Bundespatentgericht:
Urteil vom 10. November 2009
Aktenzeichen: 4 Ni 41/08
(BPatG: Urteil v. 10.11.2009, Az.: 4 Ni 41/08)
Tenor
1.
Das europäische Patent 1 395 389 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1, 5, 6, 8, 9 und 10 bis 13 für nichtig erklärt.
2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 395 389 (Streitpatent), das am 14. Juni 2002 unter Inanspruchnahme der Priorität der französischen Patentanmeldung FR 108067 vom 15. Juni 2001 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Französisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patentund Markenamt unter der Nr. 602 11 511 geführt. Es betrifft eine Rundtaktwerkzeugmaschine zur Bearbeitung von Werkstücken und umfasst 13 Ansprüche, von denen die Ansprüche 1, 5, 6, 8, 9 und 10 bis 13 angegriffen sind. Der Anspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Französisch wie folgt:
In der deutschen Übersetzung hat Anspruch 1 folgenden Wortlaut:
Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche wird auf die Streitpatentschrift EP 1 395 389 B1 Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei weder neu noch beruhe er auf erfinderischer Tätigkeit, zudem sei er nicht so offenbart, dass ein Fachmann ihn nacharbeiten könne. Hierzu beruft sie sich insbesondere auf folgende Druckschriften und Dokumente:
K3 DE 195 04 368 A1 K4 DE 8714508 U1 K5 Prospekt "Hydromat HB 45/12" der Klägerin mit Vermerk "2/89" K6 Auszüge aus: Koschnick, G.: "Konzepte und wirtschaftliche Nutzungnumerisch gesteuerter Mehrspindel-Drehmaschinen", München/Wien 1980, Diss.
Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 1 395 389 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der BRD im Umfang der Ansprüche 1, 5, 6, 8, 9 und 10 bis 13 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Gründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet. Unerheblich ist, dass die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war und auch niemand erschienen ist, denn mit der Ladung vom 4. Februar 2009 war die Beklagte auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung auch bei Ausbleiben eines Beteiligten hingewiesen worden, § 89 Abs. 2 PatG. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 56 EPÜ). Dies gilt in gleichem Maße auch für die angegriffenen und auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche.
II.
1.
Das Streitpatent betrifft eine Werkzeugmaschine, mit der eine Großserienbearbeitung von Werkstücken möglich ist [0001]. Bei der Drehbearbeitung von Werkstücken in Großserie werden im allgemeinen Mehrspindel-Drehmaschinen eingesetzt, wobei der Vorteil in einer sehr raschen Drehbearbeitung mit sehr guter Bearbeitungsgenauigkeit besteht. Nachteilig soll hierbei sein, dass eine solche Mehrspindel-Drehmaschine nur Drehbearbeitungen erlaubt [0002]. Bei Durchlaufen mehrerer, unterschiedlicher Arbeitsgänge könne zwar die Drehbearbeitung so stattfinden, weitere Bearbeitungsschritte erforderten allerdings ein erneutes Einspannen auf einer anderen Werkzeugmaschine, die für die weiteren Bearbeitungen ausgelegt ist. Nachteilig soll hierbei insbesondere der sich durch die komplizierte Manipulation ergebende Präzisionsverlust der Position zwischen den verschiedenen Oberflächen aufgrund der aufeinander folgenden Bearbeitungsschritte auswirken [0003]. Zwar sind im Stand der Technik Bearbeitungsmaschinen bekannt, bei denen ein Werkstück in derselben Station verbleibt und nacheinander einer Bearbeitung durch mehrere Werkzeuge ausgesetzt wird; nachteilig sei aber hier der wesentliche Geschwindigkeitsverlust [0004]. Als Standder Technik nennt die Streitpatentschrift auch Maschinen mit Drehweiterschaltung, wobei die Werkstücke auf einem drehbaren Rundschalttisch angeordnet sind, der sie nacheinander in verschiedene Bearbeitungsstationen überführt; diese seien aber bisher nur zur Nachbearbeitung nach einer Drehbearbeitung auf einer Mehrspindel-Drehmaschine eingesetzt worden [0005]. Aus der Gebrauchsmusterschrift DE8714508U1 (K4) sei eine Werkzeugmaschine mit mehreren Stationen bekannt, die aber weder den Beitrag noch die Mittel zur Maximierung der Zahl und der Leistung der Spannvorrichtungen für die Werkstücke auf dem Rundschalttisch beschreibe und bei der zudem alle Bearbeitungsstationen frontal angeordnete Werkzeugträger aufwiesen, was den radialen Zugang zur Bearbeitungszone verhindere und eine Beschickung mit Stangen vereitele [0007-0008].
2.
Vor diesem Hintergrund soll das Streitpatent eine neue Struktur für eine Werkzeugmaschine konzipieren, die die Nachteile der im Stand der Technik bekannten Maschinen vermeidet, gleichzeitig deren Vorteile verbindet und den für solche Maschinen kleinstmöglichen Raumbedarf aufweist [0009].
3.
Diese Aufgabe wird durch die im geltenden Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst, der in gegliederter Fassung lautet:
1.1. Werkzeugmaschine mit mehreren Stationen und Drehweiterschaltung zur Bearbeitung von Werkstücken mit:
1.2. einem indexierbaren, drehbaren Rundschalttisch;
1.3. der Rundschalttisch hat mehrere Werkstück-Spanneinheiten;
1.4. die Spanneinheiten sind am Umfang des Rundschalttischs verteilt;
1.5. die Werkzeugmaschine hat des weiteren mehrere Spannund Positioniervorrichtungen für Werkzeuge;
1.6. die Spannund Positioniervorrichtungen sind zur Bearbeitung der von den Spanneinheiten getragenen Werkstücke auf mehrere Bearbeitungsstationen am Umfang des Rundschalttischs verteilt;
1.7. die Werkstück-Spanneinheiten weisen Drehspindeln auf;
1.8. die Drehspindeln sind ortsfest auf dem Rundschalttischangeordnet;
1.9. die Achse der Drehspindeln ist zum Außenumfang des Rundschalttischs ausgerichtet;
1.10. die Drehspindeln sind so ausgebildet, dass sie das Werkstück für eine Drehbearbeitung durch die inwenigstens einer der Bearbeitungsstationen vorgesehenen Drehwerkzeuge in rasche Drehung versetzen;
1.11. die Drehspindeln sind ferner so ausgebildet, dass sie sichin allen Winkelstellungen verriegeln lassen, um andere Bearbeitungen des Werkstücks durch weitere geeignete Werkzeuge zu ermöglichen, die in wenigstens einer der Bearbeitungsstationen angeordnet sind.
-Oberbegriff 1.12. Die Werkstück-Spanneinheiten sind elektrischangetriebene Spindeln;
1.13. ein Abschnitt der Spindel ist durch zwei Wälzlager oder Gleitlager gelagert;
1.14. der Abschnitt trägt unmittelbar den Rotor des Spindel-
Antriebsmotors;
1.15. die elektrisch angetriebenen Spindeln sind auf dem Rundschalttisch Seite an Seite in Kontakt oder unmittelbarbenachbart zueinander angeordnet.
-Kennzeichen Aus dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 erschließt sich klar der Aufbau der streitpatentgemäßen Werkzeugmaschine. Zur möglichst umfassenden Bearbeitung von Werkstücken mit unterschiedlichen spanabhebenden Werkzeugen (Bohren, Fräsen aber auch Drehen) sind die Werkstücke in Spanneinheiten eingespannt, die als Drehspindeln ausgebildet sind (Merkmal 1.7). Mehrere dieser Drehspindeln sind horizontal liegend auf einem indexierbaren also feststellbaren Drehtisch angeordnet, den mehrere Arbeitsstationen mit den erforderlichen Werkzeugen umgeben (Merkmal 1.9). Zur Bearbeitung werden die in den Drehspindeln angeordneten Werkstücke taktweise von einer Station zur anderen transportiert und je nach Bearbeitungsart der jeweiligen Station entweder mit drehender Drehspindel (z. B. Drehbearbeitung) oder mit feststehender Drehspindel (z. B. Fräsen oder Bohren) bearbeitet. Gerade zur letztgenannten Bearbeitungsart ist es erforderlich, dass die Drehspindeln sich in allen Winkelstellungen positionieren und auch verriegeln bzw. feststellen lassen (Merkmal 1.11). Hierzu sind die Werkstück-Spanneinheiten als elektrisch angetriebene Spindeln ausgebildet, wobei ein Abschnitt der Spindel durch zwei Wälzlager oder Gleitlager gelagert ist und unmittelbar den Rotor des Spindel-Antriebsmotors trägt, woraus sich dem Fachmann ein Direktantrieb erschließt (Merkmale 1.12 -1.14). Gemäß dem Merkmal 1.15 sind die elektrisch angetriebenen Spindeln auf dem Rundschalttisch Seite an Seite in Kontakt oder unmittelbar benachbart zueinander angeordnet. Insbesondere das letzte Merkmal wonach die Spindeln unmittelbar benachbart zueinander angeordnet sein sollen, legt den Streitpatentgegenstand dahingehend fest, dass die Spindeln direkt nebeneinander angeordnet sind und dazwischen keine weiteren Bauteile oder Baugruppen vorgesehen sind.
4. Die aufgrund ihrer Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Werkzeugmaschine nach dem Patentanspruch 1 ist nicht wegen unzureichender Offenbarung für nichtig zu erklären.
Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass die Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents -die Ursprungsoffenbarung seines Wortlauts ist unstrittig gegeben -nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, dass der Fachmann sie ausführen könne.
Die Klägerin beanstandet das Teilmerkmal, wonach die elektrisch angetriebenen Spindeln auf dem Rundschalttisch Seite an Seite in Kontakt oder unmittelbar benachbart zueinander angeordnet sind. Insbesondere vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Alternative "unmittelbar benachbart" dem Fachmann keine klare Lehre zum technischen Handeln gebe, weil es offen bleibe, was unter "unmittelbar benachbart" zu verstehen sei. So sei unklar, ob dabei eine benachbarte Lage ohne dazwischen liegende Bauteile oder eine benachbarte Lage im Millimeterbereich, im Zentimeterbereich oder wie auch immer gemeint sei. Daher könne der geltende Patentanspruch 1 vom Fachmann nicht mit der erforderlichen Klarheit ausgelegt werden und sei alleine aufgrund dieser Unklarheit gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG für nichtig zu erklären.
Nach Überzeugung des Senats enthält der Patentanspruch 1 im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin keine Unklarheiten, die den Fachmann hindern, die angegebene Lehre nacharbeiten zu können. Bereits der Ausdruck "unmittelbar benachbart" ist für sich gesehen ausreichend klar und eindeutig und besagt, dass die Werkstückspindeln direkt nebeneinander angeordnet sind, ohne dass weitere Bauteile oder Baugruppen dazwischen angeordnet sind. Eine maßliche Festlegung, wie sie die Klägerin festgeschrieben haben will, ist bei Patentansprüchen ohnehin weder üblich noch für eine Nacharbeitbarkeit erforderlich, da der Fachmann aufgrund seines Fachwissens, den entsprechend erforderlichen Abstand ohne weiteres ermitteln kann. Somit erschließt sich dem Fachmann ohne weiteres die erfindungsgemäße Lehre des Patentanspruchs 1, wie sie vorstehend unter Punkt 3 im Anschluss an die Merkmalsgliederung beschrieben ist.
5. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Werkzeugmaschine nach dem Patentanspruch 1 gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik nach der Druckschrift K3 neu ist, denn sie beruht demgegenüber zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil sich die Merkmale des Patentanspruchs 1 dem Fachmann aus der K3 in Verbindung mit seinem Fachwissen erschließen.
Die K3 zeigt eine Werkzeugmaschine mit mehreren Stationen und Drehweiterschaltung zur umfassenden Bearbeitung von Werkstücken (Merkmal 1.1), was gemäß der zeichnerischen Darstellung nach Figur 1 mit den typischen spanabhebenden Werkzeugen, nämlich Bohr-Drehund Fräswerkzeugen erfolgen soll. Gemäß Patentanspruch 1 der K3 ist auf einem Maschinengestell ein drehbarer Rundschalttisch (Spindelträgertisch 32) angeordnet, der nach den Ausführungen in Spalte 8, Zeile 64 positionierbar und somit indexierbar im Sinne des Merkmals 1.2 des Streitpatentgegenstandes ist. Auf dem Rundschalttisch (Spindelträgertisch 32) sind mehrere Werkstück-Spanneinheiten (Werkstückspindeln 34a bis 34h) mit jeweils einem Werkstückspannfutter (48) am Umfang verteilt angeordnet (Merkmale 1.3 und 1.4). Jede dieser Werkstück-Spanneinheiten (34a bis 34h) ist, wie die Bezeichnung "Werkstückspindel" bereits festlegt, als Spindel ausgebildet und weist daher eine Drehspindel auf (Merkmal 1.7). Die Drehspindeln sind -zumindest in der Bearbeitungsstellung -ortsfest auf dem Rundschalttisch angeordnet, weil sie gemäß Patentanspruch 4 der K3 definiert positionierund auch fixierbar sind, wobei deren Achsen (36a bis 36h) gemäß Figur 1 der K3 zum Außenumfang des Rundschalttischs ausgerichtet sind (Merkmale 1.8 und 1.9). Die bekannte Werkzeugmaschine hat gemäß Figur 1 der K3 mehrere Spannund Positioniervorrichtungen für Werkzeuge (150a bis 150f) die zur Bearbeitung der, von den Spanneinheiten (34a bis 34h) getragenen Werkstücken (W), auf mehrere Bearbeitungsstationen am Umfang des Rundschalttischs (32) verteilt angeordnet sind (Merkmale 1.5 und 1.6). Die Drehspindeln der bekannten Werkzeugmaschine sind dabei so ausgebildet, dass sie das Werkstück für eine Drehbearbeitung (Spalte 1, Zeilen 43 bis 55 der K3) durch die in wenigstens einer der Bearbeitungsstationen, nämlich beispielsweise in der Bearbeitungsstation 150h gemäß Figur 1, vorgesehenen Drehwerkzeuge in rasche Drehungen versetzen können.
Die aus der K3 bekannte Werkzeugmaschine weist somit die im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmale 1.1 bis 1.10 auf, was von der Patentinhaberin auch nicht bestritten worden ist.
Darüber hinaus sind aus der Schnittdarstellung der Werkstückspindel nach der Figur 2 der K3 mit Pos. 42 und 44 die beiden Kugellager sowie das Spindelrohr (Spannrohr 50) ersichtlich, wobei letzteres unmittelbar den Rotor (Läufer 56) des vorzugsweise als Motorspindel (Spalte 6, Zeile 68 der K3) ausgebildeten Spindel-Antriebsmotors trägt, wodurch sich unmittelbar die Merkmale 1.12 bis 1.14 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ergeben.
Weiterhin ist aus der Figur 1 der K3 deutlich ersichtlich, dass die am Umfang verteilt angeordneten Werkstückspindeln der bekannten Werkzeugmaschine auf einem kleinstmöglichen Radius angeordnet sind, so dass deren sich an ihrer rückwärtigen Seite konisch verjüngenden Enden nur gering beabstandet sind, ohne dass sich weitere Bauteile oder Baugruppen zwischen den einzelnen Werkstückspindeln befinden. Somit erschließt sich dem Fachmann ohne weiteres auch das Merkmal 1.15 wonach die Werkstückspindeln der bekannten Werkzeugmaschine unmittelbar benachbart nebeneinander angeordnet sind.
Schließlich ist in Spalte 1, Zeile 55 bis 62 der K3 beschrieben, dass die vorzugsweise als Motorspindeln ausgebildeten Werkstückspindeln, welche in der Regel einen positionsgeregelten Rotor aufweisen, auch dazu eingesetzt werden können, Rohlinge in definierten Positionen zu greifen und ebenso fertig bearbeitete Werkstücke in definierten Positionen abzugeben oder abzulegen, wodurch dem Fachmann die technische Lehre vermittelt wird, dass die bekannten Drehspindeln, derart ausgebildet sein müssen, dass sie sich in allen Winkelstellungen positionieren und feststellen lassen. Zwar ist ein Abgeben oder Ablegen von Werkstücken mit einer positionierbaren Drehspindel nicht unbedingt als eine andere Bearbeitung mit einer verriegelbaren Drehspindel im Sinne des Merkmals 1.11 des Patentanspruchs 1 anzusehen, weshalb der Streitpatentgegenstand gegenüber der bekannten Werkzeugmaschine nach der K3 als neu gelten mag.
Andererseits vermitteln jedoch die in Figur 1 dargestellten Werkzeuge der Bearbeitungsstationen 150b und 150d der bekannten Werkzeugmaschine nach der K3, die ganz ohne Zweifel Fräswerkzeuge darstellen, dass auf dieser bekannten Werkzeugmaschine neben Drehbearbeitung auch Fräsbearbeitungen stattfinden. Weil bei einer Fräsbearbeitung das Werkstück nach seiner Positionierung grundsätzlich auch fixiert sein muss, da aufgrund des sich drehenden Fräsers bei der Bearbeitung durchaus erhebliche Kräfte auf das Werkstück einwirken, drängt sich dem Fachmann auch das Vorhandensein der in Spalte 1, Zeile 55 bis 62 der K3 beschriebenen festen Positionierung der Drehspindeln in Form einer Verriegelung bei der aufgezeigten Fräsbearbeitung auf.
Somit erschließt sich dem Fachmann aus dem Offenbarungsgehalt der K3 in Verbindung mit seinem Fachwissen, dass sich die in allen Winkelstellungen ohnehin schon positionierbaren Drehspindeln der bekannten Werkzeugmaschine für die aufgezeigte mögliche Fräsbearbeitung derart ausgebildet sein müssen, dass sie sich ebenfalls verriegeln lassen.
Der Patentanspruch 1 hat daher keinen Bestand.
6. Die angegriffenen und auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 5, 6, 8 bis 13 haben ebenfalls keinen Bestand, weil die Merkmale der Patentansprüche 5, 6, 8, 9 und 11 vollständig aus der K3 bekannt sind und die weiter angegriffenen Merkmale 10, 12 und 13 nur einfache Merkmale beinhalten, die bei Werkzeugmaschinen dieser Art völlig üblich und gebräuchlich sind. Die Beklagte hat dem diesbezüglichen Vorwurf der Klägerin auch nicht widersprochen.
Das Merkmal des Patentanspruchs 5, wonach sich die Werkzeugspindeln konisch verjüngen, ergibt sich unmittelbar aus der der zeichnerischen Darstellung der Werkzeugspindeln gemäß der Figur 1 der K3.
Die Merkmale des Patentanspruchs 6 sind aus der Figur 3 der K3 in Verbindung mit den Ausführungen in der Beschreibung Spalte 7, Zeilen 66ff. ersichtlich, weil auch bei der bekannten Werkzeugmaschine die Versorgung der elektrisch angetriebenen Spindeln mit Energie durch einen Versorgungsstrang (120) über Versorgungsleitungen (124) und somit einem Bündel aus Kabeln und Schläuchen erfolgt, das um die Drehachse (Trägerrohr 128) des Rundschalttisches zwischen einer festen Abzweigzone (Ende 130) auf dem Untergestell und einer drehbaren Abzweigzone (Ende 126) auf dem Trägerrohr (128) des Rundschalttisches gewickelt ist.
Die Merkmale des Patentanspruchs 8 sind aus Spalte 8, Zeilen 46 bis 56 der K3 bekannt. Das Merkmal des Patentanspruchs 9, wonach der Versorgungsstrang (120) und somit das Bündel aus Kabeln und Schläuchen in der maximal aufgewickelten Stellung schraubenförmig ist, ergibt sich aus der Figur 4 der K3.
Die Merkmale des Patentanspruchs 11 ergeben aus Spalte 9, Zeilen 13 bis 23 der K3.
Gemäß Patentanspruch 10 soll der Streitpatentgegenstand auch eine doppelte Indexierung erlauben, wobei in den restlichen Merkmalen dieses Anspruchs im Wesentlichen die Bedeutung des Begriffs "doppelte Indexierung" beschrieben ist. Bereits aus der K4, Seite 9, Absatz 2 kennt der Fachmann eine stufenlose Indexierung, die es erlaubt den Rundschalttisch in beliebigen Winkelpositionen zu positionieren. Deshalb bedurfte es keinerlei erfinderischen Zutuns, diese stufenlose Indexierung, die auch eine doppelte Indexierung im Sinne des Patentanspruchs 10 des Streitpatents ermöglicht, auch bei der aus der K3 bekannten Werkzeugmaschine vorzusehen.
Auch die Merkmale der Patentansprüche 12 und 13, die im Wesentlichen die Handhabung von Werkstücken, insbesondere deren Umdrehen mittels Umkehrroboter betreffen, stellen Maßnahmen dar, die dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens und daher aus einschlägigen Fachveröffentlichungen wie beispielsweise der K6, insbesondere Seiten 92 und 131 bekannt sind, so dass deren Anwendung im Griffbereich des Fachmanns liegend anzusehen ist.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V.m. §709 ZPO.
Voit Dr. Huber Schwarz-Angele Rippel Dr. Prasch Pr
BPatG:
Urteil v. 10.11.2009
Az: 4 Ni 41/08
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