Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 23. November 2000
Aktenzeichen: 4 U 116/00
(OLG Hamm: Urteil v. 23.11.2000, Az.: 4 U 116/00)
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 21. Juni 2000 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Arnsberg abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs in Werbeankündigungen, Werbebeilagen und sonstigen öffentlichen Mitteilungen gegenüber dem Letztverbraucher zu werben mit Angaben:
"Große Frühjahrs-Verkaufsaktion!
Alles rund um den Garten supergünstig!!
Frühjahrsputz in allen Abteilungen!
Wir räumen auf!
Hier kann man nur sparen!!
Massenweise polierte-Preise!
Kein Wischi-Waschi sondern knallhart polierte Preise!!!
Hier kann man massenweise sparen"
und derart angekündigte Verkäufe und Veranstaltungen entsprechend der Ankündigung tatsächlich durchzuführen,
wenn dies geschieht, wie nachstehend abgebildet
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehend beantragte Verpflichtung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Haft, zu vollziehen am Geschäftsführer, auferlegt.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragsgegnerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Antragsgegnerin betreibt in L ein großes Möbelgeschäft nebst Randsortimenten.
Sie bewarb mit einer vierseitigen beschrifteten und bebilderten Beilage in der X vom 30.03.2000 u. a. einzelne Möbelstücke und Waren aus ihrem Boutiquebereich. Die Beilage enthält u. a. teils als Seitenüberschrift teils an anderer Stelle auf der Seite jeweils optisch ins Auge springend die folgenden Werbeslogans:
"Große Frühjahrs-Verkaufsaktion!" "Alles rund um den Garten supergünstig!!" "Frühjahrsputz in allen Abteilungen" "Wir räumen auf!" "Hier kann man nur sparen!!" "Kein Wischi-Waschi sondern kanllhart polierte Preise!!!" "Hier kann man massenweise sparen"
Die Antragstellerin sieht in dieser Werbung die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG. Der überwiegende Teil des von der Beilage angesprochenen Personenkreises entnehme den blickfangmäßig herausgestellten Werbeaussagen den Hinweis, daß die Antragsgegnerin in einem besonders großen Umfange Waren des Sortiments zu reduzierten Preisen anbiete.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 21. Juni 2000 das Verfügungsbegehren der Antragstellerin gemäß dem Antrag der Antragsgegnerin als unbegründet zurückgewiesen, weil in der Beilage lediglich Sonderangebote im Sinne des § 7 Abs. 2 UWG beworben würden.
Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr Verbotsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages behauptet die Antragstellerin, daß die Werbung der Antragsgegnerin vollständig die typischen Merkmale der Ankündigung einer Sonderveranstaltung aufweise. Dem Publikum werde suggeriert, daß es sich um eine Verkaufsveranstaltung handele, bei dem es jetzt zugreifen müsse, um in den Genuß der besonderen Preisvorteile zu gelangen. Es würden eben nicht nur einzelne nach Preis und Güte gekennzeichnete Waren beworben, sondern ganze Sortimentsgruppen.
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten.
1.
Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs in Werbeankündigungen, Werbebeilagen und sonstigen öffentlichen Mitteilungen gegenüber dem Letztverbraucher zu werben mit Angaben:
"Große Frühjahrs-Verkaufsaktion!
Alles rund um den Garten supergünstig!!
Frühjahrsputz in allen Abteilungen
Wir räumen auf!
Hier kann man nur sparen!!
Massenweise polierte-Preise!
Kein Wischi-Waschi sondern knallhart polierte Preise!!!
Hier kann man massenweise sparen"
und derart angekündigte Verkäufe und Veranstaltungen entsprechen der Ankündigung tatsächlich durchzuführen.
Wenn dies geschieht, wie nachstehend abgebildet
(Es folgen die im Verbotstenor wiedergegebenen
Werbeseiten.)
2.
Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehend unter Ziffer 1 beantragte Verpflichtung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Haft, zu vollziehen am Geschäftsführer, auferlegt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages behauptet die Antragsgegnerin, daß ihre Werbung nicht außerhalb ihres regelmäßigen Geschäftsverkehrs liege. In der Möbelbranche samt ihren Randsortimenten werde regelmäßig und wiederkehrend knallig geworben. Demgegenüber enthalte der angegriffene Werbeprospekt keine Hinweise auf die Eigenart und die Ungewöhnlichkeit einer Verkaufsveranstaltung. Auch wenn der Prospekt der Antragsgegnerin vollmundig sei, werde dadurch beim Publikum nicht der Eindruck einer einmaligen Einkaufsgelegenheit geweckt. Außerdem würden nur in Einzelfällen Preisherabsetzungen angekündigt.
Gründe
Die Berufung der Antragstellerin ist begründet.
Die angegriffene Werbung kündigt eine nach § 7 Abs. 1 UWG unzulässige Sonderveranstaltung an. Das entscheidende Kriterium für die Abgrenzung zwischen § 7 Abs. 1 und Abs. 2 UWG liegt in dem Merkmal "außerhalb (statt innerhalb) des regelmäßigen Geschäftsverkehrs". Maßgebend ist insoweit der Gesamteindruck der Werbung. Im vorliegenden Fall erweckt gerade die Gesamtgestaltung der Beilage den Eindruck einer einmaligen, nicht regelmäßig wiederkehrenden Verkaufsveranstaltung.
Zwar werden vordergründig nur einzelne nach Güte und Preis gekennzeichnete Waren beworben. Das wird jedoch überlagert durch die blickfangmäßig herausgestellten Schlagworte, die die Vorstellung bewirken, es seien eine Vielzahl von preisreduzierten Artikeln in den verschiedensten Sortimentbereichen vorhanden. Gerade der beispielhafte Charakter der als preisgünstig beworbenen Gegenstände läßt im Publikum die Erwartung aufkommen, auch weitere preisgünstige Artikel aus den verschiedensten Sortimentsbereichen bei der Antragsgegnerin erwerben zu können.
Dieser Eindruck wird bereits durch die Überschrift "große Frühjahrsverkaufsaktion" vermittelt. Mit dem Wort "Aktion" wird regelmäßig eine besondere Maßnahme bezeichnet. Durch die Verbindung mit dem Namen einer ganzen Jahreszeit wird der Charakter der Einmaligkeit der Veranstaltung betont. Der Verkehr geht von einer Veranstaltung aus, die in dieser Form nur einmal pro Jahr durchgeführt wird. Verstärkt wird dieser Eindruck durch den auf den Seiten 2 und 3 der Werbebeilage mehrfach wiederholten Begriff "Frühjahrsputz". Gerade ein Frühjahrsputz wird jährlich nur einmal vorgenommen. Insgesamt knüpft die Werbebeilage erkennbar an solche Werbemaßnahmen an, die der Kunde regelmäßig bei den Werbemaßnahmen für den Winter‑ bzw. Sommerschlußverkauf gewohnt ist, bei dem es sich ebenfalls um ‑ nach § 7 UWG allerdings zulässige ‑ Sonderveranstaltungen handelt.
Auf der Titelseite der Werbebeilage heißt es dann weiter "alles rund um den Garten super günstig". Danach sind nicht nur die einzelnen abgebildeten Waren dieses Bereichs angesprochen, sondern "alles", also das gesamte Sortiment dieser Abteilung wird als besonders preisgünstig angepriesen.
Die Seiten 2 und 3 der Werbebeilage werden beherrscht durch die besonders auffällig herausgestellte Aussage "wir räumen auf", die unterhalb der dreifachen Wiederholung "Frühjahrsputz in allen Abteilungen" steht. Das erinnert schon geradezu an einen Räumungsverkauf, bei dem es sich um einen typischen Fall einer Sonderveranstaltung handelt.
Hinzu kommen dann noch die Ankündigungen "massenhaft polierte Preise" und "hier kann man massenhaft sparen". Das Wort "massenhaft" kann sich begriffsmäßig nicht auf die wenigen, im Bild vorgestellten Angebote beziehen. Auch insoweit wird der Eindruck weiterer Preisreduzierungen im übrigen Sortiment hervorgehoben.
Aus alledem folgt, daß die beworbene Aktion eine Verkaufsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.
OLG Hamm:
Urteil v. 23.11.2000
Az: 4 U 116/00
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