Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juli 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 40/01

(BPatG: Beschluss v. 28.07.2004, Az.: 26 W (pat) 40/01)

Tenor

Die Beschwerde sowie der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.

Gründe

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren

"Kl. 9 Elektronische Apparate und Geräte; Zähler, insbesondere Strom-, Gas-, Wasser-, Abwasser- und Wärmezähler; Verkaufsautomaten, Datenverarbeitungsgeräte, insbesondere Abrechnungssysteme; Datenträger; Schreib- und Lesegeräte für Datenträger;

Kl. 36 Finanzwesen, Inkasso, Abrechnung und Geldgeschäfte, insbesondere im Zusammenhang mit dem Transport und der Verteilung von Strom, Gas, Heiz- bzw. Fernwärme, Wasser, insbesondere Trinkwasser und Abwasser, insbesondere mittels Rohrleitungen;

Kl. 39 Transport und Verteilung von Strom, Gas, Heiz- bzw. Fernwärme, Wasser, insbesondere Trinkwasser und Abwasser, insbesondere mittels Rohrleitungen"

angemeldete Wortmarke E-Cardzurückgewiesen, weil es sich bei ihr um eine Angabe handele, die zur Beschreibung der fraglichen Waren dienen könne und der außerdem jegliche Unterscheidungskraft fehle. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Marke sei sprachüblich aus dem Buchstaben "E" und dem Wort "Card" gebildet. Der Buchstabe "E" sei ein Kürzel für die Angabe "Electronic". Als Hinweis auf diese Angabe sei er dem deutschen Verkehr auch bekannt, weil er insoweit, z.B. in Wortbildungen wie "E-Business", "E-Commerce", "E-Services", "E-Wissen" oder "E-Shop", in der Geschäftssprache und der Werbung allgegenwärtig sei. Das weitere Markenelement "Card" sei ursprünglich ein Wort der englischen Sprache, das aber seit langem auch in Deutschland für Kreditkarten und andere Karten, wie z.B. Servicekarten, benutzt werde. Die angemeldete Marke insgesamt werde von den angesprochenen Verbrauchern im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen der Anmeldung nur als Sachhinweis auf eine elektronische Karte verstanden werden, mit der die Waren und Dienstleistungen in Anspruch genommen bzw abgerechnet werden könnten. Sie beschreibe damit nur die Zweckbestimmung sowie spezielle Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen und liege deshalb auf der Linie der vom Bundespatentgericht als schutzunfähig beurteilten Bezeichnungen wie "Gamecard", "CARCARD", "Paycard", "POLOCARD" und "TRUCKCARD".

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zur Begründung macht sie geltend, bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine vieldeutige und in ihrer Aussage unscharfe Wortneubildung. Die von der Markenstelle angenommene Bedeutung sei nur eine von vielen. Die Bezeichnung "E-Card" werde in jüngster Zeit vor allem im Internet zur Bezeichnung von Grußkarten verwendet, die ein Bild und eine Textnachricht enthielten und mittels email versandt werden könnten. Mit dem Versenden derartiger Grüße hätten die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen nichts zu tun. Der Buchstabe "E" sei auch nicht nur eine gebräuchliche Abkürzung für "Elektronik" oder "elektronisch", sondern stehe nach den einschlägigen technischen Abkürzungsverzeichnissen zugleich für eine Vielzahl anderer technischer Begriffe. Diese stünden gleichrangig nebeneinander. Das Patentamt habe deshalb auch eine Anzahl von Marken, die den Buchstaben "e" enthielten, wie z.B. "ebusiness", "E-Commerce-Magazin", "E-World" und "E-Box", als schutzfähig erachtet. Auch der weitere Markenteil "Card" sei mehrdeutig, weil mit ihm eine Vielzahl verschiedener Kartenarten bezeichnet werde. Zudem sei die Bezeichnung "E-Card" auch nicht für Karten angemeldet worden, weshalb es an einer unmittelbar beschreibenden Angabe fehle. Der Verkehr sei auch an eingetragene Marken mit dem Bestandteil "Card" gewöhnt und werde schon deshalb auch in der angemeldeten Bezeichnung eine Marke sehen. Die Markenstelle habe auch den Anspruch der Anmelderin auf rechtliches Gehör verletzt, weil sie in dem angegriffenen Beschluss zum Nachweis dafür, dass der Verkehr den Buchstaben "E" als Abkürzung für "elektronisch" verstehe, auf eine Beilage der Süddeutschen Zeitung vom 1. September 2000 verwiesen habe, die der Anmelderin vor der Beschlussfassung nicht zugestellt worden sei. Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Eintragung der Bezeichnung "E-Card" als Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, denn sie besteht ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung von Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen dienen kann.

Mit dem Ausschluss solcher Angaben vom Markenschutz verfolgt der Gesetzgeber das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Angaben, die die Waren und Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Die Zurückweisung der Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt nicht voraus, dass die Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich für die fraglichen Waren und Dienstleistungen oder für ihre Merkmale beschreibend verwendet werden. Es genügt vielmehr, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, dass die Angaben zu diesem Zweck verwendet werden können (EuGH Mitt 2004, 28, 29 - Doublemint). Ein Wortzeichen kann nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 680, 681, Rdn 38 - BIOMILD). Die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, stellt im allgemeinen selbst eine beschreibende Angabe dar, auch wenn es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt (EuGH aaO Rdn 39 - BIOMILD).

Hiervon ausgehend ist in Bezug auf die angemeldete Marke festzustellen, dass es sich nicht einmal um eine sprachliche Neuschöpfung, sondern um eine im Verkehr bereits benutzte Kurzbezeichnung für eine elektronische Karte handelt, mit der Geschäftsvorgänge vereinfacht werden sollen. Aus den der Anmelderin zugestellten Internetauszügen ist in Bezug auf die angemeldete Bezeichnung folgendes zu entnehmen:

1. aus dem Bulletin der Bundesregierung Nr. 10-1 vom 29. Januar 2004-11-30 (Rede des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft, Wolfgang Clement, zum Aktionsprogramm "Informationsgesellschaft Deutschland 2006" vor dem Deutschen Bundestag am 29. Januar 2004):

"Auch die "E-Cards" mit digitaler Signatur sind ein wesentliches Element bei der Modernisierung von Geschäfts- und Verwaltungsprozessen.

Die Kartenprojekte des Bundes werden in einer E-Card-Initiative zusammengefasst.

Damit schaffen wir Investitionssicherheit für E-Cards."

2. aus der Presseinformation der Bezirksärztekammer Rheinhessen vom 3. November 2003:

"Das Für und Wider der Gesundheitskarte. ...Die E-Card kommt. ... neue Cipkarte..".

3. aus der Veröffentlichung "Fahrpreisabrechung im Wandel - Von der Lochzange zum Mikrochip-Scanner":

"Die E-Card rechnet für jede Fahrt im Stadtgebiet 1,70 DM ab, während der reguläre Fahrpreis 2 DM beträgt".

Die feststellbaren, der Anmelderin zur Kenntnis gebrachten Verwendungen der angemeldeten Bezeichnung im Sinne einer elektronischen Karte, die Geschäfts-, Verwaltungs- und Bezahlvorgänge ermöglicht und erleichtert, stellen ein gewichtiges Indiz für die generelle Eignung der Bezeichnung "E-Card" als beschreibende Angabe dar. Die angemeldete Bezeichnung kann tatsächlich auch zur Beschreibung aller im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen dienen. Die in diesem Verzeichnis aufgeführten "Datenträger" stellen einen Oberbegriff dar, der u.a. auch elektronische Speicherkarten umfasst. Für diese Ware ist die Bezeichnung "E-Card" nichts weiter als die Bezeichnung der Art der angebotenen Ware. Im Hinblick auf die übrigen Waren der Klasse 9 kann die angemeldete Marke zur Angabe der Eignung und der Bestimmung der Ware dahingehend dienen, dass diese für den Einsatz und die Verarbeitung von E-Card geeignet und/oder bestimmt sind. In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 36 bezeichnet die angemeldete Marke die Abrechnungsart. Dasselbe gilt für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 39, weil der Transport und die Verteilung von Energie auch unter Einsatz von Geräten und Apparaten bewirkt werden können, die mittels einer elektronischen Karte gesteuert werden.

An der angemeldeten Marke besteht aus den dargelegten Gründen ein erhebliches aktuelles Freihaltungsbedürfnis. Dem steht der Umstand, dass die angemeldete Marke im Internet auch als Bezeichnung für eine elektronische Gruß- oder Ansichtskarte Verwendung findet, nicht entgegen, weil eine Wortmarke schon immer dann gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn sie in einer ihrer möglichen Bedeutungen zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann (EuGH aaO - BIOMILD).

Der angemeldeten Marke fehlt darüber hinaus auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), weil ihr der Verkehr bei dem im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen der Anmeldung zu erwartenden Verständnis im Sinne von "elektronische Karte" keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen kann.

Soweit sich die Anmelderin auf (angeblich gleichgelagerte) Voreintragungen beruft, vermag dies nach ständiger Rechtsprechung nichts am Ergebnis zu ändern (vgl zB Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 262).

Für eine Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG besteht keine Veranlassung. Zwar stellt der Umstand, dass die Markenstelle in der Begründung des angefochtenen Beschlusses auf eine Veröffentlichung Bezug genommen hat, zu der der Anmelderin keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden ist, einen erheblichen Verfahrensfehler dar. Jedoch lassen die Gründe des angefochtenen Beschlusses auch hinreichend deutlich erkennen, dass die Markenstelle die Zurückweisung der Anmeldung nicht entscheidend auf die nicht übersandte Veröffentlichung gestützt hat, sondern auf den Umstand, dass der Buchstabe "E" als Kürzel der beschreibenden Angabe "Electronic"

für den Verkehr "allgegenwärtig" ist. Damit fehlt es an der für eine Rückzahlung stets erforderlichen Kausalität zwischen dem Fehlverhalten der Markenstelle und der Beschwerdeeinlegung (Ströbele/Hacker, aaO, § 71 Rdn 61 mwN).

Albert Kraft Reker Bb






BPatG:
Beschluss v. 28.07.2004
Az: 26 W (pat) 40/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/539e98e65c99/BPatG_Beschluss_vom_28-Juli-2004_Az_26-W-pat-40-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share