Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. November 2006
Aktenzeichen: 8 W (pat) 344/03

(BPatG: Beschluss v. 07.11.2006, Az.: 8 W (pat) 344/03)

Tenor

Das Patent 101 46 755 wird aufrecht erhalten.

Gründe

I.

Das Patent 101 46 755 mit der Bezeichnung "Gebäudeelement" wurde am 22. September 2001 beim Patentamt angemeldet. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2002 wurde hierauf das Patent erteilt und am 30. April 2003 dessen Erteilung veröffentlicht.

Gegen das Patent hat die Firma A... AG in B...-Straße in C...

am 30. Juli 2003 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf die Widerrufsgründe des § 21 PatG, insbesondere wird der Einspruchsgrund geltend gemacht, dass der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei. Zur Begründung ihres Vorbringens nennt sie zusätzlich zu dem im Prüfungsverfahren genannten Stand der Technik:

1. DE 44 34 627 C1 (D1), 2. DE 38 24 842 A1 (D2), 3. EP 0 940 512 A1 (D3), noch folgenden weiteren druckschriftlichen Stand der Technik:

4. DE 40 04 103 C2 (D4), 5. DE 31 39 053 A1 (D5)

6. DE 26 03 905 A1 (D6) und die 7. WO 99/45218 A1 (D7).

In ihrer Eingabe vom 18. Oktober 2006 teilt die Einsprechende mit, dass sie zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen werde und beantragt:

die Erteilung des Patents im vollem Umfang zu widerrufen und nach Lage der Akte zu entscheiden.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2006 hat die Patentinhaberin die Ansicht vertreten, dass der Patentgegenstand gegenüber dem von der Einsprechenden genannten Stand der Technik neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, da keine der Druckschriften einen Hinweis darauf gäbe beim Verkleben von Deck- und Dämmschichten eine Klebstoffschicht anzubringen, die aus einem ersten schnell abbindenden Kleber und einem zweiten, bei direkter Brandeinwirkung mit Temperaturen bis über 1.000 ¡C wirksamen Kleber bestehe, die in voneinander getrennten Bereichen (6, 7) der Klebstoffschicht (5) angeordnet sind.

Sie beantragt:

das Patent im vollem Umfang aufrecht zu erhalten.

II.

1. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.

Der Einspruch ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt, weil der Gegenstand des Patents eine Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG darstellt.

2. Nach dem erteilten Patentanspruch 1 betrifft der Gegenstand des Patents ein Gebäudeelement für die Erstellung von Innenwänden, Außenwänden und/oder Decken bzw. Dächern, vorzugsweise flachen oder gering geneigten Dächern eines Gebäudes, bestehend aus einer einen Dämmkern bildenden Dämmschicht, vorzugsweise aus mit einem Bindemittel gebundenen Mineralfasern, insbesondere mit einem Kunstharz gebundenen Steinwolle- und/oder Glaswollefasern, zumindest einer vorzugsweise metallischen Deckschicht, die auf einer großen Oberfläche der Dämmschicht angeordnet ist, und gegebenenfalls einer Zwischenlage, wobei zwischen den Schichten eine Klebstoffschicht angeordnet ist, die die Schichten miteinander verbindet, dadurch gekennzeichnet, dass die Klebstoffschicht (5) aus einem ersten schnell abbindenden Kleber und einem zweiten, bei direkter Brandeinwirkung mit Temperaturen bis über 1.000 ¡C wirksamen Kleber besteht, die in voneinander getrennten Bereichen (6, 7) der Klebstoffschicht (5) angeordnet sind.

Hinsichtlich der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Gemäß der Patentschrift ist Aufgabe der Erfindung (Spalte 2, Zeilen 38 bis 44), ein gattungsgemäßes Gebäudeelement derart weiterzuentwickeln, dass eine schnelle Handhabung der fertiggestellten Gebäudeelemente am Ende einer kontinuierlichen Fertigung bei gleichzeitig hohem Brandschutz möglich ist, so dass die Gebäudeelemente auch im Dachbereich mit größeren Neigungswinkeln eingesetzt werden können.

3. Der erteilte Patentanspruch 1 ist zulässig. Der erteilte Patentanspruch 1 entspricht dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1, wobei seitens der Prüfungsstelle redaktionelle Änderungen durchgeführt wurden. Die erteilten Patentansprüche 2 bis 9 entsprechen den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 2 bis 9 (mit geringfügigen redaktionellen Änderungen).

4. Das aufgrund seiner Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Gebäudeelement nach Patentanspruch 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik neu.

So wird beim Stand der Technik nach der DE 44 34 627 C1 (D1), der DE 38 24 842 A1 (D2), der DE 40 04 103 C2 (D4), der DE 31 39 053 A1 (D5) und der DE 26 03 905 A1 (D6) beim Verkleben der Schichten entweder ein organischer oder ein anorganischer Klebstoff eingesetzt. Bei der Leichtbauplatte nach der WO 99/45218 A1 (D7) erfolgt die Verklebung gesamthaft über eine Verklebefolie. Somit weist dieser Stand der Technik keine Bereiche mit unterschiedlichen Klebern auf und beim Brandschutzelement nach der EP 0 940 512 A1 (D3) übernimmt eine Verschraubung bzw. Niete die Festigkeit im Brandfall und nicht ein organischer Klebstoff.

Das Gebäudeelement nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das wesentliche des Patentgegenstandes ist, dass die Klebstoffschicht nicht aus einer homogenen Schicht besteht, sondern in zwei Bereiche eingeteilt ist, in denen jeweils unterschiedliche Klebstoffen nebeneinander angeordnet sind, wobei die Klebstoffe unterschiedliche Klebstoffeigenschaften aufweisen. Der erste Kleber (organischer Kleber auf PU-Basis und schnell abbindend) sorgt für eine ausreichende Haftung der beiden Schichten. Bei höheren Temperaturen (ab 100 ¡C) wird dieser Kleber weich bzw. er verbrennt. Dadurch wird der Verbund aufgelöst. Um dies nunmehr zu vermeiden, wird partiell ein zweiter, anorganischer Kleber eingesetzt, der erst weit oberhalb von 1.000 ¡C seine Klebeeigenschaften verliert. Diese Kleber weisen jedoch eine lange Aushärtezeit auf, so dass eine kontinuierliche Fertigung erschwert ist. Bei einer zu frühen Anhebung der Platte lösen sich, da die Aushärtung noch nicht abgeschlossen ist, die Klebepunkte und die Endfestigkeit leidet darunter. Der erste Kleber übernimmt somit die bei der Fertigung der Dämmplatten erforderliche Festigkeit und ermöglicht damit die umgehende Handhabbarkeit der Platte und der zweite Kleber übernimmt die Festigkeit im Brandfall.

Für diese Maßnahmen vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, einem Diplom - Ingenieur (FH) der Fachrichtung Bauingenieurwesen mit mehrjährigen Kenntnissen auf dem Gebiet der Klebetechnik keine Anregungen.

In der DE 40 04 103 C2 (D4) ist ein Gebäudeelement beschrieben, bei dem auf eine einen Dämmkern bildende Dämmschicht zumindest eine Deckschicht auf einer großen Oberfläche der Dämmschicht angeordnet ist und bei dem die beiden Schichten durch eine aus zwei Schichten bestehenden Klebstoffschicht miteinander verbunden sind. Dabei ist die Klebstoffschicht aus zwei verschiedenen hitzebeständigen Klebstoffen aufgebaut, wobei die Klebstoffe eine Hitzebeständigkeit bis zu 1.000 ¡C aufweisen. Zur Erzeugung der Klebstoffschicht wird zunächst ein erster Klebstoff auf die Oberfläche der Deckschicht aufgetragen und ausgehärtet. Sodann wird ein zweiter Klebstoff auf die der Deckschicht zugewandten Seite der Dämmschicht aufgetragen. Anschließend wird die nicht ausgehärtete Klebstoffschicht an die gehärtete der Klebstoffschicht angedrückt und mit dieser verbunden. Bei diesem Wandelement werden, da bei einer einschichtigen Verklebung kein Dehnungsausgleich erfolgt (Spalte 2, Zeile 14), zwei anorganische Klebstoffe nacheinander und schichtweise aufgetragen, wobei deren Werkstoffeigenschaften derart aufeinander abgestimmt sind, dass sie Kräfte aus inneren und äußeren Spannungen und unterschiedlichen Wärmedehnungen von Außenhautelement und Trageplatte aufnehmen (Spalte 2, Zeilen 44 bis 54). Somit besteht bei diesem Wandelement die Klebstoffschicht weder aus getrennten Bereichen mit einem organischen Kleber bzw einem anorganischen Kleber, noch geht es um eine schnelle Handhabung der fertig gestellten Gebäudeelemente am Ende einer kontinuierlichen Fertigung bei gleichzeitig hohem Brandschutz, so dass diese Druckschrift keinen Hinweis auf das patentgemäße Gebäudeelement geben kann.

Die DE 31 39 053 A1 (D5) betrifft ein Verbundelement mit einem Träger als Kern, dessen Oberfläche mindestens einseitig durch eine Deckplatte gebildet ist. Das Einsatzgebiet dieser Verbundelemente liegt im Innenausbau sowie im Außenbereich. Zwischen dem Kern und der Deckplatte ist eine Klebeschicht aus einem schnell abbindenden Kleber angeordnet, die diese beiden Schichten miteinander verbindet. Diese Klebeschicht weist somit lediglich einen Kleber (aufschäumender Polyurethanklebstoff) auf. Hinweise oder Anregungen auf Bereiche mit unterschiedlichen Klebstoffen sind nicht entnehmbar.

In der EP 0 940 512 A1 (D3) ist ein plattenförmiges Brandschutzelement beschrieben, das aus mindestens drei miteinander verbundenen Schichten besteht. Dabei sollen die äußeren Schichten den Brandschutz gewährleisten und die mittlere Schicht den Durchtritt von Gasen verhindern. Um dem Verbund eine hohe mechanische Stabilität zu verleihen, sind Winkelprofile (5, 6) vorgesehen. Um nunmehr eine Gewichtsreduzierung zu erzielen, wird zum Verbinden der Platten partiell ein nicht brennbarer Klebstoff aufgebracht (Spalte 2, Zeilen 33 bis 41). Die Lehre dieser Druckschrift zielt in Richtung Brandschutz, vornehmlich auf das Verhindern einer Übertragung von Brandwärme. Hier ist zwar der Kleber wie beim Streitgegenstand nur partiell aufgebracht, die mechanische Festigkeit und Steifigkeit übernimmt hier jedoch nicht ein zweiter temperaturbeständiger Klebstoff, sondern eine Verschraubung oder eine Vernietung (Spalte 2, Zeilen 42 bis 44), so dass diese Druckschriften in eine andere Richtung als die beanspruchte zielt.

Aber auch der weitere druckschriftliche Stand der Technik kann keine Hinweise auf die Lehre des Patentgegenstandes geben. So weist die DE 44 34 627 C1 (D1) zwar darauf hin, dass organische Kleber bei feuerhemmenden Baumaterialien nicht zum Einsatz kommen können, da die Klebeschicht bei höheren Temperaturen sich auflöst (Spalte 1, Zeilen 37 bis 42). Um dieses zu vermeiden wird ein anorganischer Klebstoff (Silikatkleber) eingesetzt. Auch hier wie auch bei der Mineralfaserplatte nach der DE 26 03 905 A1 (D6), liegt wiederum eine homogene Klebschicht aus einem anorganischen Klebstoff vor, und es gibt keine Hinweise oder Anregungen, zwei unterschiedliche Kleber in von einander getrennten Bereichen vorzusehen.

Auch die Lehre der DE 38 24 842 A1 (D2) geht nicht darüber hinaus. Bei der hier beschriebenen feuerbeständigen Bauplatte werden die äußeren Schichten mittels eines Polyurethanklebers mit der Kernschicht verbunden. Auch hier erfolgt die Verklebung der Schichten über eine homogene Klebeschicht bestehend aus einem einzigen organischen Klebstoff, so dass auch hieraus kein Hinweis auf die beanspruchte Lehre entnehmbar ist.

Die WO 99/45218 A1 betrifft eine Leichtbauplatte, deren Oberfläche einen Vorsprung oder Rippe aufweist. Diese Druckschrift (Fig. 11) ist lediglich zum Gegenstand des Patentanspruchs 8 genannt worden und vermag den beanspruchten Gegenstand nicht nahe zu legen.

Somit können die entgegengehaltenen Druckschriften weder einzeln, noch in Kombination betrachtet, Hinweise oder Anregungen auf die beanspruchte Lösung geben.

Der Patentanspruch 1 ist daher bestandsfähig.

Die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 9 haben ebenfalls Bestand. Es handelt sich hierbei um Unteransprüche, die auf Ausgestaltungen des Gebäudeelements gerichtet sind.

Das Patent war somit aufrechtzuerhalten.






BPatG:
Beschluss v. 07.11.2006
Az: 8 W (pat) 344/03


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