Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 4. Dezember 2008
Aktenzeichen: 28 U 25/08

(OLG Hamm: Urteil v. 04.12.2008, Az.: 28 U 25/08)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 04. Oktober 2008 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen - unter Zurückwei-sung des Rechtsmittels im Übrigen - abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an Herrn I, F-Straße, ......1 L4, einen Be-trag von 1.689,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Juli 2007 zur Anrechnung auf die von Herrn I mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Essen

- 32 M 633/04 - gepfändete Forderung zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe 120 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der gestellten Anträge wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, die nachfolgend mit den notwendigen Änderungen und Ergänzungen dargestellt sind (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Der Kläger nimmt den Beklagten mit dem Vorwurf auf Schadensersatz in Anspruch, dieser habe im Rahmen der von ihm als sein Bevollmächtigter gegen Steuerbescheide des Finanzamtes E2 eingelegten Einsprüche und den diesbezüglich vor dem Finanzgericht E geführten Rechtsstreiten seine Interessen nicht pflichtgemäß wahrgenommen und dadurch deren Verlust verursacht.

Der Kläger hatte mit einem Herrn L3 durch notariellen Vertrag vom 15. Juni 1992 zwei Immobilien in L2 erworben, ETW-Anlagen gebildet und im Jahre 1993 die einzelnen Eigentumswohnungen veräußert. Das Finanzamt E2 sah darin einen von der zwischen dem Kläger und Herrn L3 begründeten GbR vorgenommenen gewerblichen Grundstückshandel und forderte den Kläger auf, als Gesellschafter der GbR entsprechende Steuererklärungen abzugeben. Als dies unterblieb, weil der Kläger darauf verwies, dass sich die dazu erforderlichen Unterlagen allein im Besitze des Mitgesellschafters L3 befänden, und auch dieser nach seiner Hinzuziehung keine ausreichenden Erklärungen abgab, schätzte das Finanzamt den von der GbR in 1993 erzielten Gewinn auf 547.780,00 DM und erließ am 11. Juli 1997 einen entsprechenden Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns für 1993 und am 05. September 1997 für die L3 & I GbR einen Gewerbesteuermessbescheid für 1993 in Höhe von 22.585,00 DM. Gegen diese Bescheide legte der Beklagte namens des Klägers Einspruch ein. Durch Bescheid vom 10. September 1997 setzte das Finanzamt Essen-Ost auf der Grundlage des Feststellungsbescheides vom 11.07.1997 für den Kläger die Einkommensteuer für das Jahr 1993 fest. Durch Haftungsbescheid vom 08. Juni 1998 nahm die Stadt E2 den Kläger als Mitgesellschafter der L3 & I GbR auf rückständige Gewerbesteuern für das Jahr 1993 in Höhe von 101,632,00 DM nebst Nachzahlungszinsen von 14.732,00 DM in Anspruch. Durch an den Beklagten adressierten Bescheid vom 30. Juni 1998 (Bl. 21 ff.) wies das Finanzamt E2 die Einsprüche des Klägers zurück, weil dieser trotz mehrfacher Aufforderungen weder seinen Einspruch begründet noch nachgewiesen habe, dass er derzeit nicht in der Lage sei, die ausstehenden Steuererklärungen zu fertigen. Er habe nicht belegt, dass er den Mitgesellschafter L3 tatsächlich zur Herausgabe fehlender Unterlagen aufgefordert und gegen diesen zivilrechtliche Schritte eingeleitet habe. Aus diesem Grunde habe nach Aktenlage entschieden werden müssen. Verstöße gegen geltende Bestimmungen seien dabei nicht erfolgt.

Gegen diesen Einspruchsbescheid erhob der Beklagte, der für den Kläger unter dem 16.11.1998 gegen den Mitgesellschafter L3 ein - mangels seines unbekannten Aufenthaltes nicht zu vollstreckendes Versäumnisurteil auf Auskunft und Herausgabe von Unterlagen erwirkt hatte, namens des Klägers vor dem Finanzgericht E Klage gegen beide Bescheide. Die Klage wurde zunächst unter dem Aktenzeichen 3 K 5612/98 G,F geführt. Durch Verfügung vom 03.08.1999 (Bl. 38) setzte das Finanzgericht dem Beklagten gemäß § 79b Abs. 1 u. Abs. 2 FGO eine Frist zur Begründung der Klage und Beweisantritt bis zum 24. 09. 1999. Als darauf keine Reaktion erfolgte, wies das Finanzgericht durch Gerichtsbescheid vom 02.06.2000 die Klage ab. Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides stellte der Beklagte einen - zur Unwirksamkeit des Bescheides führenden Antrag auf mündliche Verhandlung, die am 14.08.2000 stattfand. Durch Verfügung vom 17.08.2000 (Bl. 43) setzte dasFinanzgericht dem Beklagten eine Frist zum weiteren Vortrag bis zum 25.11.2000. Mit Schriftsatz vom 24.11.2000 (Bl. 44) verwies der Beklagte zum Nachweis der Ausgaben der GbR auf eine beigefügte Darstellung des Klägers und kündigte an, dass mit dem Finanzamt wegen der Einsichtnahme in die einzelnen Belege eine Absprache erfolgen solle, die trotz entsprechender Mahnungen nie erfolgte. Unter dem 06.02.2002 wies das Finanzgericht den Beklagten darauf hin, dass die Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid nur durch die GbR oder namens der GbR durch einen vertretungsberechtigten Gesellschafter aber nicht (wie geschehen) durch einen Gesellschafter im eigenen Namen erhoben werden könne. Durch Beschluss vom gleichen Tage (Bl. 54) ordnete das Finanzgericht die Trennung beider Klagen an. Durch Verfügung vom 05.06.2002 (Bl. 55,56) lud das Finanzgericht den Beklagten zu dem in beiden Verfahren auf den 02.07.2002 anberaumten Verhandlungstermin. Am 02.07.2002 teilte eine Angestellte des Beklagten dem Finanzgericht telefonisch und schriftlich mit, dass der Beklagte reiseunfähig erkrankt sei und bat um Verlegung des Termins. Dem kam das Finanzgericht nicht nach, sondern wies durch am 02.07.2002 verkündete Urteile (Bl. 59 ff.; 67 ff.) die Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid als unzulässig und die Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid als unbegründet zurück. Gegen diese Urteile erhob der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH. Diese verwarf der BFH durch Beschluss vom 06.11.2002 als unzulässig, weil der Beklagte sie nicht fristgerecht begründet und trotz entsprechender Hinweise eine solche Begründung auch nicht innerhalb der für den vom Beklagten beantragten Wiedereinsetzung gemäß § 56 Abs. 2 S. 3 FGO geltenden 2 Wochenfrist nachgereicht hatte.

Mit Schreiben vom 17.09.2003 (Bl. 517) zeigte Rechtsanwalt T2 aus der Sozietät Y2, die die weitere steuerrechtliche Vertretung des Klägers übernommen hatte, dem Beklagten die Vertretung des Klägers an, verwies auf dem Beklagten bei der steuerrechtlichen Wahrnehmung der Interessen des Klägers unterlaufene Fehler hin und forderte diesen auf, sich bis zum 21. September 2003 dazu zu erklären, ob er "an einer geräuschlosen und schnellen Erledigung der Angelegenheit interessiert" sei. Am 07. Oktober 2003 rief Rechtsanwalt T2 den bis dahin nicht reagierenden Beklagten an. Unter Bezugnahme auf dieses Telefonat stellte Rechtsanwalt T2 mit Schreiben vom 09. Oktober 2003 (Bl. 182) "wie vereinbart" den Sachverhalt mit einer vorläufigen Schadensaufstellung dar und bat den Beklagten, diese "wie zugesagt" direkt an seine Versicherung weiterzuleiten. Am Schlusse des Schreibens wird um ein Anerkenntnis dem Grunde nach durch die Versicherung gebeten. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben erklärte die Z1-Aktiengesellschaft mit einem durch ihre Mitarbeiterin Y3 verfassten Schreiben vom 04.11.2003 (Bl. 297), dass sie ihrem Versicherungsnehmer nicht empfehlen werde, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche anzuerkennen. "Wir sehen derzeit nicht, dass Ihrem Mandanten ein Schaden entstanden sein könnte" und wies die geltend gemachten Schadensersatzansprüche als unsubstanziiert zurück. Daraufhin rief Rechtsanwalt T2 bei der Z1-Aktiengesellschaft an und erörterte die Angelegenheit mit dem Sachbearbeiter Y4. Den Inhalt dieses Gesprächs schilderte Rechtsanwalt T2 in seinem an den Kläger gerichteten Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 447). Am 01. Dezember 2003 rief insoweit unstreitig der Sachbearbeiter Y4 bei der Sozietät Y2 an. Weitere bestrittene - Anrufe sollen am 05.12.2003 und 08.01.2004 erfolgt sein.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2004 (Bl. 298) zeigten die Prozessbevollmächtigten des Klägers der Z1-Aktiengesellschaft die Übernahme der Vertretung des Klägers an und erklärten unter Bezugnahme auf das Schreiben des Rechtsanwaltes T2 vom 09.10.2003 und der Antwort der Z1-Aktiengesellschaft vom 04.11.2003, dass sie nach Erteilung von noch benötigten weiteren Informationen auf die Sache zurückkommen würden. Die Z1-Aktiengesellschaft bestätigte mit Schreiben vom 20.04.2004 (Bl. 530) den Eingang des Schreibens und erklärte, sie werde nach einer Stellungnahme des Beklagten unaufgefordert auf die Sache zurückkommen. Mit Schreiben vom 28.04.2004 (Bl. 304) teilte sie dann mit, dass sie nach wie vor davon ausgehe, dass etwaige Forderungen nicht begründet seien, weder eine substanziierte Anspruchsbegründung vorliege, noch der Schaden beziffert sei, weshalb die Forderungen schon aus diesen Gründen als unsubstanziiert zurückgewiesen würden.

Unter dem 23. Dezember 2005 reichten die Prozessbevollmächtigten des Klägers dann einen mit dem Entwurf einer Klagebegründung versehenen Prozesskostenhilfeantrag im vorliegenden Rechtsstreit ein. Der Kläger lastete dem Beklagten an, dass er weder im Einspruchsverfahren gegen die Bescheide des Finanzamtes E2 noch im anschließenden Rechtsstreit vor dem Finanzgericht E trotz mehrfacher Aufforderungen und Fristsetzungen keine Begründungen eingereicht, sondern erstmals in dem Schriftsatz vom 24. November 2000 eine von ihm, dem Kläger, bereits am 31. März 1998 erstellte und dem Beklagten übergebene Gewinnabrechnung jedoch ohne die ihm ebenfalls übergebenen Belege zum Nachweis der erfolgten Ausgaben eingereicht habe. Schon allein die Vorlage dieser Liste hätte dazu geführt, dass die Gewinnschätzungen des Finanzamts im Einspruchsverfahren bereits nach unten korrigiert worden wären. Die Einspruchsentscheidung wäre zudem auch dann nicht ergangen, wenn der Beklagte dem Finanzamt die zivilgerichtlich erfolgten Schritte belegt hätte, von dem Mitgesellschafter L3 die erforderlichen Auskünfte nebst Belegen zu erhalten. Ferner habe der Beklagte dann auch nicht auf die Hinweise des Finanzgerichts vom 06. Februar 2002 reagiert. Dieses Fehlverhalten habe dazu geführt, dass das Finanzgericht die Klagen abgewiesen habe. Auch die von ihm gegen die Urteile eingelegten, in der Sache aussichtslosen Nichtzulassungsbeschwerden habe der Beklagte nicht einmal fristgerecht begründet, weshalb die Beschwerden als unzulässig verworfen worden seien. Hätte der Beklagte pflichtgemäß die ihm zur Verfügung gestellten Belege eingereicht, dann hätte der Feststellungsbescheid auf einen Gewinn von 233.728,66 DM berichtigt und auch der Messbescheid entsprechend angepasst werden müssen. Auf dieser Grundlage hat der Kläger den ihm nach seiner Ansicht entstandenen Steuerschaden nebst Säumniszuschlägen und aufgelaufenen Zinsen, sowie ihm durch die fehlerhafte Sachbehandlung des Beklagten erwachsene Gerichtskosten und die Kosten seiner Vertretung durch die Sozietät Y2 dargestellt. Ferner hat er geltend gemacht, der Beklagte habe wegen der mangelnden Erfolgsaussicht keine Nichtzulassungsbeschwerden einlegen dürfen. Darin liege eine weitere Pflichtverletzung, auf der der insoweit entstandene Kostenschaden ebenfalls beruhe.

Der Beklagte hat wegen der erfolgten Pfändung und Überweisung der Regressansprüche die Aktivlegitimation des Klägers bestritten, der daraufhin mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.06.2007 die Ziff. 1 des Klageantrages auf Zahlung an seinen Sohn umgestellt hat. In der Sache hat der Beklagte behauptet, der Kläger habe ihm keinerlei Informationen und Nachweise zur Verfügung gestellt, die zur Rechtsverteidigung gegen die Steuerfestsetzungen geeignet gewesen wären. Unterlagen habe er erstmals nach dem Abschluss der Rechtsstreite vor dem Finanzgericht im Jahre 2003 erhalten. Zuvor sei es allein darum gegangen, die Angelegenheit durch Rechtsmittel "offen zu halten", bis der Kläger über die erforderlichen Belege verfügte. Im Übrigen hat der Beklagte bestritten, dass etwaige Belege des Klägers geeignet gewesen wären, gegenüber der Schätzung des Finanzamts höhere, zur Herabsetzung der Bescheide führende Betriebsausgaben nachzuweisen. Ferner hat er die Schadensberechnung, sowie einzelne Schadenspositionen und die Höhe des Schadens bestritten. Insbesondere hat er sich auf eine Verjährung etwaiger Regressansprüche berufen. Er hat die Ansicht vertreten, dass die Verjährung aufgrund der ersten nachteiligen Einspruchsentscheidung vom 30.06.1998, spätestens aber mit den Urteilen des Finanzgerichts E vom 02.07.2002 begonnen und daher schon vor dem Eingang des Prozesskostenhilfeantrages am 23. Dezember 2005 abgelaufen gewesen sei.

Der Kläger macht insoweit geltend, der Lauf der Verjährungsfrist sei durch am 17.09.2003 begonnene und niemals eindeutig und endgültig zurückgewiesene Verhandlungen über den Regressanspruch gehemmt gewesen.

Der Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass solche verjährungshemmende Verhandlungen nicht stattgefunden hätten.

Das Landgericht hat die Klage wegen der nach seiner Ansicht eingetretenen Verjährung der Ansprüche abgewiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Er hat zunächst einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gestellt und nach erfolgter Bewilligung wegen der Versäumung der Berufungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Diesem Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 02. September 2008 stattgegeben. Der Kläger rügt die Feststellungen des Landgerichts zum Zeitraum der Hemmung und nimmt in der Sache Bezug auf seinen erstinstanzlichen Vortrag. Ferner meint er, die Verjährung des Regressanspruchs habe erst mit dem Ende des Mandates des Beklagten begonnen.

Der Beklagte rügt unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 06. Mai 2008 (VI ZB 16/07) die Unzulässigkeit der Berufung, da der Kläger durch seine Kostenarmut nicht an der Einlegung der Berufung gehindert gewesen sei. Im Übrigen verteidigt er das Urteil als zutreffend und verweist ansonsten auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

B.

Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig (I.), aber nur zu einem geringen Teil begründet (II.).

I. Die Berufung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen §§ 517, 522 Abs. 1 ZPO unzulässig. Sie ist zwar nicht innerhalb der Frist von 1 Monat nach der am 02. Januar 2008 erfolgten Zustellung des Urteils, sondern erst am 29. August 2008 eingelegt worden. Insoweit hat der Senat dem Kläger aber durch gemäß § 238 Abs. 2 ZPO unanfechtbaren Beschluss vom 02. September 2008 Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bewilligt. Dies war auch in der Sache gerechtfertigt, da der von dem Beklagten angeführte Beschluss des BGH vom 06. Mai 2008 (in NJW 2008, 2855) vorliegend nicht einschlägig ist. Dieser Beschluss betraf ein Wiedereinsetzungsgesuch für die Versäumung der Begründungsfrist für eine bereits unbedingt eingelegte Berufung, die schon den vollen Vergütungsanspruch des Berufungsanwaltes und den Anfall der Gerichtskosten begründet hatte. Wenn dann der Anwalt während des Laufs der Begründungsfrist seine schon wegen der Einlegung der Berufung vergütungspflichtige Leistung Erstellung der Berufungsbegründung als Entwurf - erbringt, dann ist die Kostenarmut der Partei augenscheinlich nicht Grund für die nicht eingehaltene Begründungsfrist. Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers aber keine unbedingte Berufung eingelegt, sondern nur einen Prozesskostenhilfeantrag für eine beabsichtigte Berufung eingereicht und zur erforderlichen Prüfung der Erfolgsaussichten der Berufung deren beabsichtigte Begründung vorgelegt. In einem solchen Fall ist aber nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren (vgl. N. Schneider Anmerkung zum Beschluss des BGH in NJW 2008, 2855).

II. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB nur die Erstattung der für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH angefallenen Gerichtskosten von 1.689,10 € beanspruchen (2.). Die Leistung eines darüber hinaus gehenden Schadensersatzes kann der Beklagte gemäß § 214 BGB verweigern, da insoweit der Anspruch des Klägers gemäß § 51 b 1. Alt. BRAO, der gemäß Art. 229 §§ 6, 12 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB auf den vorliegenden Regressanspruch noch anzuwenden ist, verjährt ist (1.).

1.a. Der den Lauf der Verjährungsfrist des § 51 b 1. Alt. BRAO auslösende Schaden ist am 03. Juli 1998 mit dem für diesen Tag zugrundezulegenden Zugang der Einspruchsentscheidung des Finanzamts E2 eingetreten.

aa. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung des IX. Zivilsenates setzt die Verjährung bei Fehlern in der steuerrechtlichen Interessenvertretung schon mit der Bekanntgabe der ersten nachteiligen Entscheidung im finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren und nicht erst mit der ersten nachteiligen Entscheidung des Finanzgerichts ein, wenn sich die im Verwaltungsverfahren erfolgten Fehler des Beraters später im finanzgerichtlichen Rechtsstreit lediglich fortsetzen und dem Berater dort keine schadensbegründenden, eigenständigen Pflichtverletzungen unterlaufen (BGH in DStRE 2008, 913 [914 Tz. 14, 17 ff.] = NJW-RR 2008, 1508 [1509 Tz. 14, 17 ff.] = WM 2008, 1612 FF.; NJW-RR 1998, 742 [743 zu 2.-3.]; NJW 1995, 2108 [zu I.1.b.]; siehe auch BGH in NJW 2002, 1414 [1415 zu I.1.a.aa.]; NJW 1998, 1488 [1489 zu I.,II.]; sowie Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, "Die Haftung des Rechtsanwalts", 7. Aufl. 2005, Rdn. 1038, 1048, 1050). Dies war aber nach eigenem Vortrag des Klägers der Fall.

Nicht nur in der Klageschrift, sondern auch bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat hat der Kläger behauptet, er habe dem Beklagten seine mit einem Betrag von 260.225,82 DM abschließende "vorläufige" Gewinnermittlung vom 30. März 1998 nebst den ihr zugrundeliegenden, zwei Aktenordner füllenden und bis auf einen (noch) nicht nachzuweisenden Betrag von 79.637,42 € vollständigen Belegen bereits zu diesem Zeitpunkt übergeben und darauf gedrängt, diese dem Finanzamt vorzulegen. Dennoch habe der - ihn immer wieder vertröstende Beklagte diese Unterlagen weder dem Finanzamt, noch später dem Finanzgericht eingereicht. Auch habe es der Beklagte verabsäumt, dem Finanzamt die gegen den Mitgesellschafter L3 eingeleiteten zivilrechtlichen Schritte zu belegen. Wenn all dies pflichtgemäß bereits gegenüber dem Finanzamt erfolgt wäre, so hätte dieses - nach Ansicht des Klägers erst nach Vorlage einer endgültigen Gewinnermittlung und den noch zu beschaffenden weiteren Belegen entschieden und die auf Schätzungen beruhenden Bescheide auf dieser Grundlage korrigiert. Auch der Sohn des Klägers hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht bekundet, dass dem Beklagten die Ordner mit den Belegen für die von seinem Vater erstellte vorläufige Gewinnermittlung bereits Ende 1997/Anfang 1998 übergeben worden seien. War dies aber der Fall, dann hat der Beklagte das ihm vom Kläger vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten im Einspruchsverfahren - unterlassene Begründung trotz zureichender Informationen und Unterlagen - im Verfahren vor dem Finanzgericht lediglich fortgesetzt, dh. er ist weiterhin schlicht untätig geblieben. Dass dieses pflichtwidrige Verhalten im Einspruchsverfahren durch pflichtgemäße Führung der Anfechtungsprozesse vor dem Finanzgericht noch hätte korrigiert werden können, stellt keine eigenständige neue Pflichtverletzung dar, die einen selbstständigen, von der Pflichtverletzung im Einspruchsverfahren unabhängigen Schaden verursacht hätte. Nach gefestigter höchstrichterlicher Regressrechtsprechung ist es für den die Verjährungsfrist auslösenden Eintritt des Schadens unerheblich, ob noch ungewiss ist, dass er bestehen bleibt und endgültig wird (BGH in NJW-RR 2008, 798 [Tz. 10 m.w.N.]). Mit Rücksicht darauf hat der IX. Zivilsenat des BGH ausdrücklich seine frühere Ansicht aufgegeben, dass eine im Verwaltungsverfahren oder in einem Rechtsstreit erfolgte Pflichtverletzung des Beraters erst dann einen Schaden bewirkt, wenn die auf der Pflichtverletzung beruhende, für den Mandanten nachteilige Entscheidung in Bestandskraft/Rechtskraft erwächst. Maßgebend ist vielmehr die erste für den Mandanten nachteilige Entscheidung (vgl. grundlegend zur Haftung des Steuerberaters BGH in NJW-RR 1998, 742 [743] und zur Anwaltshaftung BGH in NJW 2000, 1263 [1264 zu I.1.c.]). Davon abzuweichen besteht kein Anlass. Soweit der V. ZS des BGH in seinem Urteil vom 9. November 2007 (in NJW 2008, 506 ff.) zur Regelverjährung des § 195 BGB ausgeführt hat, dass bei der Haftung für eine pflichtwidrig falsche Anlageberatung die den Verjährungsbeginn gemäß § 199 BGB auslösende Kenntnis von der unterlassenen Aufklärung über einen offenbarungspflichtigen Umstand nicht zugleich auch den Lauf der Verjährungsfrist für noch unbekannte Aufklärungspflichtverletzungen über eigenständige, von einander abgrenzbare Umstände in Gang setzt, kann dies auf die vorliegend zu beurteilende Regressverjährung des § 51b BRAO für eine durch pflichtwidriges Verhalten verursachte, matriellrechtlich falsche Verwaltungs oder Gerichtsentscheidung und den darauf beruhenden Vermögenseinbußen nicht übertragen werden. Zum einen setzt § 51b BRAO keine Kenntnis des Mandanten vom Eintritt des Schadens voraus. Zum anderen stehen keine verschiedene, von einander abgrenzbare Beratungsfehler oder Unterlassungen des Beklagten in Frage, sondern der Kläger wirft ihm die sowohl im Einspruchsverfahren, als auch im Gerichtsverfahren identisch unterlaufene Pflichtverletzung unterlassene Vorlage der vorhandenen, für die Änderung der belastenden Steuerbescheide erforderlichen Belege - vor, die zu einem materiellrechtlich falschen Urteil und einer dadurch bewirkten Verschlechterung seiner Vermögenslage geführt hat.

Auch dass der Beklagte auf den Hinweis des Finanzgerichts zur fehlenden Aktivlegitimation des Klägers zur Anfechtung des Gewerbesteuermessbescheides im eigenen Namen nicht reagiert hat und aus diesem Grunde die Anfechtungsklage gegen den Gewerbesteuermessbescheid nicht nur als unbegründet, sondern schon als unzulässig abgewiesen worden ist, stellt keine eigenständige, schadenskausale Pflichtverletzung dar, die eine selbständige Verjährungsfrist auslöste. Auch wenn die Klage namens der durch den Kläger als Gesellschafter vertretenen GbR erhoben worden wäre, hätte dies nichts an der fehlenden materiellen Begründung der Anfechtungsklage geändert, die dann - wie die andere Anfechtungsklage - zwar nicht als unzulässig, dann aber als unbegründet abgewiesen worden wäre. Im Übrigen hat der Kläger selbst geltend gemacht, dass eine erfolgreiche Anfechtung der Gewinnfeststellung trotz der als unzulässig abgewiesenen Anfechtungsklage auch zu einer Korrektur des Gewerbesteuermessbescheides geführt hätte.

Zwar hat der Beklagte die Darstellung des Klägers bestritten und behauptet, die zur Begründung der Einsprüche erforderlichen Unterlagen seien ihm sogar erst im Jahre 2003 nach Abschluss der finanzgerichtlichen Verfahren übergeben worden. Da aber schon die Klageerwiderung zur Begründung der Verjährungseinrede und den Zeitpunkt des Verjährungsbeginnes auf die vom Kläger schon für das Einspruchsverfahren reklamierten Pflichtverletzungen des Beklagten abhebt, hat sich dieser die für ihn in Hinblick auf die Verjährungseinrede günstigen Behauptungen des Klägers stillschweigend zu Eigen gemacht. Dafür spricht zudem sogar eine tatsächliche Vermutung (vgl. insoweit BGH in NJW-RR 1995, 684 [685]); BGH in NJW 2000, 1641 [1642]; BGH in VIZ 1999, 38 [39]; BGH in NJW-RR 1994, 1405; BGH in NJW 1989, 2756; Zöller-Gummer, 26. Aufl., ZPO § 138 Rdn. 11).

bb. Wann die den Verjährungsbeginn auslösende Bekanntgabe der an ihn adressierten Einspruchsentscheidung durch ihren tatsächlichen Zugang beim ihm erfolgt ist, hat der - für den Beginn der Verjährung beweispflichtige - Beklagte trotz seiner Kenntnis nicht dargelegt, sondern sein Prozessbevollmächtigter hat einen am 03. Juli 1998 erfolgten Zugang lediglich mit der Vermutung des § 122 Abs. 2 AO begründet. Zwar ist diese gesetzliche Fiktion grundsätzlich nicht maßgeblich, sondern entscheidend ist der tatsächliche Zugang (vgl. insoweit BGH in NJW-RR 2008, 1508 [1510 Tz. 21]). Da aber angesichts der vom Beklagten erhobenen Anfechtungsklage der Zugang der Bescheide unzweifelhaft und vom Kläger ebenso wenig wie das vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten angenommene Zugangsdatum bestritten worden ist, gehen die Parteien ersichtlich von einem - angesichts der normalen Postlaufzeiten nahe liegenden - zeitnahen Zugang des Bescheides aus, weshalb als Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs in Übereinstimmung mit § 122 Abs. 2 AO der 03. Juli 1998 zugrunde gelegt werden kann (vgl. insoweit auch BGH in NJW 2000, 2678 [2679 zu II.1.]).

b. Damit lief aber gemäß den insoweit eingreifenden Grundsätzen der Schadenseinheit (vgl. insoweit Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 1047 ff.; siehe auch jeweils m.w.N. BGH in NJW 2007, 830 [832 Tz. 24]; NJW-RR 2006, 694 [696 Tz. 23]) die reguläre Primärverjährung für sämtliche durch die Pflichtverletzung verursachten und voraussehbaren Steuerschäden, Kostenschäden der Finanzgerichtsverfahren und Kosten der mit der weiteren steuerrechtlichen Beratung beauftragten Sozietät Y2 bereits mit Ende des 03. Juli 2001 und eine darauf aufbauende Sekundärverjährung (aufgrund der Einspruchsentscheidung hatte der - sich den Vortrag des Klägers zu den Pflichtverletzungen zu Eigen machende Beklagte begründeten Anlass, eine Pflichtverletzung in Erwägung zu ziehen, weil er die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht zur Einspruchsbegründung verwertet und dem Finanzamt vorgelegt hatte) mit Ende des 03. Juli 2004 ab. Der erst etwa 1 ½ Jahre (= 538 Tage) später am 23. Dezember 2005 eingereichte Prozesskostenhilfeantrag vermochte diese reguläre Verjährung des Sekundäranspruchs nicht mehr gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB zu hemmen.

c. Insoweit ist auch vorher keine ausreichende Hemmung durch Verhandlungen i.S.d. 203 BGB erfolgt. Selbst wenn man den gesamten Zeitraum zwischen der ersten Regressanmeldung des Rechtsanwaltes T2 mit Schreiben vom 17. September 2003 bis zum letzten ablehnenden Schreiben der Z1-Aktiengesellschaft vom 28. April 2004 als durchgängigen Zeitraum von Verhandlungen ansehen würde, reichen die sich daraus ergebenden 224 Hemmungstage nicht aus. Zählt man diese dem 03. Juli 2004 hinzu, dann wäre die Verjährung mit Ablauf des 12. Februar 2005 eingetreten. Der Prozesskostenhilfeantrag ist aber erst rd. 10 Monate später eingegangen.

Auch wenn in dem Schreiben vom 28. April 2004, das die Ansprüche mangels substanziierter Anspruchsbegründung und fehlender Bezifferung der Schadenshöhe als unsubstanziiert zurückweist, noch keine von der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich verlangte (vgl. BGH in NJW 2004, 1654 [1654]; NJW-RR 2005, 1044 [1046/7 zu 4.c.aa.(2)]) klare und eindeutige Ablehnung weiterer Verhandlungen zu erblicken wäre, so wären die Verhandlungen danach zumindest "eingeschlafen" und damit zu dem Zeitpunkt beendet gewesen, an dem nach Treu und Glauben der nächste Schritt zu erwarten gewesen wäre (vgl. Palandt-Heinrichs, 67. Aufl., BGB § 203 Rdn. 4; PWW-Kessel, 3. Aufl., BGB § 203 Rdn. 4; Staudinger-Peters (2004), BGB § 203 Rdn. 13; MünchKomm-Grothe, 5. Aufl., BGB § 203 Rdn. 8; BeckOK-Spindler BGB § 203 Rdn. 7; siehe auch BGH in NJW-RR 2001, 1168 [1169 zu 2.c.; NJW-RR 1990, 664 [665 zu ]; NJW 1986, 1337 [1338 zu II.2.a. m.w.N.]; siehe auch eingehend zu dem gesamten Problemkreis OLG Bremen in NJOZ 2008, 2453 [2458]). Diese Frist ist in der Regel auf 1 Monat zu bemessen (vgl. MünchKomm-Grothe, 5. Aufl., BGB § 203 Rdn. 8; OLG Koblenz in OLGR 2006, 479 [481 zu 4.]). Damit wäre die Hemmung spätestens am 28. Mai 2004 beendet gewesen und insgesamt eine Hemmung von 255 Tagen erfolgt. Zählt man diese Tage hinzu, dann wäre die Verjährung mit Ablauf des 15. März 2005 eingetreten. Auch insoweit wäre der Eingang des Prozesskostenhilfeantrages im Dezember 2005 bei weitem nicht mehr rechtzeitig erfolgt.

Die in § 203 S. 2 BGB geregelte dreimonatige Ablaufhemmung hilft dem Kläger nicht weiter. Sie ist nicht etwa dem Hemmungszeitraum hinzuzurechnen, sondern bewirkt lediglich, dass die Verjährung frühestens 3 Monate nach dem Ende der Hemmung eintreten kann. Liegen mehr als drei Monate zwischen dem sich durch Hinzurechnung der Hemmung ergebenden tatsächlichen Eintritt der Verjährung und dem Ende des Hemmungszeitraumes, dann läuft die Ablaufhemmung (wie die Ablaufhemmung der alten NeuwagenVerkaufsbedingungen) leer (vgl. OLG Saarbrücken in NJW-RR 2006, 163 [164 zu 2.b.]; KG in ZEV 2008, 481 [483]; OLG Bremen in NJOZ 2008, 2453 [2458]; Staudinger-Peters (2004), BGB § 203 Rdn. 17; Palandt-Heinrichs, 67. Aufl., BGB § 203 Rdn. 5). Dies ist vorliegend der Fall. Zwischen dem 28. Mai 2004 und dem 15. März 2005 liegen weit mehr als drei Monate und es bestand ausreichend Zeit, nach dem Ende der Hemmung durch Verhandlungen die nunmehr weiterlaufende Verjährungsfrist gemäß den Voraussetzungen des § 204 BGB zu hemmen.

Selbst wenn als Zugang des Einspruchsbescheides nicht der 03. Juli 1998 zugrunde gelegt werden könnte, ändert dies nichts am Ablauf der Verjährungsfrist vor Eingang der Prozesskostenhilfeantrags. Spätestens im Zeitpunkt der am 31. Juli 1998 eingereichten Anfechtungsklage lag dem Beklagten der Einspruchsbescheid vor. Ginge man von diesem Zeitpunkt als Beginn der Verjährungsfrist aus, dann wäre die reguläre Primär und Sekundärverjährung mit dem Ende des 31. Juli 2004 abgelaufen. Bei einer Hemmung von 255 Tagen wäre dann die Verjährung mit Ablauf des 12. April 2005 und somit etwa 10 Monate vor dem 23. Dezember 2005 eingetreten. Auch insoweit greift keine Ablaufhemmung gemäß § 203 S. 2 BGB ein. Zwischen dem Ende der Hemmung am 28. Mai 2004 und dem Eintritt der Verjährung mit Ablauf des 12. April 2005 liegen mehr als drei Monate.

d. Soweit der Kläger meint, die dreijährige Sekundärverjährung habe erst mit dem Ende des Mandates des Beklagten am 05. September 2003 begonnen, entspricht dies nicht der Rechtslage. Der Sekundäranspruch verjährt wie der Primäranspruch gemäß der Vorschrift des § 51b BRAO (Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 1118; BGH in NJW 1988, 2245 [2246 zu II.2.a.]). Nach der Hauptregel des § 51 b 1. Alt. BRAO beginnt die Verjährung des Sekundäranspruchs mit der Vollendung der Primärverjährung, weil diese den den Sekundäranspruch auslösenden Eintritt des Schadens darstellt (Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 1111, 1064; BGH in NJW 1988, 2245 [2246 zu II.2.a. m.w.N.]). Wie bereits dargelegt, war die Primärverjährung mit Ablauf des 03. Juli 2001 vollendet und damit der den Lauf der Verjährung des Sekundäranspruchs auslösende Schaden eingetreten. Dessen nunmehr dreijährige Verjährung wäre regulär mit Ende des 03. Juli 2004 abgelaufen gewesen und hat sich durch die eingetretene Hemmung allenfalls bis auf den 12. April 2005 verschoben. Die auf das Mandatsende abstellende Hilfsregelung des § 51 b 2. Alt. BRAO greift vorliegend nicht ein. Sie gilt nur dann, wenn der die Verjährung gemäß § 51 b 1. Alt. BRAO auslösende Schaden - hier die Primärverjährung nach dem Mandatsende eingetreten ist und dann die Verjährung "spätestens" mit dem Mandatsende beginnt (vgl. BGH in NJW 1988, 2245 [2246 zu II.2.a. m.w.N.]). Diese Alternative greift nur dann ein, wenn sie zu einer kürzeren Verjährung als die 1. Alternative führt. Eine Verlängerung der Verjährung - wie vom Kläger angenommen bewirkt sie nicht.

2. Von dieser Verjährung ist allerdings der vom Kläger geltend gemachte, durch die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerden verursachte Kostenschaden in Höhe von 1.689,10 € nicht betroffen. Insoweit liegt eine selbständige Pflichtverletzung des Beklagten vor, die einen eigenständigen und gesondert verjährenden Schaden verursacht hat.

a. Die durch die eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden verursachte Kostenbelastung des Klägers beruht nicht (nur) darauf, dass es der Beklagte pflichtwidrig unterlassen hätte, in der Sache begründete Beschwerden ausreichend und rechtzeitig zu begründen, sondern insbesondere auch darauf, dass er es pflichtwidrig unterlassen hat, von der Einlegung der von vornherein unbegründeten Beschwerden abzuraten. Zu Recht rügt der Kläger, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vorlagen. Weder hat das Finanzgericht E verfahrensfehlerhaft gehandelt noch war über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu befinden oder eine Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Dies behauptet der Beklagte selbst nicht, sondern er beruft sich lediglich auf eine Weisung des Klägers, die Angelegenheit durch Einlegung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen "offen zu halten." Eine solche - bestrittene Weisung des Klägers wäre unerheblich gewesen. Ein Rechtsanwalt darf Weisungen seines Mandaten nicht einfach blindlings befolgen, sondern er ist verpflichtet, seinen Mandanten über die mit einer solchen Weisung verbundenen Risiken und Gefahren so ausreichend zu belehren und zu beraten, dass dieser in Kenntnis der zu beachtenden Sach und Rechtslage eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann (vgl. Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 571; BGH in NJW 1997, 2168 [2169 zu II.1.]; BeckRS 1984 30374450 [zu II.2.a. m.w.N.]). Da die Nichtzulassungsbeschwerden von vornherein unbegründet und nicht geeignet waren, die Steuerfestsetzung für den Kläger "offen zu halten" und es ihm zu ermöglichen, durch beachtlichen Sachvortrag eine Änderung der Bescheide herbeizuführen, hatte der Beklagte von der keinen sachlichen Erfolg versprechenden und ausschließlich weitere Kosten verursachenden Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerden abzuraten. Dass dies geschehen wäre, behauptet der Beklagte selbst nicht. Dass der Kläger diesem allein vernünftigen Rat auch befolgt hätte, ergibt sich aus der für ihn sprechenden Vermutung des beratungsgemäßen Verhaltens (vgl. dazu BGH in BeckRS 2007 02730 [Rdn. 21]; NJW-RR 2005, 784 [785 sub II.1.]; NJW 2005, 3275 [3276 sub 3.a.]; NJW 2002, 593 [594 sub II.2.]; NJW 2000, 2814 [2815]; NJW-RR 1999, 641 [642]; NJW 1998, 749 [750]; NJW 1994, 3295 [3298]; NJW 1993, 3259; NJW 1992, 1159 [1160, 1161]; siehe auch Fischer in "Handbuch der Anwaltshaftung", 2. Aufl., Rdn. 1004 ff.; Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 720 ff.). Damit wären dem Kläger dann aber nicht die für die Nichtzulassungsbeschwerden angefallenen Gerichtskosten in Höhe von 1.689,10 € entstanden.

b. Dieser auf der Pflichtverletzung des Beklagten beruhende Schaden ist nicht gemäß § 51 b 1. Alt. BRAO verjährt.

aa. Die Verjährungsfrist begann am 12. August 2002, da mit der Einreichung der Beschwerden der die Gerichtskosten auslösende Gebührentatbestand verwirklicht war. Damit war - regulär mit Ablauf des 12. August 2005 die Verjährung vollendet. Ein Sekundäranspruch bestand insoweit nicht, da der Kläger bereits lange vor Ablauf der Primärverjährung in der Regressfrage anderweitig anwaltlich vertreten war (vgl. BGH in NJW-RR 2004, 1358 [1361 zu 2.c.]; NJW 2003, 822 [823 zu II.2.c.]; NJW 2000, 2678 [2679 zu II.3.]).

bb. Dennoch ist der am 23. Dezember 2005 eingereichte Prozesskostenhilfeantrag noch vor Ablauf der Primärverjährung eingegangen und hat diese gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB gehemmt, weil die Verjährung zuvor gemäß § 203 S. 1 BGB durch Verhandlungen über den Regressanspruch mindestens in der Zeit zwischen dem 07. Oktober und 04. November 2003 für 28 Tage, sowie zwischen dem 13. November 2003 und 28. April 2004 für 167 Tage gehemmt war und daher erst am 23. Februar 2006 vollendet gewesen wäre.

Allerdings kann ein verjährungshemmender Beginn der Verhandlungen erst in dem unstreitig am 07. Oktober 2003 zwischen Rechtsanwalt T2 und dem Beklagten in der Regressfrage geführten Telefonat gesehen werden. Da sich der Beklagte auf das Schreiben des Rechtsanwaltes T2 vom 17. September 2003 schlicht nicht gemeldet hatte, hat dieses noch nicht zur Aufnahme von Verhandlungen geführt. Solche beginnen erst aufgrund einer Reaktion des Gegners, die nicht sofort ablehnend ist und zu einem Meinungsaustausch führt. Daher kann lediglich an das Telefonat vom 07. Oktober 2003 angeknüpft werden, in dem Rechtsanwalt T2 erneut die Regressproblematik angesprochen hat. Zum Inhalt dieses Telefonates hat der Beklagte selbst einräumt, die Regressforderung nicht von vornherein zurückgewiesen, sondern versprochen zu haben, eine entsprechende konkrete Regressanmeldung an seine Berufshaftpflichtversicherung weiterzuleiten. Dies reicht entgegen der Ansicht des Beklagten grundsätzlich zur Aufnahme von Verhandlungen aus (vgl. Fahrendorf, a.a.O., Rdn. 1153; BGH in NJW-RR 2007, 1358 [1360 Tz. 32]; Senatsurteil vom 14. Oktober 2003 [28 U 82/03] in BeckRS 2007 02811 [zu I.5.a.bb.]). Diese wären frühestens nach 28 Tagen aufgrund des Schreibens der Z1-Aktiengesellschaft vom 04. November 2003 beendet gewesen.

Danach hat Rechtsanwalt T2 aber unstreitig am 13. November 2003 unmittelbaren telefonischen Kontakt mit der Allianz aufgenommen, die sich nach der Behauptung des Klägers trotz ihres Schreibens vom 04. November 2003 bereit erklärt hat, erneut in die Prüfung des Regressanspruchs einzutreten und dazu eine Stellungnahme des Beklagten einzuholen. Soweit der Beklagte einen solchen Inhalt des Telefonates bestreitet, hat der Senat keine Bedenken, aufgrund der erstinstanzlichen Aussage des Rechtsanwalt T2 die Behauptung des Klägers als bewiesen anzusehen. Rechtsanwalt T2 hat die Behauptung des Klägers in vollem Umfang bestätigt. Es ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese Aussage nicht der Wahrheit entspricht. Sie deckt sich in vollem Umfang mit dem Schreiben des Zeugen vom 13. November 2003 an den Kläger, in dem er von dem Inhalt des mit dem Sachbearbeiter Spieß geführten Gesprächs berichtet. Zum damaligen Zeitpunkt stand aber die Verjährung der Regressansprüche noch in weiter Ferne, so dass keine Veranlassung bestand, einen Hemmungstatbestand zu dokumentieren. Dass die Z1 angesichts der unterbleibenden Reaktionen des Beklagten auf ihre Bitten um Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen grundsätzlich bereit war, nach anwaltlicher Aufforderung in eine Prüfung des Regressanspruchs einzutreten, zeigt auch ihre Reaktion auf die erneute Regressanmeldung durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers Anfang April 2004. Sie hat mit Schreiben vom 20. April 2004 die Regressforderung nicht etwa sofort unter Hinweis auf bereits am 04. und 13. November 2003 erfolgte Ablehnungen zurückgewiesen, sondern die Einholung einer Stellungnahme des Beklagten angekündigt. Erst als diese ausblieb, erfolgte die erneute Ablehnung von Ansprüchen im Schreiben vom 28. April 2004. Da der Beklagte zudem für seine Darstellung des Gesprächs vom 13. November 2003 nicht einmal einen grundsätzlich durch den Gesprächsteilnehmer des Rechtsanwaltes T2 leicht zu ermöglichenden - Gegenbeweis angetreten hat, steht zur Überzeugung des Senates aufgrund der erstinstanzlichen Aussage des Rechtsanwaltes T2 fest, dass sich der Sachbearbeiter Spieß in dem Telefonat vom 13. November 2003 bereit erklärt hat, erneut die vom Kläger geltend gemachten Regressansprüche zu prüfen. Dass die damit begonnenen Verhandlungen früher als durch das Schreiben der Z1 vom 28. April 2004 beendet waren, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insoweit liegt eine weitere Hemmung von 167 Tagen vor. Infolge der insgesamt 195 Tage währenden Hemmung wäre daher die Verjährung des Kostenschadens durch die pflichtwidrige Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerden erst mit Ablauf des 23. Februar 2006 eingetreten, so dass der im Dezember 2005 eingereichte Prozesskostenhilfeantrag rechtzeitig zu einer weiteren Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB geführt hat.

cc. Dem steht auch nicht entgegen, dass der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsantrag von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss seines Sohnes erfasst war. Zwar vermag nur die Klage/der Antrag des Berechtigten eine Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 14 BGB zu bewirken, weshalb es zweifelhaft sein könnte, ob die vom Kläger zunächst gemäß Ziff. 1 seines Klageantrages an sich begehrte und erst mit Schriftsatz vom 18.06.2007 auf den Sohn als Pfändungsgläubiger umgestellte Zahlung bereits im Dezember 2005 eine Hemmung bewirkt hat. Durch die Pfändung und Überweisung verliert jedoch der Pfändungsschuldner nicht die grundsätzliche Inhaberschaft der gepfändeten Forderung, sondern er ist nur in seiner Verfügung über die Forderung zu Lasten des pfändenden Gläubigers beschränkt. Die verjährungshemmende gerichtliche Geltendmachung der Forderung schadet aber dem Pfändungsgläubiger nicht, sondern sie ist im Gegenteil für ihn sogar nützlich. Aus diesem Grunde hat schon der im Dezember 2005 eingereichte Prozesskostenhilfeantrag zur Hemmung der laufenden Verjährung des gesamten Anspruchs geführt, obwohl der Kläger zunächst nur Zahlung an sich begehrt hat (vgl. Staudinger-Peters (2004) BGB § 204 Rdn. 8; Palandt-Heinrichs, 67. Aufl., BGB § 204 Rdn. 9; BGH in NJW 1986, 423 [zu II.2.]).

III. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 291, 288 BGB.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

V. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

VI. Die Voraussetzungen der Zulassung einer Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage weitgehend vertretener und anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt so weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.






OLG Hamm:
Urteil v. 04.12.2008
Az: 28 U 25/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/545cf71effea/OLG-Hamm_Urteil_vom_4-Dezember-2008_Az_28-U-25-08




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