Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 7. März 1997
Aktenzeichen: 6 U 117/96
(OLG Köln: Urteil v. 07.03.1997, Az.: 6 U 117/96)
Tenor
I.) Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.4.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 688/95 - teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt wie folgt neu gefaßt:1.) Die Beklagte wird verurteilt,a) es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, Produkte der Linie "Jil Sander" in den Verkehr zu bringen, bei denen auf den Verpackungen und/oder Behältnissen die von der Herstellerin dort aufgebrachte zehnstellige Seriennummer ganz oder teilweise entfernt oder beschädigt oder unkenntlich gemacht worden ist, wenn diese die Charge kennzeichnet;b) der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, von wem sie Ware, die entsprechend der vorstehenden Ziffer 1 a) verändert worden ist, in den letzten 6 Monaten vor Klageerhebung und seitdem bezogen hat und/oder bezieht.2.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen. II.) Die weitergehende Berufung der Klägerin wird verworfen. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. III.)Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. IV.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in nachfolgend bezeichneter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit oder Hinterlegung ist in folgender Höhe zu leisten bzw. zu erbringen, betreffend den Unterlassungsanspruch: 200.000,00 DM,betreffend den Auskunftsanspruch: 15.000,00 DM,betreffend die Kosten: 20.000,00 DM. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 2.800 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klägerin wird auf ihren Antrag nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Gestellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer Deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu leisten. V.) Die Beschwer der Beklagten wird auf 215.000,00 DM, die Beschwer der Klägerin wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin vertreibt u.a. in Deutschland auf Grund exclusiver
Lizenzrechte bekannte Kosmetika, insbesondere auch solche der Marke
"Jil Sander". Der von ihr durchgeführte Vertrieb der hochpreisigen
Produkte an den Endverbraucher erfolgt durch ein selektives System
weder über Supermärkte, noch über Discount-Ketten, sondern
ausschließlich über Parfümerien mit fachlicher Beratung.
Die Beklagte vertreibt über Parfümerien und Drogerien ebenfalls
Produkte der Marke "Jil Sander", und zwar solche, die sie außerhalb
dieser Vertriebsstruktur erworben hat und von denen zuvor die von
der Herstellerin angebrachte Seriennummer von der Verpackung
vollständig und von dem Flacon teilweise entfernt worden ist.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit dem vorliegenden
Verfahren.
Die französische Produzentin der streitgegenständlichen
Parfümerieartikel der Marke "Jil Sander", die L. Group S.A. in Ch.,
versieht die Verpackung und die Behältnisse der Produkte mit einer
10-stelligen Seriennummer. Dies geschieht zum einen mit Blick auf
die Anforderungen des § 4 der Kosmetik-Verordnung und zum anderen
mit dem Ziel, den Vertriebsweg des einzelnen Produktes
rückverfolgen zu können. Die Seriennummer besteht aus einer
Chargennummer und einer Vertriebsnummer. Nach dem unwidersprochen
gebliebenen Vortrag der Klägerin ermöglicht allerdings nur die
Seriennummer in ihrer Gesamtheit die Identifizierung des Produktes
und die Zuordnung zu einer Charge. Óberdies vermag ein nicht
Eingeweihter weder die beschriebene Aufteilung der Seriennummer zu
erkennen, noch erst Recht die einzelnen Ziffern der 10-stelligen
Seriennummer der Chargennummer bzw. der Vertriebsnummer
zuzuordnen.
Die Beklagte brachte das außerhalb des von der Klägerin
aufgebauten Vertriebsweges als sog. "graue Ware" erlangte Produkt
"Jil Sander No. 4 EdP Nat.-Spray 30 ml" u.a. über die
Drogerie-Center M. GmbH in T. in den Verkehr, wo es am 29.5. 1995
von dem Zeugen S. erworben wurde. Bei diesem Produkt waren zuvor
von der erwähnten Seriennummer auf dem Flacon die letzten 6 Ziffern
herausgeschnitten und die Seriennummer von der Verpackung
vollständig entfernt worden. Die Beklagte hat auch über diesen
Einzelfall hinaus auf diese Weise manipulierte Produkte der
Klägerin vertrieben.
Die Klägerin, die mit dieser Begründung in dem Verfahren 31 O
376/95 LG Köln eine im Beschlußwege erlassene Einstweilige
(Unterlassungs-)Verfügung gegen die Beklagte erwirkt hat, hat die
Auffassung vertreten, durch den Vertrieb der Produkte mit zumindest
teilweise entfernter Seriennummer verstoße die Beklagte gegen § 4
Abs.1 der Kosmetikverordnung und damit gegen § 1 UWG. Dies
rechtfertige nicht nur den Unterlassungsanspruch, sondern im
vorliegenden Hauptsacheverfahren auch die sogleich darzustellenden
Auskunftsansprüche sowie den Antrag auf Feststellung der
Schadensersatzpflicht. Denn sie müsse durch das Vorgehen der
Beklagten besorgen, daß ihr erhebliche Schäden in dem Falle
drohten, daß eine Rückrufaktion notwendig werde.
Die Klägerin hat b e a n t r a g t (Neubezifferung durch den
Senat),
die Beklagte zu verurteilen,
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM,
ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu
unterlassen, Produkte der Linie "Jil Sander" in den Verkehr zu
bringen, bei denen auf den Verpackungen und/oder Behältnissen die
Chargen-Nr. ganz oder teilweise entfernt oder beschädigt oder
unkenntlich gemacht worden ist;
ihr Auskunft darüber zu erteilen,
seit wann und in welchem Umfang sie Handlungen der in Ziffer 1)
beschriebenen Art begangen hat, insbesondere welche Werbemaßnahmen
sie hierfür betrieben und welche Umsätze sie in ihrem Unternehmen
insoweit in den letzten 6 Monaten vor Klageerhebung und seitdem
getätigt hat, und zwar aufgeschlüsselt nach DM-Beträgen und
Kalendermonaten;
b) von wem und in welcher Menge sie Waren entsprechend Ziffer 1)
des Klageantrages in den vergangenen 6 Monaten vor Klageerhebung
und seitdem bezogen hat und/oder bezieht;
II.) festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen
Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I 1) beschriebenen
Handlungen bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, ihr Vorgehen verstoße weder
gegen § 4 der Kosmetik-Verordnung, noch gegen § 1 UWG.
Es sei zunächst davon auszugehen, daß sie nach gefestigter
höchstrichterlicher Rechtsprechung berechtigt sei, die
Vertriebsnummern der Klägerin zu entfernen. Das von dieser
verfolgte Ziel einer Sicherung der Vertriebswege sei nämlich nicht
schützenswert, weil die Klägerin - was diese auch nicht für sich in
Anspruch nimmt - die kartellrechtlichen Anforderungen für eine
Vertriebsbindung nicht erfülle. Durch das von der Klägerin gewählte
System einer - auch noch unerkennbaren - Vermischung der mit Blick
auf § 4 der Kosmetik-Verordnung angebrachten Chargennummer
einerseits und der Vertriebsnummer andererseits versuche die
Klägerin, dieses Recht zu unterlaufen. Dies sei
rechtsmißbräuchlich, zumal - abgesehen von den von der Klägerin
verfolgten Zielen - keine Notwendigkeit für die beschriebene
Vermischung der Zahlen bestehe. Denn das von der Klägerin benutzte
Zahlensystem diene ebenfalls dazu, ein nicht geschütztes
Vertriebssystem abzusichern.
Im übrigen verstoße sie aber auch nicht gegen § 4 der
Kosmetik-Verordnung. Denn die danach erforderliche Kennzeichnung
der Produkte sei auch nach der teilweisen Entfernung der
Seriennummer gewährleistet. Ihr Zulieferer lese die urspüngliche
"Chargen-Herstell-Nummer" vor deren zumindest teilweiser Entfernung
in eine EDV ein und ordne sie einer eigenen Chargen-Nummer zu, die
auf dem Flacon und auf der Verpackung aufgebracht werde. Für beide
Nummern werde sodann eine "Konkordanzliste" erstellt, die jeden
Monat bei einem Notar hinterlegt werde. Diese Ausstattung der
Produkte genüge den Anforderungen, weil es ausreiche, daß das
gewählte Kennzeichen eine Identifizierung der Herstellung
ermögliche. Das Verfahren müsse auch mit Blick darauf genügen, daß
bei im Ausland hergestellten Produkten, die nicht über eine
Chargennummer des Herstellers verfügen, und im Bereich des
Lebensmittelrechtes ebenso verfahren werde. Schließlich erschwere
der von ihr eingeschlagene Weg auch Rückrufaktionen nicht, weil sie
jederzeit in der Lage sei, den Vertriebsweg nachzuvollziehen.
Das L a n d g e r i c h t hat den Unterlassungsanspruch
zuerkannt und die Klage im übrigen abgewiesen. Die von der
Lieferantin der Beklagten angebrachte Kennzeichnung erfülle die
Vorausetzungen des § 4 der Kosmetik-Verordnung nicht, weil diese
herstellerbezogen sei. Bei einer eventuell notwendigen
Rückrufaktion könne der Hersteller die Verbraucher indes nicht
unmittelbar erreichen, nachdem der Lieferant der Beklagten ein
eigenes Registrierungssystem dazwischengeschaltet habe. Die
Geltendmachung des Unterlassungsanspruches sei auch nicht
rechtsmißbräuchlich, weil auch angesichts des nicht schutzwürdigen
Vertriebssystems der Klägerin ein Verstoß gegen § 4 der
Kosmetik-Verordnung und § 1 UWG vorliege.
Die Auskunftsansprüche seien demgegenüber unbegründet und der
Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht unzulässig. Die
Kammer hat hierzu die nachfolgend dargestellte Begründung aus ihrer
früheren Entscheidung in dem Verfahren 31 O 61/95 LG Köln wörtlich
übernommen:
Der Anspruch auf Auskunft über den mit den Produkten erzielten
Umsätzen bestehe bereits deswegen nicht, weil zumindest bislang ein
Rückruf von Produkten noch nicht erforderlich geworden und aus
diesem Grunde ein Schaden noch nicht entstanden sei. Der
Auskunftsanspruch bestehe aber auch nach einem Schadenseintritt
nicht. Denn der Schaden wäre der Höhe nach jedenfalls nicht von dem
Umsatz der Beklagten abhängig.
Weiter bestehe kein Anspruch auf die Angabe des Lieferanten,
weil die von diesem vorgenommene Entfernung der Nummern als solche
mangels Bestehens eines geschlossenen Vertriebssystems nicht
unzulässig sei. Der Auskunftsanspruch rechtfertige sich auch nicht
aus Sinn und Zweck der Kosmetik-Verordnung. Zwar sei ein Bedürfnis
daran, in Erfahrung zu bringen, wer die nicht verkehrsfähigen
Produkte erstmals in Verkehr gebracht habe, nicht zu verkennen, es
fehle aber an hinreichendem Sachvortrag dafür, daß ein Dritter die
Manipulationen vorgenommen habe.
Für den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht fehle
es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, weil der allein in
Betracht kommende zukünftige Eintritt eines Schadens noch ungewiß
sei und keine Verjährungsfrist laufe.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin, die lediglich den
Auskunftsanspruch zu I 2 b) ihrer Anträge in obiger Bezifferung,
nicht aber den weiteren Auskunftsanspruch und den Antrag auf
Feststellung der Schadensersatzpflicht aufgreift, als auch die
Beklagte - jeweils selbständige - B e r u f u n g e n
eingelegt.
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung insgesamt und
wiederholt ihre Auffassung, ein Verstoß gegen § 4 der
Kosmetik-Verordnung liege nicht vor. Diese Bestimmung schreibe
lediglich die Verwendung einer Kennzeichnung vor, die eine
Identifizierung der Herstellung ermögliche. Diesen Ansprüchen
genüge das von ihr verwendete System. Denn die Vorschrift erfordere
nicht etwa, daß das sicherste und vielleicht schnellste Verfahren
hierzu angewendet werden müsse. Außerdem müsse ihre Kennzeichnung
insbesondere deswegen ausreichen, weil die Klägerin selbst durch
die Vermischung von Vertriebs- und Chargennummer versuche, ihr
nicht schützenswertes Vertriebssystem mit Hilfe des Anspruches aus
§ 1 UWG i.V.m. § 4 der Kosmetik-Verordnung zu sichern. Wenn nämlich
die Klägerin 2 getrennte Nummern verwenden würde, könnte die
lediglich der Kennzeichnung des Vertriebsweges dienende
Vertriebsnummer, was ohne Weiteres erlaubt sei, entfernt werden,
ohne daß davon die die Identifizierung gewährleistende
Chargennummer und damit die Kennzeichnung gem. § 4 der
Kosmetik-Verordnung betroffen wäre. Demgegenüber würde es ein
Unterlaufen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Berechtigung
des Vertriebs auf dem sog. grauen Markt bedeuten, wenn ihr nunmehr
die Entfernung der Nummer nur deswegen untersagt würde, weil diese
auch als Chargennummer der Identifizierung diene. Das gelte
jedenfalls mit Rücksicht darauf, daß das von ihr verwendete System
ebenfalls eine Zuordnung ermögliche. Dieses System habe sie vor dem
Hintergrund des vorliegenden Verfahrens nunmehr dahin verfeinert,
daß in der erwähnten Konkordanzliste zusätzlich aufgeführt werde,
an welchen Abnehmer als Zwischenhändler das Produkt geliefert
worden sei. Óberdies werde auf den Flaschen und auf der
Umverpackung zusätzlich zu der neuen Nummer der Hinweis "Vertrieb:
Exclusiv Parfum, B." aufgebracht. Im Falle einer Rückruf-Aktion der
Klägerin, bei der die Original-Nummern bekannt gegegeben werden,
werde sie ihre eigene Nummern, die eine defekte Charge betreffen,
öffentlich bekanntgeben.
Mit Rücksicht hierauf hat die Beklagte mit ihren Schriftsätzen
vom 14.10.1996 und und vom 19.12.1996 erklärt, sie erkenne die oben
erwähnte Einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 27.6.1995
- 31 O 376/95 - unter Verzicht auf die Einlegung des Widerspruches,
auf das Recht zur Erzwingung der Hauptsacheklage sowie auf das
Recht der Geltendmachung von Einwendungen gem. § 927 ZPO mit der
Maßgabe als endgültige Regelung an, daß dieses Anerkenntnis nicht
gelte, wenn
die Chargen-Hersteller-Nummer des Herstellers entfernt und eine
neue eigene Chargen-Nummer auf Flacon und Verpackung aufgebracht
wird, wobei sie eine jeweils aktuelle Konkordanzliste der
Chargen-Herstellernummer des Herstellers und der eigenen
Chargen-Nummer erstellt, indem bei jedem Produkt beide Nummern dem
jeweiligen Abnehmer des Produktes mit Namen und Anschrift
zugeordnet wird und die gesamte Liste einschließlich dieser
Zuordnung monatlich beim Notar hinterlegt wird;
sowie
b) auf dem Flacon und der Verpackung der Hinweis "Vertrieb:
Exclusiv Parfum, B." aufgebracht wird.
Die Berufung der Klägerin hält sie aus den Gründen der
angefochteten Entscheidung für unbegründet. Ergänzend vertritt sie
die Auffassung, eine Zuerkennung des Auskunftsanspruches würde
ebenfalls dazu führen, daß das nicht schützenswerte Vertriebssystem
der Klägerin gesichert werde.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
1.) unter (teilweiser) Abänderung des Urteils des Landgerichts
vom 16.4.1996 die Klage (vollständig) abzuweisen;
2.) die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin b e a n t r a g t,
1.) unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts vom
16.4.1996 die Beklagte gem. Ziffer I 2 b des Klageantrags (nach
obiger Bezifferung) zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu
erteilen, von wem und in welcher Menge sie Waren entsprechend
Ziffer I 1) des Klageantrages in den vergangenen 6 Monaten vor
Klageerhebung und seitdem bezogen hat und/oder bezieht;
2.) die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie vertritt mit Blick auf die Berufung der Beklagten weiter die
Auffassung, daß diese durch den Vertrieb der auf die beschriebene
Weise manipulierten Produkte gegen § 1 UWG i.V.m. § 4 der
Kosmetik-Verordnung verstoße. Durch die gesetzliche Regelung solle
erreicht werden, daß ein fehlerhafter Posten auf möglichst sicherem
und auf dem schnellsten Wege identifiziert und ausgesondert werden
könne. Dies sei durch das von der Beklagten praktizierte System
indes nicht gewährleistet. Denn jenes System setze voraus, daß die
von der Beklagten oder ihrem Lieferanten eingesetzten, ihr nicht
bekannten Zwischenglieder von sich aus an der Identifizierung
mitwirkten. Zumindest komme es zu unvertretbaren Verzögerungen. An
dem Verstoß ändere auch die Tatsache nichts, daß die Seriennummer,
die aus den vorstehenden Gründen nicht entfernt werden dürfe, auch
die Vertriebsnummer enthalte. Denn daß die Rechtsprechung derartige
Vetriebskennzeichnungen in nicht geschlossenen Systemen nicht für
schützenswert ansehe, bedeute nicht, daß die Beklagte die damit
verbundenen Chargennummern entfernen und so gegen § 4 der
Kosmetik-Verordnung verstoßen dürfe.
Der von ihr mit ihrer Berufung weiterverfolgte Auskunftsanspruch
sei deswegen begründet, weil sie ein berechtigtes Interesse daran
habe zu erfahren, wer die Veränderungen an den Nummern vornehme.
Dieses Interesse ergebe sich daraus, daß sie - solange die
Veränderungen weiterhin vorgenommen würden - im Falle der
Notwendigkeit einer Rückrufaktion Gefahr laufe, wegen der
verlorengegangenen Möglichkeit einer Zuordnung des betroffenen
Produktes zu einer bestimmten Charge in einem wesentlich größeren
Umfange Produkte zurückrufen zu müssen, als dies ausreichen würde,
wenn die von der Herstellerin verwendete Nummer sich noch
unverändert auf dem Produkt befände. Aus diesem Grunde habe sie
berechtigten Anlaß, auch gegen denjenigen vorzugehen, der die
Veränderungen vorgenommen habe und vornehme. Deswegen benötige sie
die Auskunft, zu deren Abgabe die Beklagte als Verletzerin auch
verpflichtet sei. Zu Unrecht habe die Kammer demgegenüber den
Anspruch mit der aus einem anderen Verfahren übernommenen
Begründung verneint, es fehle an einem hinreichenden Sachvortrag
dafür, daß ein Dritter die Manipulation vorgenommen habe. Dies
treffe nämlich im vorliegenden Fall nicht zu. Vielmehr habe die
Beklagte selbst mit Schriftsatz vom 3.1.1996 ausdrücklich
vorgetragen, es werde "bei dem Zulieferer" die
Chargen-Herstell-Nummer zunächst in die EDV eingelesen und sodann
entfernt. Diese Darstellung mache sie sich zu eigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand
der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist überwiegend zulässig und
begründet, im übrigen aber als unzulässig zu verwerfen.
Demgegenüber hat die in vollem Umfange zulässige Berufung der
Beklagten in der Sache keinen Erfolg. Sowohl der
Unterlassungsanspruch, als auch der im Berufungsverfahren noch
geltendgemachte Auskunftsanspruch, soweit er auf die Benennung der
Lieferanten gerichtet ist, sind begründet. Bezüglich der
darüberhinaus verlangten Auskunft, in welchem Umfange die Beklagte
manipulierte Produkte erhalten hat, ist die Berufung unzulässig,
weil es an der erforderlichen Begründung fehlt (§ 519 Abs.3
ZPO).
Soweit die Klägerin den Unterlassungsantrag in der mündlichen
Verhandlung geringfügig abgeändert hat, liegt darin keine teilweise
Rücknahme der Klage. Die Klägerin hat damit lediglich - ohne dessen
inhaltliche Ànderung - eine Anpassung des Antrags an die der
Beklagten konkret vorgeworfene Verletzungshandlung vorgenommen.
Soweit der Senat bezüglich beider Ansprüche ebenso geringfügig von
dem Wortlaut der Berufungsanträge der Klägerin abgewichen ist,
dient dies allein der sprachlichen Klarstellung und stellt keine
teilweise Abweisung der Klage dar.
Der Unterlassungsanspruch ist aus § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung
i.V.m. § 1 UWG begründet.
Der Vertrieb der "Jil Sander"-Produkte, an denen die
beschriebenen Manipulationen vorgenommen worden sind, verstößt
gegen § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung. Das gilt auch unter
Berücksichtigung der zusätzlichen Maßnahmen, die die Beklagte bzw.
ihr Zulieferer nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten
getroffen haben, um eine Zuordnung einzelner so veränderter
Produkte zu den Chargen, aus denen sie hergestellt worden sind, zu
ermöglichen.
Nach § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung sind Kosmetika mit der Nummer
des Herstellungspostens oder einem Kennzeichen zu versehen, die
eine Identifizierung der Herstellung ermöglichen. Diesen
Anforderungen genügen die "Jil Sander"-Produkte nach der Vornahme
der oben beschriebenen Manipulationen an der Verpackung und dem
Flacon nicht mehr.
Die Funktion der Kennzeichnung wird zunächst nicht durch den
nicht veränderten Teil der zehnstelligen Seriennummer der
Herstellerin erfüllt. Denn nach der unwidersprochen gebliebenen
Behauptung der Klägerin ist eine Zuordnung des einzelnen Produktes
zu der Charge, aus der es stammt, nach Entfernung der letzten 6
Ziffern der 10-stelligen Seriennummer nicht mehr möglich. Óberdies
wird diese Nummer auf der Verpackung, wo sich die Kennzeichnung
gem. § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung ebenfalls befinden muß, sogar
vollständig entfernt.
Aber auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten bzw.
ihrem Lieferanten getroffenen Maßnahmen zur Identifizierung der
einzelnen Produkte ergibt sich kein anderes Bild. Diese Maßnahmen
sind bereits deswegen von vorneherein nicht geeignet, die
gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, weil sie nicht von der
Herstellerin selbst getroffen worden sind. Óberdies gewährleisten
sie auch dann die Identifizierung der Produkte nicht, wenn die
Beklagte sich wirklich in dem von ihr zugesagten Umfange an einer
etwa notwendig werdenden Rückrufaktion beteiligt.
§ 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung dient ausweislich der amtlichen
Begründung seiner ursprünglichen Fassung (wiedergegeben bei Zipfel,
Lebensmittelrecht, C 500, RZ 1) dem Zweck, eventuelle fehlerhafte
Herstellungsposten rasch ermitteln zu können. Die Erreichung dieses
Zieles ist indes nicht gewährleistet, wenn der Hersteller die
notwendigen Ermittlungen zur Auffindung des fehlerhaften Postens
nicht allein durchführen kann, sondern hieran Dritte mitwirken
müssen. Es ist nämlich gerade der Hersteller, der - und zwar
selbständig - aufgrund der Kennzeichnung in der Lage sein muß,
zuzuordnen, aus welcher Charge ein etwa zu beanstandendes Produkt
stammt. Denn er ist für einen Rückruf verantwortlich und an ihn
richten sich gegebenenfalls insoweit in Betracht kommende
Ansprüche. Óberdies hat er den Rufschaden, wenn es nicht gelingt,
nach einem Produktionsfehler die in Betracht kommenden einzelnen
Produkte vollständig zurückzurufen. Die Vorschrift ist daher - was
ohnehin schon ihr Wortlaut zumindest nahelegt - dahin auszulegen,
daß die verlangte Kennzeichnung allein von dem Hersteller stammen
muß und dieser nicht auf die Mitwirkung eines Dritten, und schon
gar nicht eines potentiellen Konkurrenten, angewiesen sein
darf.
Vor diesem Hintergrund genügt es den gesetzlichen Anforderungen
nicht, daß die Beklagte oder ihr Zulieferer an die Stelle der
Herstellernummer eine andere setzen. Das gilt auch angesichts der
Konkordanzliste, ihrer Deponierung bei einem Notar und der
Beschriftung der betreffenden Produkte mit dem Hinweis: "Vertrieb:
Exclusiv Parfum, B.". Denn die Klägerin bzw. die hinter ihr
stehende Herstellerin sind dann darauf angewiesen, daß die Beklagte
an der Rückrufaktion mitwirkt. Diese müßte nach Feststellung der
betroffenen Charge, sofern auch an Produkten aus dieser Charge
Veränderungen vorgenommen wurden, der Klägerin die neuen, von ihr
aufgebrachten Nummern mitteilen, damit diese die Rückrufaktion
einleiten kann, oder selbst die Produkte zurückrufen. Die mithin
notwendige Mitwirkung der Beklagten wäre im übrigen dann, wenn ein
Mangel, der eine Rückrufaktion erforderlich macht, zufällig an
einem der manipulierten Produkte auftritt, schon bei dessen
Zuordnung zu der Charge, aus der es stammt, notwendig. Die Klägerin
bzw. die Herstellerin müßte also als ersten Schritt der
Ermittlungen die Beklagte um Mitteilung bitten, welche Nummer das
auffällige Produkt früher gehabt habe.
Die von der Beklagten bzw. ihrem Lieferanten vorgenommene
Ersatzkennzeichnung genügt auch nicht etwa deswegen entgegen dem
vorstehenden Grundsatz den Anforderungen des § 4 Abs.1
Kosmetik-Verordnung, weil die erforderliche Mitwirkung durch die
Beklagte oder ihren Zulieferer für jeden denkbaren Fall
gewährleistet wäre. Denn das trifft nicht zu.
Die Zuordnung eines Produktes zu einer Charge und umgekehrt ist
nach den Veränderungen nur möglich, wenn die "Konkordanzliste"
einwandfrei geführt wird. Schon darin liegt ein Risiko, das bei
vollständiger Belassung der ursprünglichen Seriennummer nicht
bestünde. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich bei
der Anlegung der Liste Óbertragungs- oder sonstige Fehler
einschleichen, die eine spätere Ermittlung der ursprünglichen
Herstellernumer unmöglich machen.
Óberdies ist die Zuordnung auch deswegen nicht für jeden
denkbaren Fall gewährleistet, weil sie von der Fähigkeit und
Bereitschaft der Beklagten bzw. ihres Lieferanten zur Mitwirkung
abhängig ist, die indes auch nicht für jeden zukünftigen
Einzellfall und für jede vorstellbare zukünftige Entwicklung des
Verhältnisses der Parteien zueinander unterstellt werden kann. So
setzt die für eine Rückrufaktion erforderliche Mitwirkung der
Beklagten zunächst voraus, daß diese im Zeitpunkt einer
vorzubereitenden Rückrufaktion überhaupt noch existiert.
Insbesondere angesichts der Tatsache, daß Parfümerieartikel nicht
kurzfristig verbraucht werden, ist es indes denkbar, daß die
Beklagte nach den beschriebenen Manipulationen zwar die
Konkordanzliste noch anlegt, dann aber vor dem Auftreten eines
fehlerhaften Produktes etwa in Konkurs fällt. In dieser Situation
ist zumindest ein kurzfristiger Zugriff auf die früheren
10-stelligen Seriennummern nicht gewährleistet. Es ist sogar - z.B.
wenn ein Konkursverwalter nicht eingesetzt wird - nicht
ausgeschlossen, daß die alte Nummer der Klägerin bzw. der
Herstellerin dann überhaupt nicht mehr zugänglich gemacht werden
kann. Das gilt auch mit Blick auf die beabsichtigte Hinterlegung
der Konkordanzliste bei einem Notar. Denn es steht schon nicht
fest, daß dieser erforderlichenfalls zur Herausgabe dieser Liste an
die Klägerin oder die Herstellerin (noch) befugt und auf
Anforderung auch verpflichtet wäre. Óberdies enthält die
hinterlegte Liste auch in ihrer jeweils aktuellen Fassung nicht
alle von der Beklagten in den Verkehr gegebenen Produkte, weil
diese beabsichtigt, die Listen lediglich monatlich und damit nicht
zeitgleich mit dem Vertrieb bei einem Notar zu hinterlegen.
Aber auch bei fehlerfreier Führung der Konkordanzliste und
fortbestehender Existenz der Beklagten und stünde nicht fest, daß
die Herstellerin in jedem Fall, in dem dies notwendig ist, die
erforderlichen Informationen kurzfristig erhielte. Hierzu ist zu
berücksichtigen, daß die Beklagte mit der Klägerin ohnehin, aber
zumindest in weiterem Sinne auch mit der für die Einhaltung des § 4
Abs.1 Kosmetik-Verordnung verantwortlichen Herstellerin im
Wettbewerb steht. Die daher bestehenden unterschiedlichen und teils
gegenläufigen Interessen verbieten es anzunehmen, die Mitwirkung
der Beklagten sei gewährleitet. So sind schon Fälle denkbar, in
denen die Beklagte abweichend von der Klägerin oder der
Herstellerin die Auffassung vertritt, eine Rückrufaktion sei nicht
notwendig, und mit dieser Begründung eine verlangte Mitwirkung
verweigert. Dies gilt umso eher als - wie die Klägerin anschaulich
vorgetragen hat - nach dem Auftreten eines Produktfehlers eine
Abwägung zwischen der drohenden Gefährdung der Gesundheit der
Konsumenten einerseits und dem Aufwand und dem mit jeder
Rückrufaktion verbundenen Imageschaden andererseits stattfinden
muß. Bei dieser Abwägung können die unterschiedlichen Interessen
der Beteiligten nämlich leicht zu unterschiedlichen Ergebnissen
führen. Denkbar ist auch, daß die Beklagte - wenn sie auch wie die
Klägerin grundsätzlich am Florieren des Produktes am Markt
interessiert ist - aus Gründen des Konkurrenzkampfes die
Informationen zurückhält, etwa um in der Auseinandersetzung mit der
Klägerin und der Herstellerin Druck auf diese auszuüben. Nach
alledem kann der Klägerin und der hinter ihr stehenden Herstellerin
angesichts der bestehenden Verantwortung für das Produkt nicht
zugemutet werden, sich gerade in dem sensiblen Bereich der etwaigen
Notwendigkeit einer Rückrufaktion auf die beschriebene Weise in die
Hände einer Konkurrentin zu begeben.
Aber auch wenn man trotz der vorstehenden, dies indes
ausschließenden Gesichtspunkte davon ausgehen würde, die Mitwirkung
sei tatsächlich gewährleistet, wäre die Berufung der Beklagten
zurückzuweisen. Denn es steht keineswegs fest, daß bei einer
gutwilligen Mitwirkung der Beklagten wirklich mit zumutbaren
Aufwand die zu einer bestimmten Charge gehörenden und daher
zurückzurufenden Produkte ermittelt werden könnten. Das wäre
nämlich in einer praktikablen Weise überhaupt nur möglich, wenn die
Beklagte ihr System genauso aufbauen könnte, wie es die Klägerin
tut. Hierzu ist sie indes nicht in der Lage, weil die Beklagte das
von der Klägerin verwendete Zahlensystem nicht kennt. Angesichts
der Tatsache, daß die von der Herstellerin aufgebrachte
verschlüsselte 10-stellige Seriennummer für die in das System nicht
eingeweihte Beklagte und ihren Lieferanten gerade nicht erkennbar
macht, aus welcher Charge das einzelne Produkt stammt, sind diese
nicht in der Lage, die aus einer bestimmten Charge stammenden
Produkte etwa mit aufeinanderfolgenden oder sonstwie systematisch
zusammengehörigen Nummern zu versehen. Es bleibt daher nur die
Möglichkeit, die Produkte mehr oder weniger wahllos mit den neuen
Nummern zu bezeichnen. Das führt aber dazu, daß der allein
praktikable Rückruf einer Serie von Nummern nicht möglich ist,
sondern die Klägerin nur den Versuch machen könnte, die Produkte
einzeln nach ihrer neuen Nummer zurückzurufen. Wenn von einer
gebotenen Rückrufaktion z.B. 10.000 systematisch zusammengehörige
Nummern der Klägerin erfaßt werden, weisen die zunächst mit diesen
Nummern ausgestatteten Produkte nach den von der Klägerin
beanstandeten Manipulationen - von dem für einen Rückruf
unbrauchbaren Rest der alten Nummer abgesehen - aus den
vorstehenden Gründen nunmehr 10.000 allenfalls in zufälligen
Gruppen zusammenhängende, im Wesentlichen aber verstreute Zahlen
auf. Eine Rückrufaktion kann indes nicht mit Aussicht auf Erfolg
durchgeführt werden, wenn jeweils umfangreiche Zahlenkolonnen
veröffentlicht und dem Verbraucher zugemutet werden müßte, in dem
entstehenden Zahlenwust die auf seinem Produkt befindliche Nummer
zu suchen.
Nach alledem gewährleisten die von der Beklagten angeführten
Maßnahmen die Durchführbarkeit einer Rückrufaktion nicht. Das gilt
auch für die Aufbringung des Zusatzes "Vertrieb: Exclusiv Parfum,
B." auf den Produkten. Dieser verschafft der Klägerin zwar die
Erkenntnis, daß das betreffende manipulierte Produkt von der
Beklagten bzw. ihrem Zulieferer und nicht - was ohne den Zusatz
sogar auch noch möglich wäre und die Zuordnung weiter erschweren
würde - von einem anderen Unternehmen auf dem "grauen Markt"
vertrieben wird, gleichwohl ist die von § 4 Abs.1
Kosmetik-Verordnung bezweckte schnelle Ermittlung der Charge aus
den vorstehenden Gründen so nicht gewährleistet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind deren Maßnahmen zur
Aufrechterhaltung der Identifizierbarkeit der einzelnen Produkte
auch nicht deswegen ausreichend, weil die Klägerin bzw. die
Herstellerin auf die oben beschriebene Weise ihre interne
Vertriebs- mit der Chargennummer verbindet und so bewirkt, daß
neben der Chargennummer auch die Vertriebsnummer geschützt
wird.
Der Senat hat erhebliche Zweifel, ob der Klägerin bzw. der
Herstellerin auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zum
Problem der Entfernung von Vertriebsnummern (vgl. BGH GRUR 88,
823,824 f; 88,826 ff; WRP 89,369,370; 89,366,367 - "Entfernung von
Kontrollnummern I-IV") allein deswegen, weil ihr Vertriebssystem
(noch) nicht schützenswert sei, diese Kombination der Nummern
untersagt werden könnte. Diese Frage kann indes dahinstehen. Denn
im vorliegenden Verfahren ist allein zu entscheiden, ob die in der
beschriebenen Weise von der Klägerin erfolgende Kombination beider
Zahlen der Beklagten das Recht gibt, ein Produkt zu vertreiben, bei
dem die (Gesamt-)Zahl ganz oder teilweise entfernt worden und aus
diesem Grunde eine Identifizierung der Charge, aus der das Produkt
stammt, nicht mehr möglich ist. Diese Frage ist indes ohne weiteres
auch für den Fall zu verneinen, daß die von der Klägerin
vorgenommene Kombination wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sein
sollte. Der Senat schließt sich hierzu der zutreffenden
Argumentation des OLG Frankfurt in dessen Entscheidung "Sculpture"
(WRP 96,112 f) an (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart WRP 95,973,
978; OLG Karlsruhe WRP 96,122,124 f - "Davidoff Cool Water").
§ 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung dient dem Schutz der Gesundheit
der Verbraucher (vgl. hierzu näher BGH GRUR 94, 642,644 -
"Chargennummer"). Diese sollen bei Auftreten eines
Produktionsfehlers schnell vor dem weiteren Verbrauch des Produktes
gewarnt werden können. Auf diese Weise bezweckt die Bestimmung die
Abwehr von Gefahren etwa für die menschliche Haut, die im
Einzelfall eines Produktfehlers von einem Kosmetikum ausgehen
können. Ein Verstoß gegen § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung stellt
damit eine potentielle Gefährdung der Verbraucher dar. Diese kann
indes nicht damit gerechtfertigt werden, daß der Hersteller des
Produktes aus bestimmten Gründen mit dessen Vertrieb seinerseits
wettbewerbswidrig handele. Denn selbst wenn das so sein sollte,
gibt dies der Beklagten nicht das Recht, ihrerseits die
Bestimmungen des § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung außer Acht zu lassen
und so die Gesundheit der Verbraucher zu gefährden. Sie ist
vielmehr auf die bestehende Möglichkeit zu verweisen, ihrerseits
gerichtlich oder durch eine Anzeige bei der zuständigen
Ordnungsbehörde gegen die Klägerin vorzugehen.
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der Klägerin
bzw. der Herstellerin bleibe die Möglichkeit, anstelle der
einzelnen Charge die gesamte Produktion aus dem Verkehr zu nehmen
und so den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Rückrufaktionen
wegen gesundheitsgefährdender Stoffe stehen nämlich - wie bereits
der BGH a.a.O. ausgeführt hat - unter dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit. Der Rückruf der gesamten Produktion trifft
indes die Klägerin und die Herstellerin wesentlich härter als der
Rückruf nur der einzelnen Charge. Er führt insbesondere zu einem
erhöhten Rufschaden, weil der Eindruck entsteht, die Herstellerin
sei wegen organisatorischer Mängel oder der Größe des
Produktionsfehlers nicht in der Lage, die Rückrufaktion aus
einzelnde Chargen zu beschränken. Der Rückruf der gesamten
Produktion kann aus diesen und anderen Gründen im Einzelfall
unzumutbar sein, während der Rückruf der einzelnen Charge zumutbar
ist. Damit stellt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, daß § 4
Abs.1 Kosmetik-Verordnung "dem Schutz der Volksgesundheit unter
Abwägung der Interessen des Produzenten dient" (BGH a.a.O.) die
Möglichkeit, die gesamte Produktion aus dem Verkehr zu nehmen, als
nicht geeignet dar, die Manipulationen zu rechtfertigen.
Es liegt daher ein Verstoß gegen § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung
vor. Dieser stellt - ohne daß es des Hinzutretens weiterer Umstände
bedarf - zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG dar und rechtfertigt
damit den Unterlassungsanspruch, weil es sich bei der Bestimmung um
eine wertbezogene Norm handelt (BGH a.a.O., S.643 f m.w.N.).
Der festgestellte Verstoß begründet schließlich auch die Gefahr
der Wiederholung. Diese ist nicht durch das oben wiedergegebene
Anerkenntnis der einstweiligen Verfügung beseitigt. Denn darin
behält sich die Beklagte die Fortsetzung des Vertriebs der
manipulierten Produkte vor. Das soll zwar nur unter Einhaltung der
oben im einzelnen erörterten Maßnahmen geschehen, diese sind indes
aus den dargelegten Gründen nicht geeignet, die Anforderungen des §
4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung zu erfüllen.
Der Auskunftsanspruch ist im oben ausgesprochenen Umfange aus §§
1 UWG, 242 BGB ebenfalls begründet. Die Beklagte ist als Störerin
aus § 1 UWG nicht nur zur zukünftigen Unterlassung, sondern
darüberhinaus auch zur Beseitigung der bereits eingetretenen
Störung bzw. zur Mitwirkung an dieser Beseitigung verpflichtet. Im
Rahmen dieser Verpflichtung obliegt es ihr, der Klägerin auch die
Namen und Anschriften des oder der Lieferanten zu benennen, von dem
oder denen sie die manipulierte Ware bezieht. Denn nur so kann die
Klägerin auch gegen diese weiteren Störer vorgehen und die von den
Manipulationen ausgehende Störung gänzlich beseitigen.
Es ist anerkannt (vgl. z.B. BGH GRUR 94,630,632 f
"Cartier-Armreif"; Köhler/Piper § 1 RZ 303, vor § 13 RZ 68;
Baumbach/Hefermehl, a.a.O. Einl. UWG RZ 402 a), daß ein derartiger
Anspruch auf Drittauskunft nicht nur bei Schutzrechtsverletzungen,
sondern auch in anderen Fällen gegeben sein kann, sofern der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Das ist indes der
Fall. Es belastet die Beklagte nicht unverhältnismäßig, ihre(n)
Zulieferer zu benennen. Hierfür ist weder ein als unverhältnismäßig
in Betracht kommender Arbeitsaufwand erforderlich, noch ist ein
Geheimhaltungsinteresse der Beklagten ersichtlich.
Der Anspruch wäre allerdings unbegründet, wenn nicht ein
Dritter, sondern die Beklagte selbst die Manipulationen vornähme.
Denn der Anspruch auf Benennung des Zulieferes setzt voraus, daß es
überhaupt einen Zulieferer gibt. Es ist indes - im Gegensatz zu der
Auffassung des Landgerichts - im vorliegenden Verfahren davon
auszugehen, daß die Beklagte nicht selbst die Manipulationen
vornimmt, sondern die bereits veränderte Ware von einem oder
mehreren Dritten bezieht. Denn dies ergibt sich aus ihrem eigenen
Vortrag. Die Beklagte hat zunächst - möglicherweise abweichend von
anderen bei der Kammer anhängig gewesenen Verfahren - in erster
Instanz ausdrücklich selbst vorgetragen, sie erhalte die bereits
manipulierte Ware von einem Zulieferer. Wegen der Einzelheiten
hierzu nimmt der Senat gem. § 543 Abs.2 ZPO auf die zutreffenden
Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung (dort S.3)
Bezug. Diesen Vortrag hält die Beklagte auch im Berufungsverfahren
aufrecht. Denn sie hat, auch nachdem die Klägerin ihre Berufung
gerade auf diesen Gesichtspunkt gestützt hatte, ihren
diesbezüglichen Vortrag nicht geändert.
Soweit die Klägerin darüberhinaus auch Auskunft darüber begehrt,
in welchen Mengen die Beklagte die Waren von ihrem oder ihren
Zulieferern erhalte bzw. erhalten habe, ist die Berufung als
unzulässig zu verwerfen, weil es insoweit an einer Begründung der
Berufung fehlt (§ 519 Abs.3 ZPO). Die Berufungsbegründung der
Klägerin befaßt sich ausschließlich mit ihrem Interesse an der
Benennung der Lieferanten. Sie enthält indes keinen Vortrag dazu,
aus welchem Grunde die Beklagte darüberhinaus verpflichtet sein
soll, auch Auskünfte über die Menge der von dem oder den
Lieferanten erhaltenen Ware zu erteilen.
Óberdies ist aber auch nicht ersichtlich, aus welchem
Rechtsgrund ein derartiger Anspruch bestehen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht bezüglich der 1.Instanz auf § 92
Abs.1 ZPO und im übrigen auf §§ 92 Abs.2, 97 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr.10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Parteien
entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 220.000,00 DM,
nämlich
Unterlassungsanspruch:
200.000,00 DM
Auskunft darüber, wer Lieferant ist:
15.000,00 DM
Auskunft über Liefermenge des Lieferanten:
__5.000.00 DM
Gesamtstreitwert:
220.000,00 DM
Ausgehend von der unbeanstandet gebliebenen
Streitwertfestsetzung des Landgerichts in der angefochtenen
Entscheidung auf 20.000 DM für den Auskunftsanspruch insgesamt
entspricht die vorstehende Aufteilung nach der Einschätzung des
Senats dem für die Wertfestsetzung gem. §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO
maßgeblichen Interesse der Klägerin an beiden Ansprüchen
OLG Köln:
Urteil v. 07.03.1997
Az: 6 U 117/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/53dce9c2858a/OLG-Koeln_Urteil_vom_7-Maerz-1997_Az_6-U-117-96