Bundespatentgericht:
Urteil vom 4. Januar 2005
Aktenzeichen: 4 Ni 30/03
(BPatG: Urteil v. 04.01.2005, Az.: 4 Ni 30/03)
Tenor
I. Das europäische Patent 0 346 613 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte ist Inhaber des europäischen Patents 0 346 613 (Streitpatent) mit der Bezeichnung "Anschlusssystem für einen doppellumigen Katheter".
Die Klägerin trägt vor, der Gegenstand der ursprünglichen und der hilfsweise geltend gemachten Ansprüche des Streitpatents sei nicht neu; außerdem beruhe er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Sie verweist dazu auf eine offenkundige Vorbenutzung durch Dr. B..., der seit 1979 U-förmig gebogene Katheter, wie in NK7 dargestellt, verwende.
Als neuheitsschädlich bzw. die Erfindung nahelegend nennt die Klägerin zudem folgende Druckschriften:
US 4 643 711 (NK 4)
US 4 682 978 (NK 5)
EP 0 076 896 B1 (NK 8)
US 3 870 043 (NK 9)
US 4 029 103 (NK 10)
US 4 027 668 (NK 11)
US 3 942 528 (NK 12)
Insbesondere die NK 9 zeige eine U-förmig gekrümmte Katheterform aus einem elastischen, flexiblen Material.
Die Klägerin macht ferner geltend, die Hilfsansprüche enthielten gegenüber dem ursprünglich offenbarten Gegenstand unzulässige Erweiterungen. Die Formulierung "aufzubiegen" (straighten out) im Anspruch 1 gehe viel weiter als das ursprüngliche "verbiegen und deformieren" (flex and deform). Die Verbindung der ursprünglichen Ansprüche 10 und 11 zu einem Anspruch führe zu einer zweifachen Krümmung, die weder offenbart noch sinnvoll sei.
Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 346 613 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Der Beklagte, der der Nichtigkeitsklage vom 13. August 2003 am 1. Oktober 2003 widersprochen hat, beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweisedas Patent auf die Fassung eines der 3 Hilfsanträge zu beschränken und die Nichtigkeitsklage im Übrigen abzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und trägt vor, Patentfähigkeit sei gegeben. Keine der zum Stand der Technik genannten Druckschriften weise sämtliche Merkmale der Erfindung auf. Die Krümmung werde dort in der Regel durch Hilfsmittel, wie Verbände, hergestellt und - fest mit dem Patienten verbunden - gehalten. Dies gelte auch für die angebliche Vorbenutzung.
Dem Fachmann habe es nach dem Stand der Technik nicht nahegelegen, eine gekrümmte Form aus flexiblem Material so herzustellen, dass die U-förmige Krümmung nach Außen aufgebogen werden könne und ohne fortdauernde Krafteinwirkung wieder in die ursprüngliche Form zurückgehe, so dass eine gegenüber dem Patienten freie Beweglichkeit gewährleistet bleibe.
Eine unzulässige Erweiterung gegenüber der Ursprungsoffenbarung enthielten die Hilfsanträge nicht. Ein Beschränkung hinsichtlich des Grades einer möglichen Verbiegung habe die ursprüngliche Offenbarung nicht enthalten.
Die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche 10 (unter Verbindung der ursprünglichen Ansprüche 10 und 11) könne und müsse im Kontext mit Sinn und Zweck der Erfindung so ausgelegt werden, dass nur die eine erfindungsgemäße Krümmung gemeint sein könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und die Hilfsanträge wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg, da der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung und nach den Hilfsanträgen nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
1. Das Streitpatent betrifft einen doppellumigen Katheteraufbau, umfassend einen doppellumigen Katheter (10) mit einem distalen Ende und einem proximalen Ende, eine mit einem Ende an dem proximalen Ende dieses Katheters (10) befestigte Durchflussablenkungseinrichtung und ein Paar flexibler Verlängerungsrohre (40, 41), von denen jeweils ein Ende an dem diesem Katheter gegenüberliegenden Ende dieser Durchflussablenkungseinrichtung befestigt ist.
Nach der Patentbeschreibung weist dieser Katheteraufbau verschiedene Nachteile auf. Da die genannten Katheter häufig für einige Wochen oder auch Monate im Körper des Patienten verbleiben, kann es auf Grund der aus dem Körper des Patienten herausragenden Verlängerungsrohre dazu kommen, dass die Katheternadel sich infolge der Bewegungen des Patienten vollständig aus dem Körper entfernt oder tiefer in die entsprechende Vene eindringt und diese dabei durchsticht, weil auf die Verlängerungsrohre ausgeübte Zug- und Druckkräfte ungehindert auf die Nadel einwirken. Die bekannte Maßnahme, die Verlängerungsrohre am Körper festzukleben oder festzunähen, schafft nur unbefriedigende Ergebnisse.
2. Vor diesem Hintergrund formuliert die Streitpatentschrift die Aufgabe, ein verbessertes Verbindungssystem für doppellumige Katheter zu schaffen, welches erlaubt, dass der Katheter relativ stabil während der gesamten Zeit, in der der Katheter in den Patienten eingeführt ist, verbleibt, auch während langandauernder Verwendung des Katheters während einer Vielzahl von extrakorporalen Blutbehandlungen. Außerdem soll das Risiko von Venenschäden stark reduziert werden (Übersetzung Seite 4, zweiter Absatz).
3. In einer ersten Ausgestaltungsform beschreibt der Patentanspruch 1 demgemäss in der erteilten Fassung (die mit Gliederungspunkten versehen worden ist) folgenden Gegenstand:
Doppellumiger Katheteraufbau, umfassend 1. einen doppellumigen Katheter (10) mit einem distalen Ende und einem proximalen Ende, 2. eine mit einem Ende an dem proximalen Ende dieses Katheters (10) befestigte Durchflussablenkungseinrichtung, und 3. ein Paar flexibler Verlängerungsrohre (40, 41), 3.1 von denen jeweils ein Ende an dem diesem Katheter gegenüberliegenden Ende dieser Durchflussablenkungseinrichtung befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, dass 3.2 diese Verlängerungsrohre (40, 41) nach hinten zu dem distalen Ende dieses Katheters gebogen sind, um eine Krümmung mit einer vorherbestimmten Form zu bilden, 3.2.1 wobei jede Krümmung angepasst ist, sich von dieser vorherbestimmten Form auf eine äußere Kraft zu verbiegen und deformieren und 3.2.2 zu dieser vorherbestimmten Form nach Entfernung dieser äußeren Kraft zurückzukehren.
In einer zweiten Ausgestaltungsform beschreibt der nebengeordnete Patentanspruch 10 demgemäss in der erteilten Fassung (die mit Gliederungspunkten versehen worden ist) folgenden Gegenstand:
Doppellumiger Katheteraufbau, umfassend 1. einen doppellumigen Katheter (10), und 2. Verbindungseinrichtungen, 2.1 welche an dem proximalen Ende dieses Katheters befestigt sind, und 2.2 ein Paar von inneren Durchflüssen (40, 41) bilden, 2.2.1 die an einem ihrer Enden mit den zwei Lumen dieses Katheters in Verbindung stehen, dadurch gekennzeichnet, dass 2.2.2 diese Durchflüsse nach hinten zu dem distalen Ende des Katheters gekrümmt sind, so dass auf die anderen Enden (44, 45) dieser Durchflüsse dieser Verbindungseinrichtung ausgeübte Kräfte dazu führen, dass sich dieser Katheter in der gleichen Richtung wie der dieser ausgeübten Kraft bewegt.
4. a) Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents ist neu, denn keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften weist einen doppellumigen Katheteraufbau auf, bei dem die Verlängerungsrohre nach hinten zu dem distalen Ende dieses Katheters gebogen sind, um eine Krümmung mit einer vorher bestimmten Form zu bilden, wobei jede Krümmung angepasst ist, sich von dieser vorherbestimmten Form auf eine äußere Kraft zu verbiegen und zu deformieren und zu dieser vorbestimmten Form nach Entfernung dieser äußeren Kraft zurückzukehren. Es erübrigt sich jedoch, auf die Frage der Neuheit näher einzugehen, dennb) dieser Katheteraufbau beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus NK4 ist ein doppellumiger Katheteraufbau bekannt (vergl. Bezeichnung), der einen doppellumigen Katheter umfasst mit einem distalen Ende und einem proximalen Ende (was auf jeden beliebigen Katheter zutrifft; Merkmal 1.), eine mit einem Ende an dem proximalen Ende (bei Pos 36 in Fig.1) dieses Katheters (10 in Fig. 1) befestigte Durchflussablenkungseinrichtung (Y-Teil 3 in Fig. 1, welches vergrößert dargestellt ist in Fig. 3; Merkmal 2.) und ein Paar flexibler Verlängerungsrohre (45, 46 in Fig. 1 und 3; Merkmal 3.), von denen jeweils ein Ende an dem diesem Katheter gegenüberliegenden Ende dieser Durchflussablenkungseinrichtung befestigt ist (vergl. Fig. 3, Sp. 3, Zeilen 19 bis 23; Merkmal 3.1).
Dieser Katheteraufbau weist die eingangs genannten Nachteile auf. Wenn nun an den Fachmann, das ist hier ein Dipl.-Ing. der Feinwerktechnik, der sich mit medizinischen Geräten, wie Katheter für verschiedenste Einsätze am lebenden Körper befasst und der mit Fachärzten der inneren Medizin zusammenarbeitet, das eingangs genannte Problem herangetragen wird, wird er sich zur Lösung des Problems auf dem Gebiet der Katheter umsehen und dabei zum Beispiel auf die Druckschrift NK9 stoßen.
Aus der Druckschrift NK9 ist eine intravenöse Nadelkonstruktion (vgl. Titel von NK9) bekannt, mit der, wie beim Gegenstand des Streitpatents, versehentliche Bewegungen der Nadel relativ zum Körper des Patienten verhindert werden sollen (Spalte 1, Zeilen 17 bis 22), um so Irritationen des Punktationsortes zu vermeiden. Der Gegenstand von NK9 ist deshalb zur Erreichung des genannten Zieles so ausgebildet, dass die Nadel (22 in Figur 3) über ein (U-förmig) gekrümmtes Röhrenelement (26 in Figur 3) an den Infusionsschlauch (12 in Figur 1) über ein Verbindungsmittel (28 in Figur 3) angeschlossen ist. Damit ist es dem Fachmann grundsätzlich bekannt, dass es günstig ist, Katheterableitungen an der Applikationsstelle in U-Form zu biegen, da sich hierdurch eine besonders sichere Befestigung am Körper des Patienten ergibt. Also wird er diese Maßnahme auf den Gegenstand von NK4 übertragen und die dortigen Verlängerungsrohre 45, 46 in diese bekannte U-Form biegen. Dass in Figur 3 von NK9 nur ein einlumiger Katheter dargestellt ist, hindert den Fachmann nicht daran, diese Maßnahme auf einen zweilumigen Katheter zu übernehmen, denn hierbei handelt es sich um eine reine Selbstverständlichkeit, die in nicht erfinderischer Weise zum Merkmal 3.2 des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 führt. Wenn nun der Fachmann diese bekannte Maßnahme auf den Katheter von NK4 überträgt, so stellt sich für ihn zwangsweise die Frage, aus welchem Material er die flexiblen Verlängerungsrohre ausgestalten soll. In NK9 ist dazu an mehreren Stellen (z.B. Spalte 3, Zeilen 33, 37) angegeben, dass das Material "rigid", also fest, steif, stabil, sein soll und dabei unter anderem auch aus Hartgummi (hard rubber) bestehen kann (Spalte 3, Zeilen 37 bis 39). In Spalte 4, Zeile 44 bis 48 ist zudem ausgeführt, dass in allen vorstehend genannten Ausführungsformen die Rohre und das Plastikgehäuse aus herkömmlichen steifen und flexiblen Plastikmaterialien geformt werden können, wobei Polyäthylen, Polypropylen und Polyvinylchlorid eingeschlossen sind, genauso wie Acryl-Materialien, wenn eine steife Form gefordert wird. Dem Fachmann ist auf Grund seiner Fachkenntnisse klar, dass eine vollkommen steife Ausbildung - wie zum Beispiel durch Acrylmaterialien - des U-förmigen Verlängerungsrohrs unvorteilhaft ist, weil in diesem Fall die auf den Anschluss 28 des Elements 26 aufgebrachten Zug- und Schubkräfte praktisch ungehindert auf die Nadel 22 übertragen werden. Also wird er dieses Material nicht bevorzugt verwenden, weil er gerade dieses Verhalten vermeiden will. Er wird sich vielmehr den flexibleren oder elastischeren in NK9 genannten polymeren Materialien oder dem Hartgummi zuwenden, da diese in NK9 genannten Materialien bekanntermaßen eine gewisse Flexibilität und Elastizität aufweisen. Im Übrigen ist ihm der Einsatz solcher Materialien in Verbindung mit Kathetern, deren Anschlüsse in eine U-förmige Gestalt gebracht werden, auch aus NK8, z.B. Anspruch 9, bekannt. Beim Einsatz dieser Materialien in Verbindung mit dem gekrümmten Röhrenelement nach Figur 3 von NK9 und die Anwendung auf die Verlängerungsrohre 45, 46 nach NK4 ergibt sich aufgrund der Elastizität dieser Materialien zwangsweise, dass die Krümmung derart angepasst ist, sich von seiner vorherbestimmten Form (z.B. der U-Form) auf eine äußere Kraft hin zu verbiegen und deformieren (Merkmal 3.2.1) und zu dieser vorherbestimmten Form nach Entfernung dieser äußeren Kraft zurückzukehren (Merkmal 3.2.2). Der Fachmann ist auch ohne weiteres in der Lage, die dabei erforderlichen exakten Dimensionierungen der gewählten Materialien vorzunehmen, z.B. durch Zusammenarbeit mit einem Arzt, der vorgibt, wie weit das Verbiegen und Deformieren reichen soll. Dass er dazu in der Lage ist, zeigt auch der Gegenstand des Anspruchs 1, da auch hier keine speziellen Vorgaben genannt sind und zudem die Beschreibung (Sp. 7, Zeilen 52 bis 55) über den Hinweis, "Silikone und polymere Materialien" zu verwenden, nicht hinausgeht.
5. Die ebenfalls angegriffenen nachgeordneten Ansprüche 2 bis 9 teilen das Schicksal des Hauptanspruchs.
Ihre Gegenstände beruhen ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Gegenstand des Anspruchs 2, der die Flexibilität der Rohre und Krümmungen betrifft, ergibt sich, wie zum Anspruch 1 bereits ausgeführt, in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik nach NK9.
Der Gegenstand des Anspruchs 3 stellt eine naheliegende Ausgestaltungsform dar. Durch die Anordnung der Rohre und der Durchflussablenkungseinrichtung in einer Ebene wird die bestmögliche Platzierung der Katheteranordnung am menschlichen Körper realisiert; zu einem solchen Vorgehen bedarf es keines erfinderischen Zutuns.
Auch der Gegenstand des Anspruchs 4 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da Luer-Rohrverbindungsstücke in der Kathetertechnik Gang und Gäbe sind, vgl. z.B. NK4, Spalte 3, Zeilen 38 bis 46, Figur 1, Position 60, 61 und NK5, Spalte 2, Zeilen 48 bis 51. Verschlussdeckel gehören dabei dazu. In NK9 ist in Figur 5 mit dem Stöpsel 40 zudem ein geeignetes Verschlusselement angegeben.
Der Gegenstand des Anspruchs 5 ist nicht ganz klar, da ein Anschlussteil (connector) im Anspruch 1 nicht genannt ist, auch in der englischen Fassung nicht und "Zwingen" (ferrules) ebenfalls nicht. Es sind hier offenbar die Endringe 34, 35 (Figur 7 und 11, Übersetzung der Streitpatentschrift, Seite 10, 1. Abs. le. Satz) gemeint. Derartige Ringe an Anschlussstücken sind dem Fachmann schon auf Grund seines Fachwissens bekannt.
Die im Stand der Technik nach NK4 genannten Klemmen 52, 55 sind auch als Durchflussregelungseinrichtungen einsetzbar. Damit beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Ausgestaltung nach dem Gegenstand des Anspruchs 7 ist auch beim Stand der Technik nach NK4, Figur 3 vorgesehen, so dass auch dieser Anspruch keinen patentfähigen Beitrag zu liefern vermag.
Der Gegenstand des Anspruchs 8 ergibt sich aus der naheliegenden Zusammenfassung der Lehren von NK4 mit NK9, wie zum Anspruch 1 ausgeführt ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 9 ist aus NK5, Figuren 3 bis 7 bekannt.
Der doppellumige Katheter von NK9 (vgl. Bezeichnung) umfasst einen zylindrischen Körperbereich (24 in den Figuren 3, 4 und 7) mit einer inneren länglichen Scheidewand (48 in Figur 3, 4, 7), welche ein Paar längliche Lumen mit D-förmigen Querschnitten ausbildet (Figur 8a mit den Lumen 42, 44), wobei das distale Ende dieses Körperbereichs in einer sich langsam konischen (richtig: konisch) verjüngenden Spitze endet (Ende 26 in Figur 3), einer dieser Lumen sich längs durch diese Spitze erstreckt (Lumen 42 in Figur 3) und der andere Lumen in einer in der Seitenwand dieses Katheters in der Nähe des distalen Endes dieser Spitze ausgebildeten Öffnung endet (bei Position 60 in Figur 3).
6. Die Streitpunkte der unzulässigen Erweiterung und Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 10 können unerörtert bleiben, denn der Gegenstand dieses Anspruchs 10 beruht gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus der Druckschrift NK4 ist ein doppellumiger Katheter bekannt (Bezeichnung; Merkmal 1.), der Verbindungseinrichtungen aufweist, welche an dem proximalen Ende dieses Katheters befestigt sind (NK4, Figur 1 bei Pos. 3, Figur 3; Merkmale 2. und 2.1) und ein Paar von inneren Durchflüssen (NK4, Metallröhren 50, 51 in Figur 3; Merkmal 2.2) bilden, die an einem ihrer Enden mit den zwei Lumen dieses Katheters in Verbindung stehen (NK4, Figur 3, die zwei linken nicht mit einem Bezugszeichen versehenen Röhren; Merkmal 2.2.1).
Bezüglich der Problematik dieser bekannten Katheteranordnung bei seiner Anwendung am menschlichen Körper, der daraus folgenden Problemstellung sowie des hier heranzuziehenden Fachmanns wird auf die diesbezüglichen Ausführungen zum erteilten Anspruch 1 verwiesen, die sinngemäß auch hier gelten. Ebenso wird bezüglich des Merkmals 2.2.2 dieses Anspruchs 10 hinsichtlich der Krümmung der Durchflüsse nach hinten zu dem distalen Ende des Katheters auf die diesbezüglichen Ausführungen zu dem Merkmal 3.2 des Anspruchs 1 verwiesen, die sinngemäß hier ebenfalls gelten. Damit kann insoweit auch in diesem Teil des Merkmals 2.2.2 keine erfinderische Tätigkeit gesehen werden. Was den weiteren Teil des Merkmals 2.2.2 betrifft, wonach die auf die anderen Enden dieser Durchflüsse dieser Verbindungseinrichtung ausgeübten Kräfte dazu führen, dass sich dieser Katheter in der gleichen Richtung wie der dieser ausgeübten Kraft bewegt, so ist hier festzuhalten, dass es sich hierbei um eine Wirkungsangabe handelt, die keine erfinderische Tätigkeit zu begründen vermag, weil sie sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Wie zum Anspruch 1 ausgeführt, ist der Fachmann durch den Stand der Technik nach NK9 angeregt, die Verlängerungsrohre als nach hinten zum distalen Ende des Katheters gekrümmte Elemente auszubilden. Allein schon auf Grund dieser Ausbildung ergibt sich bei entsprechender Materialauswahl die genannte Bewegungsrichtung, weil beispielsweise infolge der gewählten U-Form die auf den einen Schenkel ausgeübte Zug- oder Druckkraft sich nach entsprechender Umlenkung mehr oder weniger auf den anderen Schenkel in der gleichen Wirkrichtung auswirkt. Es wird bei der Bewertung des genannten Merkmals seitens des Senats dahingestellt gelassen, dass bezüglich der zitierten Wirkungsangabe ein gewisser Widerspruch zur Problemstellung des Streitpatents besteht, denn danach sollen Bewegungen an den Anschlüssen sich möglichst nicht auf die Nadel auswirken.
7. Die ebenfalls angegriffenen, auf den Anspruch 10 rückbezogenen Ansprüche 11 bis 13, teilen das Schicksal des Anspruchs 10.
Der Gegenstand des Anspruchs 11 ergibt sich in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Druckschriften NK4 und NK9. Aus NK4 Figur 1 ist eine Verbindungseinrichtung bekannt, die ein Verbindungsstück umfasst, das am proximalen Ende des Katheters 10 befestigt ist, vgl. in Figur 1 die Position 3, die in Figur 3 näher dargestellt ist. An diesem Verbindungsstück sind ein Paar Verlängerungsrohre 45, 46 befestigt. Das Verbindungsstück (im Anspruch 11 in der letzten Zeile von Spalte 12 und der ersten Zeile von Spalte 13 fälschlicherweise Verlängerungsstück genannt) bildet ein Paar von internen Durchflüssen (50, 51 in Figur 3), welche jedes der Katheterlumen mit einem dieser Verlängerungsrohre verbinden (vergl. die aus Figur 3 ersichtliche Verbindung der Rohre 50, 51 mit den Lumen 15, 16 - vergl. Figur 2 - die auch in Figur 3 dargestellt aber nicht mit einem Bezugszeichen versehen sind). Die Verlängerungsrohre 45, 46 hier als gekrümmte Durchflüsse auszubilden, ergibt sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik nach NK9, wie zum Anspruch 1 ausführlich dargelegt worden ist.
Die im Anspruch 12 genannte U-förmige Krümmung folgt aus Figur 3 von NK9.
Zum Anspruch 13 wird auf die Ausführungen zu dem gleichlautenden Anspruch 9 verwiesen, die sinngemäß auch hier gelten.
8.a) Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach diesem Hilfsantrag unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag dadurch, dass im Merkmal 3.2.1 der Ausdruck "verbiegen und deformieren" ersetzt ist durch "aufzubiegen".
Die Zulässigkeit dieses Anspruchs kann ebenso unerörtert bleiben wie die Frage der Neuheit, denn das geänderte Merkmal vermag nicht die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands dieses Anspruchs zu begründen.
Wie zum Anspruch 1 nach Hauptantrag ausgeführt, ist der Fachmann in der Lage, das dort genannte Verbiegen und Deformieren durch Zusammenarbeit mit zum Beispiel einem Arzt, der vorgibt, wie weit das Verbiegen und Deformieren möglich sein soll, auf Grund seines fachmännischen Könnens und durch die Materialvorgabe in NK9 zu bewerkstelligen. In gleicher Weise kann er deshalb auch die Materialauswahl so treffen, dass ein "Aufbiegen", wie im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 vorgegeben ist, ermöglicht wird, wenn eine entsprechende Forderung gestellt wird. Ein geeignetes Material muss er auch beim Gegenstand des Anspruchs 1 nach diesem Hilfsantrag mangels spezieller Angaben auf Grund seiner technischen Kenntnisse auswählen.
b) Bezüglich der Unteransprüche 2 bis 9, die mit den Ansprüchen 2 bis 9 nach Hauptantrag identisch sind, wird auf die Ausführungen hierzu unter 5. verwiesen.
c) Da der Gegenstand des Anspruchs 10 nach diesem Hilfsantrag 1 gegenüber dem Stand der Technik ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, können die Streitpunkte der unzulässigen Erweiterung und Neuheit des Gegenstands dieses Anspruchs unerörtert bleiben.
Der Gegenstand des Anspruchs 10 nach diesem Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 10 nach Hauptantrag in sachlicher Hinsicht dadurch, dass er mit dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 11 zusammengefasst worden ist.
Bezüglich der Begründung der mangelnden erfinderischen Tätigkeit wird auf die Ausführungen zu Anspruch 10 und Anspruch 11 nach Hauptantrag verwiesen, die sinngemäß auch für diesen Anspruch gelten. Der Gegenstand dieses Anspruchs ist damit dem Fachmann durch die Gegenstände der Druckschriften NK4 und NK9 nahegelegt, wie im Einzelnen unter 6. dargelegt ist.
d) Die Ansprüche 11 und 12 entsprechen den Ansprüchen 12 und 13 nach dem Hauptantrag, so dass auf die Ausführungen dazu verwiesen wird.
9. Die Patentansprüche nach dem Hilfsantrag 2 umfassen lediglich die Ansprüche 1 bis 9 nach Hilfsantrag 1, so dass auf die Ausführungen unter 8. verwiesen wird, wo im Einzelnen dargelegt worden ist, weshalb deren Gegenständen keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt.
10. Die Patentansprüche nach dem Hilfsantrag 3 umfassen lediglich die Ansprüche 1 bis 9 nach Hauptantrag, so dass auf die diesbezüglichen Ausführungen unter 4. und 5. verwiesen wird, wo im Einzelnen dargelegt worden ist, weshalb deren Gegenständen keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt.
11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG iVm § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG iVm § 709 ZPO Sätze 1 und 2 ZPO.
Winkler Klosterhuber Dr. Albrecht Dr. Maksymiw Dr. Häußler Pr
BPatG:
Urteil v. 04.01.2005
Az: 4 Ni 30/03
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