Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 44/01
(BPatG: Beschluss v. 22.01.2003, Az.: 26 W (pat) 44/01)
Tenor
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Kostenantrag der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die Eintragung der Marke 395 09 801 siehe Abb. 1 am Endefür die Waren
"Alkoholfreie Getränke, insbesondere natürliche Mineralwässer und daraus hergestellte alkoholfreie Erfischungsgetränke"
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren
"Milch, Milchprodukte, Milchgetränke mit überwiegendem Milchanteil, Joghurtgetränke mit überwiegendem Joghurtanteil, Milchpulver für die Herstellung von alkoholischen oder alkoholfreien Getränken; feine Backwaren, Konditorwaren, Speiseeis, alkoholfreie Getränke, Präparate für die Zubereitung von Getränken"
eingetragenen Marke 2 090 975 EXQUISA.
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch und die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr, weil das in der angegriffenen Marke enthaltene Wort "Exquisit" und die Widerspruchsmarke klanglich und schriftbildlich trotz der Identität bzw erheblichen Nähe der beiderseitigen Waren ausreichende Unterschiede aufwiesen. Die Endbuchstaben "it" des Wortes "Exquisit" seien in der angegriffenen Marke auch in der beanspruchten grafischen Form deutlich als solche erkennbar, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Verkehr die angegriffene Marke, wie von der Widersprechenden behauptet, klanglich nur "Exquis" aussprechen und dann verwechseln werde.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, wegen der teilweisen Identität bzw großen Ähnlichkeit der Waren und der in Folge umfangreicher Benutzung erworbenen hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reichten die Unterschiede der Marken nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Bei der angegriffenen Wort-Bild-Marke stelle das Wort die einfachste und kürzeste Bezeichnungsform der Gesamtmarke dar, weshalb der Gesamteindruck der Marke durch ihren Wortteil geprägt werde. Dabei trete die Buchstabenfolge "Exquis" deutlich hervor. Dies liege an der grafischen Gestaltung dieses Wortteils in einer einheitlichen Schriftform mit fett hervorgehobenen Buchstaben. Die weiteren Buchstaben "it" seien demgegenüber in einer deutlich geringeren Strichstärke ausgeführt und träten gegenüber dem ersten Wortteil "Exquis" zurück. Auch der rechts von dem Buchstaben "s" angeordnete Stern unterscheide sich erheblich von dem im Wortteil "Exquis" enthaltenen i-Punkt und werde nicht als solcher erkannt, sondern als grafisches Beiwerk erachtet. Auch durch die Größe und Dicke des Buchstabens "s" werde der folgende Teil abgetrennt und vom Verkehr als nicht dazugehörig betrachtet. Die Bezeichnungen "Exquis" und "Exquisa" unterschieden sich nur am unauffälligen Wortende, was für ein sicheres Auseinanderhalten der Marken nicht ausreiche. Es bestehe sowohl eine klangliche als auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr. Die Widersprechende beantragt, die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke bestreitet eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für andere Waren als Käse und vertritt die Auffassung, die in der angegriffenen Marke enthaltene Bezeichnung "Exquisit" werde stets als solche erkannt und nur vollständig wiedergegeben werden. Sie unterscheide sich von der Widerspruchsmarke in jeder Richtung deutlich. Die Markeninhaberin beantragt die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde, weil die Widersprechende selbst dargelegt habe, dass sie die Bezeichnungen "EXQUISA" und "Exquisit" nicht für verwechselbar halte.
II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S.d. genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon).
Hiervon ausgehend bedarf es angesichts des Umstands, dass die angegriffene Marke mit dem Warenoberbegriff "Alkoholfreie Getränke" Schutz für Waren beansprucht, für die auch die Widerspruchsmarke Schutz genießt, eines deutlichen Abstandes der Marken, um die Gefahr von Verwechslungen verneinen zu können.
Der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist allerdings nur eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde zu legen, weil die von der Widersprechenden behauptete erhöhte Kennzeichnungskraft ihrer Marke für die maßgeblichen identischen Waren "alkoholfreie Getränke" und für die sonstigen im Ähnlichkeitsbereich liegenden Milch- und Joghurtgetränke - anders als für Käse -weder unstreitig noch gerichtsbekannt ist. Die Widersprechende hat diesbezüglich insbesondere keine ihre Rechtsbehauptung stützenden Tatsachen, z.B. zu Werbeaufwendungen und Umsätzen vorgetragen, die eine rechtliche Wertung in Richtung auf eine erhöhte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke für Getränke zuließen.
Den danach wegen der Identität der Waren erforderlichen deutlichen Abstand hält die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke ein.
Die beiderseitigen Marken sind in ihrer Gesamtheit auf Grund der besonderen grafischen Gestaltung der angegriffenen Marke hinreichend unterschiedlich. Die angegriffene Marke hält aber auch dann, wenn zu Gunsten der Widersprechenden von einer Prägung ihres Gesamteindrucks durch den Wortbestandteil, der die einfachste und wohl auch einzig mögliche Benennung darstellt, ausgegangen wird, den erforderlichen Abstand ein. Trotz der von der Widersprechenden angeführten Besonderheiten in der Darstellung des Wortbestandteiles der angegriffenen Marke ist in dieser das Wort "Exquisit" insgesamt ohne weiteres lesbar und - nicht zuletzt wegen seines bekannten Begriffsinhalts - auch sofort erfassbar. Die gewählte bildhafte Darstellung weist zwar Unterschiede zwischen den einzelnen Buchstaben auf, wirkt jedoch trotzdem insgesamt einheitlich. Jeder Buchstabe enthält dickere und dünnere Linienführungen. Wenn auch die beiden letzten Buchstaben "it" etwas schlanker wirken als die ersten Buchstaben "Exquis", so sind sie dennoch wegen der einzeiligen Wiedergabe ohne Zwischenräume als ohne weiteres zu dem Gesamtwort "Exquisit" gehörig erkennbar. Von einer verkürzten Benennung der angegriffenen Marke mit "Exquis" kann deshalb in einem rechtserheblichen Umfang nicht ausgegangen werden.
Die Wörter "Exquisit" und "Exquisa" unterscheiden sich trotz der gleichen Wortanfänge klanglich deutlich voneinander. Hierzu trägt neben der unterschiedlichen Betonung und den unterschiedlichen hell- bzw. dunkelklingenden Endvokalen auch der sofort erfassbare Sinngehalt des deutschen Begriffs "Exquisit" bei.
In schriftbildlicher Hinsicht vermindert die auffällige grafische Gestaltung der angegriffenen Marke neben den bildlichen Unterschieden in den Endbuchstaben "A" bzw "it" die Verwechslungsgefahr ganz erheblich. Angesichts der dargestellten Unterschiede im Gesamteindruck der Marken besteht zwischen diesen trotz der Identität der beiderseitigen Waren keine Verwechslungsgefahr.
Für die Gefahr von Verwechslungen unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung fehlt es an jedweden tatsächlichen Anhaltspunkten. Die Beschwerde der Widersprechenden konnte daher keinen Erfolg haben.
Für die von der Markeninhaberin beantragte Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf die Widersprechende (§ 71 Abs 1 MarkenG) besteht keine Veranlassung. Eine solche Kostenauferlegung setzt stets besondere Umstände voraus, die insbesondere dann gegeben sind, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung). Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (BPatG Mitt 1977, 73, 74). Ein solches Verhalten der Widersprechenden ist nicht feststellbar. Die Frage der Verwechslungsgefahr der beiderseitigen Marken war zumindest angesichts der teilweisen Identität der Waren sowie der nicht völligen Unähnlichkeit der Markenwörter diskussionsfähig. Die Erhebung der Beschwerde mit dem Ziel einer Überprüfung der patentamtlichen Entscheidung kann daher nicht als sorgfaltswidrig bezeichnet werden. Der Kostenantrag konnte daher keinen Erfolg haben.
Albert Kraft Reker Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D40776.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 22.01.2003
Az: 26 W (pat) 44/01
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