Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Februar 2003
Aktenzeichen: 5 W (pat) 408/02
(BPatG: Beschluss v. 06.02.2003, Az.: 5 W (pat) 408/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 7. November 2001 mit der Maßgabe aufgehoben, daß das Gebrauchsmuster 293 21 277 im Umfang der Schutzansprüche 1 und 4 (letzterer jedoch nur, soweit er die Merkmale des Schutzanspruchs 1 und die kennzeichnenden Merkmale der Schutzansprüche 3 und 4 aufweist) gelöscht wird, soweit es über Schutzanspruch 1 in der am 7. Mai 2002 eingereichten Fassung hinausgeht.
Im übrigen wird der Löschungsantrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug trägt die Antragsgegnerin, die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug die Antragstellerin.
Gründe
I Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des durch Abzweigung aus der europäischen Patentanmeldung 93 922 109.2 mit Anmeldetag 20. September 1993 hervorgegangenen Gebrauchsmusters 293 21 277 mit der Bezeichnung "Sicherheitsbalken". Die Priorität der schwedischen Voranmeldung 9202769 vom 25. September 1992 ist in Anspruch genommen. Die Schutzdauer ist auf 10 Jahre verlängert. Das Gebrauchsmuster ist mit 10 Schutzansprüchen eingetragen.
Die eingetragenen Schutzansprüche 1 bis 4 haben folgenden Wortlaut:
1. Stangenkonstruktion, vorzugsweise eine in einem Fahrzeug angebrachte Sicherheitsstange zum Schutz im Fall von Kollisionen, insbesondere Seitenaufprallkollisionen, wobei die Stange einen im wesentlichen trapezförmigen und offenen Querschnitt aufweist, der eine zentrale (lies: einen zentralen) Flansch (6) enthält, die (lies: der) von zwei Rippen (7) umgeben ist, und eine (lies: einen) Seitenflansch (8), die (lies: der) sich auf jeder Seite der Stange nach außen erstreckt und mit einer entsprechenden Rippe (7) verbunden ist, wobei die Stange in dem zentralen Bereich der Stange gegebenenfalls einen ersten Bereich (1) mit konstantem Querschnitt aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß die Stange mindestens einen zweiten Bereich (2) enthält, der eine zentrale (lies: einen zentralen) Flansch (6) aufweist, deren (lies: dessen) Weite (b) gegen ein Ende (5) der Stange hin abnimmt und daß zwischen dem zweiten Bereich (2) und dem einen Stangenende (5) ein Übergangsbereich (3,4) mit im wesentlichen trapezförmiger Form angeordnet ist.
2. Stangenkonstruktion nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der zweite Stangenbereich (2) Seitenflansche (8) aufweist, deren Weite (c) gegen ein Ende der Stange hin abnimmt.
3. Stangenkonstruktion nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,daß der zweite Stangenbereich (2) eine im wesentlichen konstante Höhe (h) aufweist.
4. Stangenkonstruktion nach einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß der Übergangsbereich mindestens einen dritten Bereich (3) enthält, der eine zentrale (lies: einen zentralen) Flansch (6) mit im wesentlichen konstanter Weite (b) und einer Höhe (h) aufweist, die gegen ein Ende der Stange hin abnimmt.
Wegen des Wortlauts der übrigen eingetragenen Schutzansprüche wird auf die Akte verwiesen.
Die Antragstellerin hat am 23. November 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, das Gebrauchsmuster im Umfang des eingetragenen Schutzanspruchs 1 und des eingetragenen Schutzanspruchs 4, letzterer soweit er die Kombination der Merkmale der eingetragenen Schutzansprüche 1, 3 und 4 umfaßt, zu löschen, und sich dabei auf mangelnde Schutzfähigkeit berufen. Hierzu hat sie ua auf folgenden druckschriftlichen Stand der Technik verwiesen:
1. französische Offenlegungsschrift 2 425 338 2. US-Patentschrift 4 796 946 und 3. japanische Offenlegungsschrift 1-240 322.
Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag widersprochen. Sie hat das Gebrauchsmuster hilfsweise im Umfang des Schutzanspruchs 1 vom 11. Oktober 2001 und des eingetragenen Schutzanspruchs 3 verteidigt. Die Gebrauchsmusterabteilung I hat durch Beschluß vom 7. November 2001 das Gebrauchsmuster im beantragten Umfang gelöscht.
Gegen diesen Beschluß hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Sie verteidigt das Gebrauchsmuster mit einem neuen Schutzanspruch 1 vom 7. Mai 2002 hilfsweise mit einem Anspruch 1 vom 6. Februar 2003.
Der Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
1. Stangenkonstruktion, vorzugsweise eine in einem Fahrzeug angebrachte Sicherheitsstange zum Schutz im Fall von Kollisionen, insbesondere Seitenaufprallkollisionen, wobei die Stange einen im wesentlichen trapezförmigen und offenen Querschnitt aufweist, der einen zentralen Flansch (6) enthält, der von zwei Rippen (7) umgeben ist, und einen Seitenflansch (8), der sich auf jeder Seite der Stange nach außen erstreckt und mit einer entsprechenden Rippe (7) verbunden ist, wobei die Stange in dem zentralen Bereich der Stange gegebenenfalls einen ersten Bereich (1) mit konstantem Querschnitt aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß die Stange mindestens einen zweiten Bereich (2) enthält,
- der einen zentralen Flansch (6) aufweist, dessen Weite (b) gegen ein Ende (5) der Stange hin abnimmt - und der eine im wesentlichen konstante Höhe (h) aufweist, daß zwischen dem zweiten Bereich (2) und dem einen Stangenende (5) ein Übergangsbereich (3) mit im wesentlichen trapezförmiger Form angeordnet ist,
- der einen zentralen Flansch (6) mit im wesentlichen konstanter Weite (b)
- und eine Höhe (h) aufweist, die gegen das Ende der Stange hin abnimmt.
Zum Wortlaut des Schutzanspruchs 1 vom 6. Februar 2003 (Hilfsantrag) wird auf die Akte verwiesen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Löschungsantrag im Umfang des Schutzanspruchs 1, eingereicht am 7. Mai 2002, hilfsweise im Umfang des Schutzanspruchs 1, vorgelegt am 6. Februar 2003, zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie stellt in der Verhandlung klar, daß der Löschungsantrag gerichtet sei gegen das Gebrauchsmuster im Umfang des eingetragenen Schutzanspruchs 1 und des eingetragenen Schutzanspruchs 4, letzterer jedoch nur, soweit er die Merkmale des eingetragenen Schutzanspruchs 1 und die kennzeichnenden Merkmale der eingetragenen Schutzansprüche 3 und 4 umfaßt.
Sie macht geltend, der Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag vermittle keine konkrete Lehre zum technischen Handeln, weil er eine Vielzahl von Unklarheiten und Ungereimtheiten enthalte. So sei aus den die Wortfolge "im wesentlichen" enthaltenden Formulierungen im Anspruch 1, wie "wobei die Stange einen im wesentlichen trapezförmigen und offenen Querschnitt aufweist", "der zweite Bereich.....eine im wesentlichen konstante Höhe (h) aufweist" und "ein zentraler Flansch eine im wesentlichen konstante Weite (b).....aufweist" nicht zweifelsfrei entnehmbar, daß andere als trapezförmige und offene Stangenquerschnitte sowie Stangenbereiche mit nicht konstanten Weiten oder Höhen außerhalb der Herstellungstoleranzen ausgeschlossen seien. Im übrigen sei der Gegenstand des Anspruchs 1 auch in etwa klargestellter Fassung nicht schutzfähig, weil er gegenüber dem Stand der Technik nach der französischen Offenlegungsschrift 2 425 338 und der japanischen Offenlegungsschrift 1-240 322 nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe.
II Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie hat auch Erfolg. Denn der Löschungsantrag ist nur soweit begründet, wie das Gebrauchsmuster - soweit es angegriffen worden ist - nicht mehr verteidigt wird (§ 17 Abs 1 Satz 2 GebrMG), also soweit er über den Schutzanspruch 1 in der am 7. Mai 2002 eingereichten Fassung hinausgeht. Im darüber hinausgehenden Umfang ist der Löschungsantrag aus § 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG unbegründet.
A. Die Merkmale des verteidigten Anspruchs 1 lassen sich wie folgt gliedern:
1. Stangenkonstruktion;
2. wobei die Stange einen im wesentlichen trapezförmigen und offenen Querschnitt aufweist;
3. der Querschnitt der Stange enthält 3.1 einen zentralen Flansch (6), der von zwei Rippen (7) umgeben ist, 3.2 einen Seitenflansch (8), der sich auf jeder Seite der Stange nach außen erstreckt und mit einer entsprechenden Rippe (7) verbunden ist;
4. die Stange weist gegebenenfalls in ihrem zentralen Bereich einen ersten Bereich (1) mit konstantem Querschnitt auf;
- Oberbegriff -
5. die Stange enthält mindestens einen zweiten Bereich (2);
5.1 der zweite Bereich weist einen zentralen Flansch (6) auf, dessen Weite (b) gegen ein Ende (5) der Stange hin abnimmt;
5.2 der zweite Bereich weist eine im wesentlichen konstante Höhe (h) auf;
6. zwischen dem zweiten Bereich (2) und dem einen Stangenende (5) ist ein Übergangsbereich (3) mit im wesentlichen trapezförmiger Form angeordnet;
6.1 der Übergangsbereich (3) weist einen zentralen Flansch (6) mit im wesentlichen konstanter Weite (b) auf;
6.2 der Übergangsbereich (3) weist eine Höhe (h) auf, die gegen das Ende der Stange hin abnimmt.
- Kennzeichen -
Im weiteren wird auf diese Merkmalsgliederung Bezug genommen.
B. Der Anspruch 1 ist zulässig.
Seine Merkmale sind in den eingetragenen Ansprüchen 1 bis 4 offenbart. Er beschreibt für den Fachmann - als hier zuständig wird ein Maschinenbauingenieur angesehen, der mehrjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Prallschutzeinrichtungen, insbesondere für den Kraftverkehrsbereich, besitzt - auch eine nacharbeitbare und vollständige technische Lehre.
Die anspruchsgemäße Angabe des Querschnittes der Stange als "im wesentlichen" trapezförmig und offen (Merkmal 2 der Anspruchsgliederung) interpretiert der Fachmann nach dem Inhalt der Beschreibung des Streitgebrauchsmusters nicht in dem Sinne, daß auch nicht trapezförmige oder geschlossene Hohlprofile vom Gegenstand des Anspruchs 1 erfaßt würden. Er erkennt vielmehr - worauf die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zu Recht hingewiesen hat -, daß diese Angabe auf die Stange in ihrer Gesamtheit abstellt, die in Erstreckungsrichtung sowohl aus aufeinander folgenden trapezförmigen und gleichermaßen offenen Stangenbereichen (1, 2, 3), als auch aus einem plattenförmigen, einem Stangenbereich (4) zugeordneten Befestigungsteil (5) bestehen kann (Gebrauchsmusterschrift Fig 1 bis 3 iVm S 4 Abs 2), das ersichtlich weder als trapezförmig noch als offen beschreibbar ist. Im Hinblick auf Merkmal 6., wonach der Übergangsbereich "im wesentlichen" von trapezförmiger Form ist, ergibt sich der Sinngehalt ebenfalls aus der Betrachtung des Übergangsbereichs in seiner Gesamterstrekkung. Da gemäß Merkmal 6.2 die Höhe (h) des Übergangsbereichs gegen das Stangenende hin abnimmt und eine Höhenabnahme auf den Wert Null nicht ausgeschlossen ist, kann zumindest für diesen Fall der Übergangsbereich nicht vollständig als trapezförmig definiert werden. Nach Vorstehendem wird der Fachmann auch keine andere als eine Trapezform für den Profilquerschnitt unterstellen und in der in der Beschreibung genannten Variation des Neigungswinkels v (vgl Fig 4A) der Rippen bzw. Profilschenkel von 0 bis 10 Grad gegenüber dem zentralen Flansch (S 4 Z 30, 31), wobei 0 Grad exakt einen rechteckförmigen Querschnitt ergeben würde, lediglich eine Bereichsgrenzenvorgabe ohne Änderung der Trapezform sehen.
Aus den Merkmalen 3. bis 3.2 des Anspruchs 1 entnimmt der Fachmann für die trapezförmigen Bereiche der Stange zweifelsfrei nur einen offenen Querschnitt, gebildet aus einem zentralen Flansch (6) und zwei von diesem ausgehende Rippen (7) mit nach auswärts gerichteten Seitenflanschen (8). Zwar ist in der Beschreibung auch davon die Rede, daß der trapezförmige Querschnitt "vorzugsweise" offen ist (S 1 Z10-11, S 2 Z 6). Diese Formulierung ist aber nicht in den Anspruch 1 übernommen worden. In den eingetragenen Unterlagen des Streitgebrauchsmusters beschreiben alle Ausführungsbeispiele nur Stangen mit offenen Stangenquerschnitten (s Fig 4). In der Beschreibungseinleitung wird eine Stange mit offenem Querschnitt aus Gründen der einfacheren Herstellung als vorteilhaft gegenüber einer bekannten Sicherheitsstange mit geschlossenem Querschnitt erachtet, deren bekannte Ausführungen jedoch - sinngemäß - ein gegenüber geschlossenen Profilen unzureichendes Verformungsverhalten hätten, das es offensichtlich mit dem vorliegenden Gebrauchsmuster zu verbessern gilt (S 1 le Abs). Auch in der weiteren Beschreibung des Streitgebrauchsmusters sind keine Mittel zur Schließung der offenen Seite der Stange aufgezeigt. Angesichts dessen bleibt kein Raum für die Annahme, daß der Schutzgegenstand auch Stangenbereiche mit geschlossenem Hohlprofilquerschnitt umfassen könnte.
Unter einer "im wesentlichen konstanten" Höhe (Merkmal 5.2) oder einer "im wesentlichen konstanten" Weite (Merkmal 6.1) eines Stangenbereichs versteht der Fachmann Erstreckungsangaben mit Abweichungen im Rahmen von Fertigungstoleranzen, die für das Biegen von Blechen zu einer Hohlprofilstange gelten.
C. Der Gegenstand dieses Anspruchs 1 ist schutzfähig im Sinne der §§ 1 bis 3 GebrMG.
1. Der Anspruch 1 lehrt im Kern eine Prallschutz-Stange, die wenigstens aus zwei aufeinanderfolgenden Stangenbereichen mit offenem, trapezförmigem Querschnitt sowie mit nach außen gerichteten Seitenflanschen an den beiden Rippen (Profilflanken) besteht. Beim einen Stangenbereich (zweiter Bereich) nimmt bei gleichbleibender Profilhöhe die Weite des zentralen Flansches in Richtung des Stangenendes bzw. des anderen Stangenbereichs ab. Beim anderen Stangenbereich, der den Übergangsbereich zwischen dem einen Stangenbereich und dem Stangenende bildet, die Weite des zentralen Flansches konstant verläuft, nimmt hingegen die Profilhöhe zum Stangenende hin ab.
Nach den Angaben in der Gebrauchsmusterschrift wird bei einer derartigen Stange, die gegenüber solchen mit geschlossenem Profilquerschnitt ein geringeres Gewicht hat und einfacher zu fertigen ist, ein Auseinanderbiegen der Rippen bzw. Profilflanken und damit ein Abflachen der Stange aufgrund einer Lasteinwirkung auf den zentralen Flansch erschwert (S 3, Z 12 bis 17).
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist unbestritten neu. Keine der entgegengehaltenen Druckschriften offenbart eine Stangenkonstruktion mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1. Der Senat konnte auch nicht die Überzeugung gewinnen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf den aufgezeigten Stand der Technik nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
Die französischen Offenlegungsschrift 24 25 338 beschreibt eine Verstrebung mit offenem Profilquerschnitt zur Verstärkung einer Fahrzeugtür, durch die ebenfalls das Gewicht vermindert und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Prallkräften (Beugungsdruck, Biegebeanspruchung) verbessert sein soll (S 1 Z 19 bis 22, 27, 28). Die Verstrebung besteht aus einem spindelförmigen Blechstück, dessen maximale Höhe "H" und maximale Tiefe "l" in der Verstrebungs- bzw. Stangenmitte liegen (Anspruch 1 u S 1 Z 23 bis 26 iVm Fig 1 u 3). In das Blechstück sind Längsrippen 16, 17 mit einem offenen Hohlprofilquerschnitt eingeprägt, der - wie die Antragsgegnerin eingeräumt hat - als trapezförmig iSd Gebrauchsmusters aufgefaßt werden kann, da die in der französischen Entgegenhaltung nicht näher spezifizierten Neigungswinkel der Profilflanken schon aus Gründen der Fertigungstoleranzen ebenfalls lediglich nahe 0 Grad liegen können. In weiterer Übereinstimmung mit der Ansicht der Antragsgegnerin sieht der Senat weitere konstruktive Übereinstimmungen bei der bekannten und der verteidigten Verstrebung insoweit, als die Platte 18 zwischen den Rippen 16, 17 der bekannten Stange dem der Belastungsseite zugewandten zentralen Flansch 6 der Stange nach dem Gebrauchsmuster, die inneren Flanken der Rippen 16, 17 der bekannten Stange den Rippen 7 der Stange nach dem Gebrauchsmuster entsprechen und die Platte 18 und diese Rippenflanken zusammen ein offenes, trapezförmiges Profil bilden (vgl Fig 3, 4, 6 der Entgegenhaltung). Damit umfaßt die bekannte Stangenkonstruktion alle wesentlichen Merkmale (1. bis 3.2 nach Merkmalsgliederung) des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
Eine Aufteilung in wenigstens zwei Stangenbereiche gemäß den kennzeichnenden Merkmalen 5. bis 5.5 und 6. bis 6.2 des Schutzanspruchs 1 ist der französischen Offenlegungsschrift jedoch nicht zu entnehmen. Denn die Profilhöhe bzw. die Tiefe "l" der Rippen vermindert sich von der Mitte der Stange zu den Stangenenden hin (S 2 Z 32 bis 34), ebenso die Höhe "H" (S 2 Z 38 bis 40), mit deren Abnahme gemäß der Spindelform auch eine Verringerung der Weite der Platte 18 zum Stangenende hin einhergeht (vgl Fig 4).
Sollte der Fachmann die bekannte Stange in Bereiche unterteilen wollen - wozu er nach Überzeugung des Senats ohne Kenntnis des angefochtenen Gebrauchsmusters keinen Anlaß hatte -, würde er allenfalls einen Bereich nahe den Maximalwerten für "l" und "H", also in einer Zone nahe der Stangenmitte, in welcher nur sehr geringe Maßänderungen vorliegen, die es rechtfertigen, von einer im wesentlichen konstanten Höhe des Profils und einer im wesentlichen konstanten Weite des zentralen Flansches (Platte 18) innerhalb dieser Zone zu sprechen, abgrenzen von einem Übergangsbereich, dessen Tiefe "l" und dessen Höhe "H" bzw. dessen Weite der Platte 18 zum Stangenende hin sich deutlich erkennbar verringert. Da derartige Bereiche aber nicht die Merkmale 5.1 und 6.1 des Anspruchs 1 erfüllen, gelangt der Fachmann auch mit einer solchen Stangenunterteilung nicht zur vollständigen Lehre des Anspruchs 1.
Die in der japanischen Offenlegungsschrift 1-240 322 beschriebene Stange oder Verstrebung für eine Fahrzeugtür basiert auf einer rechteckförmigen Blechplatte 13, in die zur Versteifung mehrere, parallel zueinander verlaufende Längsnuten 15 bzw. Randwülste oder Rippen 14 mit trapezförmigem Querschnitt eingearbeitet sind (Übersetzung S 4 Z 3 bis 13, 47 bis 49 iVm Fig 1, 4, 6, 7). In Übereinstimmung mit der Stange nach Anspruch 1 des Gebrauchsmusters sind die Rippen 14 hier in zwei Bereiche - jeweils symmetrisch zur Stangen- bzw. Verstrebungsmitte - unterteilt. Der von der Mitte ausgehende Rippenbereich weist im wesentlichen eine konstante Höhe, der auf ihn folgende Übergangsbereich eine zum Stangenende hin abnehmende Höhe auf (Fig 1, 3). Abweichend vom Gegenstand des Anspruchs 1 sind die offenen Seiten der Rippen jedoch weitgehend mit einer Verstärkungsplatte 11 abgedeckt, welche mittels Punktschweißungen Sp an der Blechplatte, jeweils seitlich neben den Längsnuten 15 (vgl Fig 1 u Fig 6, Bezugszeichen F1), befestigt ist, so daß dem Auseinanderbiegen der Schenkel der Rippe 14 hier ersichtlich durch Schließen eines offenen Profils begegnet wird. Da das Gebrauchsmuster aber gerade darauf gerichtet ist, eine Stange anzugeben, die bei offenem Profilquerschnitt ein geringes Auseinanderbiegen der Profilschenkel bewirkt, konnte sich der Fachmann von der japanischen Offenlegungsschrift keine Anregungen für die Bereichsgestaltung gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 erwarten.
Die Antragstellerin hat darauf hingewiesen, daß mit dieser Stange die Nachteile eines höheren Gewichts und eines höheren Herstellungsaufwandes von Türverstrebungen, deren äußeren Ende paralleler Rippen bzw. Randwülste (3a) mit einer zusätzlichen Blechplatte (Manschette 4) verschweißt sind, überwunden werden sollen (Übersetzung S 2 Abs 1 u 2 iVm Fig 8 bis 10), und daß letztlich der Wegfall dieser Platte erreicht worden sei. Sie hat daraus gefolgert, daß sich für den Fachmann als nächster Schritt ohne weiteres angeboten habe, auch die Platte, die die offenen Seiten der Rippen verschließt, in Wegfall zu bringen. Sie hat jedoch den Senat nicht davon überzeugen können, daß es dazu im Griffbereich des Fachmannes gelegen habe, eine Kompensation der durch diese Platte bewirkten Versteifung durch Gestaltung der Stange gemäß den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 zu erreichen. Soweit sie die von der Antragsgegnerin substantiiert vorgetragenen Wirkung dieser Merkmale, nämlich einen größeren Widerstand gegen das Aufspreizen der Profilschenkel an der offenen Profil- bzw. Stangenseite zu erzeugen, in Frage stellt, ist es ihr jedenfalls nicht gelungen, diese zu widerlegen.
Die Sicherheitsstange für Fahrzeugtüren nach der US-Patentschrift 4 796 946 weist sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des verteidigten Anspruchs 1 des Gebrauchsmusters auf (Fig 1 bis 5 iVm Sp 1 Z 5 bis 17 u Sp 2 Z 25 bis 40), jedoch keines der Merkmale des Anspruchskennzeichens. Diese sind durch die Entgegenhaltung auch nicht angeregt. Denn ausgehend von einer Stange mit offenem und trapezförmigem Hohlprofil werden zur Fortentwicklung der Stange in eine andere Richtung gehende Maßnahmen vorgeschlagen, namentlich den zentralen Flansch (web portion 21) sowie die nach außen gerichteten Seitenflansche (foot portions 23) gegenüber den Rippen bzw Profilschenkeln (flange portions 22) mit größerer Wandstärke auszubilden (Fig 5 iVm Sp 3 Z 18 bis 25) oder die beiden Profilflanken durch ein oder mehrere Klammerelemente (clip members/elements 26) zusammenzuhalten (Sp 1 Z 38 bis 44, Sp 3 Z 45 bis 54 iVm Fig 6).
D. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht jeweils auf § 18 Abs 2 GebrMG iVm § 84 Abs 2 PatG, § 91 Abs 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.
Goebel Köhn Frühauf Be
BPatG:
Beschluss v. 06.02.2003
Az: 5 W (pat) 408/02
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