Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. April 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 446/99
(BPatG: Beschluss v. 18.04.2001, Az.: 32 W (pat) 446/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 13. Oktober 1997 und vom 19. Juli 1999 aufgehoben soweit die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 394 04 960 gelöscht wurde.
Der Widerspruch aus der Marke 394 04 960 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für Tiefkühlkost und Tiefkühl-Fertiggerichte, nämlich Pizzen, Pizza-Schnitten, Backwaren, einschließlich Baguette und Brot, Torten, belegt mit Käse, Zwiebeln und Schinken, und Fertiggerichte, im wesentlichen bestehend aus Fleisch, Soße, einschließlich Salatsoßen, Wurst, Schinken, Tomaten, Käse, Hefeteig, Gemüse und Fisch; Tiefkühlkost und Tiefkühl-Fertiggerichte, nämlich Fertiggerichte, im wesentlichen bestehend aus Fleisch, Soße, einschließlich Salatsoßen, Wurst, Schinken, Tomaten, Käse, Hefeteig, Gemüse und Fischam 14. Juli 1995 angemeldete und am 30. April 1996 eingetragene Wortbildmarkesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben aus der für Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Wurst, Fleischwaren und Wurstwaren; Fleischextrakte; tiefgefrorenes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Fleisch-, Wurst-, Wild-, Geflügel-, Obst- und Gemüsegallerten; Konfitüren; Eier, Milch und Milchprodukte, nämlich Butter, Käse, Sahne, Joghurt, Quark, Trockenmilch für Nahrungszwecke, Kondensmilch; Desserts aus Joghurt, Quark, Milch und Sahne unter Zusatz von gelatine- oder stärkehaltigen Bindemitteln; Milchmischgetränke mit überwiegendem Milchanteil, auch solche mit Zusatz von Früchten; Speiseöle und -fette, Margarine; Salatsaucen; Fleisch-, Fisch-, Geflügel-, Wild-, Obst- und Gemüsekonserven; Picklesam 30. Mai 1995 eingetragenen Wortmarke DOMINO.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die angegriffene Marke wegen der Gefahr von Verwechslungen mit der Widerspruchsmarke gelöscht. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Waren seien ähnlich bis identisch und die Marken klanglich ähnlich, da die unterschiedlichen Konsonanten eng klangverwandt seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie ist der Auffassung, daß keine Warenidentität vorliege, da nur Tiefkühlkost und Tiefkühlfertiggerichte mit der angegriffenen Marke beansprucht würden; in einem solchen Fall sei die Gefahr von Verwechslungen nicht zu befürchten.
Sie beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Oktober 1997 und vom 19. Juli 1999 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die sich gegenüberstehenden Waren zumindest für teilweise identisch und weist auf die klangliche Ähnlichkeit, wie von der Markenstelle bereits festgestellt, hin.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH MarkenR 2000, 359, 360 - Bayer/BeiChem).
Die sich gegenüberstehenden Waren sind nicht identisch. Der höchste Grad der Ähnlichkeit liegt zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten "Fertiggerichten" (in tiefgekühlter Form) und den durch die Widerspruchsmarke geschützten "Fleischwaren" vor. Fertiggerichte sind definitionsgemäß "Hauptgerichte, die abgesehen von individuell erwünschter Komplettierung durch Vorspeise, Dessert oder empfehlenswerte Frischsalate keiner weiteren Ergänzung bedürfen" (Muermann, Lexikon Ernährung, 1998). "Fleischwaren" dagegen sind "im Handel befindliche, aus Fleisch hergestellte Erzeugnisse (Dr. Oetker Lexikon Lebensmittel und Ernährung 3. Aufl 1989). Damit besteht zwischen den jeweiligen Waren ein Unterschied insoweit, als bei einem "Fertiggericht" eine im wesentlichen vollständige Mahlzeit erwartet wird und die Fleischware immer nur ein Teil davon bleibt. Die Waren sind jedoch hochgradig ähnlich. Waren sind dann ähnlich, wenn sie so enge Berührungspunkte aufweisen, daß die beteiligten Verkehrskreise (hier: die breite Masse der Verbraucher) der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 41). Fertiggerichte und Fleischwaren weisen ganz enge Berührungspunkte auf. So können beide - auch in tiefgekühlter Form - in denselben Herstellungsbetrieben produziert werden. Auch Stoffbeschaffenheit und Vertriebswege können sich decken, zumal es Fertiggerichte gibt, bei denen die Fleischware nur noch durch eine Sauce zum Fertiggericht vervollständigt wird.
Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist die Widerspruchsmarke als durchschnittlich kennzeichnungskräftig anzusehen. Zur Vermeidung von Verwechslungen ist damit ein deutlicher Warenabstand erforderlich, den die Widerspruchsmarke einhält. In schriftbildlicher Hinsicht sind sich die Marken wegen des Bildbestandteils des angegriffenen Zeichens nicht ähnlich. In klanglicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß das angegriffene Zeichen mit seinem Wortbestandteil "TONINO" benannt werden wird, da der Erfahrungssatz Anwendung findet, daß sich der Verkehr bei kombinierten Wort-/Bildzeichen jedenfalls bei - wie vorliegend - normaler Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils eher an dem Wort als an den Bildbestandteilen orientiert, weil das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist, die Ware zu bezeichnen (vgl BGH GRUR 2000, 506, 509 - ATTACHÉ/TISSERAND). Die Worte DOMINO und TONINO sind deutlich unterschiedlich. Die Unterschiede zwischen "D" und "T" am Wortanfang sind deutlich hörbar. Hinzu kommt, daß die Widerspruchsmarke auf der ersten Silbe und das angegriffene Zeichen auf der zweiten Silbe betont wird. Bei den vorliegenden Unterschieden wird der Verbraucher dann auch die unterschiedlichen Sinngehalte von DOMINO (= Spiel oder Figur) und TONINO (= italienischer Vorname oder Fantasiewort) erkennen, so daß Verwechslungen nicht zu befürchten sind.
Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.
Winkler Dr. Albrecht Sekretaruk Fa/Ju Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)446-99.1.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 18.04.2001
Az: 32 W (pat) 446/99
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