Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 171/02

(BPatG: Beschluss v. 06.07.2004, Az.: 24 W (pat) 171/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Das farbig (blau, orange, weiß) ausgestaltete Zeichensiehe Abb. 1 am Endeist ursprünglich als Marke für folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:

"betriebswirtschaftliche Beratung; Meinungsforschung; Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit); Herausgabe von Statistiken; Vermietung von Werbeflächen; politische Beratung;

Sammeln und Liefern von Nachrichten; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; elektronische Nachrichtenübermittlung; Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Telefondienst;

Organisation von Internetplattformen; Betrieb von Internetplattformen; Umsetzung von Internetplattformen; Betrieb von Online-Shops; Informationsrecherchen; Vermittlung von Informationen; Organisation und Durchführung von politischen Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von politischen Kampagnen; Organisation und Durchführung von Informationsveranstaltungen; Dienstleistungen eines Redakteurs".

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluß vom 24. Juni 2002 zurückgewiesen, weil die Marke als beschreibende Angabe einem Freihaltebedürfnis unterliege und auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise. Der englische Begriff "screen" sei in der Bedeutung "Bildschirm" in die deutsche Sprache eingegangen. In Verbindung mit dem Wort "Politiker" weise er lediglich darauf hin, daß mit den beanspruchten Dienstleistungen Informationen über Politiker über ein bildschirmgebundenes Medium zur Verfügung gestellt würden. Der weitere Wortbestandteil ".de" werde vom Verkehr als Hinweis auf eine entsprechende deutsche Internet-Domain, nicht jedoch als betriebsindividualisierendes Herkunftskennzeichen aufgefaßt. Auch die graphische Ausgestaltung könne die Schutzfähigkeit der Marke nicht begründen.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zu deren Begründung hat sie ausgeführt, daß es sich bei dem Begriff "politikerscreen" um eine sprachunübliche Wortneubildung handle. Die angemeldete Marke kombiniere insoweit in phantasievoller Weise das deutsche Wort "Politiker" mit dem der englischen Sprache entnommenen technischen Fachbegriff "screen". Der Begriff "screen" sei darüber hinaus mehrdeutig.

Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin das Verzeichnis der Dienstleistungen beschränkt auf:

"betriebswirtschaftliche Beratung; Vermietung von Werbeflächen; Telefondienst; Betrieb von Online-Shops; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen".

Insoweit beantragt sie, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nach § 165 Abs. 4 MarkenG statthaft und auch im übrigen zulässig. In dem zuletzt noch entscheidungserheblichen Umfang ist sie auch in der Sache begründet. Dabei ist davon auszugehen, daß die mit dem Schriftsatz vom 15. Juni 2004 vorgenommene Streichung der Dienstleistung "Telefondienst" auf einem - wie der Gesamtzusammenhang erkennen läßt - offensichtlichen und insoweit unbeachtlichen Irrtum der Anmelderin beruht. Für die somit verbleibenden Dienstleistungen

"betriebswirtschaftliche Beratung; Vermietung von Werbeflächen; Telefondienst; Betrieb von Online-Shops; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen".

entbehrt die angemeldete Marke weder jeder Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch unterliegt sie insoweit als beschreibende Angabe einem Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen Wortmarken dem Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft, wenn sie im Hinblick auf die erfaßten Waren oder Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt aufweisen oder wenn es sich um ein geläufiges Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur in seinem unmittelbaren Wortsinn, nicht aber als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 "Cityservice"; GRUR 2003, 342, 343 "Winnetou"; GRUR 2003, 343, 344 "Buchstabe Z"). Dies kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.

Die angemeldete Marke besteht im wesentlichen aus einer Zusammenfügung der Wörter "Politiker" und "screen" zu dem Begriff "politikerscreen". Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und belegt hat, ist der englische Begriff "screen" in der Bedeutung "Bildschirm" in die deutsche Sprache eingegangen. Die Verbindung der genannten Begriffe weist nichts ungewöhnliches auf. So wird im Verkehr etwa der ähnlich gebildete Begriff "Nachrichtenscreen" verwendet. Darüber hinaus hält die Junge Union Dreieich auf ihrer Homepage einen Link "Politikscreen" bereit. Ein gleichlautender Link findet sich auch auf der Homepage der SPD Krefeld. Hierzu wird auf die der Anmelderin mit der Terminsladung übermittelte Internet-Recherche Bezug genommen. Von einer phantasievollen Wortbildung kann bei dieser Sachlage nicht gesprochen werden.

Inhaltlich weist das Markenwort "politikerscreen" auf ein bildschirmgebundenes Medium bzw. auf ein Informationsportal hin, über das Informationen über Politiker angeboten werden und bezogen werden können. Auch dies hat die Markenstelle zutreffend ausgeführt. Die angemeldete Marke läßt insoweit jedoch keinen Bezug zu den jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen erkennen. Weder im Hinblick auf "betriebswirtschaftliche Beratung" und die "Vermietung von Werbeflächen" noch im Hinblick auf die Dienstleistung "Telefondienst", den "Betrieb von Online-Shops" oder die "Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen" läßt sich der angemeldeten Marke ein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt entnehmen. Sonstige Anhaltspunkte für das Fehlen der erforderlichen Unterscheidungskraft liegen ebenfalls nicht vor.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, daß die angemeldete Marke in dem zuletzt noch beschwerdegegenständlichen Umfang auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt.

Dr. Ströbele Kirschneck Dr. Hacker Bb Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/20734.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 06.07.2004
Az: 24 W (pat) 171/02


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