Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. August 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 302/03
(BPatG: Beschluss v. 24.08.2004, Az.: 27 W (pat) 302/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 29. August 2003 aufgehoben.
Gründe
I Die Anmelderin hat die Wortfolge Nur nackt ist billigerals Wortmarke für
"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, Buchbindeartikel, Fotographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke;
Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle, Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren;
Webstoffe und Textilwaren, nämlich Textilstoffe, Gardinen, Rollos, Haushaltswäsche, Tisch- und Bettwäsche; Bett- und Tischdecken;
Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen;
Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum; Bodenbeläge aus Gummi, Kunststoff oder textilem Material; Tapeten (ausgenommen aus textilem Material);
Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportgeräte; Spielbälle; Christbaumschmuck"
zur Eintragung in das Register angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 29. August 2003 die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich um einen typischen, warenanpreisenden Werbespruch, mit dem dem angesprochenen Publikum der kaufentscheidende Umstand nahegebracht werden solle, dass die betreffenden Produkte besonders günstig seien. In vergleichbarer Form werde der Slogan auch bereits verwendet, wie eine Internet-Recherche unter Eingabe des Suchbegriffs "Nur nackt ist*" zeige. Da die sprachüblich gebildete angemeldete Wortfolge keine über diese bloße Werbeanpreisung hinausgehende Aussage vermittle und der Verkehr sie ohne weiteres Nachdenken nur als allgemeinen Werbespruch und nicht als betriebskennzeichnend im markenrechtlichen Sinne verstehe, sei sie mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft nicht eintragbar.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach verkennt der angefochtene Beschluss, dass es sich bei dem Slogan um eine kurze, originelle und prägnante Wortfolge handele, die geeignet sei, die Produkte der Anmelderin zu identifizieren. Eine allgemeine Anpreisung liege nicht vor, weil die Aussage "Unsere Produkte sind sehr billig" in origineller Weise "verpackt" werde. Dies erfolge auch in sprachunüblicher Weise, weil das Adjektiv "nackt" üblicherweise nicht mit dem Adjektiv "billig" kombiniert werde, da dieses sich auf etwas beziehe, das einen Preis habe, wozu Nacktheit aber nicht gehöre. Die angemeldete Wortfolge gehe daher über eine reine Anpreisung der Produkte hinaus. Es treffe auch nicht zu, dass bereits vergleichbare Slogans üblich seien; die von der Markenstelle genannten Treffer bei einer Internet-Recherche unter Eingabe des Suchbegriffs "Nur nackt ist*" bezögen sich nämlich ganz überwiegend allein auf die Anmelderin; im übrigen werde die angemeldete Wortfolge bereits jetzt umfangreich benutzt. Im Ergebnis könne ihr daher die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
Mit Schreiben vom 16. August 2004 hat die Anmelderin die Anmeldung hinsichtlich der Waren "Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Bettwäsche; Bettdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen" zurückgenommen.
II Der zulässigen Beschwerde kann im Ergebnis der Erfolg nicht versagt werden, weil der Eintragung der Anmeldemarke für die nach der Beschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.
Für diese Waren ist das angemeldete Zeichen weder freihaltebedürftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) noch entbehrt es jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, denn ihm kann weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden noch handelt es sich um ein gebräuchliches Wort oder eine gebräuchliche Wortfolge, welche der Verkehr stets nur in ihrem Wortsinn und nicht als Unterscheidungsmittel versteht (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH MarkenR 2004, 39, 40 - Cityservice). Bei werbemäßigen Aussagen hat der Bundesgerichtshof im wesentlichen darauf abgestellt, ob sie sich in beschreibenden Angaben oder Anpreisungen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - Test it.; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Auch wenn sich Identifizierungsfunktion und Werbewirkung nicht gegenseitig ausschließen (vgl. BGH, a.a.O. - Unter uns unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung), können allein die Werbeeignung oder -wirksamkeit die Fähigkeit einer Kennzeichnung zum betrieblichen Herkunftshinweis nicht begründen. Deshalb sind Kürze, Originalität und Prägnanz, welche eine Wortfolge zu einem eingängigen und aussagekräftigen Werbeslogan machen können, genauso wie ihre Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit allenfalls Indizien (vgl. BGH, a.a.O. - Unter uns), nicht aber notwendige Voraussetzungen für die Unterscheidungskraft; denn aus ihrem Fehlen kann nicht auf einen Mangel an Unterscheidungskraft geschlossen werden (vgl. BPatG, a.a.O. - ZEIG DER WELT DEIN SCHÖNSTES LÄCHELN). Maßgeblich ist vielmehr, ob die Wirkung der Wortfolge sich in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise in der Werbefunktion erschöpft oder ob sie diese darüber hinaus auch als Unterscheidungsmittel verstehen (vgl. BPatG 27 W (pat) 77/02 - MY WAY; veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM).
Nach diesen Grundsätzen kann nicht festgestellt werden, dass die angemeldete Wortfolge die jetzt noch beanspruchten Waren unmittelbar beschreibt oder sich in einer allgemeinen Werbeaussage erschöpft. Zwar gehören Werbeaussagen, in denen, wie in der Anmeldemarke, darauf hingewiesen wird, dass die gekennzeichneten Waren kostengünstig sind, insbesondere Aussagen der Form "Nur ... ist billiger" - wobei die Leerstelle in der Regel mit einem Hinweis auf den Anbieter oder unmittelbar oder mittelbar auf die angebotenen Waren besetzt wird - bereits jetzt zur gängigen Werbepraxis. Als eine solche schlichte Aussage über den Preis der angebotenen Waren wird der Verkehr die hier in Rede stehende Wortfolge aber nur bei solchen Waren ansehen, die irgendeinen Bezug zur (menschlichen) Nacktheit aufweisen; denn nur dann wird es für ihn nahe liegen, die Wortfolge dahin zu verstehen, dass er nur dann, wenn er "nackt dasteht", also auf den Erwerb der angebotenen Produkte verzichtet, "billiger" lebt. Bei den Waren, für welche die Anmeldemarke jetzt nur noch geschützt werden soll und die einen, wenn überhaupt, nur sehr fernen Bezug zum nackten (menschlichen) Körper haben, wirkt der in der Wortfolge enthaltene Hinweis auf Nacktheit aber befremdlich und ungewöhnlich. Der Verkehr mag daher wegen des Wortes "billiger" in der angemeldeten Kennzeichnung zwar einen Anklang an den Preis der gekennzeichneten Waren vermuten, den er aber wegen des für diese Produkte nichtssagenden Begriffs "nackt" nicht einordnen kann. Wegen der hiermit verbundenen Undeutlichkeit des Sinngehalts der Wortfolge in ihrer Gesamtheit wird er diese daher ohne weitere analysierende Schritte, zu denen er im allgemeinen ohnehin nicht neigt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 1992, 515, 516 - Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409 - PROTECH), hinsichtlich der beanspruchten Waren als eigentümlich erachten; es wird für ihn daher nahe liegen, die angemeldete Wortfolge als Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen und somit als betriebliches Unterscheidungsmittel i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG anzusehen. Da sie auch keine Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, kann auch ein Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) an ihr nicht festgestellt werden.
Der Beschluss der Markenstelle, mit welcher der Anmeldemarke die Eintragung versagt worden ist, war auf die Beschwerde der Anmelderin daher aufzuheben.
Dr. Schermer Prietzel-Funk Schwarz Na
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Beschluss v. 24.08.2004
Az: 27 W (pat) 302/03
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