenen Gerichtskosten tragen der Kläger 2/3 und der Beklagte zu 2.) 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.) und 3.) trägt der Kläger. Von den erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte zu 2.) 1/3. Im Übrigen trägt jede Partei ihre erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und der Beklagte zu 2.) dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt mit seiner auf § 42 Abs. 2 BGB gestützten Klage von den Beklagten die Erstattung einer Zahlung, die diese als Vorstandsmitglieder des H. e.V. nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet haben sollen.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter des H. e.V. (im Folgenden: Schuldner), über dessen Vermögen mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 1. August 2003 aufgrund eines Eigenantrags vom 16.Mai 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Die Beklagten zu 1.) und 3.) waren ebenso wie der mit der Klage als Beklagter zu 2.) in Anspruch genommene A. von Juli 2001 bis zum 25. April 2003 Mitglieder des Vorstands des Schuldners.
Am 17. April 2003 leistete der Schuldner an die X. KG € 12.760,-. Die Zahlung erfolgte in der Weise, dass die X. KG einen von der M. GmbH ausgestellten Scheck erhielt. Die M. GmbH besaß hinsichtlich der Footballmannschaft des Schuldners die Vermarktungsrechte. Auf welche Weise die Übergabe des Schecks erfolgte, ist streitig. Die Erstattung dieser Zahlung ist Gegenstand der Klage.
Mit Teil-Versäumnis-Urteil vom 21. Februar 2007 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 18. April 2007 wurde der Beklagte zu 2.) € gegebenenfalls als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1.) und 3.) € verurteilt, an den Kläger € 12.760,- zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. März 2005 zu zahlen. Die Kostenentscheidung wurde dem Schlussurteil vorbehalten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten zu 1.) und 3.) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger € 12.760,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 5. März 2005 zu zahlen.
Die Beklagten zu 1.) und 3.) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit Urteil vom 17. August 2007 hat das Landgericht der Klage unter teilweiser Abweisung des Zinsanspruches hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben. Die Kosten des Rechtsstreits wurden den Beklagten zu 1.), 2.) und 3.) als Gesamtschuldner auferlegt. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, die §§ 64 Abs.2 GmbHG (a.F.= § 64 GmbHG (n.F.), 93 Abs. 3 Nr.6 i.V.m. 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs. 2 GenG seien auf Ansprüche gegen die Vorstandsmitglieder eines Vereins auf Erstattung der Zahlungen, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet haben, anlog anzuwenden. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass im Vereinsrecht eine entsprechende Regelungslücke bestehe, die nach dem Gebot der Gleichbehandlung des Gleichartigen im Vereinsrecht im Wege der Gesamtanalogie zu den genannten Vorschriften zu schließen sei (MünchKommBGB/Reuter, 5. Aufl. § 42 Rz.17; Wischemeyer DZWIR 2005, 230). Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die streitgegenständliche Zahlung nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet worden sei. Insolvenzreife sei jedenfalls mit dem 17. Januar 2003 eingetreten, da der Schuldner zu diesem Zeitpunkt gemäß § 17 Abs. 2 InsO zahlungsunfähig gewesen sei. Der Schuldner sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage gewesen, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen, da diese € 264.000,- betragen und ihnen liquide Mittel lediglich in Höhe von maximal € 80.034,80 gegenüber gestanden hätten. Soweit die Beklagten zu 1.) und 3.) die Zahlungsunfähigkeit erstmals mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 bestritten hätten, sei dieses Bestreiten gemäß § 296a ZPO unbeachtlich, da das Bestreiten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung, in der den Beklagten zu 1.) und 3.) Schriftsatznachlass lediglich zu den gerichtlichen Hinweisen eingeräumt gewesen sei, die die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nicht zum Gegenstand hatten, erfolgt sei. Das Landgericht hat offen gelassen, ob die Zahlung vom 17. April 2003 entsprechend dem Klägervortrag in der Weise erfolgte, dass der Schuldner einen von der M. GmbH ausgestellten Scheck an die X. KG weiterreichte oder ob die M. GmbH den Scheck der X. KG übergab, wie die Beklagten behaupten. Da nach dem Vortrag der Beklagten zu 1.) und 3.) die Übergabe des Schecks vor dem Hintergrund einer der M. GmbH im Dezember 2002 angezeigten Sicherungsabtretung der ihr gegenüber bestehenden Ansprüche des Schuldners an die X. KG erfolgt und der Scheck daher zur Tilgung der aufgrund der behaupteten Sicherungsabtretung bestehenden Verbindlichkeit überreicht worden sei, handele es sich um eine Zahlung eines Dritten an den Gläubiger auf Veranlassung des Schuldners und damit um eine Zahlung im Sinne des § 64 Abs. 2 GmbHG.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Die Beklagten zu 1.) und 3.) haben gegen dieses ihnen am 21.August 2007 zugestellte Urteil mit ihrem am 20. September 2007 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese am 18. Oktober 2007 begründet.
Die Beklagten halten eine analoge Anwendung der Grundsätze zur Haftung gemäß §§ 64 Abs. 2 GmbHG (a.F), 93 Abs. 3 Nr.6 i.V.m. 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs.2 GenG auf den Vorstand eines Vereins für rechtsfehlerhaft. Sie sind außerdem der Auffassung, das Landgericht sei deshalb zu Unrecht von einer Deckung des von der M. GmbH ausgestellten Schecks ausgegangen, weil es erheblichen Vortrag der Beklagten übergangen habe. Denn sie hätten mit Schriftsatz vom 15. Juni 2007 ausdrücklich auf die Möglichkeit verwiesen, von § 142 ZPO Gebrauch zu machen. Die Beklagten tragen außerdem vor, mit ihrem Schriftsatz vom 22. Mai 2007 sei darauf hingewiesen worden, dass der Beklagte zu 1.) seinerzeit geglaubt habe, der Scheckbetrag sei der Fa. X. gutgeschrieben worden, dass es sich aber um einen Irrtum gehandelt haben müsse, da das Geschäftskonto der Schuldnerin ab dem 28. März 2003 durch das Finanzamt Hamburg gepfändet worden sei und daher Zahlungen nicht hätten vorgenommen werden können. Hinsichtlich der vom Landgericht festgestellten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners weisen die Beklagten auf ihr Bestreiten mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 hin.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. August 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen
Der Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft € wie im Übrigen auch die Beklagten € seinen Vortrag erster Instanz. Auf die entsprechenden Hinweise des Senats trägt der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 8. Dezember 2008 zu den Hintergründen der Zahlung durch die M. GmbH vor und macht Rechtsausführungen zur Anwendbarkeit des § 42 BGB.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist unbegründet, weil das Landgericht zwar zutreffend von einer Zahlung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (1.) ausgegangen ist, eine analoge Anwendung der §§ 64 Abs.2 GmbHG a.F., 93 Abs. 3 Nr.6 i.V.m. 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs. 2 GenG auf Ansprüche gegen die Vorstandsmitglieder eines Vereins auf Erstattung der Zahlungen, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet haben, jedoch nicht in Betracht kommt (2.) und der Anspruch auch nicht auf § 42 Absatz 2 BGB gestützt werden kann (3.).
1.) a.) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Schuldner am 17. Januar 2003 zahlungsunfähig war.
Der Kläger hat mit der Klage unter Benennung der liquiden Mittel des Schuldners und seiner fälligen Verbindlichkeiten zum Stichtag 17. Januar 2003 die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dargelegt. Die Beklagten haben hierzu weder mit der Klagerwiderung vom 7. März.2007 (Bl.41) noch mit Schriftsatz vom 22. Mai 2007 (Bl.63 f u. Bl. 66 f d.A.) Stellung genommen. Erst im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2007, in der den Beklagten Gelegenheit zur schriftsätzlichen Stellungnahme zu den gerichtlichen Hinweisen € zur geltend gemachten Zahlungsunfähigkeit erfolgte ein gerichtlicher Hinweis nicht € gegeben wurde, haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 unter Darlegung der nach ihrer Auffassung zu Unrecht von dem Kläger nicht berücksichtigten Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bestritten. Da den Beklagten Schriftsatznachlass lediglich zu den gerichtlichen Hinweisen eingeräumt worden sei, diese jedoch nicht die Zahlungsunfähigkeit zum Gegenstand hatten, hat das Landgericht diesen Vortrag der Beklagten gemäß § 296a ZPO zu Recht nicht berücksichtigt, mit der Folge, dass die Beklagten auch in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 1 ZPO mit diesem Vortrag ausgeschlossen sind.
b.) Das Landgericht ist auch zu Recht von einer Deckung des von der M. GmbH ausgestellten Schecks ausgegangen und hat das Bestreiten der Deckung durch die Beklagten rechtsfehlerfrei als unbeachtlich gewertet. Denn wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, steht das Bestreiten zum einen im Widerspruch zu dem Schreiben des Beklagten zu 1.) vom 24. Juni 2003 (Anlage K 10), mit dem dieser mitgeteilt hat, dass der Scheck in Höhe von € 12.760,00 für die Firma X. KG dieser Gesellschaft überreicht und deren Konto gutgeschrieben worden sei. Zum anderen haben die Beklagten im Anschluss an ihr Bestreiten in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2007 mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 selbst ausgeführt, dass die Ausführungen des Beklagten zu 1.) in der Anlage K 10 insoweit zutreffend seien, lediglich nicht den klarstellenden Hinweis enthielten, dass der streitgegenständliche Scheck nicht von dem klagenden Verein stammte, sondern von der M. GmbH. Hieran müssen sich die Beklagten festhalten lassen. Da der Beklagte zu 1.) Geschäftsführer der X. KG ist, wäre es auch Sache der Beklagten, durch Vorlage der Kontounterlagen eine etwaige Nichtdeckung des Schecks zu belegen. Auf die Kontoauszüge des Schuldners, deren Vorlage durch den Kläger von den Beklagten erstinstanzlich angeregt wurde, kommt es mithin nicht an.
Dahinstehen kann, ob das Landgericht die Frage, ob die streitgegenständliche Zahlung in der Weise erfolgte, dass der Schuldner einen von der M. GmbH ausgestellten Scheck an die Fa. X. KG weiterreichte (Klägervortrag) oder ob die MNP GmbH den Scheck der Fa. X. direkt übergab (Beklagtenvortrag), zu Recht mit der Begründung offengelassen hat, auch die Zahlung eines Dritten an den Gläubiger auf Veranlassung des Schuldners begründe eine Zahlung des Schuldners im Sinne des § 64 Abs. 2 GmbHG. Denn aus den unter Ziffer 2.) darzulegenden Gründen scheidet eine analoge Anwendung der §§ 64 GmbHG, 93 Abs. 3 Nr.6 i.V.m § 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs.3 Nr. 4 GenG auf Vereinsvorstände zur Überzeugung des Senats aus.
Die Beklagten machen schließlich ohne Erfolg geltend, hinsichtlich der von ihnen behaupteten Abtretung der Forderung gegenüber der M. an die Fa. X. sei das Landgericht zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, wegen des Auftretens des Beklagten zu 1.) für beide Vertragsparteien liege ein Insichgeschäft vor, das gemäß § 181 BGB nichtig sei. Denn die behauptete Abtretung wäre zwar nicht nichtig, sondern bis zur Erteilung einer Genehmigung durch beide Vertretenen schwebend unwirksam (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl. § 181 Rz. 15). Eine derartige nachträgliche Genehmigung behaupten die Beklagten allerdings selbst nicht.
2.). Eine entsprechende Anwendung der §§ 64 Abs. 2 GmbHG ((a.F.) jetzt § 64 GmbHG), 93 Abs. 3 Nr. 6 i.V.m § 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs.2 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr.4 GenG auf Vereinsvorstände ist zur Überzeugung des Senats nicht gerechtfertigt. Sie scheidet bereits mangels einer planwidrigen Regelungslücke aus. Außerdem fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage.
a) Ob die Vereinsvorstände analog §§ 64 Abs. 2 GmbHG a.F., 93 Abs. 3 Nr.6 i.V.m § 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr.4 GenG auf Ersatz aller Zahlungen nach Insolvenzreife haften, ist von der Rechtsprechung bisher nicht entschieden. In der Literatur ist diese Frage umstritten. Die Erstreckung wird teilweise befürwortet (MünchKommBGB/Reuter, 5. Aufl. § 42 Rz.17; Wischemeyer DZWIR 2005, 230; für eine analoge Anwendung der §§ 92 Abs. 3, 93 Abs. 3 Nr.6 AktG auch Passarge ZInsO 2005, 176), von anderen indes abgelehnt (Koza DZWIR 2008, 98).
b) Eine Analogie setzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Unvollständigkeit des Gesetzes muss "planwidrig" sein. Der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu erschließen und es ist zu fragen, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, planwidrig unvollständig ist (BGH NJW 2007, 992 Rz. 15 mit weiteren Rspr.- u. Literaturnachweisen). Diese Planwidrigkeit muss aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers € und das ist der Normallfall, wenn er etwas nicht regeln will € als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte (BGH NJW 2006, 2997 Rz. 18 unter Hinweis auf Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl. S. 51).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dagegen entschieden, eine den §§ 64 Abs. 2 GmbHG a.F., 93 Abs. 3 Nr.6 i.V.m § 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs.2 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr.4 GenG entsprechende Haftung für Vereinsvorstände zu regeln.
§ 42 BGB hat seine heutige Fassung im Zuge der Reform des Insolvenzrechts durch Art. 33 Nr.1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5.Oktober 1994 (BGBl I 2911) erhalten und ist am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (vgl. Staudinger/Weick (2005), § 42 Rz.1). Während die alte Fassung des § 42 BGB an die Konkurseröffnung nur den Verlust der Rechtsfähigkeit, nicht jedoch die Auflösung des Vereins knüpfte, wird mit der heutigen Fassung (§ 42 Abs. 1 S.1 BGB), ebenso wie bei Handelsgesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts und eingetragenen Genossenschaften, als Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausdrücklich die Auflösung bestimmt, was nach zum Teil in der Literatur vertretener Auffassung allerdings auch schon nach der alten Fassung anzunehmen war (vgl. Staudinger/Weick, a.a.O. mit entspr. Nachweisen, Gesetzesbegründung zum EGInsO, BT-Drucks.12/3803, S. 75). Parallel zum Recht der Handelsgesellschaften (§ 144 Abs.1 HGB, § 274 Abs. 1, 2 Nr. 1, AktG, § 60 Abs. 1 Nr.4 GmbHG) wurde außerdem für den Fall der auf Schuldnerantrag erfolgten Verfahrenseinstellung oder Verfahrensaufhebung nach Bestätigung eines Insolvenzplans der Mitgliederversammlung das Recht eingeräumt, die Fortsetzung des Vereins zu beschließen (§ 42 Abs. 1 S. 2 BGB) (BT-Drucks.12/3803, S. 75). Ferner wurde die Insolvenzantragspflicht in § 42 Abs. 2 S. 1 BGB auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit erweitert.
Wegen dieser sehr sorgfältigen Anpassung des Vereinsrechts an das Recht der (Kapital-)Gesellschaften kann die Nichtnormierung einer vereinsrechtlichen Ersatzpflicht entsprechend §§ 64 Abs. 2 GmbHG a.F., 92 Abs. 3, 93 Abs. 3 Nr.6 AktG, 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG nicht als unbeabsichtigtes Versehen qualifiziert werden, zumal mit der Reform des Insolvenzrechts Anlass für entsprechende Überlegungen bestanden hätte und eine solche Regelung in systematischem Zusammenhang zu § 42 BGB steht (so zutreffend Koza DZWIR 2008, 98). Insbesondere spricht nicht die in § 42 Abs. 2 S. 1 BGB vorgenommene Erweiterung der Insolvenzantragspflicht auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit für eine planwidrige Regelungslücke (so aber Passarge ZInsO 2005, 176 (179)). Denn nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks.12/3803, S. 76) wird mit dieser Erweiterung eine Unklarheit des geltenden Rechts beseitigt.
Der fehlende Wille zur Haftungserweiterung wird rückblickend aus einer von der Bundesregierung 2001 beantworteten Großen Anfrage mehrerer Abgeordneter und der CDU/CSU-Fraktion bestätigt (vgl. Koza, a.a.O., S. 99 unter Hinweis auf die Antwort der Bundesregierung BT-Drucks.14/5445, S. 7). Denn die Fragen, ob ehrenamtliche Vereinsvorstände wie hauptamtliche GmbH-Geschäftsführer bei Versäumung der Insolvenzantragspflicht haften und aus welchem Grund die persönlichen Haftungsrisiken erhöht worden seien, hat die Bundesregierung wie folgt beantwortet: €Nach § 42 Absatz 2 Satz 1 BGB (alt) war der Vorstand schon bisher verpflichtet, im Falle der Überschuldung die Eröffnung eines Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit ergab sich diese Pflicht aus der organschaftlichen Stellung des Vorstands. Wurde die Stellung dieses Antrags verzögert, waren nach § 42 Absatz 2 Satz 2 (alt) die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fiel, den Gläubigern für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich. Nichts anderes bestimmt der geltende § 42 Absatz 2 Satz 2 BGB, der wörtlich unverändert beibehalten wurde. Da die geänderte Vorschrift des §42 Absatz 2 Satz 1 BGB die Antragsplichten nicht erweitert, ist insgesamt keine den Fragen 9 bis 11 unterstellte Verschärfung der Haftung ehrenamtlich tätiger Vorstände festzustellen. Die ausdrückliche Aufnahme der Zahlungsunfähigkeit als Grund für die erforderliche Beantragung des Insolvenzverfahrens sollte lediglich eine Unklarheit der Vorschrift beseitigen.€
c) Auch die für eine Analogie erforderliche vergleichbare Interessenlage liegt nicht vor. Soweit die Analogiebefürworter, die eine Analogie nach dem €Gebot der Gleichbehandlung des Gleichartigen€ bejahen (so MünchKommBGB/Reuter, 5. Aufl. § 42 Rz. 17), darauf abstellen, dass diese zum Schutze der Gläubiger und zur Begründung eines effektiven und rechtlich durchsetzbaren Schadensersatzanspruchs erforderlich sei, zumal auch den Vereinsgläubigern ausschließlich das Vereinsvermögen verhaftet sei (Wischemeyer DZWIR 2005, 230 (233)), und argumentieren, die Interessenlage der Vertragspartner einer insolvenzreifen GmbH, AG oder e.G. und eines insolvenzreifen Vereins seien aneinander so ähnlich, dass eine haftungsrechtliche Gleichbehandlung der gesetzlichen Vertreter sachgerecht sei (Passarge ZInsO 2005, 176(178f)), berücksichtigen sie nicht hinreichend, dass eine ähnliche Interessenlage allein nicht ausreicht, sondern, wie dargelegt, eine Interessenabwägung erforderlich ist (BGH NJW 2006, 2997 Rz.18).
Der Senat stimmt zwar insoweit mit den Befürwortern einer Analogie überein, dass die Interessenlage der Vertragspartner einer insolvenzreifen GmbH, AG oder e.G. und eines insolvenzreifen Vereins einander ähneln. Andererseits aber ist zu berücksichtigen, dass es zwischen Vereinen und Kapitalgesellschaften erhebliche Unterschiede gibt. So ist der ideelle Verein anders als eine Kapitalgesellschaft am Markt nicht unternehmerisch tätig, sondern übt im Rahmen seines ideellen Hauptzwecks einen Geschäftsbetrieb nur als Nebenzweck aus (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 21 Rz 2 ff). Im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften ist daher auch der Gläubigerschutz weniger weitgehend, was sich daran zeigt, dass neben dem Vereinsregister keine zwingenden Publizitäts-, Bilanzierungs- oder Prüfpflichten bestehen (vgl. Koza, a.a.O., S. 99). Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Vereinsvorstände in der Regel ehrenamtlich tätig sind.
Schließlich ist zu beachten, dass die Neuregelung des § 42 BGB erst vor knapp 10 Jahren in Kraft getreten ist. Da mit dieser Reform eine den §§ 64 Abs.2 GmbHG (a.F.), 92 Abs.3, 93 Abs.3 Nr. 6 AktG, 34 Abs. 3 Nr. 4 GenG entsprechende Regelung nicht verbunden war, können Vereinsvorstände darauf vertrauen, dass für sie ein Zahlungsverbot nicht besteht. Eine analoge Anwendung der §§ 64 Abs. 2 GmbHG a.F., 92 Abs. 3, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, 34 Abs. 3 Nr.4 GenG auf Vereinsvorstände wäre mit dem Anspruch des Bürgers auf Rechtssicherheit mithin nicht vereinbar.
3.) Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf § 42 Abs. 2 BGB stützen. Denn der Kläger hat die Kausalität der verzögerten Insolvenzantragsstellung für den geltend gemachten Schaden nicht dargelegt.
Verletzt der Vorstand schuldhaft seine Pflicht, rechtzeitig Insolvenzantrag zu stellen, so haftet er den Gläubigern des Vereins für den daraus resultierenden Schaden (Soergel/Hadding, 13. Aufl., § 42 Rz. 12). Die Geltendmachung des so genannten Quotenschadens (verringerte Insolvenzmasse) fällt gemäß § 92 S. 1 InsO in die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters (MünchKommBGB/Reuter, a.a.O., § 42 Rz. 16).
Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die verzögerte Insolvenzantragstellung für eine Masseschmälerung in Höhe des eingeklagten Betrages von € 12.760,- kausal war. Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass die in § 42 Abs. 2 S. 1 BGB normierte Insolvenzantragspflicht Dauercharakter aufweist. Da die Zahlungsunfähigkeit des Vereins und damit eine entsprechende Insolvenzantragspflicht jedoch jedenfalls am 17. Januar 2003 bestand, setzt die Kausalität der verspäteten Insolvenzantragsstellung voraus, dass der Anspruch auf die Sponsorengelder zum Zeitpunkt der Pflicht zur Insolvenzantragstellung bereits fällig war. Anderenfalls wären die Sponsorengelder auch bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung nicht zur Masse gelangt. Dasselbe gilt, würde auf den vom Kläger genannten Zeitpunkt der Überschuldung Ende 2001 (Anlagenkonvolut K 5) abgestellt werden. Der Senat folgt der Auffassung des Klägers nicht, es liefe dem Schutzzweck des § 42 Abs. 2 S. 2 BGB zuwider, wenn sich ein Vorstand, der die Insolvenzantragspflicht verletzt hat, durch den Vortrag entlasten könnte, ein Insolvenzantrag hätte schon zu einem erheblich früheren Zeitpunkt gestellt werden müssen, so dass der streitgegenständliche Auszahlungsbetrag nicht mehr fällig geworden wäre. Durch § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB soll der Schaden ausgeglichen werden, der dadurch entsteht, dass der Vereinsvorstand seiner Pflicht nicht nachkommt, den Insolvenzantrag zum frühesten gebotenen Zeitpunkt zu stellen. Wenn bei einem Vergleich zwischen frühest gebotener und tatsächlicher (verzögerter) Antragsstellung kein Schaden feststellbar ist, besteht auch kein Bedürfnis, diesen auszugleichen. Die Gläubiger eines Vereins haben keinen Anspruch darauf, dass der Vereinsvorstand den Insolvenzantrag teilweise verzögert (so dass noch Einnahmen getätigt werden), dann aber immerhin noch so zeitnah stellt, dass sich die (bei rechtzeitiger Antragstellung gar nicht vorhandenen) Einnahmen noch im Vermögen des Vereins befinden. Wenn man für die Kausalität des Schadens auf den für die Gläubiger €besten€ Zeitpunkt abstellen würde, würde man einen Schadensersatzanspruch konstruieren, der nicht bestehen würde, wenn sich der Vereinsvorstand vollständig korrekt verhalten hätte. Das ist nicht Schutzzweck des § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB und wäre systemwidrig.
Eine Fälligkeit der Sponsorengelder im Januar/Februar 2003 hat der Kläger nicht dargelegt. Mit seinem Schriftsatz vom 8. Dezember 2008 geht der Kläger vielmehr davon aus, dass der der Zahlung zugrunde liegende Sponsoringvertrag mit der Ho. AG (Anlage BK 1) erst im März 2003 geschlossen wurde. Dass dieser Vertrag auch im Falle eines bereits gestellten Insolvenzantrags des Schuldners geschlossen worden wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Zwar handelt es sich bei der streitgegenständlichen Zahlung per Scheck nicht um eine solche der Ho., sondern um eine Zahlung der M. GmbH als Vorauszahlung auf die der Ho. in Rechnung gestellten ersten Raten. Doch wie der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2008 vorträgt, hätte die M. GmbH bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung diese Vorauszahlung wahrscheinlich nicht geleistet. An der Kausalität der verzögerten Insolvenzantragsstellung für den geltend gemachten Schaden fehlt es mithin.
Mit der Forderung auf Erstattung des an die Fa. X. geleisteten Betrages in Höhe von € 12.760,- genügt der Kläger im Übrigen auch nicht den Anforderungen der BGH-Rechtsprechung zur Darlegung des Quotenschadens (vgl. zur Berechnung des Quotenschadens bei der GmbH; BGH NJW 1998, 2667).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91,100 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs.2 Nr.1 ZPO) und zur Fortbildung des Rechts (§543 Abs.2 Nr.2 1.Alt. ZPO) zuzulassen. Es ist zu erwarten, dass die Frage, ob die Vereinsvorstände analog §§ 64 GmbHG, 93 Abs.3 Nr.6 i.V.m § 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr.4 GenG auf Ersatz aller Zahlungen nach Insolvenzreife haften, ebenso wie die Frage, auf welchen Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung hinsichtlich der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden bei dem Schadensersatzanspruch gemäß § 42 Abs. 2 BGB abzustellen ist, in einer unbestimmten Zahl von Fällen auftreten wird. Höchst- oder obergerichtliche Rechtsprechung liegt zu diesen Fragen nicht vor.
OLG Hamburg:
Urteil v. 05.02.2009
Az: 6 U 216/07
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