Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. November 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 19/03
(BPatG: Beschluss v. 24.11.2004, Az.: 32 W (pat) 19/03)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 41 - vom 14. Januar 2002 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Gründe
I Die Anmeldung der Wortmarke WELTKULTURERBE ZOLLVEREIN ist vom Deutschen Patent- und Markenamt - Markenstelle für Klasse 41 - durch Beschluss vom 14. November 2002 teilweise und zwar hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen
"Kalender, Druckereierzeugnisse, Bilder, Poster und Fotografien; Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Denkmalpflege, Ausstellungen für kulturelle Zwecke, Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Konzerten, Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Lesungen, Betrieb eines Museums, Organisation, Veranstaltung und Leitung von Kolloquien, Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Konferenzen, Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Kongressen, Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Symposien, Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Live-Veranstaltungen, Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Führungen durch Museen, Förderung von Forschung und Lehre in den Bereichen Kultur und Denkmalpflege"
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Wortmarke könne in ihrer Gesamtheit bezogen auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Von den betroffenen inländischen Verkehrskreisen werde das Gesamtzeichen als "Industriegelände des Bergwerks Zollverein als Stätte des Weltkulturerbes" verstanden. In Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen stelle die Marke lediglich einen beschreibenden Hinweis auf deren Inhalt und Thematik bzw. Gegenstand und Erbringungsort dar. Die beteiligten Verkehrskreise würden in der Marke lediglich eine rein sachbezogene Angabe dahingehend sehen, dass es sich bei den so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen um solche handelt, die das im Norden von Essen gelegene ehemalige Bergwerk Zollverein als Weltkulturerbe oder Thematiken rund um dieses Bergwerk zum Gegenstand haben bzw. im engen Zusammenhang hierzu stehen. Ferner bestehe an der Bezeichnung auch ein Freihaltebedürfnis von Mitbewerbern der Anmelderin.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen sei die Marke unterscheidungskräftig. Ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt sei nicht erkennbar. Ein geografischer Herkunftshinweis sei in der Marke ebenso wenig zu sehen wie ein beschreibender Gebrauch für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen.
II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Produktmerkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE). Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass insoweit unterschiedliche Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Wortfolge in ihrer Gesamtheit abzustellen (BGH GRUR, 2001, 162 - Rational Software Corporation).
Die Bezeichnung "WELTKULTURERBE ZOLLVEREIN" ist für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ersichtlich keine im Vordergrund stehende Sachangabe. Der Begriff "WELTKULTURERBE ZOLLVEREIN" ergibt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für breite Abnehmerkreise, an die sich die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen richten, keinen naheliegenden unmittelbar im Vordergrund des Verständnisses stehenden Sinngehalt. Wesentlichen Teilen des Verkehrs insbesondere außerhalb des Ruhrgebiets wird nicht bekannt sein, dass es sich bei dem "WELTKULTURERBE ZOLLVEREIN" um ein stillgelegtes Bergwerk in Essen handelt. Für diese Verkehrskreise ist der Bedeutungsgehalt der Marke im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen daher unklar. Selbst soweit aber die Lage der (früheren) Zeche Zollverein bekannt ist, wird das Publikum nicht davon ausgehen, auf diesem Gelände hätten sich unterschiedliche Betriebe angesiedelt, die als Anbieter der betreffenden Waren und Dienstleistungen in Betracht kommen könnten.
2. Die Marke ist für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen dienen können. Eine Eignung zur Merkmalsbezeichnung kann in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht festgestellt werden. Es mag zwar sein, dass der Begriff "WELTKULTUR-ERBE" für sich betrachtet auf eine besondere kulturelle Qualität hindeutet. Dies gilt jedoch nicht für die hier angemeldete Wortkombination "WELTKULTURERBE ZOLLVEREIN", die nicht als waren- oder dienstleistungsbezogene Eigenschaftsbeschreibung anzusehen ist. Auch bei der Prüfung des Freihalteinteresses ist zu beachten, dass die Wortfolge in ihrer Gesamtheit zugrundezulegen und keine zergliedernde Analyse vorzunehmen ist (vgl. BGH, a.a.O. - Rational Software Corporation). In der Gesamtheit liegt insbesondere kein geographischer Herkunftshinweis (wie er im Einzelfall etwa bei bekannten Straßennamen gegeben sein kann). Die Markenstelle hat einen aktuell beschreibenden Gebrauch der Wortfolge "WELTKULTURERBE ZOLLVEREIN" nicht belegt. Auch dem Senat war es nicht möglich, eine Verwendung der Wortfolge durch Wettbewerber im Sinne einer unmissverständlichen Merkmalsbezeichnung zu ermitteln.
Ausreichende Anhaltspunkte für eine zukünftige deskriptive Verwendung der Marke auf den maßgeblichen Waren- und Dienstleistungssektoren liegen ebenfalls nicht vor. Es fehlt im übrigen an Mitbewerbern der Anmelderin, da es - soweit ersichtlich - nur eine Zeche Zollverein gibt, die als Weltkulturerbe geschützt ist. Der Senat weist die Anmelderin darauf hin, dass sie aus der Marke "WELTKULTURERBE ZOLLVEREIN" kein Verbietungsrecht hinsichtlich des Bestandsteils "WELTKULTURERBE" ableiten kann, da der kennzeichnende Schwerpunkt ihrer Marke in dem Bestandteil "ZOLLVEREIN" zu sehen ist.
Viereck Müllner Kruppa Fa
BPatG:
Beschluss v. 24.11.2004
Az: 32 W (pat) 19/03
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