Finanzgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. September 2009
Aktenzeichen: 5 K 4568/05 U
(FG Düsseldorf: Urteil v. 22.09.2009, Az.: 5 K 4568/05 U)
Tenor
Der Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 16.11.2005 wird dergestalt geändert, dass die Umsatzsteuer auf ./. 30.717,63 EUR festgesetzt wird.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Strittig ist die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungsbeziehungen der Klägerin zu einer ausländischen Fa. F (F) einerseits und der inländischen Fa. G (G) andererseits.
Gegenstand des mit Vertrag vom 23.10.2000 gegründeten Unternehmens der Klägerin ist der Betrieb von Printmedien sowie elektronischen und interaktiven Medien, insbesondere der Betrieb eines Verlages.
Das Stammkapital beträgt 25.000 EUR, von denen nach der Bilanz zum 31.12.2002 50 % gezahlt waren. Geschäftsführer war im Streitzeitraum Herr X, Prokurist Herr Z. Die Gesellschafter-Verhältnisse entwickelten sich wie folgt:
A-AG F X Z C Summe 23.10.00 12.500 12.500 25.000 20.10.01 - 6.250 6.250 0 - 6.250 6.250 0 25.03.04 - 12.500 12.500 0 - 6.250 6.250 0 - 6.250 6.250 0 Summe 0 0 0 0 25.000 25.000
Die unter der früher selben Geschäftsadresse wie die Klägerin ansässige A-AG hatte laut Handelsregister-Auszug vom 10.08.2001 ein Grundkapital von 50.000 EUR, das in 50.000 Namensaktien zu je 1 EUR eingeteilt war und von denen nach Aktenlage Herr X und Herr Z je 50 % besaßen.
Gegenstand der 1999 gegründeten F, Ausland, ist nach der Statutenänderung vom 31.03.2000
die Vermittlung und Verwaltung von Werbung in Printmedien, TV, Teletext und Internet; E-Commerce (Erbringung von elektronischen Handels-, Mobilien-, Immobilien- und Dienstleistungsgeschäften); Handel mit Waren aller Art; Erwerb, Verwaltung und kommerzielle Verwertung von Immobilien sowie von Patenten und anderen Schutzrechten; sowie alle mit diesem Zweck direkt oder indirekt im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, die der Verwaltungsrat als im Interesse der Gesellschaft gelegen erachtet.
Das Kapital beträgt 100.000 EUR, das in 100 voll bezahlten Inhaberaktien zu je 1.000 EUR eingeteilt ist.
Verwaltungsrat mit Einzelzeichnungsrecht war Herr D als Geschäftsführer. Dieser hatte am 19.10.2000 dem o. g. Herrn Z Vollmacht erteilt, die F bei der Gründung der Klägerin zu vertreten.
Nach dem mit der F abgeschlossenen Rahmenvertrag vom 02.07./05.07.2001 teilte die Klägerin der F für den Betrieb sogenannter Mehrwertdienste (hier: ) .. Telefonnummern zu, die die Klägerin von der G als Verbindungsnetzbetreiberin (VNB) bzw. Mehrwertdiensteplattformbetreiberin auf der Grundlage des zwischen der Klägerin und der G am 22.06./28.06.2001 geschlossenen Rahmenvertrages gegen Entgelt erhalten hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser beiden Rahmenverträge verwiesen. Der G waren diese Telefonnummern wiederum von der Deutschen Telekom AG (DTAG) als Betreiberin des Telekommunikationsnetzes (TNB) gegen Entgelt überlassen worden. Bei den Rufnummern handelt es sich ausschließlich um die Klassen 0190-1 bis 0190-9, bei denen nach dem Online-Verfahren abgerechnet wird. Bei diesem Verfahren liegen Tarifhoheit, Fakturierung und Inkasso beim TNB (= DTAG).
Die von der Klägerin als "Ist-Zustand" bezeichneten Leistungsbeziehungen und Abrechnungen stellen sich wie folgt dar:
F bewirbt die ihr zur Nutzung überlassenen Rufnummern in Zeitschriften und der Tagespresse. Der inländische Privatkunde ruft die so beworbene gebührenpflichtige Rufnummer 0190-x an. Der Ansagetext lautet: "Willkommen, dies ist ein Dienst der F im Ausland und kostet 1,86 EUR/Minute." Auf Grund der Inanspruchnahme des Mehrwertdienstes erhält der Kunde eine Rechnung von der DTAG mit der Summe der Gebühren aus den 0190-x-Diensten (1,86 EUR/Minute incl. MwSt). Die DTAG rechnet mit dem Betreiber der Mehrwertdienstplattform, der G, die Minutenvolumen der 0190-x-Nummern ab und behält eine Inkassoprovision und die normale Telefongebühr von dem insgesamt zur Aufteilung zur Verfügung stehenden Betrag in Höhe von netto 1,6034 EUR/Minute ein. Der verbleibende Differenzbetrag wird in Form einer Gutschrift zuzüglich Mehrwertsteuer an G überwiesen. Nach Abzug ihrer Inkassoprovision und des Entgelts für die Zurverfügungstellung der Plattform nebst 0190-x-Nummern zahlt G an die Klägerin einen Differenzbetrag von 1,38049 EUR/Minute zuzüglich Mehrwertsteuer in Form einer Gutschrift. Die Klägerin ihrerseits erstellt ebenfalls nach Abzug ihrer Inkassoprovision und dem Entgelt für die Überlassung der 0190-x-Nummern an F eine Gutschrift von 1,2782 EUR/Minute zuzüglich Mehrwertsteuer.
In ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen I/02, 04-12/02 erklärte die Klägerin insgesamt unter anderem steuerpflichtige Umsätze (16 %) in Höhe von ...EUR, die im Wesentlichen aus den ihr von der G gutgeschriebenen Entgelten resultierten. Daneben erklärte sie noch -unstreitige- steuerpflichtige Umsätze (7 %) in Höhe von ...EUR. Vorsteuern machte sie insgesamt in Höhe von ...geltend. Die Vorsteuern entfielen in Höhe von insgesamt ...EUR auf die von der Klägerin der F gutgeschriebenen Beträge. Hieraus ergab sich in der Summe ein Saldo zu Lasten der Klägerin in Höhe von ... EUR.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat die Klägerin die Auffassung, dass entgegen der Abrechnungspraxis und den bisherigen Voranmeldungen sich der Leistungsaustausch zwischen G und Klägerin sowie zwischen Klägerin und F jeweils in der Bereitstellung der Rufnummern und der Durchführung des Inkassos erschöpft habe. Das auf die Inhaltsdienste der F gegenüber dem Kunden entfallende Entgelt sei lediglich für die F vereinnahmt und an diese weitergeleitet worden (durchlaufender Posten). Bei richtiger umsatzsteuerlicher Behandlung ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der bislang abgeführten Umsatzsteuer.
Der Prüfer kam demgegenüber zu dem Ergebnis, dass der vorliegende Fall durch den Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen (FM NRW) vom 06.09.2000 - S 7117 f - 20 - V C 4 -, Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 2000, 443 geregelt werde.
Danach gelte "aus Vereinfachungsgründen", dass der Diensteanbieter an den Telekommunikationsdienstleistungsanbieter, und letzterer an den Kunden jeweils einheitliche Telekommunikationsdienstleistungen erbrächten. Im Verhältnis der Telekommunikationsdienstleistungsanbieter untereinander gälten die Grundsätze zur Umsatzbesteuerung im Interconnection-Verfahren (vgl. Erlasse FM NRW vom 02.03.1998 - S 7100 - 188 - V C 4 - und vom 19.07.1999 - S 7100 - 188 - V C 4 -). Sei der Diensteanbieter im Ausland ansässig, so habe der erste im Inland eingeschaltete Telekommunikationsdienstleistungsanbieter das Abzugsverfahren zu bedienen beziehungsweise mache von der sogenannten Nullregelung Gebrauch. Danach schulde die Klägerin als Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer, die sie der F gutgebracht habe, § 13 b Abs. 2 Umsatzsteuergesetz UStG (Umsatzsteuererhöhung insgesamt ... EUR). Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht vom 07.07.2003 verwiesen.
Der Beklagte erließ jeweils unter dem 22.09.2003 entsprechend geänderte Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide I/02, 04-12/02. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Zur Begründung führte der Beklagte in der zurückweisenden Einspruchsentscheidung vom 04.10.2005 im Wesentlichen aus, dass im Streitfall wegen der Nichtbeantwortung der Fragen im Schreiben vom 24.03.2004 zu Einzelheiten der technischen Abwicklung der Leistungen durch die F, den engen Verflechtungen zwischen Klägerin und F und der telefonischen Nichterreichbarkeit der F davon auszugehen sei, dass die ausländische F lediglich zur formellen Verlagerung einer tatsächlich im Inland erbrachten Leistung ins Ausland zwischengeschaltet worden sei. Das heiße, die bislang von der Klägerin nach § 13 b Abs. 2 UStG geschuldete Umsatzsteuer werde als Umsatzsteuer auf eigene Umsätze geschuldet.
Die Klägerin müsse sich im Übrigen an der von ihr selbst gewählten Abrechnungspraxis auf der Grundlage des Erlasses des FM NRW vom 06.09.2000 festhalten lassen.
Soweit diesen rechtlichen Beurteilungen nicht gefolgt werden könne, ergebe sich jedenfalls eine Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG in der im Streitjahr gültigen Fassung (a. F.) der bisher nach § 13 b Abs. 2 UStG geschuldeten Umsatzsteuer. Gegenüber der F habe sie über nicht von ihr ausgeführte Leistungen abgerechnet. Den von der G erteilten Gutschriften habe sie nicht widersprochen.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.11.2005 die vorliegende Klage erhoben.
Unter dem 16.11.2005 erließ der Beklagte einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2002, mit dem die Umsatzsteuer auf ... EUR abweichend von der am 23.03.2005 eingereichten Erklärung, die eine Umsatzsteuer in Höhe von ... EUR ausweist, festgesetzt wurde. Die Abweichung beruht zum Einen auf nicht anerkannten Vorsteuern in Höhe von ... EUR und zum Anderen darauf, dass der Beklagte die Umsätze um die der Klägerin von der G gutgeschriebenen Beträge in Höhe von ... EUR (USt 16 % darauf ... EUR) erhöht hat.
Die Klägerin trägt vor:
Sie habe an die G keine Leistungen erbracht und schulde dementsprechend insoweit auch keine Umsatzsteuer. Die Mehrwertdienstleistungen (Inhaltsleistungen) seien gesonderte sonstige Leistungen, die von den reinen Telekommunikationsleistungen zu unterscheiden seien. Diese Mehrwertdienstleistungen (hier: ...) habe die ausländische F unmittelbar an den jeweiligen inländischen Anrufer (Kunden) erbracht. Es könne nicht ernsthaft angenommen werden, dass für den anrufenden Kunden die DTAG oder ein ihm unbekannter VNB als ...dienstleister in Betracht komme. Diese könne er allenfalls insoweit als Leistende ansehen, als sie für die technische Abwicklung (Telekommunikations- und Inkassodienst) verantwortlich seien. Genau diese Verbrauchervorstellung entspreche dem tatsächlichen Geschehensablauf. Die Auffassung der Klägerin werde auch durch die Rahmenverträge mit der F bzw. der G belegt.
Die Klägerin schulde die ihr gutgeschriebene Umsatzsteuer auch nicht nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. Diese Vorschrift sei selbst nach Verwaltungsauffassung (Umsatzsteuerrichtlinien UStR 2002, Abschn. 190 Abs. 2 Satz 2) nicht auf Gutschriften anzuwenden. Davon abgesehen habe sie den Gutschriften gegenüber G bereits im September 2001 sowie im Jahr 2003 unmittelbar nach Bekanntgabe des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichts schriftlich widersprochen und das Schreiben per Boten übermittelt. Trotz intensiven Bemühens sei dieses Schreiben bei der Klägerin jedoch nicht mehr auffindbar und der Bote nicht mehr ausfindig zu machen.
Soweit der Beklagte zur Begründung seines Steueranspruchs ein Organschaftsverhältnis der Klägerin mit F beziehungsweise im Verhältnis von F zur Klägerin Scheingeschäfte annehme mit der Folge, dass der Klägerin deswegen die Mehrwertdienstleistungen als eigene Umsätze zuzurechnen seien, gebe es dafür rechtlich wie tatsächlich keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil hätten die eigenen Ermittlungen des Beklagten ergeben, dass es sich bei der F um ein im Ausland ansässiges, wirtschaftlich aktiv tätiges Unternehmen handele. Die Klägerin habe darüber hinaus, soweit es ihr möglich gewesen sei, alle erbetenen Unterlagen vorgelegt und Auskünfte erteilt. Sie verweist insoweit auf die vorgelegte Gewerbebewilligung, die vorgelegte Gesellschaftssteuer-Rechnung für 2002 und den vorgelegten Handelsregisterauszug.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21.11.2007, auf den Bezug genommen wird, die G-GmbH in ihrer Eigenschaft als Organträgerin der G gem. § 174 Abs. 5 Satz 2 Abgabenordnung AO zum Verfahren beigeladen. Die jetzige Beigeladene ist durch Verschmelzung am 30.09.2008 Gesamtrechtsnachfolgerin der G-GmbH geworden.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 16.11.2005 dergestalt zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf ./. 30.717,63 EUR herabgesetzt wird, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Beklagte geht weiterhin davon aus, dass von der F an die Klägerin und von dieser an die G Leistungen erbracht worden seien, die entsprechend der Abrechnung zu umsatzsteuerpflichtigen Entgelten geführt hätten, und eben nicht als durchlaufende Posten zu behandeln seien.
Er trägt vor:
Nach zwischenzeitlicher ausführlicher Auskunft der DTAG über die Leistungsbeziehungen im Bereich der Telekommunikationsleistungen brauche im Streitfall nicht einmal auf die Leistungsfiktion des o.g. Erlasses des FM NRW vom 06.09.2000 zurückgegriffen werden. Dem Verfahrenssachverhalt lägen Dienste zugrunde, die ausschließlich in den Rufnummernteilgassen 0190-1 bis 0190-9 angeboten würden. Bei diesen erwerbe der TNB bei einem VNB die Telekommunikationsdienstleistung inklusive des Mehrwertdienstes und veräußere die gesamte Leistung als einheitliche Leistung an den Endkunden (sogenannte Vorprodukteregelung). Dementsprechend rechne der TNB gegenüber dem Kunden einheitlich und ausdrücklich eine "eigene" Leistung ab. Dem liege eine branchenweit verbindliche Zusammenschaltungsvereinbarung der DTAG mit ihren Zusammenschaltungspartnern, also den anderen Netzbetreibern zugrunde. Es handele sich also um eine "ganz normale" Leistungskette. Der Beklagte verweist insoweit auf die für derartige Leistungen vertraglich für Deutschland bindende Zusammenschaltungsvereinbarung, dort für die Leistung ICP - Z.4.
Von dieser vertraglich geregelten und praktizierten Leistungskette seien die Bereiche der inhaltlichen Verantwortlichkeit, ggf. die Werbeaktivitäten sowie die Erkennbarkeit der Leistungsbeziehungen für den Kunden zu unterscheiden. Den Kunden seien die Leistungszusammenhänge zwischen Diensteanbietern und Netzbetreibern oft gar nicht bekannt. Wer tatsächlich sein Vertragspartner sei, interessiere ihn im Normalfall auch nicht. Dass die Inhaltsverantwortlichkeit beim Diensteanbieter verbleibe und dieser die Leistungen auch bewerbe, hindere ebenfalls nicht die Annahme einer Leistungskette, bei der letztlich die DTAG die Gesamtleistung (Telekommunikationsdienstleistung und Inhaltsleistung) als eigene Leistung an den Kunden veräußere. Der Schwerpunkt der Leistung liege auch bei den Telekommunikationsdienstleistungen und nicht bei den Inhaltsleistungen, da die Besonderheit bestehe, dass der Inhalt gezielt über den Telefonanschluss in Anspruch genommen werde. Die Abrechnung der Telefonmehrwertdienste nach den gleichen Grundsätzen wie die reinen Telekommunikationsdienstleistungen sei auch deshalb erforderlich, weil das anonymisierte Massengeschäft der Telefonmehrwertdienste in Deutschland mit einem Gesamtumsatz von ca. ...EUR jährlich nur so funktioniere.
Die grundsätzlichen Bedenken des Beklagten hinsichtlich der Existenz der F und dem Vorliegen einer Organschaft seien nicht ausgeräumt. Es sei nicht erkennbar geworden, dass die F im Ausland ein Call-Center unterhalten habe. Die Klägerin habe ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO nicht genügt. Für den Fall, dass die ausländische F lediglich zur formellen Verlagerung einer tatsächlich im Inland von der Klägerin erbrachten Mehrwertdienstleistung eingeschaltet worden sei, schulde die Klägerin insoweit die Umsatzsteuer als Umsatzsteuer auf eigene Umsätze.
Die Klägerin müsse sich im Übrigen an der von ihr selbst gewählten Abrechnungspraxis festhalten lassen. Jedenfalls ergebe sich eine Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. Gegenüber der F habe sie im Wege der Gutschrift über - nach eigenem Vortrag - nicht ausgeführte Leistungen abgerechnet. Den ihr von der G erteilten Gutschriften habe sie nicht widersprochen; jedenfalls insoweit keinen Nachweis für den behaupteten schriftlichen Widerspruch gegenüber G erbracht. Unter den gegebenen Umständen sei eine Haftung der Klägerin nach Sinn und Zweck des § 14 Abs. 3 UStG a.F. geboten, da sich die Klägerin einerseits an dem von vornherein verabredeten Abrechnungsverfahren beteiligt und damit der G den Vorsteuerabzug verschafft habe, andererseits sich die Klägerin nunmehr auf die Nichtsteuerbarkeit berufe.
Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung auf die Kommentierung von Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 1. Auflage 2008, § 45 h Telekommunikationsgesetz TKG Rdnr. 60 verwiesen, die sie in Kopie zu den Akten gereicht hat. Danach sei für Fälle wie den Streitfall von einer Leistungskommission gem. § 3 Abs. 11 UStG auszugehen.
Die Klägerin ist am 12.02.2009 wegen Satzungsmangels im Handelsregister gelöscht worden.
I.
Die Klage ist zulässig.
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Klage steht nicht entgegen, dass sie nach Klageerhebung im Handelsregister wegen Satzungsmangels gelöscht worden ist. Die Klägerin ist weiterhin beteiligten- und prozessfähig. Steuerrechtlich wird eine gelöschte GmbH so lange als fortbestehend angesehen, als sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen hat, oder wenn sie gegen sie ergangene Steuerbescheide angreift. Ihre Beteiligtenfähigkeit wird dadurch nicht berührt. Da die Klägerin seit Beginn des Klageverfahrens durch Prozessbevollmächtigte vertreten ist, ist auch keine Unterbrechung des Verfahrens wegen Verlustes der Prozessfähigkeit mangels eines vertretungsberechtigten Organs eingetreten, § 155 Finanzgerichtsordnung FGO i. V. m. §§ 246 Abs. 1, 86 1. Halbsatz Zivilprozessordnung ZPO (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa Bundesfinanzhof BFH Beschluss vom 16.04.2007 I B 115/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH BFH/NV 2007, 1674 m. w. N.).
II.
Die Klage ist auch begründet.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2002 vom 16.11.2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Der Beklagte hat zu Unrecht Umsätze in Höhe der der Klägerin von der G gutgeschriebenen Beträge von ... EUR der Besteuerung unterworfen. Die Umsatzsteuer für 2002 war deshalb dem Klageantrag entsprechend um ... EUR niedriger festzusetzen, § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO.
Entgegen der Auffassung des Beklagten liegen keine einheitlichen Telekommunikationsdienstleistungen in der Leistungskette von F an die Klägerin einerseits und von der Klägerin an die G andererseits vor. Insoweit sind keine Leistungen erbracht worden. Allein die von den Vertragsbeteiligten gewählte Abrechnungspraxis, mit der eine nicht existente Leistungskette "aus Vereinfachungsgründen" fingiert worden ist, ist nicht geeignet, umsatzsteuerliche Leistungsbeziehungen zu begründen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ergibt sich die Bestimmung des Leistenden und des Leistungsempfängers regelmäßig aus den dem Umsatz zu Grunde liegenden schuldrechtlichen (zivilrechtlichen) Rechtsbeziehungen, vgl. z. B. Urteil vom 04.09.2003 V R 9, 10/02, BFH/NV 2004, 149 m. w. N. Leistender ist demgemäß regelmäßig der schuldrechtlich zur Leistung Verpflichtete, vorausgesetzt, dass er die Leistung auch im eigenen Namen ausgeführt hat. Dabei ist auf das Auftreten nach außen abzustellen; d. h. auf die dem Leistungsempfänger (objektiv) erkennbaren Umstände. Danach ist der Handelnde also Leistender, wenn er die Leistung im eigenen Namen ausführt. Zur Bestimmung des Leistungsempfängers gelten dieselben Grundsätze. Leistungsempfänger ist regelmäßig, wer nach dem Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist.
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze stellen sich die umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen wie folgt dar:
Auf der Grundlage des Vertrages zwischen Klägerin und F einerseits und des beim Anruf eines Kunden ablaufenden Ansagetextes andererseits, sowie der in Zeitschriften unter dem Namen F veröffentlichten Werbeanzeigen mit den entsprechenden Rufnummern ist hinsichtlich der Inhaltsdienstleistung (...dienst) ausschließlich eine Leistung von F an den jeweiligen Anrufer erbracht worden. Die F tritt gegenüber dem Anrufer, also nach außen, ausdrücklich im eigenen Namen als Leistender auf. Der Anrufer als Empfänger der ...dienstleistung muss deshalb nach den äußeren Umständen ebenfalls davon ausgehen, dass Leistender hinsichtlich dieser Leistung nur und ausschließlich die F und nicht etwa die DTAG als TNB ist, die diese Leistung vorher (ggf. unter Zwischenschaltung weiterer Netzbetreiber) eingekauft hat, um sie dann an den Anrufer als Bestandteil einer einheitlichen Telekommunikationsdienstleistung weiter zu verkaufen. Gerade dann, wenn dem Anrufer wie hier im Zusammenhang mit der Erbringung des Mehrwertdienstes der leistende Unternehmer genannt wird, ist aus Sicht des Anrufers kein Raum für die Annahme, dass Leistender hinsichtlich des Mehrwertdienstes nicht dieser ausdrückliche benannte Diensteanbieter, sondern der TNB ist. Darüber hinaus kann auch grundsätzlich nicht ernsthaft angenommen werden, dass für den anrufenden Kunden die DTAG oder ein ihm unbekannter zwischengeschalteter VNB als ...dienstleister in Betracht kommen. Aus Sicht des anrufenden Kunden stellt sich der Fall hinsichtlich der am Leistungsaustausch Beteiligten bei der hier gegebenen Inanspruchnahme eines sogenannten "Premium Rate"-Dienstes (0190-Sondernummern) nicht anders dar, als bei der Inanspruchnahme einer Dienstleistung per Telefon unter einer "normalen" Rufnummer. Auch dann käme niemand auf die Idee, die DTAG oder einen anderen Netzbetreiber als Leistenden hinsichtlich der Inhaltsleistung anzusehen. Der Anrufer kann die DTAG allenfalls insoweit als Leistende ansehen, als sie für die technische Abwicklung (Telekommunikations- und Inkassodienst) verantwortlich ist.
Die Inhaltsleistungen sind jedoch von den reinen Telekommunikationsdienstleistungen zu unterscheiden. Bei den Inhaltsleistungen handelt es sich um gesonderte sonstige Leistungen (vgl. z. B. Martin in Sölch-Ringleb, Kommentar zum UStG, § 3 a Rdnr. 204; Stadie in Rau-Dürrwächter, Kommentar zum UStG, § 3 a Rdnr. 324; UStR 2002 Abschnitt 39 a Abs. 3), bei denen die Telekommunikationsdienstleistungen nur als Übermittlungsmedium benutzt werden. Die Inhaltsleistungen sind deshalb getrennt von den Telekommunikationsdienstleistungen zu beurteilen. Dafür spricht nicht zuletzt auch der Umstand, dass auf den Inhaltsdienst ein Entgeltanteil von rund 80 % entfällt und sich der verbleibende Entgeltanteil auf drei Anbieter verteilt.
Im Streitfall vollzieht sich der Leistungsaustausch hinsichtlich der Inhaltsleistung (...dienst) wie zuvor dargelegt allein und ausschließlich zwischen F und Anrufer.
Davon zu unterscheiden sind die von der DTAG und den zwischengeschalteten Unternehmern (G und Klägerin) erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen. Die DTAG als TNB erbringt zum einen aufgrund des als Dauerschuldverhältnis zu qualifizierenden Telefondienstvertrages Leistungen an den Telefonanschlussinhaber, indem sie ihm den Zugang zum öffentlichen Telekommunikationsnetz eröffnet und ihm ermöglicht, unter Aufbau abgehender und Entgegennahme ankommender Telefonverbindungen mit anderen Teilnehmern eines Telefonfest- oder Mobilfunknetzes Sprache oder sonstige Daten auszutauschen. Des Weiteren rechnet die DTAG gegenüber dem Anschlussinhaber einheitlich, d. h. auch bezüglich Forderungen dritter Anbieter, ab. Zum anderen erbringt die DTAG an den Diensteanbieter bzw. an wie hier zwischengeschaltete VNB und Plattformbetreiber Telekommunikationsdienstleistungen, die in der Zuteilung bzw. in der Überlassung von Mehrwertdienstenummern, der technischen Zusammenschaltung der Verbindungen und der Übernahme, der Abrechnung und des Inkassos sowie der Weiterleitung der bei den Anrufern vereinnahmten Entgelte bestehen. D. h. insoweit besteht eine Leistungskette genau entgegengesetzt zu der vom Beklagten angenommenen Leistungsrichtung. Die DTAG erbringt diese Leistungen an die G, diese an die Klägerin, und letztere an die F.
Die von der Klägerin mit F und G abgeschlossenen Rahmenverträge bestätigen ebenfalls die vorstehend dargelegte Wertung der Leistungsbeziehungen. Insbesondere in § 2 Nr. 2.2. des Vertrages mit der F wird der Leistungsinhalt dergestalt beschrieben, dass die Klägerin im Auftrag von F die Zugangsvermittlung zu deren Angeboten für deren Endkunden und in keiner Weise eine über die Zugangsvermittlung und Abrechnung hinausgehende Leistung übernimmt, insbesondere nicht selbst das Angebot des Mehrwertdienstes als eigenen oder fremden Inhalt bereitstellt. In der Präambel des Vertrages ist ausgeführt, dass die Klägerin der F Rufnummern der Gassen u. a. 0190 dafür zur Verfügung stellt, dass die F Anrufern gegenüber ihre Telefonmehrwertdienste erbringen kann. In § 7 unter Nr. 7.1. ist geregelt, dass der Klägerin für die Zuführungsleistung ein bestimmtes Verbindungsentgelt, der F die sog. Anbietervergütung gegenüber dem Endkunden zustehen. Nach Nr. 7.2. wird die Klägerin gegenüber ihren Vertragspartnern (hier G) für die F die Anbietervergütung einziehen und an diese auskehren.
Der Vertrag zwischen Klägerin und G enthält entsprechende Vereinbarungen. In § 4 Nr. 4.2. heißt es beispielsweise, dass die Klägerin für die Bereitstellung der "Premium Rate"-Rufnummern und der Systemkapazität, für die Einrichtung, Programmierung, Audioproduktion, Wartung, Beratung, Qualitätssicherung und Aktualisierung ihrer Informationsdienste die in der Anlage 2 spezifizierten Preise zu entrichten hat. In § 4 Nr. 4.1. ist die Übernahme des Inkassos durch die G geregelt. In § 2 werden die Leistungsinhalte der G hinsichtlich Rufnummernüberlassung und technischer Abwicklung näher beschrieben. § 3 Nr. 3.7. erlaubt es der Klägerin, die ihr überlassenen Rufnummern ihrerseits an ihre Unterkunden weiter zu vergeben, die dann als Inhaltsanbieter auftreten. Von dieser Erlaubnis hat die Klägerin durch den Vertrag mit der F Gebrauch gemacht.
Die vom erkennenden Senat vorgenommene Einordnung der Leistungsbeziehung entspricht auch der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung. Auch der Bundesgerichtshof BGH nimmt bei der Inanspruchnahme von sog. "Premium Rate"-Diensten (0190-Sondernummern) regelmäßig zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse zum Anrufer an: Die die technische Seite des Vorgangs betreffende und im Rahmen des Telefondienstvertrages zu erbringende Dienstleistung des Telekommunikationsunternehmens und die die inhaltliche Seite des Vorgangs betreffende weitere Dienstleistung, z. B. ..............................................(BGH, Urteile vom 28.07.2005 III ZR 3/05, Neue Juristische Wochenschrift NJW 2005, 3636; vom 16.11.2006 III ZR 58/06, NJW 2007, 438; vom 22.11.2001 III ZR 5/01, NJW 2002, 361). Soweit der BGH dabei zuletzt (Urteil vom 16.11.2006 III ZR 58/06, NJW 2007, 438) dem TNB einen eigenen Vergütungsanspruch auch hinsichtlich des für die Nutzung des fremden Mehrwertdienstes angefallenen Entgeltanteils zuspricht, stellt er gleichwohl klar, dass es sich um einen Vergütungsanspruch für Fremdleistungen handelt. D. h. auch der BGH geht anders als der Beklagte unter Hinweis auf die sog. Vorprodukte-Regelung gerade nicht davon aus, dass nur der TNB eine Vertrags- und damit Leistungsbeziehung gegenüber dem Anrufer dergestalt begründet, dass der TNB dem Anrufer eine einheitliche Leistung bestehend aus Telekommunikationsdienstleistung inkl. des vorher beim Diensteanbieter eingekauften Inhaltsdienstes veräußert.
Die einheitliche Fakturierung und Zahlungsabwicklung ändert nichts daran, dass gegenüber dem Kunden zwei unterschiedliche und eigenständige Hauptleistungen verschiedener Leistungsanbieter erbracht werden, die auch und gerade umsatzsteuerlich getrennt werden müssen (vgl. insoweit auch Hoffmann, Der Betrieb DB 1998, 848 (850)).
Die vorstehende Beurteilung der Leistungsbeziehungen führt im Ergebnis dazu, dass die Klägerin gegenüber G keine Leistungen erbracht hat, die der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind. Soweit der Umsatzsteuerbescheid auch eine Umsatzsteuerschuld der Klägerin nach § 13 b UStG in Höhe von ... EUR ausweist, ist dies nach den vorstehenden Ausführungen mangels Leistungen der F an die Klägerin zwar ebenfalls rechtswidrig. Andererseits sind im Umsatzsteuerbescheid aber in derselben Höhe Vorsteuern aus dem von der Klägerin an die F erteilten Gutschriften zu Unrecht berücksichtigt, da ein Vorsteuerabzug nur für eine gesetzlich geschuldete Steuer zulässig ist (BFH, Urteil vom 02.04.1998 V R 34/97, BStBl II 1998, 695). D. h. im Ergebnis ergibt sich durch Saldierung insoweit keine Änderung der festgesetzten Umsatzsteuer.
Soweit die Klägerin gegenüber F Telekommunikationsdienstleistungen durch Überlassung der 0190-Rufnummern, durch die technische Zugangsvermittlung und durch die Übernahme des Inkassos erbracht hat, sind diese Leistungen nicht im Inland steuerbar. Der Leistungsort für Telekommunikationsdienstleistungen ist nach § 3 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 12 UStG dort, wo der Empfänger der Leistung sein Unternehmen betreibt. Dies ist hinsichtlich F das Ausland.
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Umsatzbesteuerung nicht auf eine Vereinfachungsregelung (hier die sog. Vorprodukteregelung) gestützt werden, die wie aufgezeigt nicht den Wertungen der UStG entspricht; jedenfalls nicht wie hier zu Lasten des Steuerpflichtigen, auch wenn dies aus dem vom Beklagten ausführlich dargelegten Praktikabilitätsgründen möglicherweise wünschenswert wäre. Eine derartige Vereinfachungsregelung kann nur dann angewandt werden, wenn sich auch der Steuerpflichtige daran hält oder festhalten lassen will. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die Vereinfachungsregelung im Ergebnis nur dann funktioniert, wenn alle Beteiligten im Inland ansässig sind. Sitzt der Diensteanbieter wie hier jedoch im Ausland, führt die Anwendung der Vereinfachungsregelung zu einer Aushöhlung der übrigen Vorschriften über die Bestimmungen des Ortes der sonstigen Leistungen (vgl. Hoffmann, Der Betrieb, 1998, 848 (850)). So stellt auch der vom Beklagten im Bezug genommene Aufsatz von Piepenbrock/Müller (MultiMedia und Recht MMR Beilage 4/2000, 1 (24)) die Übernahme der sog. Branchenlösung auf die Behandlung der Mehrwertdienste als besonders problematisch heraus und betont, dass die Lösung "unabhängig von der zivilrechtlichen Zuordnung der Vertrags- und Leistungsbeziehungen" sei bzw. "bei herkömmlicher umsatzsteuerlicher Betrachtung alle vertraglichen Verhältnisse getrennt betrachtet werden müssten".
Auch der Hinweis der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung auf die Ausführungen in der Kommentierung von Spindler/Schuster, Recht der Elektronischen Medien, 1. Auflage 2008, § 45 h TKG, Rdnr. 60 führt zu keinem anderen Ergebnis.
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer Leistungskommission i. S. des § 3 Abs. 11 UStG i. V. m. § 45 h Abs. 4 Halbsatz 1 TKG nicht vor. Nach § 45 h Abs. 4 Halbsatz 1 TKG gelten Leistungen anderer VNB oder Diensteanbieter, die über den Anschluss eines TNB von einem Endnutzer in Anspruch genommen werden, für Zwecke der Umsatzsteuer im eigenen Namen und für Rechnung des VNB oder Diensteanbieters an den Endnutzer erbracht.
Diese gesetzliche Vorschrift ist jedoch erst mit Wirkung vom 24.02.2007 eingeführt worden und bereits deshalb für den Streitfall (Streitjahr 2002) ohne Bedeutung.
Andererseits deutet gerade die Einführung einer derartigen Vorschrift durch den Gesetzgeber darauf hin, dass dieser die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung anstelle einer mit den bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht in Einklang stehenden Vereinfachungsregelung der Verwaltung gesehen hat.
Ob die Vorschrift des § 45 h Abs. 4 Halbsatz 1 TKG die tatbestandlichen Voraussetzungen der Dienstleistungskommission i. S. des § 3 Abs. 11 UStG herbeiführen kann (so ausdrücklich OFD Rheinland, Verfügung vom 09.03.2009 S 7117 f 1000 St 432), braucht der Senat mangels Geltung der Vorschrift für das Streitjahr nicht zu beantworten. Der Senat merkt insoweit nur an, dass es sich dann wohl um eine doppelte Fiktion handeln dürfte. Darüber hinaus ist eine Leistungskommission nach § 3 Abs. 11 UStG dadurch gekennzeichnet, dass der Kommissionär gegenüber dem Dritten bei der Leistungserbringung gerade nicht nach außen auftritt. Der Diensteanbieter so auch im Streitfall die F tritt jedoch regelmäßig selbst nach außen als Leistender auf, so dass auch aus diesem Grunde für eine Leistungskommission kein Raum ist.
Der Klägerin sind die Umsätze aus den Inhaltsdiensten auch nicht aus anderen Rechtsgründen zuzurechnen.
Soweit der Beklagte über die Annahme einer Domizilgesellschaft bzw. einer Organschaft bloße Scheingeschäfte im Verhältnis zwischen Klägerin und F annimmt, mit der Folge, dass nicht die ausländische F, sondern die inländische Klägerin die Inhaltsleistungen erbracht und demzufolge diese als eigene Umsätze zu versteuern hat, ist dies mit den festgestellten Sachverhaltsumständen des Streitfalls nicht vereinbar.
Eine Zurechnung der Umsätze nach den Regeln über die umsatzsteuerliche Organschaft scheitert im Streitfall bereits daran, dass die Wirkungen der Organschaft nach § Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG auf das Inland beschränkt sind.
Auch die Annahme des Beklagten, es lägen bloße Scheingeschäfte in dem Sinne vor, dass die F lediglich formell, quasi nur auf dem Papier, zwischengeschaltet worden sei, um eine tatsächlich im Inland erbrachte Leistung ins Ausland zu verlagern, findet im festgestellten Sachverhalt keine Stütze. Jedenfalls bieten die vom Beklagten insoweit angeführten Umstände keine durchgreifenden Beweisanzeichen für dessen Annahme; insbesondere nicht angesichts der im Übrigen festgestellten Sachverhaltsumstände.
Bereits die oben dargelegte Beurteilung der Vertrags- und Leistungsbeziehungen, wonach im Außenverhältnis zu den Anrufern allein die F als Leistende anzusehen ist, spricht gegen diese Annahme des Beklagten. Die in diesem Zusammenhang vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen (Auskunft des Bundesamtes für Finanzen, Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) vom 05.03.2004) haben hinsichtlich der F zunächst ergeben, dass nachfolgende Punkte für ein aktiv tätiges Unternehmen sprechen:
keine Bestellung eines Repräsentanten, was ein Indiz für die Qualifizierung als Sitzgesellschaft wäre, Eintrag der F unter eigenen Telefonnummern in verschiedenen nationalen Telefonverzeichnissen, Anschrift der F ist nicht als Massendomiziladresse bekannt
Die Klägerin hat der Aufforderung des Beklagten entsprechend für die F darüber hinaus einen Handelsregisterauszug, eine Gewerbebewilligung und eine Gesellschaftssteuerrechnung für 2002 vorgelegt. Die F ist offensichtlich im Geschäftsverkehr auch sonst unter ihrer Firma aufgetreten. Sie hat Anzeigen mit den ihr zugewiesenen Rufnummern (0190-x) in diversen inländischen Publikationen geschaltet. Die Klägerin hat dazu einen Ordner mit Mustern der geschalteten Anzeigen dem Beklagten vorgelegt.
Im Streitfall kann auch keine Zurechnung der Umsätze aus den Mehrwertdienstleistungen unter der Annahme bloßer Strohmanngeschäfte erfolgen. Auch bei einer Strohmannfunktion der F für die Klägerin bliebe die F nach außen nach den Grundsätzen der einschlägigen BFH-Rechtsprechung der leistende Unternehmer (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233). Eine Zurechnung dieser Umsätze im Innenverhältnis zwischen Klägerin und F (auch) auf die Klägerin (als sogenannten Hintermann) könnte nur nach den Grundsätzen der sog. Leistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) erfolgen. Dazu hätte die F zwar im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung, nämlich für Rechnung der Klägerin handeln müssen. Dem steht schon der im Innenverhältnis zwischen Klägerin und F wirksam abgeschlossene Vertrag entgegen, der insbesondere auch vom vertretungsberechtigten Geschäftsführer der F unterzeichnet wurde. Der Vertrag ist zwischen Klägerin und F offensichtlich auch vertragsgemäß erfüllt worden. Die F hat die Inhaltsdienste unter den ihr von der Klägerin überlassenen Rufnummern nach außen gegenüber den Anrufern erbracht. Die Klägerin hat die der F zustehenden Entgeltanteile für diese vereinnahmt und an diese weitergeleitet sowie darüber gegenüber F per Gutschrift abgerechnet. In der Prüferhandakte befinden sich beispielhaft auch Kopien dieser Abrechnungen. Anhaltspunkte dafür, dass der Vertrag nicht erfüllt worden ist, bestehen demgegenüber nicht. Insbesondere sind die von der Klägerin für die F vereinnahmten Entgeltanteile auch an die F weitergeleitet worden. Insoweit kann ein Handeln der F für fremde Rechnung, nämlich für Rechnung der Klägerin, gerade nicht festgestellt werden.
Unter den gegebenen Umständen kann der Klägerin auch keine Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten vorgeworfen werden. Die Klägerin hat bezüglich F die vom Beklagten geforderten Unterlagen, soweit es ihr möglich war, vorgelegt, die zusammen mit den übrigen Feststellungen hinsichtlich der F die Annahme eines real existierenden, wirtschaftlich aktiven Unternehmens rechtfertigen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass grundsätzlich kein Auskunfts- bzw. Herausgabeanspruch hinsichtlich Firmenunterlagen gegenüber fremden Unternehmen besteht. Seit dem 25.03.2004 war die F auch nicht mehr Gesellschafterin der Klägerin. Im Übrigen verhält sich der Beklagte widersprüchlich, wenn er einerseits die Nichtvorlage von Unterlagen, bzw. die Nichterteilung von Auskünften rügt, andererseits bei Vorlage von Unterlagen (Schaltpläne) dies zu Lasten der Klägerin wertet. Abgesehen davon hat die Klägerin im Klageverfahren (Schriftsatz vom 19.06.2007, Seite 3 2. Absatz) auch zu den Einzelheiten der technischen Abwicklung der Leistungen durch die F Stellung genommen und damit die Fragen des Beklagten aus dessen Schreiben vom 24.03.2004, soweit sie für die Beurteilung des Streitfalls überhaupt von Bedeutung sind, zumindest teilweise beantwortet. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagtenvertreter dann auch eingeräumt, insoweit keinen weiteren Aufklärungsbedarf zu sehen.
Die Klägerin schuldet die Umsatzsteuer schließlich auch nicht nach § 14 Abs. 3 UStG a. F.
Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
"Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das gleiche gilt, wenn jemand in einer anderen Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt."
Im Streitfall einschlägig wäre § 14 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. UStG a. F.. Nach den vorstehenden Ausführungen sind von der F an die Klägerin und von der Klägerin an die G keine Leistungen erbracht worden. Das bedeutet, dass in den von der G an die Klägerin und von dieser an die F erteilten Gutschriften über nicht ausgeführte Leistungen mit gesondertem Umsatzsteuer-Ausweis abgerechnet worden ist. Gleichwohl sind die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a. F. im Streitfall nicht erfüllt.
In diesem Zusammenhang verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin selbst von der Vereinfachungsregelung Gebrauch gemacht und entsprechend abgerechnet hat und damit erst und insbesondere den nach den vorstehenden Ausführungen unberechtigten Vorsteuerabzug bei der G ermöglicht hat. Den von ihr behaupten Widerspruch gegenüber der G hat sie ebenso wenig wie einen an sie gerichteten Widerspruch der F nachgewiesen. Darauf kommt es im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits jedoch nicht an. Denn auch angesichts der grundsätzlich zutreffenden Ausführungen des Beklagten zur Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG a. F. als Gefährdungstatbestand und der im Streitfall geschaffenen Gefährdungslage scheidet eine Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG a. F. auf die von den Vertragsbeteiligten hier erteilten Gutschriften bereits deshalb aus, weil die Vorschrift auf Gutschriften im Sinne des § 14 Abs. 5 UStG a. F. nach der BFH-Rechtsprechung, der herrschenden Literaturauffassung und selbst nach der Verwaltungsauffassung nicht weder beim Gutschriftsempfänger noch beim Gutschriftsaussteller anwendbar war (vgl. Wagner in Sölch-Ringleb, Kommentar zum UStG, § 14 c Rdnr. 155 mit weiteren, insbesondere Rechtsprechungsnachweisen; Wagner, Umsatz- und Verkehrssteuer-Rundsteuer UVR 1997, 393; Tehler, UR 1985, 1 ff.; UStR 2002, Abschnitt 190 Abs. 2 Satz 2). § 14 Abs. 3 UStG a. F. erfasste Gutschriften weder als Rechnungen noch als "andere Urkunden", da sie keine Abrechnung des (tatsächlich oder angeblich) Leistenden enthielten, auf die § 14 Abs. 3 UStG a. F. aber abstellte. Darüber hinaus scheidet die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG a. F. auch nach den Voraussetzungen des § 14 Abs. 5 UStG a. F. aus. Eine Gutschrift kann neben den sonstigen Voraussetzungen nur dann als Rechnung angesehen werden, wenn über eine steuerpflichtige Leistung abgerechnet worden ist. Daran fehlt es aber gerade. Auch eine analoge Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG a. F. auf den Gutschriftsaussteller ist, insbesondere im Hinblick auf den Strafcharakter der Vorschrift unzulässig (vgl. Tehler, UR 1985, 1 ff.). Beim Gutschriftsaussteller wird dem Umstand, dass über eine nicht ausgeführte Leistung abgerechnet worden ist, im Übrigen auch schon dadurch Rechnung getragen, dass ihm kein Vorsteuerabzug aus einer derartigen Gutschrift zusteht. Für den Streitfall bedeutet dies, dass die Klägerin weder als Empfänger der Gutschriften von der G noch als Aussteller der Gutschriften an die F nach § 14 Abs. 3 UStG a. F. in Anspruch genommen werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
FG Düsseldorf:
Urteil v. 22.09.2009
Az: 5 K 4568/05 U
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