Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Juni 2008
Aktenzeichen: 33 W (pat) 137/06
(BPatG: Beschluss v. 03.06.2008, Az.: 33 W (pat) 137/06)
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Oktober 2006 aufgehoben und die Löschung der Marke 304 60 218 angeordnet.
Gründe
I.
Der Antragsgegner ist Inhaber der am 27. September 2004 angemeldeten und am 8. März 2005 eingetragenen Wortmarke 304 60 218 Superflockdie folgendes Warenverzeichnis mit folgenden Waren der Klasse 1 aufweist:
Wasserreinigungsmittel; Flockenbildner; Aluminiumchlorid.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 27. Juli 2005, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag, die vollständige Löschung der Marke beantragt, weil sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei.
Dem Löschungsantrag, der dem Antragsgegner mit Bescheid des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. August 2005 am 2. September 2005 als zugestellt gilt, hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2005, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 11. Oktober 2005 widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 11. Oktober 2006 zurückgewiesen. Absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG seien nicht gegeben. Die angegriffene Marke bestehe aus den Bestandteilen "super" und "flock", wobei es sich bei "super" um ein Adjektiv mit der Bedeutung "äußerst" (i. S. v. Verstärkung) handele. Der Markenbestandteil "flock" könne weder in Roempp's Chemie-Lexikon noch in Abkürzungswörterbüchern ermittelt werden. Eine Internetrecherche erbringe Hinweise auf textile Flockdruckverfahren, beflockte Applikatoren für die Kosmetikindustrie bzw. einen Internet-Browser, aber keinen Hinweis auf (Abwasser)Flockungsmittel. Die Bezeichnung "Superflock" stelle keine sprachüblich warenbeschreibende Angabe dar. Außerdem könne der Bezeichnung "Superflock" auch die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Das von der Löschungsantragstellerin vorgelegte Material sei nicht geeignet, ein Freihaltungsbedürfnis an der angegriffenen Bezeichnung zu belegen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsstellerin. Die angegriffene Bezeichnung stelle eine glatt beschreibende schutzunfähige Angabe dar. Die von der Markenabteilung gefundene Bedeutung für "Super" i. S. v. "äußerst" sei nicht die einzige Bedeutung, denn "Super" sei in der deutschen Sprache längst ein stehender Begriff. Auch die Ausführungen zum Markenbestandteil "Flock" seien kein Beleg für den mangelnden beschreibenden Charakter bzw. für die Schutzfähigkeit. Bei der bereits während des DPMA-Verfahrens durchgeführten Internet-Recherche habe die Trefferzahl für "Superflock" bzw. "Superfloc" über 10.000 betragen. Auch der Markenbestandteil "flock" sei beschreibend, wie sich aus den bei einer Recherche gefundenen Begriffen "Flockmittelkartusche", "Flockkartuschen" und "Winterschutz Flock" ergebe. Die Auffassung, dass das vorgelegte Material nicht ausreiche, ein Freihaltungsbedürfnis bzw. mangelnde Unterscheidungskraft zu belegen, sei nicht nachvollziehbar.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. vom 11. Oktober 2006 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren weder Schriftsätze eingereicht noch Anträge gestellt, wobei er auch zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen war. Im Löschungsverfahren vor der Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hatte er vorgetragen, dass die Bezeichnung "Superflock" von seiner Firma seit über 20 Jahren zur Kennzeichnung eines Flockungsmittels verwendet werde. Der Markenschutz habe dazu dienen sollen, sein Flockungsmittel von denen anderer Firmen zu unterscheiden. "Superflock" sei kein Name, der nach den ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen üblich geworden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.
Aufgrund des im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten Löschungsantrags, dem der Antragsgegner nach Zustellung an ihn rechtzeitig innerhalb der Frist von zwei Monaten nach § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen hat, war die Löschung der angegriffenen Marke "Superflock" anzuordnen, weil sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden war (§ 50 Abs. 1 MarkenG) und das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft auch aktuell zum Zeitpunkt der Entscheidung noch fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr, d. h. dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der maßgeblichen Waren oder Dienstleistungen, als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Produkte zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) "Henkel"; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 23, 24) "SAT.2"; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 (Nr. 19) "FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"). Davon ist bei der angegriffenen Wortmarke "Superflock" nach Auffassung des Senats und entgegen der Auffassung der Markenabteilung - bezogen sowohl auf die Zeit ihrer Eintragung als auch auf den aktuellen Entscheidungszeitpunkt - auszugehen.
Die angegriffene Marke setzt sich erkennbar aus den Bestandteilen "Super" und "flock" zusammen. Der Begriff "super" bedeutet "großartig, hervorragend" und wird in Wortverbindungen zur Steigerung bzw. Verstärkung nachfolgender Begriffe verwendet (superschnell, supersauber, superfein, superschlau, superschlank, Superstar, Superhit, Superfrau, Supermann, Supertalent, Super-GAU, Supermarkt usw.). Das Wort "Flock" ist in Alleinstellung lexikalisch nicht nachweisbar. Das Substantiv "Flocke" bedeutet u. a. "kleines, leichtes, lockeres Stück eines faser- oder fadenförmigen Stoffes", oder es wird als Kurzform für "Schneeflocke" verwendet. Das Verb "flocken" bedeutet "Flocken bilden, sich zu Flocken zusammenballen, in Form von Flocken in Erscheinung treten" (vgl. dazu jeweils DUDEN, Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache, 3. Aufl. unter den entsprechenden Stichwörtern). Lexikalisch nachweisen lassen sich ferner die Begriffe "Flockung" i. S. v. "das Flocken", "Flockungsmittel" aus dem Bereich der Chemie für "ein Mittel, das eine Flockung bewirkt oder verstärkt" und auch "Flockseide" für ein "wirres Fadenmaterial der äußeren Schicht des Seidenkokons" (vgl. DUDEN a. a. O.). Im Verkehr wird darüber hinaus die kürzere Wortkombination "Flockmittel" als Synonym für "Flockungsmittel" verwendet, wobei insbesondere auch eine entsprechende Verwendung in Komposita festgestellt werden kann, wie z. B. Schnellflockmittel, Flockmittelkartusche oder Flockmittelabgabe (vgl. dazu die von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Schriftsatz vom 8. Februar 2006 eingereichten Unterlagen, nämlich Anlageblätter 4, 5, 8 und 31, und die im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 29. Mai 2008 eingereichten weiteren Unterlagen, Anlage 4 und 5, Bl. 59 bis 66, Bl. 67, 68, 73 und 74 d. A.).
Bei den beanspruchten Waren "Wasserreinigungsmittel; Flockenbildner; Aluminiumchlorid" kann es sich jeweils um Flockungsmittel bzw Flockmittel handeln. Zur Wasserreinigung in Schwimmbädern werden auf dem Markt vielfach "Flockungsmittel" bzw. "Flockmittel" angeboten (siehe dazu die oben bereits bezeichneten Unterlagen). Diese Mittel stellen demzufolge spezielle Wasserreinigungsmittel dar bzw. fallen unter den entsprechenden Oberbegriff. Wasserhaltiges Aluminiumchlorid gilt als effektives kombiniertes Flockungs- und Fällungsmittel, mit dem eine Reihe gelöster Stoffe in den ungelösten Zustand überführt und sehr unterschiedliche Arten von Schwebstoffen aus wässrigen Lösungen entfernt werden können. Polymere Aluminiumchloride werden u. a. im Rahmen der Aufbereitung von Betriebswasser, Trinkwasser, Abwasser und Schwimmbeckenwasser als Flockungsmittel und Fällungsmittel eingesetzt (siehe dazu bei Wikipedia, Die freie Enzyklopädie im Internet unter dem Stichwort "Aluminiumchlorid").
Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, bei denen es sich - wie ausgeführt - um Flockungs- bzw. Flockmittel handeln kann, liegt ein warenbeschreibendes Verständnis dahingehend, dass es sich bei den derart gekennzeichneten Waren um "sehr gute" i. S. v. "sehr wirksame Flockmittel" handelt, außerordentlich nahe. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Wortbildung von "Superflock" grammatikalisch nicht korrekt ist. Gleichwohl führt dies nicht zur Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke. Der Umstand, dass ein Wort neu und grammatikalisch nicht korrekt gebildet ist, stellt für sich genommen noch keinen schutzbegründenden Faktor dar, zumal der Verkehr daran gewöhnt ist, in der Werbung ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, die sich nicht gerade an grammatikalischen Regeln oder einem ausgeprägten Stilempfinden orientieren (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl., § 8 Rdn. 89). Andererseits ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortneubildungen zu beachten, dass der Verkehr die Kennzeichnungen erfahrungsgemäß so aufnimmt, wie sie ihm begegnen, wobei eine analysierende Betrachtungsweise zu vermeiden ist (so ständige Rechtsprechung, siehe dazu auch Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl., § 8 Rdn. 90 m. w. N.).
Auch bei Berücksichtigung dieser Grundsätze wird der Verkehr nach der Überzeugung des Senats in der angemeldeten Marke keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich eine warenbeschreibende Angabe erkennen. Angesichts des durch zahlreiche Beispiele belegten Sprachgebrauchs auf dem einschlägigen Produktsektor tritt für den Verkehr der beschreibende Bedeutungsgehalt der angemeldeten Bezeichnung nämlich so deutlich und unmissverständlich hervor, dass dies unter dem Gesichtspunkt fehlender Unterscheidungskraft dem Markenschutz entgegensteht. In anderen Produktbereichen wären Bezeichnungen wie "Superwasch" für "Waschmittel", "Superputz" für "Putzmittel" oder "Superkleb" für "Klebstoffe" von der Struktur der Begriffsbildung mit der hier zu beurteilenden Bezeichnung vergleichbar.
Schließlich spricht auch die Verwendung der Bezeichnung "Superflock" durch verschiedene Flockmittelhersteller dagegen, dass der warenbeschreibende Sinngehalt der angegriffene Marke zwar erfasst wird, ihr gleichwohl aber auch eine betriebsherkunftshinweisende Bedeutung im Sinne einer sprechender Marke zuerkannt wird. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen, die sie im Beschwerdeverfahren ergänzt hat, ergibt sich nämlich, dass die Bezeichnung "Superflock" außer vom Inhaber der angegriffenen Marke noch von mindestens vier verschiedenen weiteren Herstellern von Wasserreinigungs- und Flockmitteln in entsprechendem Zusammenhang verwendet wird. Dies sind u. a. die Firmen B..., S... Group, E... AG und S... AG (Anla- geblätter 6, 7, 27 und 29 aus den von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Schriftsatz vom 8. Februar 2006 eingereichten Unterlagen und Bl. 71/72 d. A.). Darüber hinaus werden von einem Teil der genannten Hersteller und von weiteren Herstellern von Wasserreinigungs- und Flockmitteln u. a. die Bezeichnungen "Superfloc", "Super Floc", "Super Floc Pulver", "Superflock Granulat", "Superflock Konzentrat" und "Superflock PAC" und "Superflock Kartuschen" verwendet (vgl. dazu die von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Schriftsatz vom 8. Februar 2006 eingereichten Unterlagen und die von ihr im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 29. Mai 2008 eingereichten weiteren Unterlagen). Auch wenn diese Bezeichnungen teilweise durchaus wie Kennzeichen aufgemacht sind und aufgrund dieser Gestaltung so interpretiert werden könnten, ergibt sich aufgrund der Verwendung dieser Bezeichnungen durch so viele verschiedene Hersteller, dass sich die Bezeichnung nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, nämlich als Hinweis auf einen bestimmten Hersteller, eignet.
Die Unterlagen, die zum großen Teil bereits kurze Zeit nach der Eintragung der angegriffenen Marke vorgelegt wurden, lassen hinreichend sichere Rückschlüsse dahingehend zu, dass die angegriffene Marke auch bereits zum Zeitpunkt der Eintragung im März 2005 schutzunfähig war.
Zum Zeitpunkt der Ladung zur mündlichen Verhandlung hatte der Senat noch Zweifel an der Schutzunfähigkeit und Löschungswürdigkeit der angegriffenen Marke und dies auch in einem Ladungshinweis zum Ausdruck gebracht. Diese Zweifel hat die Antragstellerin insbesondere durch die anschließend mit Schriftsatz vom 29. Mai 2008 eingereichten weiteren ergänzenden Unterlagen und den ergänzenden Sachvortrag ausräumen können.
Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Marke auch eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsbedürfnis haben. Einer Entscheidung hierüber bedarf es im Hinblick die festgestellte fehlende Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke allerdings nicht.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.
Bender Kätker Knoll Cl
BPatG:
Beschluss v. 03.06.2008
Az: 33 W (pat) 137/06
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