Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Januar 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 219/99
(BPatG: Beschluss v. 09.01.2001, Az.: 33 W (pat) 219/99)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Am 22. Dezember 1998 hat der Anmelderhttp://agora/bpatg2/docs/33W(pat)219-99.3.gifals Bildmarke für "Werbung, Büroarbeiten, Unternehmensverwaltung, Telekommunikation, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, soweit in Klasse 42 enthalten" angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat - nach vorangegangener Beanstandung - die Anmeldung mit Beschluss vom 22. Juli 1999 als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen. FOLLOW ME sei den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen überwiegend verständlich und besitze in Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen unmittelbar beschreibenden Charakter. Der Kunde werde aufgefordert, dem Anbieter zu folgen und das Angebot, auf das schlagwortartig hingewiesen werde (MEDIEN, MÄRKTE, MARKETING) wahrzunehmen. Die Marke weise kein phantasievolles, schutzfähiges Element und keine graphische Eigenart auf. Der Hinweis des Anmelders auf entsprechende, aber eingetragene Marken führe zu keinem anderen Ergebnis; eine dieser Marken enthalte neben dem Wortbestandteil "Follow me" phantasievolle Bildbestandteile. Andere Marken enthielten andere schutzfähige Bestandteile. Voreintragungen - selbst identische - gäben aber ohnehin keinen Anspruch auf Eintragung. Eine Selbstbindung der Verwaltung komme nur bei Ermessensentscheidungen in Betracht. Ermessen aber räume das Markengesetz dem Patentamt in § 8 Abs 1 Nr 1 MarkenG nicht ein.
Dagegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde, mit der er sein Eintragungsbegehren weiter verfolgt.
Er ist der Auffassung, für die Eintragbarkeit als Marke genüge schon eine geringe Unterscheidungskraft. Es seien Marken mit weniger Unterscheidungskraft eingetragen worden, sogar solche mit dem Bestandteil FOLLOW ME. Dessen Übersetzung laute zwar "folge mir"; das sei jedoch keine Aufforderung zur Inanspruchnahme von "MEDIEN MÄRKTE MARKETING". Es heiße nicht "FOLLOW ME TO". Für eine Aufforderung zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen liefere auch die graphische Gestaltung keine Anhaltspunkte. FOLLOW ME sei von der Schriftgröße her deutlich abgesetzt; "MEDIEN MÄRKTE MARKETING" stehe nicht dahinter, sondern darunter. Daraus folge, dass FOLLOW ME herausgestellt werde und der übrige Bestandteil der Marke erläuternd hinzutrete, um eine zusätzliche Identifizierungsfunktion auszuüben. Die angemeldete Marke habe auch keinen unmittelbaren Bezug zu den angemeldeten Dienstleistungen. Dass "MEDIEN MÄRKTE MARKETING" auf die Dienstleistungen hinweise, finde in der Marke selbst keinerlei Stütze. Die Worte beschrieben ein wirtschaftliches Betätigungsfeld; einen unmittelbaren und konkreten Bezug zu den angemeldeten Dienstleistungen stellten sie nicht her. Jedes dieser drei Wörter sei für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen beschreibend; Medien seien zB Druckereierzeugnisse, Fernseher etc. Selbst wenn man einzelne Markenbestandteile als nicht unterscheidungskräftig ansehen wollte, verleihe die Verknüpfung des englischen Ausdrucks mit deutschen Wörtern und dem eingebürgerten MARKETING Unterscheidungskraft. Dazu trage auch die Alliteration in "MEDIEN MÄRKTE MARKETING" bei.
Der Senat hat dem Anmelder ein Inserat zur Kenntnis gegeben, in dem FOLLOW ME verwendet wird. Hierzu hat der Anmelder vorgetragen, der Wortbestandteil FOLLOW ME erscheine dort auf dem Dach eines gezeichneten Fahrzeuges, das, wie sich aus dem direkt nebenstehenden Bild eines Flugzeugs ergebe, offensichtlich eines der Fahrzeuge darstelle, die auf Flughäfen vor Flugzeugen herführen, um diese an bestimmte Positionen zu lotsen. Die Bilder würden als Blickfang benutzt und stellten eine Verbindung zu dem unterhalb der Bilder stehenden Slogan "Ready for takeoff€" her. Als Marke werde keines der Bilder benutzt. FOLLOW ME solle in der Stellenanzeige in keiner Weise eine Unterscheidungsfunktion oder Herkunftsfunktion erfüllen. Das Inserat lege nicht nahe, dass FOLLOW ME nicht geeignet sei, als Unterscheidungszeichen zu dienen. Mit der Stellenanzeige suche jemand Personal für ein Softwareunternehmen. Eine unmittelbare oder auch nur mittelbare Bezugnahme auf die Dienstleistungen, für die die angemeldete Marke Schutz beanspruche, erfolge nicht. Das Inserat lege auch nicht nahe, dass FOLLOW ME eine sachbezogene Aussage hinsichtlich der hier in Rede stehenden Dienstleistungen darstelle. Aus der Stellenanzeige folge nichts, was auf ein Freihaltungsbedürfnis oder auf eine Gattungsbezeichnung hindeute. Im übrigen habe der 28. Senat FOLLOW ME für schutzfähig gehalten, der 24. Senat "FoIIowme Büro".
Sollte der Senat dennoch die Schutzfähigkeit verneinen, werde angeregt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen; neben dem Zulassungsgrund aus § 83 Abs 2 Nr 1 MarkenG sei der aus Nr. 2 auf Grund der Entscheidungen des 24. Senats und des 28. Senats gegeben.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angemeldete Marke nicht unterscheidungskräftig ist (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende Eigenschaft, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden.
Die angemeldete Marke besteht aus den Wörtern FOLLOW ME MEDIEN MÄRKTE MARKETING.
Dabei bildet FOLLOW ME eine Einheit; es ist in einer Zeile geschrieben und setzt sich von den übrigen drei Wörtern durch die Stellung und die Schriftgröße deutlich ab, wie auch der Anmelder vorgetragen hat. Es entstammt der englischen Sprache und bedeutet "folge mir". Diese Bedeutung verstehen die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres, da beide Wörter dem Grundwortschatz der englischen Sprache angehören und im Bereich Medien/Marketing Englisch weit verbreitet ist (BPatG GRUR 1995, 734 - While you wait). FOLLOW ME dient als Blickfang und soll die Aufmerksamkeit der angesprochenen Kreise erregen. Dabei kann die Aufforderung in verschiedenen Kontexten Unterschiedliches aussagen. Sie kann zB anregen, weiter zu lesen oder umzublättern, oder - im Internet - einem Link zu folgen. Solche Eyecatcher sind jedoch nicht unterscheidungskräftig (vgl Beschluss des Senats vom 20. Februar 1998, 33 W (pat) 244/97 - DO IT mit der Abgrenzung zu BPatGE 37, 250 - DU DARFST). Die Aussage DU DARFST stand im Zusammenhang mit Margarine. Sie kann daher gedanklich in Richtung kalorienbewusstes Essen, Schlankheit etc ergänzt werden und mag insoweit zum Nachdenken anregen. Solche weiterführenden Gedanken erweckt FOLLOW ME nicht.
Der Senat hat dem Anmelder eine derartige Verwendung als Blickfang in einem Inserat aus der SZ Nr. 110 vom 13./14. Mai 2000, S V3/17, zur Kenntnis gegeben. Der Anmelder hat zutreffend ausgeführt, das Bild werde dort als Blickfang und nicht als Marke benutzt. Auf einen Bezug zu den Dienstleistungen kommt es dabei gerade nicht an. Auch ohne Anspielungen auf den Flugverkehr verstehen die Verbraucher FOLLOW ME als Aufforderung, zu folgen (so für Möbel bereits BPatG, Beschluss vom 7. September 1983, 27 W (pat) 215/83 - Follow me).
"MEDIEN MÄRKTE MARKETING" weist in nicht unterscheidungskräftiger Form auf Sachgebiete hin, die mit den beanspruchten Dienstleistungen in engem Zusammenhang stehen. Werbung arbeitet mit und in Medien, berücksichtigt den Markt, erschließt Märkte und bedient sich dabei des Marketings; Büroarbeiten können an Medien geschehen, Aufbereitungen für Medien erzeugen; Unternehmensverwaltung muss den Markt beobachten und Marketing einsetzen; Telekommunikation erfolgt über Medien und dient dem Marketing; Programmierungen können für Medien erfolgen oder Ergebnisse liefern, die dem Marketing dienen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass alle beanspruchten Dienstleistungen jeweils mit allen drei Begriffen beschrieben werden können. Wer unterschiedliche Dienstleistungen anbietet und dafür im Einzelnen nur für jeweils eine Dienstleistung zutreffende Beschreibungen auflistet, schafft kein unterscheidungskräftiges Betriebskennzeichen.
Die Punkte zwischen den Begriffen MEDIEN, MÄRKTE und MARKETING sind graphisch nicht so auffallend, dass sie Unterscheidungskraft ergeben könnten. Sie zeigen lediglich, dass es sich um jeweils eigenständige Begriffe handelt (vgl BPatG Beschluss vom 16. Februar 1998, 30 W (pat) 88/97 - city.scope).
Auch die graphische Ausgestaltung im Gesamten kann dies nicht. Die Anordnung in zwei Zeilen ist bei fünf Wörtern zu erwarten, damit der Leser die so geordneten Wörter besser aufnehmen kann. Die besondere Aussage von FOLLOW ME ginge zudem in der Reihung FOLLOW ME MEDIEN MÄRKTE MARKETING unter und verlangt geradezu eine Aufteilung.
Die Aufteilung in zwei Zeilen spricht zudem gegen eine Unterscheidungskraft im Gesamteindruck. Selbst der Anmelder ist der Auffassung, dass FOLLOW ME deutlich abgesetzt ist und der übrige Bestandteil erläuternd hinzutritt.
Auch die verwendeten Schriftarten sind für sich und in der Kombination nicht eigenartig und prägnant. Gleiches gilt für die Verwendung von Wörtern aus zwei Sprachen.
Die Verknüpfung englischer und deutscher Ausdrücke ergibt hier auch deshalb keine Unterscheidungskraft, weil es sich um jeweils leicht verständliche Begriffe handelt, so dass dem angesprochenen Verbraucher der sprachliche Wechsel ebensowenig auffällt wie die Alliteration in "MEDIEN MÄRKTE MARKETING". Selbst wenn diese aber auffallen sollte, ergäbe das bei so gängigen Begriffen keine unterscheidungskräftige Marke. Soweit das Bundespatentgericht der Alliteration bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr Bedeutung beigemessen hat (Mitt 1977, 174 - Cosmo-Cola/Coca-Cola), kann dies nicht auf die Beurteilung der Unterscheidungskraft übertragen werden. Im Widerspruchsverfahren stehen sich Marken gegenüber, bei denen die Alliteration übereinstimmend oder in einer Marke fehlend auffallen mag, oder bei denen sie eine Aufspaltung von Mehrwortmarken verhindern kann, weil eine charakteristische Struktur verbindet und eine Stabilität mit fester Reihenfolge schafft (Fleischer, Wolfgang, Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache, Leipzig, 1982, S. 74, 111; ähnlich BPatG, Beschluss vom 22. Juli 1970, 27 W (pat) 223/68 - Slopslap/Slopper; vom 23. April 1997, 28 W (pat) 303/96 - Toy-Toy/Yog'n Toys). Im Eintragungsverfahren müsste die Alliteration (oder Reimform) dagegen schon zu einer besonders betriebskennzeichnenden Originalität führen (BPatGE 6, 82 - MIXFIX; BPatG, Beschluss vom 3. Dezember 1997, 26 W (pat) 97/97 - Zisch & Frisch). Das kann sie hier schon deshalb nicht, weil sie nur untergeordnete Begriffe erfasst.
Die Markenstelle hat im angefochtenen Beschluss bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die Eintragung anderer Marken für den Anmelder kein Recht auf Eintragung seiner Marke begründen kann. Selbst eine krass widersprüchliche Eintragungspraxis wäre nicht geeignet, dem Anmelder ein Recht auf Eintragung der angemeldeten Marke unter Gesichtspunkten, wie Vertrauensschutz, Gleichbehandlung, Selbstbindung der Verwaltung oder Ermessensreduzierung zu verschaffen. Denn die Frage, ob eine Marke eintragbar ist oder ob Eintragungshindernisse entgegenstehen, ist keine Ermessens- sondern eine Rechtsfrage. Eine ständige Verwaltungsübung mag zwar in bestimmten Fällen ein Anzeichen für die Rechtmäßigkeit der bisherigen Praxis ergeben (BPatGE 16, 82 ADJUTOR), kann aber nicht einmal das Patentamt (als Verwaltungsbehörde) und erst recht nicht das Gericht binden (BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS ; 13, 113 - men's club; BPatG Beschluss vom 16. Januar 1996 24 W (pat) 250/94 - TEAMWARE). Trotzdem sei zu den vom Anmelder zitierten Entscheidungen kurz angemerkt, dass der 28. Senat für Einkaufswagen, Gepäckwagen etc nach Einschränkung des Warenverzeichnisses mehr die beschreibende Aussage geprüft hat als die Funktion als Blickfang, wofür ihm keine Nachweise vorlagen (BPatG, Beschluss vom 22. Oktober 1997, 28 W (pat) 287/96 - FOLLOW ME). Der 24. Senat hatte mit "FoIIowme Büro" eine Wortfolge zu beurteilen, die einen Gesamtbegriff darstellen kann (BPatG, Beschluss vom 19. Dezember 1985, 24 W (pat) 272/94).
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen. Ob FOLLOW ME ein nicht unterscheidungskräftiger Eyecatcher ist, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 83 Abs 2 Nr 1 MarkenG), und differenzierende Entscheidungen anderer Senate verlangen keine Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG); der Senat weicht nicht ausdrücklich von der Auffassung anderer Senate ab. Deren Entscheidungen betreffen keine Dienstleistungen, wie vorliegend, sondern Waren, und bei "FoIIowme Büro" kein identisches Zeichen.
Winklerv. Zglinitzki Albrecht Cl/prö
BPatG:
Beschluss v. 09.01.2001
Az: 33 W (pat) 219/99
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