Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Dezember 2009
Aktenzeichen: 14 W (pat) 28/07
(BPatG: Beschluss v. 04.12.2009, Az.: 14 W (pat) 28/07)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Patentabteilung 45 des Deutschen Patentund Markenamts hat nach Prüfung der Einsprüche mit Beschluss vom 24. August 2007 das am 17. Juni 2004 angemeldete und mit der Bezeichnung
"Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterials sowie ein durch das Verfahren hergestelltes Aufzeichnungsmaterial"
erteilte Patent 10 2004 029 261 gemäß PatG § 61 Absatz 1 Satz 1 widerrufen.
Dem Beschluss lagen die erteilten Ansprüche 1 bis 19 gemäß Hauptantrag und der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 26. Juli 2007 zu Grunde. Der erteilte Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterials, welches ein Trägersubstrat sowie eine einen Farbbildner und einen Farbentwickler enthaltende Thermoreaktionsschicht aufweist, insbesondere zur Herstellung eines Thermopapiers, wobei bei dem Verfahren auf das Trägersubstrat eine die Ausgangsmaterialien der Thermoreaktionsschicht enthaltene Auftragssuspension aufgebracht wird, das Trägersubstrat mit aufgebrachter Auftragssuspension getrocknet und zum Glätten durch ein Glättwerk geführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht zum Glätten durch ein Schuhglättwerk geführt wird, in welchem das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht mit vorgegebenem Anpressdruck großflächig gegen eine mitgeführte Walze gedrückt wird, wobei der Anpressdruck, mit dem das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht gegen die Walze gedrückt wird, so eingestellt wird, dass eine eventuell auftretende Vorreaktion der Thermoreaktionsschicht vernachlässigbar klein ist oder nicht auftritt."
Die Ansprüche 2 bis 15 sind auf Weiterbildungen des Verfahrens gerichtet. Die Patentansprüche 16 bis 19 betreffen das nach einem der Verfahren hergestellte Erzeugnis. Der erteilte Anspruch 16 lautet:
"Wärmeempfindliches Aufzeichnungsmaterial mit einem Trägersubstrat sowie einer einen Farbbildner und einen Farbentwickler enthaltenden Thermoreaktionsschicht, wobei das Aufzeichnungsmaterial durch ein Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 15 hergestellt ist."
An ihn schließen sich die Patentansprüche 17 bis 19 an, die auf die weitere Ausgestaltung des Erzeugnisses gerichtet sind.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterials, welches ein Trägersubstrat sowie eine einen Farbbildner und einen Farbentwickler enthaltende Thermoreaktionsschicht aufweist, insbesondere zur Herstellung eines Thermopapiers, wobei bei dem Verfahren auf das Trägersubstrat eine die Ausgangsmaterialien der Thermoreaktionsschicht enthaltene Auftragssuspension aufgebracht wird, das Trägersubstrat mit aufgebrachter Auftragssuspension getrocknet und zum Glätten durch ein Glättwerk geführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht zum Glätten durch ein Schuhglättwerk geführt wird, in welchem das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht mit vorgegebenem Anpressdruck großflächig gegen eine mitgeführte Walze gedrückt wird, wobei der Anpressdruck, mit dem das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht gegen die Walze gedrückt wird, so eingestellt wird, dass eine eventuell auftretende Vorreaktion der Thermoreaktionsschicht vernachlässigbar klein ist oder nicht auftritt, wobei das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk auf seiner der Thermoreaktionsschicht abgewandten Rückseite befeuchtet und das befeuchtete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk nochmals getrocknet wird."
Der Widerruf ist im Wesentlichen damit begründet, der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag sei nicht mehr neu und der nach Anspruch 1 des Hilfsantrags beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zur Begründung hat die Patentabteilung auf die Entgegenhaltungen
(E1) DE 10 2004 022 416 A1,
(E13) Wochenblatt für Papierfabrikation, 130. Jg., 23/24/2002, S. 1590 bis 1593 und
(E15) Wochenblatt für Papierfabrikation, 131. Jg., 11/12/2003, S. 752 bisverwiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie ihr Patentbegehren nach Hauptantrag auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 18 vom 6. Februar 2008, die den Ansprüchen 1 bis 18 der im Einspruchsverfahren hilfsweise verteidigten Fassung im Wesentlichen entsprechen, weiter verfolgt, wobei "dadurch gekennzeichnet, dass" ersetzt wurde durch "wobei" und das Wort "und" zwischen "auftritt" und "das getrocknete Trägersubstrat" ebenfalls ersetzt wurde durch "wobei". Ferner hat sie einen weiteren Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag ebenfalls vom 6. Februar 2008 eingereicht, in den das Merkmal des erteilten Anspruches 6 aufgenommen ist und an den sich die erteilten Ansprüche 2 bis 5 und 8 bis 19 als Ansprüche 2 bis 17 anschließen. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:
"Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterials, welches ein Trägersubstrat sowie eine einen Farbbildner und einen Farbentwickler enthaltende Thermoreaktionsschicht aufweist, insbesondere zur Herstellung eines Thermopapiers, wobei bei dem Verfahren auf das Trägersubstrat eine die Ausgangsmaterialien der Thermoreaktionsschicht enthaltene Auftragssuspension aufgebracht wird, das Trägersubstrat mit aufgebrachter Auftragssuspension getrocknet und zum Glätten durch ein Glättwerk geführt wird, wobei das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht zum Glätten durch ein Schuhglättwerk geführt wird, in welchem das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht mit vorgegebenem Anpressdruck großflächig gegen eine mitgeführte Walze gedrückt wird, wobei der Anpressdruck, mit dem das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht gegen die Walze gedrückt wird, so eingestellt wird, dass eine eventuell auftretende Vorreaktion der Thermoreaktionsschicht vernachlässigbar klein ist oder nicht auftritt, wobei das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk auf seiner der Thermoreaktionsschicht abgewandten Rückseite befeuchtet und das befeuchtete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk nochmals getrocknet wird, wobei der Feuchtegehalt des Trägersubstrats mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht unmittelbar vor dem Durchlaufen des Schuhglättwerkes in einem Bereich von 4 bis 8 Gew.-% eingestellt wird."
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Patentinhaberin im Wesentlichen vor, dem einschlägigen Fachmann, hier ein Diplomingenieur FH mit langjähriger Erfahrung im Anlagenbau der Papiermaschinenherstellung, sei insbesondere die Verwendung von Softnip-Kalandern zur Glättung von ungestrichenem Rohpapier oder gestrichenen Papiersorten in einem Maschinenglättwerk geläufig. Sei dieser vor die Aufgabe gestellt, einem Thermopapier Glätte und Glanz zu verleihen und dabei das Mottling zu vermeiden, müsse er darauf achten, die wärmeempfindliche Aufzeichnungsschicht beim Glätten nicht zu zerstören. Er werde daher kein Glättwerk in Betracht ziehen, von dem aus dem Stand der Technik bekannt sei, dass der Erfolg sich insbesondere dann einstelle, wenn das Glättwerk bei hohen Temperaturen betrieben werde. Soweit im Stand der Technik anstelle eines Softnip-Kalanders ein Schuhkalander als Glättwerk eingesetzt werde, werde dieser aber durchgehend bei hohen Temperaturen betrieben, was den Fachmann von einer Verwendung bei der Herstellung von Thermopapier abhalte. Anregungen in Richtung auf die Betriebsweise, den Schuhkalander "kalt" zu fahren, gebe es jedenfalls im Stand der Technik nicht. Daher beruhe die Beurteilung des Standes der Technik durch die Patentabteilung auf einer rückschauenden Betrachtung. Im Übrigen gehe die Patentabteilung von einem Stand der Technik aus, der lediglich die Aggregate einer Papiermaschine betreffe, sich aber nicht mit der Aufbringung eines Striches bzw. einer Funktionsschicht befasse, die zu glätten sei; die Bewertung sei somit nicht zutreffend.
Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 18 gemäß Hauptantrag vom 6. Februar 2008 undhilfsweise auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hilfsantrag vom 6. Februar 2008, sowie jeweils mit einer noch anzupassenden Beschreibung.
Die Einsprechenden beantragen übereinstimmend, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie machen geltend, dass der erfahrene Fachmann, wie ihn die Patentinhaberin zutreffend definiert habe, das Mottling aufgabengemäß dort versuche zu beheben, wo es entstehe, nämlich beim Glätten der Papiere durch einen Kalander. Entgegen der Ansicht der Patentinhaberin sei für ihn aber unerheblich, wo das Glättwerk angeordnet sei, d. h. ob es in einer Papiermaschine zur Glättung des Trägermaterials ohne oder mit Beschichtung diene oder getrennt in einem Streichwerk angeordnet sei. Dementsprechend unterscheide auch das streitpatentgemäße Verfahren nicht zwischen diesen Betriebsweisen. Unstrittig empfehle der Stand der Technik die Verwendung eines Schuhkalanders zur Vermeidung des Mottlings. Davon ausgehend könne keine Rede davon sein, dass der Fachmann durch die im Stand der Technik angegebenen hohen Betriebstemperaturen eines Schuhglättwerks zum Glätten von Karton abgehalten werde, diesen zur Glättung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterials einzusetzen. Denn zum Einen sensibilisiere schon die Aufgabe der Herstellung von Thermopapier den Fachmann insofern als er wisse, dass es sich dabei um dünnes Material handle, das per se und auch auf Grund der wärmeempfindlichen Beschichtung keine hohen Verarbeitungstemperaturen vertrage; im Übrigen seien auch bei der Herstellung von Thermopapieren Verarbeitungstemperaturen von 120¡C nicht unüblich, da die Beschriftung erst bei weitaus höheren Temperaturen erfolge und eine Temperatur von 120¡C im Kalander daher noch unkritisch sei. Auch in der Einstellung des Feuchtegehalts des Trägersubstrats mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht unmittelbar vor dem Durchlaufen des Schuhglättwerks in einem Bereich von 4 bis 8 Gew.-% gemäß Hilfsantrag könne keine Maßnahme gesehen werden, die das fachmännische Handeln übersteige, da es sich dabei um eine papiertechnologisch gesehen absolut normale Bahnfeuchte handle.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der rückbezogenen Ansprüche gemäß Hauptund Hilfsantrag, wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II 1.
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (PatG § 73), jedoch unbegründet.
2.
Bezüglich ausreichender Offenbarung der Gegenstände der Patentansprüche gemäß Hauptund Hilfsantrag bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale sowohl den ursprünglich eingereichten Unterlagen (vgl. Ansprüche 1 bis 20) als auch der Streitpatentschrift zu entnehmen sind (vgl. Ansprüche 1 bis 19).
3.
Das Patent betrifft nach Patentanspruch 1 des Hauptund Hilfsantrags ein Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungspapiers. Bei Verfahren dieser Art kommt es nach den Angaben im Streitpatent immer wieder zu sogenanntem Mottling, was zu einem unruhigen, wolkigen oder speckigen Druckbild führt.
Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des Streitpatents, ein Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterials bzw. ein durch das erfindungsgemäße Verfahren hergestelltes Aufzeichnungsmaterial anzugeben, durch dessen Einsatz bzw. bei dem der Mottling-Effekt verglichen mit bekannten Aufzeichnungsmaterialien nur mehr vermindert auftritt (Streitpatentschrift S. 3/10, Abs. 0012). Zur Lösung der Aufgabe schlägt das Streitpatent das in den Ansprüchen 1 des Hauptund Hilfsantrags im Einzelnen angegebene Verfahren vor.
Die Neuheit der Verfahren nach den Ansprüchen 1 des Hauptund Hilfsantrags ist unbestritten gegeben. Nähere Ausführungen hierzu erübrigen sich, da die Verfahren nach dem Hauptund Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
a) Aus dem nächst liegenden Stand der Technik (E15) ist eine Vorrichtung bekannt, bei deren bestimmungsgemäßer Betriebsweise u. a. ein wärmeempfindliches Aufzeichnungsmaterial hergestellt wird. Das Aufzeichnungsmaterial weist ein Trägersubstrat sowie eine einen Farbbildner und einen Farbentwickler enthaltende Thermoreaktionsschicht auf, wobei die in einer Auftragssuspension enthaltenen Ausgangsmaterialien auf das Trägersubstrat aufgebracht werden (S. 752, li. Sp. vorl. Abs. bis re. Sp. Abs. 1). Das Trägersubstrat wird mit der aufgebrachten Auftragssuspension getrocknet und zum Glätten durch ein Glättwerk geführt
(S. 753, li. Sp. Aufzählung). Das getrocknete Trägersubstrat wird mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten auf seiner der Thermoreaktionsschicht abgewandten Rückseite befeuchtet und vor dem Glätten im Glättwerk nochmals getrocknet (S. 753, li. Sp. Aufzählung).
Die Patentinhaberin hat hierzu vorgetragen, dass diese Druckschrift nicht den nächst liegenden Stand der Technik darstellen könne, denn es handle sich zwar um eine Anlage zur Herstellung eines Thermopapiers, beschrieben seien aber lediglich die Aggregate einer Papiermaschine und nicht die eines Online-Streichwerks zur Aufbringung eines Funktionsstriches. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden, weil zum Einen in der Druckschrift betont wird, dass möglichst viele Arbeitsgänge auf der Papiermaschine erfolgen müssen, um kostengünstig zu produzieren (S. 753, li. Sp. Abs. 1). Zum Anderen unterscheidet die sich an diesen Hinweis anschließende Aufzählung der Aggregate der Papiermaschine nicht zwischen deren Bestandteilen und einem separat angeordneten Streichwerk; vielmehr wird in der Aufzählung das Streichwerk als Bestandteil der Papiermaschine ausgewiesen. Unabhängig davon enthalten auch die in den Ansprüchen 1 des Hauptund Hilfsantrags genannten Verfahrensmaßnahmen keinen Hinweis auf eine separate Durchführung der einzelnen Schritte in einem oder mehreren Anlagenteilen.
Das Verfahren der (E15) unterscheidet sich vom Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags im Wesentlichen lediglich dadurch, dass das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht zum Glätten nicht durch ein Schuhglättwerk, sondern durch ein Soft-Glättwerk geführt wird. Diese Maßnahme beruht indessen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dem Fachmann ist nämlich bereits aus der Entgegenhaltung (E13) bekannt, zur Vermeidung des Mottlings auf ein Schuhglättwerk zurückzugreifen, von dem bekannt ist, dass sich durch die Wahl der Schuhbreite und der steuerbaren Linienlast die Verweildauer im Nip und die Druckspannung unabhängig voneinander einstellen lassen (vgl. E13, S. 1590, re. Sp., Abs. 4 i. V. m. S. 1593 li. Sp., Abschnitt "Schuhkalander").
Der Einwand der Patentinhaberin hierzu, wonach im Stand der Technik (E13) mittels eines Schuhkalanders lediglich die Satinage von Karton beschrieben und in diesem Zusammenhang sowohl in dieser Schrift als auch in weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften, i. e.
(E2) DE 10 2004 011 230 A1,
(E7) DE 101 57 690 C1,
(E11) US 6 332 953 B1,
(D2) Rheims J., "Entwicklungsstand der Schuhkalandertechnologie am Beispiel NipcoFlex" in Karton und Pappe 5/2003, S. 14 bis 19 und
(D6) WO 96/28609 A1, mit dessen Einsatz immer eine hohe Walzentemperatur verbunden sei, da diese den Glättungserfolg maßgeblich bestimme, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Denn in der Druckschrift (E13) wird bereits beschrieben, dass auch die Endglättung von Papieren, die eine höhere Verdichtung als Karton erfordert, vor oder nach dem Streichen durch einen Schuhkalander erfolgen kann (S. 1590, re. Sp., Abs. 3 und 4). Für dessen Betrieb, so haben die Einsprechenden zutreffend geltend gemacht, ist in der Entgegenhaltung (E13) keine untere Temperaturgrenze genannt, sondern lediglich angegeben, dass er bis zu einer Temperatur von 270¡C betrieben werden kann, wodurch eine niedrigere Betriebstemperatur nicht ausgeschlossen wird (S. 1593, li. Sp., Abb. 12). Darüber hinaus weist die Entgegenhaltung (E13) den Fachmann bereits daraufhin, dass die Kalandertemperatur je nach Anwendungsfall u. a. von der zu satinierenden Papiersorte abhängt (S. 1590, re. Sp., Abs. 5 i. V. m. S. 1591, li. Sp. letzt. Abs.). Damit erhält der Fachmann einen weiteren Hinweis darauf, das wärmeempfindliche Aufzeichnungsmaterial während des Herstellungsprozesses so zu verarbeiten, dass es nicht vor Auslieferung an den Kunden bereits durch eine thermische Vorreaktion der Aufzeichnungsschicht an Qualität eingebüßt hat. Auch der Hinweis in der Entgegenhaltung (D2), wonach eine kurze Schuhlänge bedeutet, dass die Verweilzeit im Nip kurz ist und damit die Temperatur im Schuhglättwerk keinen signifikanten Einfluss besitzt, stützt das Naheliegen der Maßnahme, den Schuhkalander mit einem Anpressdruck zu betreiben, bei dem keine thermische Vorreaktion der Aufzeichnungsschicht eintritt (S. 16, re. Sp., le. Abs. bis S. 18, li. Sp., 1. Abs.). Der weitere Einwand der Patentinhaberin, die in der Druckschrift
(D8) EP 0 361 402 A1 angegebene niedrige Temperatur bis 70¡C (S. 6, Z. 36 bis 38) bei der Glättung von wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterialien rege den Fachmann ebenfalls nicht an, den Schuhkalander bei niedrigem Anpressdruck und infolgedessen bei niedriger Temperatur zu betreiben, weil diese Temperaturangabe letztlich nur die Temperaturbelastbarkeit damaliger -nämlich 1989 bekannter -Materialien für den umlaufenden Mantel widerspiegle, gibt auch keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung des Standes der Technik. Der Fachmann wird jedenfalls auch durch den Hinweis auf die zahlreichen Druckschriften nicht davon abgehalten, die Temperatur des Schuhkalanders beim Glättvorgang an die Anforderungen eines Spezialpapiers, hier eines wärmeempfindliches Aufzeichnungsmaterials, anzupassen. Insofern kann auch der Einwand der Patentinhaberin, die Lösung der Aufgabe durch die im Anspruch 1 des Hauptantrags angegebenen Maßnahmen erscheine allenfalls durch eine rückschauende Betrachtung des Standes der Technik selbstverständlich, nicht überzeugen.
Die weitere Maßnahme, das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk auf seiner der Thermoreaktionsschicht abgewandten Rückseite zu befeuchten und das befeuchtete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk nochmals zu trocknen, wird durch den Stand der Technik (E13) in Verbindung mit dem fachmännischen Handeln ebenfalls nahegelegt, zumal dies eine in der Papiertechnologie übliche Maßnahme zur Erzeugung eines Gegencurls ist und die Druckschrift (E13) daraufhin weist, dass die Bahnfeuchte und der Feuchtegradient den Glätteffekt mitbestimmen (S. 1590, re. Sp., Abs. 6).
b) Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Einstellung auf einen Feuchtegehalt von 4 bis 8 Gew.-% ist papiertechnologisch gesehen normal, wie die Einsprechenden geltend gemacht haben. Im Übrigen kann der Fachmann den optimalen Feuchtegehalt an Hand weniger routinemäßiger Versuche ermitteln, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.
c) Nach alledem haben die Ansprüche 1 nach Hauptund nach Hilfsantrag keinen Bestand. Die Ansprüche 2 bis 18 gemäß Hauptantrag bzw. 2 bis 17 gemäß Hilfsantrag teilen das Schicksal des jeweiligen Patentanspruchs 1 (BGH, "Elektrisches Speicherheizgerät", GRUR 1997, 120).
Schröder Harrer C. Schuster Münzberg Fa
BPatG:
Beschluss v. 04.12.2009
Az: 14 W (pat) 28/07
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