Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. Januar 2004
Aktenzeichen: I-16 U 62/03

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 30.01.2004, Az.: I-16 U 62/03)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 20. Februar 2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.932,97 Euro mit 4 % Zinsen seit dem 26. Juli 2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 1/5 und der Beklagten zu 4/5 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheits-leistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Be-trages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstre-ckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditin-stituts erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Zahlung von 38.932,97 Euro mit Zinsen in Anspruch. Der Kläger ist Treuhänder über das Vermögen des W... G..., der den Anspruch im vorliegenden Verfahren ursprünglich geltend gemacht hat. W... G... ist der Erbe des im Jahre 1999 verstorbenen W... G.....

W... G... tätigte am 22. März 1999 eine Überweisung in Höhe von 79.146,28 DM auf ein Konto der Beklagten. Der in Fotokopie zu den Akten gereichte Überweisungsträger (Bl. 11 GA) trägt den Vermerk "Umbuchung". W... G... nahm die Beklagte bereits vor dem Amtsgericht Düsseldorf auf Rückzahlung des überwiesenen Betrages in Anspruch, jedoch nur in Höhe eines Teilbetrages von 3.000,-- DM. Im Berufungsverfahren wurde der Klage stattgegeben mit der Begründung, dass die Beklagte ungerechtfertigt bereichert sei. Wegen der Einzelheiten des Urteils vom 26. September 2001 wird auf die Ablichtung der Entscheidung auf Bl. 12-15 GA Bezug genommen.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Restbetrag der an die Beklagte überwiesenen Summe. Nach Durchführung des Mahnverfahrens und Einlegung des Widerspruchs gegen den ergangenen Mahnbescheid hat W... G... den geltend gemachten Anspruch damit begründet, dass W... G... der Beklagten mit der streitgegenständlichen Zuwendung lediglich ein zurückzuzahlendes Darlehen gewährt habe. Die Beklagte habe im Vorprozess eingeräumt, dass es sich nicht um eine Schenkung gehandelt habe, jedoch habe sie die Vereinbarung eines Darlehens bestritten. Mit diesem einfachen Bestreiten der Beklagten genüge diese jedoch nicht ihrer Darlegungslast, wie bereits das Landgericht Düsseldorf zutreffend ausgeführt habe. Zu näheren Angaben sei sie auch deshalb verpflichtet, weil dem Kläger nähere Erkenntnismöglichkeiten über den Hintergrund der Zahlung nicht zur Verfügung stünden.

Die Klageforderung sei ab dem Zeitpunkt des Zahlungsempfangs zu verzinsen.

Durch Beschluss des AG Wuppertal vom 10. Oktober 2001 - 145 IN 363/01 - und damit bereits vor Einreichung des hiesigen Mahnantrages, der das Datum des 4. Februar 2002 trägt (Bl. 5 GA), wurde über das Vermögen des W... G... wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf die Entscheidung des AG Wuppertal wird Bezug genommen (Bl. 51-52 GA).

Mit Schreiben vom 22. Juli 2002 teilte der bestellte Insolvenzverwalter gegenüber der Klägervertreterin mit, dass er ihr die Genehmigung erteile, "dass Sie den Rechtsstreit G... ./. W... fortführen dürfen. Diese Genehmigung erteile ich jedoch nur für den Fall, dass die Insolvenzmasse aus diesem Rechtsstreit für keine Kosten aufkommen muss, der Rechtsstreit also durch die Rechtsschutzversicherung gedeckt ist." (Bl. 50 GA). Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2002 hat die Klägervertreterin angezeigt, dass sie nunmehr den Insolvenzverwalter als Treuhänder über das Vermögen des W... G... vertrete und um entsprechende Berichtigung des Aktivrubrums bitte, und mitgeteilt, dass der Insolvenzverwalter die Anträge gemäß der Klage übernehme (Bl. 29 GA). Ergänzend hat sie später ausgeführt, dass auch ein Parteiwechsel sinnvoll und möglich sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 38.932,97 Euro mit 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 22. März 1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die ursprünglich von W... G... erhobene Klage sei schon deshalb als unzulässig abzuweisen, weil über sein Vermögen bereits vor Anhängigkeit des Klageanspruchs das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Die von ihm erteilte Prozessvollmacht sei unwirksam. Ihm fehle die Aktivlegitimation. Lediglich der Insolvenzverwalter hätte Klage erheben können. Eine Parteiberichtigung scheide aus. In Betracht komme allenfalls ein Parteiwechsel. Eine Auswechselung des Klägers sei jedoch von der Zustimmung des bisherigen Klägers abhängig, welche nicht vorliege. Die Beklagte sei mit einem Klägerwechsel auch nicht einverstanden. Ein solcher sei auch nicht sachdienlich.

Zum Anspruch selbst hat die Beklagte geltend gemacht, es bestehe die Vermutung, dass ein Erblasser Verfügungen und Rechtsgeschäfte mit gutem Grund und nicht rechtsgrundlos vornehme. Für das Gegenteil sei der Erbe in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig. Im Übrigen bestehe auch ein Rechtsgrund für die strittige Zahlung. Sie sei mit dem Erblasser seit 1982 eng verbunden gewesen, ohne dass es jedoch zu einer Eheschließung gekommen sei. Sie habe den Erblasser in seinem Abbruchunternehmen unterstützt und dieses mit dem Erblasser gemeinsam aufgebaut. In diesem Zusammenhang habe sie diesem auch Darlehen gewährt, welche nur teilweise zurückgezahlt worden seien. Nach seiner Erkrankung im Jahre 1995 habe sie den Erblasser gepflegt. Seit 1998 habe der Erblasser bei ihr gewohnt. Sie habe bei finanziellen Engpässen des Erblassers zeitweise die Löhne seiner Arbeitnehmer bezahlt. Selbst nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus im August 1999, in welchem er Ende Oktober 1999 gestorben sei, habe sie nach seinen Anweisungen das Unternehmen fortgeführt und das Haus des Erblassers versorgt.

Aufgrund der aufgezeigten Verhältnisse zwischen Beklagter und Erblasser seien über die finanziellen Zuwendungen und Darlehen schriftliche Abmachungen und Aufzeichnungen nicht geführt worden. Sie sei an den Erblasser nicht mit Rückforderungsansprüchen herangetreten und habe von ihm auch zu keiner Zeit ein Entgelt für ihre Tätigkeiten verlangt. Dennoch habe sich der Erblasser in finanzieller Schuld ihr gegenüber gefühlt. Er habe - auch gegenüber Zeugen - mehrfach geäußert, dass er für die Beklagte "gesorgt" habe. Gegenüber seiner Schwester habe er dies damit begründet, dass die Beklagte ihm einen Betrag von 56.000,-- DM "geliehen" habe (hierzu hat die Beklagte eine "Eidesstattliche Erklärung" vom 3. Mai 1998 vorgelegt = Bl. 44 GA). Seinem engsten Freund und Vertrauten habe der Erblasser ebenfalls erklärt, die Beklagte habe ihm 50.000,-- DM "geliehen", er habe jedoch nur 20.000,-- DM zurückzahlen können, er stehe wegen ihrer finanziellen Hilfen und ihrer Betreuung tief in der Schuld der Beklagten. Diesem Freund sei auch bekannt, dass die Beklagte dem Erblasser immer wieder Gelder habe zukommen lassen.

Rechtlich stelle die Zahlung des Erblassers an die Beklagte damit eine Darlehensrückzahlung und/oder ein Entgelt für die von ihr erbrachten Dienste und/oder eine Schenkung aus sittlichem Grund oder eine Mischung aus diesen Rechtsgründen dar.

Diesen Vortrag hat der Kläger im Einzelnen bestritten. Das Vorbringen sei widersprüchlich und unzutreffend.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Parteiwechsel sei sachdienlich und daher zuzulassen. Ein Bereicherungsanspruch bestehe nicht. Es obliege der Beklagten, den Rechtsgrund für den streitgegenständlichen Überweisungsbetrag darzulegen. Die Beklagte habe hinreichend dargelegt, aufgrund welcher Umstände sie den zu ihren Gunsten umgebuchten Geldbetrag behalten dürfe. Ohne beweisbelastet zu sein, habe sie Zeugen benannt. Darauf komme es jedoch nicht an. Zunächst wäre der Kläger vorab verpflichtet gewesen, Beweis für die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptungen der Beklagten anzubieten, woran es fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers mit dem Antrag,

abändernd die Beklagte zu verurteilen, an ihn 38.932,97 Euro mit 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 22. März 1999 zu zahlen.

Er trägt vor, die verschiedenen Darlegungsversuche der Beklagten, aus welchem Rechtsgrund sie den Betrag von dem Erblasser erhalten habe, seien in sich widersprüchlich und nicht konkret nachvollziehbar. Der Erblasser habe den Betrag auf die Überweisungsträger ausdrücklich als Umbuchung vermerkt. Diese Umbuchung habe die Beklagte nach Grund und Höhe nicht erklären können.

In einem Schreiben vom 15. November 1999 habe die Beklagte bereits in der zu Recht verlangten Auskunft den Betrag in Höhe der Klageforderung nicht erwähnt, sondern nur wertlose Sachen aufgeführt.

Mit Anwaltsschreiben vom 1. März 2000 habe die Beklagte pauschal angegeben, es habe sich bei dem Betrag um eine Zahlung gehandelt, welche der Erblasser aus eigener Veranlassung vorgenommen habe. Die Beklagte habe im Vorprozess ausdrücklich bestritten, dass es sich bei der Zahlung um ein Darlehen oder eine Schenkung gehandelt habe. Der in jenem Verfahren vernommene Zeuge habe erklärt, dass der Erblasser den Betrag dem Zugriff seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau habe entziehen wollen. Der Erblasser habe gegenüber seinen Mitarbeitern stets erklärt, dass er sein Geld lediglich vor seiner Ehefrau in Sicherheit bringen wolle.

Später - u.a. in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht - habe die Beklagte nunmehr nur noch angegeben, dass es sich bei der streitigen Zahlung um die Rückzahlung von Darlehen gehandelt habe, welche sie dem Verstorbenen zu Lebzeiten gegeben habe. Die Erklärungsversuche der Beklagten seien abenteuerlich. Konkrete Zahlen und nachvollziehbare Belege würden nicht vorgelegt, so dass es sich um ein erkennbar unsubstanziiertes Vorbringen der Beklagten handele.

Mit dem Antrag auf

Zurückweisung der Berufung

tritt die Beklagte dem gegnerischen Vorbringen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags im Einzelnen entgegen. Sie verweist auf ihren Schriftsatz vom 1. Oktober 2002 und trägt erneut vor, sie habe mit dem Erblasser in einem eheähnlichen Verhältnis zusammengelebt. Aus diesem Grunde sei es nachvollziehbar, dass sie keine "Buchhaltung" über ihre Zahlungen und über den Wert der von ihr erbrachten Leistungen geführt habe. Der "krumme" Überweisungsbetrag erkläre sich daraus, dass der Erblasser seine seinerzeit verfügbaren Mittel ausgeschöpft habe. Der verwendete Begriff einer "Umbuchung" sei neutral. Der im Vorprozess erfolgte Vortrag der Beklagten sei zutreffend; die Zahlung des Erblassers sei weder ein Darlehen noch eine Schenkung gewesen. Der dort vernommene Zeuge Klinge habe nicht bekundet, der Erblasser habe den hier streitgegenständlichen Betrag seiner Ehefrau entziehen wollen.

In prozessualer Hinsicht sei die Beklagte weiterhin der Auffassung, dass die Klage bereits als unzulässig abzuweisen sei. Der ursprüngliche Kläger sei nicht prozessführungsbefugt gewesen. Der jetzige Kläger habe seine Genehmigung zur Fortführung des Rechtsstreits nur unter einer Bedingung erklärt, was jedoch prozessual unzulässig sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden und Schriftstücke, auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung sowie auf die protokollierten Hinweise des Senats in der Verhandlung am 19. Dezember 2003 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist im Wesentlichen - bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs - begründet. Ihm steht als Insolvenzverwalter über das Vermögen des W... G..., der den Erblasser unstreitig beerbt hat, ein Anspruch auf Rückzahlung des nach rechtskräftiger Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 3.000,-- DM verbliebenen Restbetrages von 76.146,28 DM aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Dieser Betrag entspricht der Klageforderung von 38.932,97 Euro.

I.

Die Klage ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bereits als unzulässig abzuweisen.

1. Zutreffend hat das Landgericht einen wirksamen Parteiwechsel festgestellt. Der ursprüngliche Kläger W... G... ist aus dem Rechtsstreit ausgeschieden, und an seine Stelle ist der Kläger als Insolvenzverwalter über sein Vermögen getreten. Eine Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter im Sinne des § 240 ZPO hat allerdings nicht stattgefunden, da der Rechtsstreit nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des W... G... unterbrochen worden ist. Die vorliegende Klage war noch nicht anhängig, als es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kam, vielmehr war das Insolvenzverfahren bereits im Oktober 2001 und damit vor Klageeinreichung durch W... G... eröffnet worden.

Der hier vorgenommene Parteiwechsel ist dennoch prozessual zulässig gewesen. Die Änderung einer Partei ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nach den Regelungen über die Klageänderung zu beurteilen, wobei die jeweilige Fallgestaltung - Parteiwechsel oder -beitritt auf der Kläger- oder auf der Beklagtenseite in erster oder zweiter Instanz - hinreichende Berücksichtigung finden muss (BGHZ 65, 264, 267 f.; BGH NJW 1989, 3225 f.). Demgemäß hängt die Wirksamkeit einer Auswechselung des Klägers grundsätzlich von der Einwilligung der beklagten Partei oder von der Sachdienlichkeit der prozessualen Vorgehensweise ab (§ 263 ZPO). Ob ein Klägerwechsel nur mit Zustimmung des Beklagten erfolgen kann, wenn über die Klage des ursprünglichen Klägers bereits verhandelt worden ist, so dass sich die Zustimmungsbedürftigkeit aus einer entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 1 ZPO ergeben könnte (Stein/Jonas-Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 264 Rn 112; Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl., § 263 Rn 30), braucht hier nicht entschieden zu werden, da diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

Das Landgericht hat die Sachdienlichkeit des Parteiwechsels zu Recht bejaht. Dabei kann dahinstehen, ob diese Entscheidung im Berufungsrechtszug überhaupt überprüfbar ist, wogegen die Vorschrift des § 268 ZPO spricht, wonach eine Anfechtung der Zulassung einer Klageänderung nicht stattfindet. Selbst wenn § 268 ZPO im Falle eines Parteiwechsels oder einer Parteierweiterung nicht oder zumindest nicht uneingeschränkt anzuwenden sein sollte, liegt hier jedenfalls die für eine Auswechselung des Klägers ausreichende Sachdienlichkeit vor. Entscheidend ist insoweit, ob der bisherige Streitstoff für die zu treffende Entscheidung über den Klageanspruch weiterhin zugrunde gelegt und durch die Zulassung der Klageänderung die erneute Erhebung einer Klage des eintretenden Klägers vermieden werden kann (vgl. nur BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH NJW 2000, 800, 803). Diese Voraussetzungen liegen hier eindeutig vor. Der jetzige Kläger macht den im Vermögen des W... G... verbliebenen Anspruch in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter geltend; auf ihn ist lediglich die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des W... G... übergegangen (§ 80 Abs. 1 InsO) und er handelt aufgrund dessen in gesetzlicher Prozessstandschaft als Partei kraft Amtes (BGH MDR 1997, 494). Auch § 240 ZPO belegt, dass im Falle der Insolvenzeröffnung nach Rechtshängigkeit der Parteiwechsel auf den Insolvenzverwalter möglich und zulässig ist und nicht von bestimmten Ausnahmetatbeständen, sondern nur von der Aufnahmeerklärung des Insolvenzverwalters abhängig ist.

2. Der Eintritt des jetzigen Klägers ist auch nicht unter einer Bedingung erfolgt. Der Hinweis der Beklagten auf das außergerichtliche Schreiben des Klägers vom 22. Juli 2002 (Bl. 50 GA) lässt die behauptete Schlussfolgerung nicht zu. Dort hat der Kläger lediglich seine Genehmigungserklärung davon abhängig gemacht, dass die vorhandene Rechtsschutzversicherung das Kostenrisiko des bereits anhängigen Rechtsstreits trägt. Dass diese Bedingung nicht vorgelegen habe, als die Prozessbevollmächtigten beider Kläger mit Schriftsatz vom 18. Juli 2002 (Bl. 29 GA) den Parteiwechsel erklärten, behauptet auch die Beklagte nicht. Damit aber war eine unbedingte prozessuale Eintrittserklärung des jetzigen Klägers gegeben.

3. Der vorliegende Parteiwechsel hat auch nicht kostenrechtliche Folgen zu Lasten des ursprünglichen Klägers W... G.... Zwar mag es im Falle einer Auswechselung des Klägers grundsätzlich geboten sein, die durch die Erhebung der Klage durch den früheren Kläger entstandenen Mehrkosten diesem aufzuerlegen, was spätestens im Endurteil auszusprechen ist und aus einer zumindest entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO folgt (vgl. hierzu OLG Düsseldorf MDR 1974, 147; OLG Stuttgart NJW 1973, 1756; MünchKommZPO-Lüke, 2. Aufl., Rn 100 ff.; Stein/Jonas-Schumann aaO, Rn 124; Zöller-Greger aaO, Rn 31; Rosenberg/Schwab-Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Aufl., § 42 III 6).

Hierauf kommt es allerdings nicht maßgeblich an. In dem hier zu entscheidenden Fall kommt eine gesonderte Kostenentscheidung zu Lasten des W... G... bereits deshalb nicht in Betracht, weil das Vermögen, welches durch eine solche Kostenentscheidung belastet würde, an dem vorliegenden Rechtsstreit weiterhin beteiligt und nicht ausgeschieden ist. Der Parteiwechsel ist ausschließlich durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unter Einschluss der Prozessführungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter bedingt.

Darüber hinaus können etwaige Mehrkosten ohnehin nicht festgestellt werden, so dass weder eine Belastung des ehemaligen Klägers noch des jetzigen Klägers mit solchen Mehrkosten in Betracht kommt. Doppelte Gerichtsgebühren fallen bei einem Parteiwechsel nicht an (MünchKommZPO-Lüke aaO, Rn 100), und für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten auf beiden Seiten entstehen für die Bearbeitung derselben Angelegenheit nur einmal die gesetzlichen Gebühren (§ 13 Abs. 2 BRAGO). Bei einem Parteiwechsel der vorliegenden Art ist die Feststellung, die Prozessbevollmächtigten auf Klägerseite seien von zwei verschiedenen Auftraggebern beauftragt worden und es handele sich deshalb um zwei Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne, nicht gerechtfertigt.

II.

Die Klage ist - jedenfalls im Wesentlichen - auch begründet.

Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des an die Beklagte überwiesenen Betrages ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gerechtfertigt. Der Erblasser hat den hier streitgegenständlichen Restbetrag ebenso ohne Rechtsgrund an die Beklagte geleistet, wie dies das Landgericht in dem Vorprozess bereits hinsichtlich des Teilbetrags von 3.000,-- DM entschieden hat.

Im Streit steht lediglich die Frage, ob die Beklagte die Leistung des Erblassers mit Rechtsgrund erlangt hat. Eine solche Feststellung ist jedoch nicht gerechtfertigt, vielmehr ist aufgrund des einen konkreten Rechtsgrund nicht belegenden Vortrags der Beklagten davon auszugehen, dass die Leistung das Vermögen der Beklagten rechtsgrundlos und damit ungerechtfertigt bereichert hat.

1. Grundsätzlich hat im Streitfall einer Leistungskondiktion der Bereicherungsgläubiger sämtliche Voraussetzungen seines Anspruchs vorzutragen und nachzuweisen. Dies gilt auch für die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung, die zurückverlangt wird (BGH NJW 1983, 220, 221 und 626; BGH NJW-RR 1991, 574, 575; BGH NJW-RR 1992, 1214, 1216; BGH NJW-RR 1995, 130, 131; BGH NJW 1995, 727, 728; BGHZ 128, 167, 171; OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 1536; MünchKommBGB-Lieb, 3. Aufl., § 812 Rn 330; Staudinger-Lorenz, BGB, 1999, § 812 Rn 92; Bamberger/Roth-Gehrlein, BGB, § 812 Rn 205).

2. Vorliegend macht der Kläger geltend, der Erblasser habe der Beklagten den überwiesenen Betrag "nicht endgültig" zur Verfügung stellen wollen, vielmehr habe die Überweisung - nichtssagend als "Umbuchung" bezeichnet - dazu gedient, den Betrag dem Zugriff der von dem Erblasser getrennt lebenden Ehefrau zu entziehen. Die Beklagte verteidigt sich hiergegen damit, dass die Zahlung der Rückzahlung von Darlehen sowie der Bezahlung von Diensten gedient habe, welche sie zugunsten des Erblassers erbracht habe.

In einem solchen Fall, in welchem (mögliche) Rechtsgründe - ggf. auch nur hilfsweise - von dem in Anspruch genommenen Bereicherungsschuldner vorgebracht werden, obliegt die Beweislast dem Bereicherungsgläubiger auch insoweit, als er die vom Schuldner vorgetragenen Gründe auszuräumen hat (BGH NJW 1990, 392, 393; BGH NJW-RR 1991, 574, 575; BGH NJW-RR 1995, 130, 131; BGH NJW-RR 1996, 1211; BGH NJW 1999, 2887 f.; OLG Düsseldorf aaO).

3. Es obliegt allerdings dem in Anspruch genommenen Schuldner, den Sachverhalt, aus dem er sein Recht zum Behaltendürfen der empfangenen Leistung herleitet, vollständig vorzutragen und damit den Gläubiger in die Lage zu versetzen, die behaupteten Tatsachen gerichtlich prüfen zu lassen (BGH NJW 1983, 220, 221; BGH ZIP 1995, 456, 457; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl., § 812 Rn 11).

Der Gläubiger kann sich sogar darauf beschränken, die von dem Schuldner als Bereicherungsempfänger behaupteten Rechtsgründe auszuräumen (BGH NJW 1983, 626; OLG Düsseldorf aaO). Er ist hingegen nicht verpflichtet, darüber hinaus alle theoretisch denkbaren Rechtsverhältnisse auszuschließen (BGH NJW-RR 1996, 1211).

4. Daraus folgt für den vorliegend zu entscheidenden Fall, dass die Beklagte weiterhin nicht hinreichend konkret vorgetragen hat, welcher Rechtsgrund der streitgegenständlichen Überweisung zugrunde gelegen haben soll. Mangels eines ausreichend substantiierten Vortrags ist es dem Kläger nicht möglich, einen bestimmten Rechtsgrund durch entsprechendes Bestreiten und Benennung von Beweismitteln, die nach dem Vortrag der Beklagten Auskunft über die von ihr behaupteten Tatsachen geben können müssten, zu widerlegen und auszuschließen. Das hat nach der aufgezeigten Rechtslage zur Konsequenz, dass die Behauptung des Klägers, die Zahlung sei rechtsgrundlos erfolgt, von der Beklagten nicht in prozessual wirksamer Weise bestritten worden ist und daher im Ergebnis als unstreitig behandelt werden muss.

a. Entscheidend ist insbesondere, dass die Beklagte auch im Berufungsrechtszug eine bestimmte Abrede, die zwischen ihr und dem Erblasser getroffen worden sein soll und sich konkret auf die Überweisung bezieht, nicht vorträgt. Daher muss der Senat davon ausgehen, dass eine solche Abrede auch tatsächlich nicht getroffen worden ist.

b. Die Beklagte stellt im Hinblick auf den "krummen" Betrag nur die Vermutung an, es habe sich um das zum damaligen Zeitpunkt restliche Vermögen des Erblassers gehandelt, welches er an die Beklagte zum Zwecke der Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten habe überweisen wollen. Auch dieser Vortrag belegt, dass eine Abrede mit dem Erblasser, welche die konkrete Zahlung rechtfertigen könnte, nicht getroffen worden ist.

c. Darüber hinaus deckt sich der Vermerk auf dem Überweisungsträger nicht mit dem Vortrag der Beklagten. Eine bloße "Umbuchung" stellt weder eine Darlehensrückzahlung noch eine Bezahlung vergütungspflichtiger Dienste dar.

d. Der Sachvortrag der Beklagten lässt auch konkrete Angaben zu den einzelnen Darlehen und den von ihr erbrachten Diensten vermissen. Es mag sein, dass die Beklagte hierüber nicht im Einzelnen Buch geführt hat. Dieser Umstand hat aber zur Folge, dass sie nähere Angaben über die Höhe der von ihr zu beanspruchenden Zahlungen nicht machen kann.

e. Daran ändert auch der Vortrag nichts, dass die Beklagte dem Erblasser zumindest den Betrag von 56.000,-- DM darlehensweise überlassen haben soll (vgl. hierzu die "eidesstattliche Erklärung" vom 3. Mai 1998 = Bl. 44 GA) und dass weitere 30.000,-- DM aus einem Darlehen aus den 80er Jahren offen sein sollen (Bl. 41 GA). Ausweislich des Vermerks "Umbuchung" sind diese Verbindlichkeiten, sollten sie tatsächlich bestehen, mit der strittigen Überweisung nicht bezahlt worden; hiergegen spricht auch der überwiesene Betrag, der nicht nur die angeblich offene Darlehenssumme von 86.000,-- DM nicht erreicht, sondern auch auffällig "krumm" ausgefallen ist, was eine teilweise Erfüllung glatter Beträge kaum belegen kann. Abgesehen davon wären mit der Zahlung die Dienste der Beklagten, sollten sie überhaupt von dem Erblasser zu vergüten gewesen sein, ebenfalls nicht abgedeckt worden.

f. Dem darüber hinaus gehenden Vortrag zu den von der Beklagten erbrachten Diensten kann der Kläger nicht substantiiert entgegentreten. Die Beklagte trägt keine konkreten Tatsachen vor, aus denen sich eine wirksame Vereinbarung über die Vergütungspflicht des Erblassers sowie die Erbringung von Diensten in bestimmtem, einem Nachweis zugänglichen Ausmaß ergeben sollen. Es gehört aber nach der zitierten zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Obliegenheiten des Bereicherungsschuldners, den Sachverhalt, aus welchem sich ein bestimmter Rechtsgrund ergeben soll, vollständig und konkret vorzutragen. Auch wenn es dann dem Gläubiger obliegt, diesen Tatsachenbehauptungen - soweit ihm dies möglich ist - konkret entgegenzutreten und das Nichtvorliegen des behaupteten Rechtsgrundes nachzuweisen, ist er zu solchem Vortrag nur und erst dann in der Lage, wenn der behauptete Rechtsgrund anhand von Tatsachenvortrag überhaupt nachvollziehbar dargelegt ist. Diesen Anforderungen wird der hiesige Beklagtenvortrag nicht gerecht. Ihre pauschalen Ausführungen lassen gerade nicht bestimmte Feststellungen zu konkreten Rechtsgründen zu, welche die strittige Zahlung rechtfertigen könnten. Wollte man die allgemeinen Ausführungen der Beklagten genügen lassen, liefe die Erhebung der von dem Kläger angebotenen Beweise darauf hinaus, dass ihm die Widerlegung von Tatsachen aufgebürdet würde, welche einen nachvollziehbaren und schlüssig begründeten Rechtsgrund ohnehin nicht ergeben.

g. Damit ist im Ergebnis festzustellen, dass es eine der Zahlung unmittelbar zugrunde liegende, sie rechtfertigende Vereinbarung mit dem Erblasser nicht gibt, und dass das weitergehende Bestreiten der Behauptung, die Zahlung ohne Rechtsgrund erhalten zu haben, den aufgezeigten rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Dies hat zur Folge, dass die pauschalen Ausführungen der Beklagten die Darstellung des Klägers nicht in prozessual wirksamer Weise in Zweifel ziehen können und sich die Behauptung, die Beklagte habe die Zahlung ohne Rechtsgrund erlangt, letztlich als unstreitig erweist.

Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger seinerseits nicht dazu in der Lage ist, einen bestimmten Rechtsgrund aufzuzeigen und diesen erst einmal zu widerlegen, bevor das Bestreiten der Beklagten überhaupt relevant werden könnte. Der Kläger ist nicht verpflichtet, theoretisch denkbare Rechtsgründe darzulegen und einen entsprechenden Gegenbeweis zu führen, vielmehr kann er sich darauf beschränken, die von der Beklagten behaupteten Rechtsgründe auszuschließen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, ohne dass es der Erhebung der angebotenen Beweise bedarf.

5. § 814 BGB steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Es handelt sich vorliegend nicht um eine Leistung zur Erfüllung einer nur vermeintlich bestehenden Verbindlichkeit.

6. Lediglich der Zinsanspruch ist nur teilweise begründet.

Eine Pflicht zur Verzinsung ergibt sich für die Beklagte nicht allein aufgrund des Umstandes ihrer ungerechtfertigten Bereicherung. Gemäß § 818 Abs. 1 BGB haftet der Bereicherungsschuldner, der eine Geldleistung herauszugeben hat, nur für von ihm tatsächlich gezogene Nutzungen, zu welchen der Kläger nichts vorträgt.

Eine verschärfte Haftung nach den allgemeinen Vorschriften kommt erst ab Rechtshängigkeit (§ 818 Abs. 4 BGB) oder unter den Voraussetzungen der §§ 819, 820 BGB in Betracht, die ebenfalls nicht schlüssig dargetan sind. Insbesondere kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beklagte von Anfang an wusste, dass es an einem Rechtsgrund für die strittige Leistung ermangelt (§ 819 Abs. 1 BGB). Bloße Zweifel des Schuldners oder ein Kennenmüssen des fehlenden Rechtsgrundes genügen hierfür nicht. Dem Bereicherungsschuldner müssen nicht nur die Tatsachen, sondern auch die Rechtsfolgen eines fehlenden Rechtsgrundes positiv bekannt sein (BGHZ 118, 383, 392). Hierzu kann der Senat mangels jeden Vortrags des Klägers sichere Feststellungen nicht treffen.

Die geltend gemachten Zinsen schuldet die Beklagte daher erst ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit. Diese kann erst für den Zeitpunkt der Zustellung des Schriftsatzes vom 18. Juli 2002 (Bl. 29 GA) festgestellt werden, mit welchem der jetzige Kläger an die Stelle des W... G... getreten und in den vorliegenden Rechtsstreit eingetreten ist. Vorher war sein Klageanspruch nicht rechtshängig.

Damit hat die Beklagte auf die geschuldete Hauptleistung ab Rechtshängigkeit gemäß §§ 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 BGB (in der gemäß Art. 229 § 1 Satz 3 EGBGB bis zum 30. April 2000 geltenden Fassung) 4 % Zinsen zu zahlen. Ein höherer Zinssatz kann hingegen nicht geltend gemacht werden. Insbesondere greifen die Vorschriften des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht ein, weil sie gemäß Art. 229 § 5 EGBGB auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, nicht anzuwenden sind.

III.

Das rechtliche Vorbringen der Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13. Januar 2004 rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht. Neue rechtserhebliche Tatsachen werden mit ihm nicht vorgetragen. Die mündliche Verhandlung war daher nicht wiederzueröffnen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Angesichts des nicht unerheblichen Unterliegens des Klägers hinsichtlich des Zinsanspruchs war ihm ein Teil der Kosten aufzuerlegen; die Ausnahmevoraussetzungen des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegen nicht vor, weil die Zuvielforderung nicht mehr verhältnismäßig geringfügig war.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug ist auf 38.933,-- Euro festgesetzt. In dieser Höhe ist die Beklagte beschwert.

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Dr. L... van R... S...






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 30.01.2004
Az: I-16 U 62/03


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