Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2009
Aktenzeichen: 25 W (pat) 48/07

(BPatG: Beschluss v. 15.04.2009, Az.: 25 W (pat) 48/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 6. Januar 2005 angemeldete Wort-/Bildmarkeist am 17. März 2005 unter der Nummer 305 00 429 für die Dienstleistungen

"Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhardwareund -software, Klasse 44: medizinische Dienstleistungen Klasse 45: persönliche und soziale Dienstleistungen betreffendindividuelle Bedürfnisse"

in das Markenregister eingetragen worden.

Hiergegen hat die Widersprechende aus folgenden Marken Widerspruch erhoben:

1. aus der am 19. Juni 2000 u. a. für die Dienstleistungen

"Ausbildung, insbesondere Veranstaltung von Fortund Weiterbildungsseminaren für die Administration in Krankenhäusern und im ambulanten Bereich, für die Altenund Heimpflege, im stationären und ambulanten Pflegeund Operationsbereich, für Ärzte, Arzthelfer/innen und Pflegepersonal, für die Mitarbeiter von Industrie und Handel im Bereich Medizintechnik; Beratungsund Consultingleistungen für Qualitätsmanagement und Logistik in Krankenhäusern, Pflegeund Altenheimen, ambulanten Pflegediensten, ambulanten und stationären Praxiskliniken; Verpflegung; Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung; Gesundheitsund Schönheitspflege; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; Rechtsberatung und -vertretung; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"

eingetragenen Wort-/Bildmarke 399 83 256 2. aus der am 30. April 2004 u. a. für die Dienstleistungen

"betriebswirtschaftliche Beratungsund Consultingleistungen für Qualititätsmanagement und Logistik in Krankenhäusern, Pflegeund Altenheimen, ambulanten Pflegediensten sowie ambulante Praxiskliniken; Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für Werbezwecke (insbesondere auch auf wissenschaftlichem Gebiet); Informationsaufarbeitung zu Gesundheitsfragen, nämlich Zusammenstellung von Gesundheitsdaten in Computerbanken; Verbreitung und Weiterleitung von Nachrichten, Bereitstellung und Übermittlung von Informationen zu Gesundheitsfragen (soweit in Klasse 38 enthalten), insbesondere durch Bereitstellung von Informationen im Internet oder anderen Netzwerken, Ausstrahlung von Informationen mittels Hörund Fernseh-Rundfunk, durch elektronische Nachrichtenübermittlung, durch E-Mail-Dienste, durch Mobil-Funktelefondienst und/oder durch Nachrichtenund Bildübermittlung mittels Computer; Bereitstellung von Informationen im Internet über Anwendungsmöglichkeiten von medizinischen Heilund Hilfsmitteln; Verteilung von Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften; Erziehung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Ausbildung, insbesondere Veranstaltung von Fortund Weiterbildungsseminaren für die Administration in Krankenhäusern und im ambulanten Bereich, für die Altenund Heimpflege, im stationären und ambulanten Pflegeund Operationsbereich, für Ärzte, Arzthelfer/innen und Pflegepersonal, für die Mitarbeiter von Industrie und Handel im Bereich Medizintechnik; Weiterbildung, insbesondere medizinische Weiterbildung; Veranstaltung von Fernkursen; Organisation und Veranstaltung von Seminaren, Kongressen und Ausstellungen für Ausund Weiterbildungszwecke auf wissenschaftlichem Gebiet; Filmproduktion, Filmvorführungen, Rundfunkdarbietungen (Hörund Fernsehrundfunk), Videofilmproduktion (auch auf CDs) sowie Herausgabe von Druckereierzeugnissen zur Information und Beratung in Gesundheitsfragen; Demonstrationsunterricht in medizinischen Vorbeugungsmaßnahmen im Rahmen von Informationsveranstaltungen, Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen zu Unterrichtsund wissenschaftlichen Zwecken; Veröffentlichung und Herausgabe von Informationen über Anwendungsmöglichkeiten von medizinischen Heilund Hilfsmitteln in gedruckter Form; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckerzeugnissen mit Informationen zur Volksgesundheit; wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Medizin, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Rechtsberatung und -vertretung, insbesondere im medizinischen und ärztlichen Bereich; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen; Verpflegung von Gästen; Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung, Gesundheitsund Schönheitspflege; Dienstleistungen eines Arztes, nämlich Durchführung von medizinischen Vorbeugungsmaßnahmen im Rahmen von Informationsveranstaltungen, Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen zu Unterrichts-, Werbeund wissenschaftlichen Zwecken; Dienstleistung auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; medizinische Beratung über Anwendungsmöglichkeiten von medizinischen Heilund Hilfsmitteln; Informationsdienstleistungen, nämlich Beratung in Gesundheitsfragen; medizinische Beratung über medizinische Vorbeugemaßnahmen im Rahmen von Informationsveranstaltungen, Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen zu Unterrichts-, Werbeund wissenschaftlichen Zwecken"

eingetragenen Wortmarke 303 63 899 medi-Verband 3. aus der am 30. September 2004 u. a. für die Dienstleistungen

"betriebswirtschaftliche Beratungsund Consultingleistungen für Qualitätsmanagement und Logistik in Krankenhäusern, Pflegeund Altenheimen, ambulanten Pflegediensten sowie ambulanten Praxiskliniken; Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für Werbezwecke; Veranstaltung und Durchführung von Informationsveranstaltungen, Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen zu Werbezwecken mit der Thematik der Förderung, Erörterung und Durchführung von medizinischen Vorbeugungsmaßnahmen; Informationsaufarbeitung zu Gesundheitsfragen, nämlich Zusammenstellung von Gesundheitsdaten in Computerbanken; Verbreitung und Weiterleitung von Nachrichten; Bereitstellung und Übermittlung von Informationen zu Gesundheitsfragen, insbesondere durch Bereitstellung von Informationen im Internet und anderen Netzwerken; Bereitstellen von Informationen im Internet über Anwendungsmöglichkeiten von medizinischen Heilund Hilfsmitteln; Ausstrahlung von Informationen mittels Hörund Fernseh-Rundfunk, durch elektronische Nachrichtenübermittlung, durch E-Mail-Dienste, durch Mobil-Funktelefondienst und/oder durch Nachrichtenund Bildübermittlung mittels Computer; Verteilung von Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften; Erziehung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Ausbildung, insbesondere Veranstaltung von Fortund Weiterbildungsseminaren für die Administration in Krankenhäusern und im ambulanten Bereich, für die Altenund Heimpflege, im stationären und ambulanten Pflegeund Operationsbereich, für Ärzte, Arzthelfer/innen und Pflegepersonal, für die Mitarbeiter von Industrie und Handel im Bereich Medizintechnik; Weiterbildung, insbesondere medizinische Weiterbildung; Veranstaltung von Fernkursen; Organisation und Veranstaltung von Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen für Ausund Weiterbildungszwecke auf wissenschaftlichem Gebiet; Filmproduktion, Filmvorführungen, Rundfunkdarbietungen (Hörund Fernsehrundfunk), Produktion von Videofilmen und CDs sowie Herausgabe von Druckereierzeugnissen zur Information und Beratung in Gesundheitsfragen; Demonstrationsunterricht in medizinischen Vorbeugungsmaßnahmen im Rahmen von Informationsveranstaltungen, Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen zu Unterrichtsund wissenschaftlichen Zwecken; Veröffentlichung und Herausgabe von Informationen über Anwendungsmöglichkeiten von medizinischen Heilund Hilfsmitteln in gedruckter Form; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckerzeugnissen mit Informationen zur Volksgesundheit; wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Medizin, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Rechtsberatung und -vertretung; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen; Verpflegung und Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung, Gesundheitsund Schönheitspflege; Dienstleistungen der Tiermedizin und Landwirtschaft; medizinische Beratung über Anwendungsmöglichkeiten von medizinischen Heilund Hilfsmitteln; Informationsdienstleistungen, nämlich Beratung in Gesundheitsfragen; medizinische Beratung über medizinische Vorbeugemaßnahmen im Rahmen von Informationsveranstaltungen, Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen zu Unterrichts-, Werbeund wirtschaftlichen Zwecken"

eingetragenen Wort-/Bildmarke 304 12 304 4. aus der am 7. Oktober 2004 u. a. für die Dienstleistungen

"Marketing, Marktforschung und Marktanalysen, Beratung Dritter in der Organisation von Unternehmen, bei der Geschäftsführung und in der Unternehmensverwaltung; Werbung für Dritte, insbesondere Rundfunkwerbung (Hörund Fernsehrundfunk), Kinowerbung; Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen zu Werbezwecken; Informationsaufarbeitung zu Gesundheitsfragen; Erziehung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Ausbildung, insbesondere Veranstaltung von Fortund Weiterbildungsseminaren für die Administration in Krankenhäusern und im ambulanten Bereich, für die Altenund Heimpflege, im stationären und ambulanten Pflegeund Operationsbereich, für Ärzte, Arzthelfer/innen und Pflegepersonal, für die Mitarbeiter von Industrie und Handel im Bereich Medizintechnik; Weiterbildung, insbesondere medizinische Weiterbildung; Veranstaltung von Fernkursen; Filmproduktion, Filmvorführungen, Rundfunkdarbietungen (Hörund Fernsehrundfunk), Verteilung von Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften; Organisation und Veranstaltung von Seminaren und Kongressen, Messen und Ausstellungen für Unterrichtsund wissenschaftliche Zwecke; Verpflegung; Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung, Gesundheitsund Schönheitspflege, Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; ärztliche Informationsförderung, wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Medizin; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Rechtsberatung und -vertretung; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen; Beratungsund Consultingsdienstleistungen für Qualitätsmanagement; Informationsdienstleistungen, nämlich Verbreitung von Informationen und Beratung in Gesundheitsfragen; Informationen über Anwendungsmöglichkeiten von medizinischen Heilund Hilfsmitteln; Verbreitung von Informationen zur Volksgesundheit"

als Gemeinschaftsmarke unter der Nummer 2 414 696 eingetragenen Wortmarke World of medi 5. aus dem Firmenkennzeichen

"medi"

als notorisch bekannte Marke.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Widersprüche mit Beschluss vom 17. April 2007 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Auch wenn man zugunsten der Widersprechenden davon ausgehe, dass sich die angegriffene Marke und die registrierten Widerspruchszeichen bei identischen Dienstleistungen begegnen könnten, scheide eine Verwechslungsgefahr mangels hinreichender Ähnlichkeit der Vergleichszeichen aus. Zwar stehe einer Verwechslungsgefahr nicht die Ausgestaltung der angegriffenen Marke als Wort-/Bildmarke entgegen, da jedenfalls bei der Beurteilung einer klanglichen Verwechslungsgefahr allein auf die Wortbestandteile der Marke abzustellen sei, was auch für das Widerspruchszeichen 304 12 304 gelte. Angesichts der deutlichen Unterschiede bei den Wortbestandteilen komme eine Verwechslungsgefahr jedoch nur dann in Betracht, wenn der in allen Zeichen übereinstimmend enthaltene Bestandteil "MEDI/medi" den Gesamteindruck der Marken in kollisionsbegründender Weise präge. Davon könne aber nicht ausgegangen werden. Denn der gemeinsame Bestandteil "MEDI/medi" sei eine bekannte Kurzform von "Medizin" und als Hinweis auf die Art und den Inhalt der beanspruchten Dienstleistungen kennzeichnungsschwach, so dass die weiteren Wortbestandteile der angegriffenen Marke und der registrierten Widerspruchszeichen den Gesamteindruck der Vergleichszeichen gleichermaßen mitbestimmten. Hinsichtlich des Widerspruchszeichens EU 2 414 696 komme noch hinzu, dass die Bezeichnung "world of medi" eine gesamtbegriffliche Einheit bilde.

Es sei auch nicht nahe gelegt, dass die Vergleichsmarken unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Die angegriffene Marke sei anders gebildet als die registrierten Widerspruchsmarken, bei denen dem Bestandteil "medi" jeweils ein beschreibendes Wort oder ein Slogan voranoder nachgestellt sei.

Der Widerspruch aus der notorisch bekannten Marke sei zurückzuweisen, da eine Notorietät der Widerspruchsmarke nicht festgestellt werden könne. Die Widersprechende habe dazu keine Angaben gemacht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts vom 17. April 2007 aufzuheben und die Lö

schung der angegriffenen Marke 305 00 429 zu veranlassen.

Sie macht geltend, dass im Gesamtbild der Widerspruchsmarken der Bestandteil "medi" gegenüber den weiteren Wortbestandteilen deutlich hervortrete und für die beteiligten Verkehrskreise das eigentliche Merkwort sei. Die Widersprechende trete unter dem Firmenschlagwort "medi" in zahlreichen Ländern innerhalb und außerhalb Europas mit einer Vielzahl von Tochterfirmen auf, die im medi-Verband zusammengefasst seien. Auch bei der angegriffenen Marke trete der Bestandteil "MEDI" besonders hervor, da der Zusatz "AS" vom Verkehr lediglich als Hinweis auf eine besondere Spitzenstellung aufgefasst werde. Der Bestandteil "medi" der Widerspruchsmarken sei hingegen keine beschreibende Angabe, sondern eine phantasievolle Abwandlung, die sich auf verschiedene Begriffe, wie beispielsweise Medizin, Medien, Meditation, mediterran etc. beziehen könne. Bei den Widerspruchsmarken handle es sich zudem um stark benutzte und beim Firmenkennzeichen um eine im Verkehr international durchgesetzte Marke. Der Verkehr werde daher bei einer Begegnung mit dem Bestandteil "medi" eine Verbindung zu den Widerspruchszeichen bzw. zur Firma der Widersprechenden herstellen.

Es bestehe somit die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen. Zumindest sei aufgrund der Vielzahl der beim Deutschen Patentund Markenamt und beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt für die Widersprechende eingetragenen Marken mit dem Bestandteil "medi" von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr auszugehen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen und ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden handele es sich bei dem übereinstimmenden Bestandteil "MEDI/Medi" keinesfalls um eine phantasievolle Wortbildung. Vielmehr sei im hier maßgeblichen Warenund Dienstleistungsbereich ein Hinweis auf "Medizin" naheliegend. Die weiteren von der Widersprechenden genannten Bedeutungsmöglichkeiten spielten hingegen keine Rolle. Für eine Durchsetzung von "medi" als Firmenschlagwort fehlten jegliche Anhaltspunkte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchszeichen keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

Da die Beschwerde ihrem Gegenstand nach keine Einschränkung enthält, erfasst sie die Zurückweisung sämtlicher Widersprüche einschließlich desjenigen aus dem Zeichen "medi" als notorisch bekannte Marke. Sämtliche Widersprüche hat die Markenstelle jedoch zu Recht zurückgewiesen.

A. Widersprüche aus den registrierten Marken 399 83 256, 303 63 899, 304 12 304 und EU 2 414 696.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bemisst sich nach dem Grad der Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen und der Ähnlichkeit der Marken sowie dem Grad der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Da Benutzungsfragen nicht angesprochen sind, ist dabei vom jeweiligen Registerstand auszugehen.

Danach können sich die angegriffene Marke und die registrierten Widerspruchszeichen auf identischen bzw. im engsten Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen begegnen. So besteht Identität bzw. eine enge Ähnlichkeit zwischen der von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistung "Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software" und der bei sämtlichen registrierten Widerspruchszeichen eingetragenen Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung". Identität ist anzunehmen zwischen den "medizinischen Dienstleistungen" der angegriffenen Marke und der für sämtliche Widerspruchszeichen eingetragenen Dienstleistung "ärztliche Versorgung". Des weiteren enthalten die Warenverzeichnisse der registrierten Widerspruchszeichen verschiedene Beratungsdienstleistungen, die von dem weiten Oberbegriff "persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse" im Verzeichnis der angegriffenen Marke erfasst werden, so dass auch insoweit eine Identität möglich ist.

Weiterhin geht der Senat -unbeschadet einer möglichen Kennzeichnungsschwäche des in allen eingetragenen Widerspruchsmarken enthaltenen Wortbestandteils "medi" -von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchszeichen jedenfalls in ihrer Gesamtheit aus.

Soweit die Widersprechende mit dem Vortrag, dass es sich bei den Widerspruchszeichen um stark benutzte sowie bei "medi" um eine im Verkehr international durchgesetzte Marke handele, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft geltend machen will, kann dem nicht gefolgt werden. Denn abgesehen davon, dass es nicht um die Bekanntheit eines einzelnen Zeichenbestandteils wie "medi" geht, sondern die gesteigerte Kennzeichnungskraft sich grundsätzlich auf das registrierte Zeichen in seiner Gesamtheit beziehen muss, fehlt es an jeglichem Tatsachen wie z. B. Umsatzzahlen, demoskopische Befragungen und Werbeaufwendungen, die diese Rechtsbehauptung stützen und Rückschlüsse auf eine gesteigerte Kennzeichnungskraft einzelner oder mehrerer Widerspruchsmarke rechtfertigen würden (vgl. dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 191).

Soweit danach angesichts der möglichen Dienstleistungsidentität insgesamt ein deutlicher Markenabstand zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr erforderlich ist, wird dieser durch die angegriffene Marke in jeder Hinsicht eingehalten.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken. Eine zergliedernde Betrachtungsweise einzelner Markenteile ist dabei zu vermeiden; vielmehr ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 111), wobei entsprechend dem Verbraucherleitbild des EuGH auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943 -SAT.2).

Zutreffend ist die Markenstelle davon ausgegangen, dass die angegriffene Marke und die Widerspruchszeichen sich insgesamt nicht nur aufgrund ihrer unterschiedlichen grafischen Ausgestaltungen, sondern auch bei den Wortbestandteilen offensichtlich so deutlich unterscheiden, dass eine Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht kommt, wenn dem in allen Vergleichsmarken übereinstimmende enthaltenden Bestandteil "medi" eine selbständig kollisionsbegründende Stellung zuerkannt werden könnte.

Dem steht zwar nicht entgegen, dass es sich bei der angegriffenen Marke sowie einem Teil der Widerspruchszeichen um Wort-/Bildmarken handelt. Denn jedenfalls in klanglicher Hinsicht ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass bei einer Kombination von Wort und Bild der Verkehr sich regelmäßig an dem Wortbestandteil orientiert, weil dieser die einfachste Möglichkeit der Benennung bietet (vgl. BGH GRUR 2006, 859, 860 Tz. 29 -Malteserkreuz; MarkenR 2008, 405, 407 Tz. 25 -SIERRA ANTIGUO). Eine klangliche Zeichenähnlichkeit kann dabei auch unabhängig von Ähnlichkeiten im Schriftbild oder in begrifflicher Hinsicht für die Annahme einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr i. S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ausreichen (vgl. BGH MarkenR 2008, 325, 329 Tz. 37 -idw; MarkenR 2008, 393, 395 Tz. 21 -HEITEC).

Eine selbständig kollisionsbegründende Stellung könnte dem übereinstimmenden Bestandteil "MEDI/medi" jedoch nur dann zuerkannt werden, wenn dieser entweder den Gesamteindruck der angegriffenen Marke sowie der Widerspruchszeichen derart prägt, dass die anderen Bestandteile in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mehr mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 859, 860 Tz. 18 -Malteserkreuz; MarkenR 2008, 405 406 Tz. 18 -SIERRA ANTIGUO) oder aber -unter dem Gesichtspunkt einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne -es sich um einen lediglich den Gesamteindruck der (mehrteiligen) Widerspruchsmarken prägenden Bestandteil handelt, welcher jedoch innerhalb des angegriffenen Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung besitzt, die den Eindruck hervorruft, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. BGH GRUR 2006, 859, 860 Tz. 18 -Malteserkreuz; MarkenR 2008, 12, 14 Tz. 33 -Interconnect; BGH MarkenR 2008, 405, 408 Tz. 34 -SIERRA ANTIGUO).

Jedoch wird bereits der Gesamteindruck der angegriffenen Marke weder durch "MEDI" geprägt noch kommt diesem Bestandteil innerhalb dieses Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung zu, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr als auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zwischen den Vergleichszeichen bereits aus diesem Grunde ausscheidet.

Der Verkehr wird den Begriff "MEDI" entgegen der Ansicht der Widersprechenden nicht als einen Hinweis auf den Betrieb der Widersprechenden auffassen. Ausschlaggebend dafür ist, dass es sich bei dem durch einen Punkt von dem weiteren Wortbestandteil "AS" getrennten Bestandteil "MEDI" um ein im medizinischen Bereich weit verbreitetes und häufig verwendetes Präfix mit der Bedeutung "medizin" bzw. "medizinisch" handelt (vgl. BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 115/07 v. 22. Juli 2008 -Mediline; HABM vom 22. Februar 2006, R 0375/04-2 -medi24/medi), so dass der Verkehr darin in Zusammenhang mit den von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen nur einen beschreibenden Hinweis auf den Gegenstand der Dienstleistungen bzw. deren Inhalt und Thematik erkennen wird. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die "medizinischen Dienstleistungen". Auch "persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse" können ihrem Oberbegriff nach den medizinischen Bereich betreffen, z. B. in Form von Beratung und/oder Betreuung im Rahmen der Gesundheitspflege. Ebenso kann die Dienstleistung "Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software" sich ihrem Gegenstand und Inhalt nach mit medizinischen Themen befassen. So erfasst dieser Dienstleistungsoberbegriffz. B. die Entwicklung und Herstellung speziell für den medizinischen Bereich bestimmter Hardund Software. Soweit die beiden letztgenannten Dienstleistungen dabei nicht nur im medizinischen Bereich, sondern auch für eine Vielzahl anderer Fachgebiete angeboten und erbracht werden können, steht dies nach Auffassung des Senats einem beschreibenden Charakter und einer damit verbundenen Kennzeichnungsschwäche dieses Begriffs in Bezug auf diese Dienstleistungen nicht entgegen. Denn ähnlich wie bei der Prüfung der absoluten Schutzfähigkeit eine Bezeichnung für einen Warenoder Dienstleistungsoberbegriff nicht eingetragen werden kann, wenn sie für eine unter diesen Oberbegriff fallende Spezialware oder -dienstleistung nicht schutzfähig ist (BGH, GRUR 2002, 261 -AC; GRUR 2006, 850, 856 Tz. 36 -FUSSBALL WM 2006), ist auch die Kennzeichnungskraft einer solchen Bezeichnung für eine Warenoder Dienstleistungsgattung gering oder sie fehlt sogar ganz, wenn diese für eine darunter fallende Spezialware und/oder -dienstleistung gering ist bzw. fehlt (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 145/01 v. 23. Dezember 2002 -LEO/Leo).

Bei einer Wahrnehmung von "medi" in Zusammenhang mit (Dienstleistungs-)-Produkten aus dem Medizinbereich wird der Verkehr diesen Begriff auch nicht statt mit "Medizin" bzw. "medizinisch" mit den Begriffen "Medien, Meditation" oder "mediterran" in Verbindung bringen, so dass auch eine schutzbegründende bzw. normale Kennzeichnungskraft begründende Unbestimmtheit nicht gegeben ist. Abgesehen davon dürfte entsprechend der Rechtslage bei der Prüfung von Schutzhindernissen für die Feststellung einer Kennzeichnungsschwäche insoweit sogar ausreichen, dass lediglich eine der Bedeutungen für die beanspruchte Waren/Dienstleistungen beschreibenden Charakter hat (EuGH, GRUR 2004, 146 Tz. 33 -DOUBLEMINT, GRUR 2004, 222 -BIOMILD; BGH, GRUR 2008, 397, 398 Tz. 15 -SPA II).

Aufgrund des sofort und ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Charakters des Bestandteils "MEDI" sowie seiner häufigen Verwendung als abkürzende Form des Wortes "Medizin" bzw. "medizinisch" besteht für den Verkehr daher kein Anlass, den weiteren, durch einen Punkt von "MEDI" getrennten, aber sonst grafisch und größenmäßig identisch ausgestalteten Wortbestandteil "AS" im Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu vernachlässigen. Er wird diesen Wortbestandteil gleichermaßen wahrnehmen, ohne einem der Bestandteile eine prägende oder auch nur selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb des Zeichens beizumessen. Dies gilt unabhängig davon, ob er den Bestandteil "AS" als frühere Schreibweise des Begriffs "Ass" identifiziert (vgl. DUDEN Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. S. 179) und die Wortfolge "MEDI.AS" entsprechend dem Bedeutungsgehalt dieses Begriffs als (schlagwortartigen) Hinweis auf ein medizinisches Spitzenprodukt versteht.

Soweit im Einzelfall auch kennzeichnungsschwachen Elementen innerhalb eines jüngeren Zeichens im Fall einer Kombination mit einem bekannten Unternehmens,-Firmenoder Serienkennzeichen eine eigenständige, produktbezogene Kennzeichnungsfunktion gegenüber dem weiteren (Wort-)Bestandteil zuerkannt wird (vgl. BGH, MarkenR 2008, 12, 15 Tz. 35 -Interconnect; MarkenR 2008, 436, 439 Tz. 38 -Pantohexal), kommt dem vorliegend keine Bedeutung zu, da der weitere Bestandteil ".AS" des angegriffenen Zeichens nicht als Unternehmens,-Firmenoder Serienbestandteil erkennbar ist (vgl. dazu auch die Entscheidung BGH, MarkenR 2008, 440, 443 Tz. 39 -Pantogast, in welcher der BGH dem übernommenen Bestandteil "Panto" bei Kombination mit der -ebenfalls beschreibenden -Sachangabe "gast" anders als im Falle der Kombination mit dem Firmenbestandteil "hexal" zu "Pantohexal" keine selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb des angegriffenen Zeichens zuerkennt).

Die Kennzeichnungsschwäche des Bestandteils "MEDI" dürfte auch einer prägenden Stellung des übereinstimmenden Wortbestandteils "medi" innerhalb der registrierten Widerspruchszeichen entgegenstehen, so dass die Widersprechende auch aus diesem Grunde keine Rechte aus der Übereinstimmung der Zeichen in dem Bestanteil "MEDI/medi" herleiten könnte. Die im Identitätsund engsten Ähnlichkeitsbereich zu den Dienstleistungen der angegriffenen Marke liegenden Dienstleistungen dieser Marke können ihrem Gegenstand nach ebenfalls für medizinische Zwecke erbracht werden bzw. sich inhaltlich und thematisch mit medizinischen Fragen beschäftigen. Auch insoweit hat der Verkehr daher grundsätzlich keine Veranlassung, diese Zeichen auf "medi" zu verkürzen oder diesen Bestandteil als selbständig kennzeichnend wahrzunehmen; vielmehr wird er sich an den weiteren Wortbestandteilen gleichermaßen orientieren. Dies gilt in Bezug auf die Widerspruchsmarken 303 63 899 "medi-Verband" und "EU 2 414 696 "world of medi" um so mehr, als diese einen gesamtbegrifflichen Aussagehalt vermitteln. Letztlich bedarf es aber im Hinblick darauf, dass sowohl eine unmittelbare Verwechslungsgefahr wie auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne bereits deshalb ausschieden, weil dem Bestandteil "MEDI" bereits im Gesamteindruck der angegriffenen Marke keine selbständig kollisionsbegründende Stellung beigemessen werden kann, keiner abschließenden Entscheidung, wie und ggf. in welchem Umfang dies bei den Widerspruchszeichen zu beurteilen wäre.

Der Bestandteil "MEDI" ist auf Seiten der angegriffenen Marke aufgrund seines beschreibenden Charakters und der damit verbundenen Kennzeichnungsschwäche auch nicht geeignet, als kennzeichnungskräftiger Stammbestandteil einer Zeichenserie zu wirken, so dass auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Serienmarke ausscheidet. Die Widerspruchsmarken erwecken zudem nicht nur wegen ihrer unterschiedlichen grafischen Gestaltung, sondern auch aufgrund der Art der jeweiligen Abwandlungsbestandteile nicht den Eindruck einer einheitlichen Serie. So weichen die einen gesamtbegrifflichen Eindruck hervorrufenden Marken "World of Medi" und "medi-Verband" in ihrer Zeichenstruktur deutlich von den übrigen Widerspruchsmarken ab, bei welchen dem Begriff "medi" jeweils eine sloganartige Wortfolge ("Gesundheit fürs Leben" bzw. "ich fühl mich besser") angefügt ist. Einer Verwechslungsgefahr unter diesem Gesichtspunkt steht ferner entgegen, dass die Widersprechende eine Benutzung der einzelnen Marken der Zeichenserie nicht belegt hat, wovon aber die Annahme einer Verwechslungsgefahr in Form des gedanklichen Inverbindungbringens aufgrund des Bestehens einer Zeichenserie abhängt (vgl. EuGH MarkenR 2007, 427, 432 Tz. 64 -BAINBRIDGE).

Im Hinblick auf die unterschiedliche Charakteristik des als Wort-/Bildmarke ausgestalteten angegriffenen jüngeren Zeichens sowie aus den dargelegten Gründen bietet auch die aktuelle Entscheidung 32 W (pat) 125/07 v. 26. Februar 2009 -"medi-LIVE-talk" für den Senat keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.

B. Soweit sich die Beschwerde mangels Einschränkung auch gegen die Zurückweisung des Widerspruches aus einer notorisch bekannten Marke "medi" richtet, konnte sie ebenfalls keinen Erfolg haben, weil die Widersprechende die Notorietät des Zeichens im Inland weder vor der Markenstelle noch im Beschwerdeverfahren näher dargelegt hat.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

Kliems Bayer Merzbach Hu






BPatG:
Beschluss v. 15.04.2009
Az: 25 W (pat) 48/07


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