Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 27. März 1990
Aktenzeichen: 7 TG 3310/88

(Hessischer VGH: Beschluss v. 27.03.1990, Az.: 7 TG 3310/88)

Gründe

Der Antragsteller ist selbstständig tätiger Volkswirt, der kleine und mittlere Unternehmen berät. Mit seiner Beschwerde wandte er sich gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juli 1988, mit dem seine Anträge zurückgewiesen wurden, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten,

1. bei Speicherung neuer Daten zu der Person des Antragstellers diese Daten

sofort zu sperren, hilfsweise neue Daten nicht zu speichern,

2. die zur Person des Antragstellers beim Bundesamt für Wirtschaft und

gegebenenfalls bei nachgeordneten Leitstellen gespeicherten Daten vorläufig zu sperren.

Die Ausführungen der Beteiligten in den Schriftsätzen vom 27. Februar und 8. März 1990 sind als Erledigungserklärungen auszulegen. Damit sind die Folgen dieser Prozeßhandlungen festzustellen und ist über die Kosten des gesamten Verfahrens gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hiernach werden die Verfahrenskosten den Beteiligten aus folgenden Gründen je zur Hälfte auferlegt:

Es ist offen, ob der Antrag zu 1., den das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluß zutreffend als zulässig angesehen hat, im Falle einer Fortsetzung des Verfahrens Erfolg gehabt hätte. Es erscheint nicht zweifelsfrei, ob die Auffassung der Antragsgegnerin zutrifft, § 9 Abs. 1 BDSG stelle hier eine ausreichende gesetzliche Grundlage dar. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat insoweit in seinem 10. Tätigkeitsbericht unter 25.1.2 zur Speicherungspraxis des Bundesamts für Wirtschaft ausgeführt, mangels einer gesetzlichen Verarbeitungsgrundlage müsse sich dieses entscheiden, entweder den Berater um seine Einwilligung zur Speicherung seiner personenbezogenen Daten zu bitten oder -- ohne eine derartige Speicherung -- eine inhaltliche Prüfung der Zuschußvoraussetzungen in jedem Einzelfall durchführen. Der Senat hält es nicht für angezeigt, auf die sich insoweit stellenden komplexen Rechtsfragen im Rahmen der Entscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO näher einzugehen, zumal der Sachverhalt noch nicht hinreichend aufgeklärt ist (vgl. den Schriftsatz des Antragstellers vom 6. Dezember 1989, Bl. 227 ff. d.A.) und weitere Aufklärungsmaßnahmen nach Erledigung der Hauptsache nicht mehr möglich sind. Inzwischen sind im übrigen neue Richtlinien (vom 20. November 1989, BAnZ Nr. 242 a vom 28. Dezember 1989) in Kraft getreten, die eine Einwilligungslösung vorsehen (vgl. § 3 Satz 1 Nr. 2 BDSG).

Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, daß dem Antrag zu 1., der als Begehren auf vorläufige Sperrung auszulegen ist, nicht schon im Hinblick auf den Grundsatz der Unzulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache zwingend der Erfolg versagt bleiben muß. Im Hauptsacheverfahren (Verwaltungsgericht Frankfurt II/V E 682/89) begehrt der Antragsteller nämlich die Löschung der zu seiner Person gespeicherten Daten. Die vorliegend begehrte Sperrung -- mit der Konsequenz einer weitgehenden Nutzungsbeschränkung (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 3 BDSG) -- stellt sich als vorläufige Maßnahme im Verhältnis zu der in § 14 Abs. 3 Satz 2 BDSG geregelten Löschung dar.

§ 14 Abs. 2 BDSG ist zwar grundsätzlich eine auf Dauer gerichtete Maßnahme. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift nicht vorliegen sollten, kann jedoch -- ohne daß dies hier der abschließenden Entscheidung bedarf -- im Hinblick auf den mit der Vorschrift intendierten Interessenausgleich (vgl. Mallmann in Simitis/Dammann/Mallmann/Reh, BDSG, 3. Aufl. § 14 Rdnr. 29) eine entsprechende Anwendung des § 14 Abs. 2 BDSG im Verfahren nach § 123 VwGO in Betracht kommen, wenn im Hauptsacheverfahren die Löschung personenbezogener Daten begehrt wird.

Was den Antrag zu 2. angeht, so erscheint fraglich, ob dem Antragsteller entgegengehalten werden kann, daß er zunächst die Überprüfung der Angelegenheit durch den Bundesbeauftragten für Datenschutz abgewartet und erst aufgrund dessen rechtlicher und tatsächlicher Feststellungen im 10. Tätigkeitsbericht den vorliegenden Eilantrag gestellt hat. Letztlich lassen die oben gemachten Ausführungen die Erfolgsaussichten auch hinsichtlich des Antrags zu 2. offen erscheinen. Insbesondere wäre auch insoweit im Falle der Fortsetzung des Verfahrens eine weitere Aufklärung des Sachverhalts notwendig gewesen.






Hessischer VGH:
Beschluss v. 27.03.1990
Az: 7 TG 3310/88


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