Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Juli 2011
Aktenzeichen: 7 W (pat) 54/11

(BPatG: Beschluss v. 13.07.2011, Az.: 7 W (pat) 54/11)

Tenor

1.

Das Beschwerdeverfahren ist in der Hauptsache erledigt.

2.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin hat am 16. September 2005 die Erfindung mit der Bezeichnung Transportierbarer, konfigurierbarer Informationsträger und Verfahren hierzuzum Patent angemeldet. Mit Prüfungsbescheid vom 12. November 2007 sowie in der Anhörung vom 19. Dezember 2007 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F darauf hingewiesen, dass ihres Erachtens der Erfindungsgegenstand nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, um von einem Fachmann ausgeführt zu werden, so dass mit einer Zurückweisung wegen mangelnder Offenbarung gerechnet werden müsse. Die Anmelderin hat hierzu jeweils im Einzelnen Stellung genommen und die Anmeldung mit einem Hauptund vier Hilfsanträgen weiterverfolgt.

Mit Beschluss vom 18. Juni 2008 hat die Prüfungsstelle die Patentanmeldung nach § 48 PatG zurückgewiesen, was im Wesentlichen darauf gestützt ist, dass die Erfindung nicht ausreichend offenbart sei.

Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 11. Juli 2008 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin am 25. Juli 2008 Beschwerde eingelegt, in der sie zugleich die Rückzahlung der Beschwerdegebühr und hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

Nachdem am 1. April 2011 im Register vermerkt wurde, dass die Anmeldung infolge Zahlung der zuletzt fällig gewordenen Jahresgebühr als zurückgenommen gilt, hat die Anmelderin ihren Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr aufrecht erhalten. Sie stützt diesen im wesentlichen darauf, dass der angefochtene Beschluss ihren Sachvortrag zum Einwand der mangelnden Offenbarung missachtet habe, indem er sich mit ihnen nicht einmal ansatzweise auseinandersetze; vielmehr seien seine Ausführungen hierzu lapidar. Damit sei der Beschluss begründungslos und verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Es handele sich vielmehr um eine Willkürentscheidung, was sich aus der Erteilung der korrespondierenden, am 1. September 2006 angemeldeten europäischen Patents EP 1 924 920 B1 ergebe, dessen Erteilung allein der Grund für das Fallenlassen der hiesigen nationalen Anmeldung gewesen sei.

II. A. Nachdem die Anmeldung infolge der Nichtzahlung der zuletzt fällig gewordenen Gebühr als zurückgenommen gilt, ist das Beschwerdeverfahren gegenstandlos geworden, so dass es sich in der Hauptsache erledigt hat.

B. Der -von der Erledigung in der Hauptsache unabhängige -Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist zurückzuweisen, weil ein Billigkeitsgrund, der nach § 80 Abs. 3 PatG eine solche Entscheidung rechtfertigen würde, nicht besteht.

1. Über diesen Antrag kann trotz des hierauf gerichteten Hilfsantrags der Anmelderin ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil eine mündliche Verhandlung für den hier vorliegenden Fall, dass nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden ist, entbehrlich ist (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 128 Abs. 3 ZPO).

2. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör der Anmelderin (Art. 103 GG) liegt erkennbar nicht vor.

Ein solcher Verstoß kann angesichts des Erlasses eines Prüfungsbescheides und der Durchführung einer Anhörung, in welcher die Anmelderin Gelegenheit hatte, zu allen für die Endentscheidung wesentlichen Fragen vortragen zu können, nicht damit begründet werden, dass das Patentamt der Anmelderin keine oder nicht hinreichend Gelegenheit zur Äußerung zu den rechtlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der Schutzfähigkeit ihrer Anmeldung eingeräumt hätte.

Auch liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs aus dem Gesichtpunkt vor, dass das Patentamt das Vorbringen der Anmelderin nicht zur Kenntnis genommen hätte.

Dies kann allerdings nicht allein damit begründet werden, dass das Patentamt in der Begründung seiner Entscheidung nicht auf alle Gesichtspunkte im Vortrag der Anmelderin eingegangen sei. Eine solche detaillierte Auseinandersetzung mit allen Einzelheiten des Vorbringens eines Beteiligten ist schon deshalb nicht erforderlich, weil die Begründung des Beschlusses (§ 47 Abs. 1 Satz 1 PatG) nur die Erwägungen enthalten soll, die für die Entscheidung des Patentamts nach seinem Rechtsstandpunkt wesentlich sind, so dass Ausführungen zu Gesichtspunkten, die erkennbar außerhalb der für die Entscheidung maßgeblichen Gründe liegen, von vornherein nicht erwähnt werden müssen. Aber auch bei solchen Gesichtspunkten, die für die Entscheidung von Bedeutung sind, bedarf es nicht einer detaillierten Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten des Beteiligten; denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Patentamt das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, ohne dass es verpflichtet wäre, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen; daher kann aus dem Umstand, dass auf Tatsachevortrag eines Anmelders im abschließenden Beschluss nicht eingegangen wird, nicht zwingend auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geschlossen werden (vgl. BGH GRUR 2007, 862, 864 [Rn. 31] -Informationsübermittlungsverfahren II; s. a. Schulte, PatG, 8. Aufl., Einl Rn. 237). Anders wäre dies nur, wenn das Patentamt auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, nicht eingeht, obwohl der vom Beteiligten vorgetragene Gesichtspunkt auch nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts erheblich und nicht offensichtlich unsubstanziiert war; dann ließe dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen (BVerfGE 86, 133 [146]). Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt auch in diesem Fall dabei aber nur dann vor, wenn der auch nach dem Rechtsstandpunkt des Patentamts wesentliche Tatsachenvortrag überhaupt nicht berücksichtigt worden ist; fand er aber Berücksichtigung, kann ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör nicht damit begründet werden, das Patentamt habe das von ihm berücksichtigte Tatsachenvorbringen nicht richtig gewürdigt; denn der Anspruch auf rechtliches Gehör soll nur garantieren, dass das Patentamt ein Vorbringen überhaupt wahrnimmt und bei seiner Entscheidung berücksichtigt, nicht aber, dass es dieses -aus Sicht des Beteiligten "richtig" würdigt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist vorliegend ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör nicht erkennbar. Das Patentamt ist in seiner Entscheidung vielmehr auf die Einwände der Anmelderin zur beanstandeten mangelnden Offenbarung ausdrücklich -und nach Ansicht des Senats auch hinreichend detailliert -eingegangen. Allein der Umstand, dass es dabei zu einem anderen sachlichen Ergebnis als die Anmelderin gelangte, begründet -unabhängig davon, ob die Kritik der Anmelderin überhaupt sachlich berechtigt ist oder nicht -nach den obigen Ausführungen schon im Ansatz keinen Verstoß gegen das rechtliche Gehör.

3. Auch liegt ein Billigkeitsgrund, der eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen würde, entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht deshalb vor, weil die Begründung des angefochtenen Beschlusses Mängel aufwiese. Dies ist vorliegend vielmehr nicht der Fall.

Begründungsmängel weist ein Beschluss nur dann auf, wenn eine Begründung gänzlich fehlt oder in einer solchen Weise formelhaft, nichtssagend, widersprüchlich oder unvollständig ist, dass weder die Beteiligten noch das Beschwerdegericht in die Lage versetzt wäre, die maßgebenden Gründe der Entscheidung zweifelsfrei zu entnehmen (vgl. Schulte, PatG 8. Aufl., § 73 Rn. 136 m. w. N.). Sind die tragenden Gründe aber erkennbar, liegt selbst dann, wenn die Begründung qualitativ schlecht wäre (wovon hier nach Ansicht des Senats aber keineswegs ausgegangen werden kann), ein Billigkeitsgrund nach § 80 Abs. 3 PatG nicht vor (vgl. Schulte, a. a. O.). Dass das Patentamt in der Sache eine andere Ansicht als der Beschwerdeführer vertreten hat, stellt selbst dann, wenn das Gericht -etwa in seiner abschließenden Entscheidung über die Patentfähigkeit -die Auffassung des Beschwerdeführers in der Sache teilen sollte, keinen Grund für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr dar.

Dass der vorliegende, eingehend begründete Beschluss nicht erkennen ließe, welche Gesichtspunkte für das Patentamt für seine Zurückweisung der Anmeldung wegen fehlender Offenbarung der Erfindung maßgebend waren, hat weder die Anmelderin im Einzelnen aufgezeigt, noch sind sie für den Senat feststellbar; vielmehr können die tragenden Erwägungen des Patentamts seinem angefochtenen Beschluss ohne Mühe entnommen werden. Damit scheidet eine Zurückzahlung der Beschwerdegebühr wegen Begründungsmängeln des angefochtenen Beschlusses aus.

4. Da somit ein Billigkeitsgrund, der eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG rechtfertigen würde, weder von der Anmelderin hinreichend dargelegt wurde noch anderweitig erkennbar ist, war der hierauf gerichtete Antrag der Anmelderin zurückzuweisen.

Höppler Hartung Schwarz Maile Hu






BPatG:
Beschluss v. 13.07.2011
Az: 7 W (pat) 54/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/567b9fc88ffe/BPatG_Beschluss_vom_13-Juli-2011_Az_7-W-pat-54-11




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share