Amtsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 24. März 2015
Aktenzeichen: 57 C 9341/14

(AG Düsseldorf: Urteil v. 24.03.2015, Az.: 57 C 9341/14)

Der Schadenersatz gemäß Lizenzanalogie bei lediglich einer festgestellten IP-Adresse orientiert sich grundsätzlich an der Anzahl der möglichen Downlods Dritter unter Beteiligung von Chunks der Beklagtenseite für die Dauer der eigenen Downloadzeit (vgl. bereits AG Düsseldorf 57 C 7592/14 vom 13.01.2015, BeckRS 2015, 02395). Bei geringer Größe der herunterzuladenden Datei können sich hieraus aber Werte ergeben, die unangemessen niedrig sind, so dass bei der Schätzung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO dann von der doppelten eigenen Downloadzeit auszugehen ist. Dies rechtfertigt sich daraus, dass ein Abbruch der Verbindung exakt im Zeitpunkt des Ende des Downloads nicht zu erwarten ist. Angesichts des Zwecks des Filesharings, sich eine Kopie zur Eigennnutzung zu verschaffen, kann aber ohne Ermittlung weiterer IP-Adressen nicht von einer noch längeren Verbreitungszeit ausgegangen werden.

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 99,00 EUR (in Worten: neunundneunzig Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 90% und der Beklagte zu 10%.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin einiger ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk "...#." Neben DVD-Rechten steht der Klägerin insbesondere das Recht zum "On Demand View" über Internet zu. Am 10.11.2009 um 14:35 Uhr erfolgte unter der zu dieser Zeit dem Anschluss des Beklagten zugeordneten IP-Adresse ... eine Verbreitung dieses Werkes über das Filesharing-Netzwerk Bittorrent, die verbreitete Datei wies dabei eine Größe von 749 MB auf. Mit Schreiben vom 01.11.2010 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf.

Die Klägerin behauptet,

der Beklagte habe das oben genannte Werk zum dort genannten Zeitpunkt selbst über das Bittorrent-Netzwerk verbreitet.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadenersatz gemäß Lizenzanalogie, der Höhe nach ins Ermessen des Gerichts gestellt, mindestens jedoch 400 Euro, sowie 555,60 Euro Kosten der Abmahnung zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin ist zunächst im Mahnverfahren vorgegangen. Nach Widerspruch ist die Klägerin am 02.01.2014 zur Zahlung der weiteren Kosten des streitigen Verfahrens aufgefordert worden, diese sind sodann am 30.06.2014 gezahlt worden. Am 17.07.2014 ist die Akte beim Streitgericht eingegangen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Der Beklagte ist als Täter der hier streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung gemäß § 97 Abs. 2 UrhG anzusehen.

Gemäß der Bearshare-Entscheidung des Bundesgerichtshofs besteht zunächst eine durch den Anschlussinhaber zu widerlegende tatsächliche Vermutung seiner Alleinnutzung, die bereits dann widerlegt ist, wenn weitere Personen freien Zugriff auf den Anschluss hatten. Zusätzlich trifft den Anschlussinhaber sodann eine sekundäre Darlegungslast dahingehend vorzutragen, dass weitere Mitnutzer ernsthaft als mögliche Täter in Betracht kommen, in diesem Umfang trifft den Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch eine Recherchepflicht, eine Veränderung der Beweislast ist mit dieser sekundären Darlegungslast nicht verbunden, vielmehr ergibt diese sich ausschließlich daraus, dass der Vortrag von Tatsachen geboten ist, die für die Beklagtenseite leicht vortragbar sind, während sie sich der Sphäre der beweisbelasteten Klägerseite entziehen (BGH NJW 2014, 2360).

Die tatsächliche Vermutung der Alleinnutzung des Anschlusses durch den Beklagten ist bereits dadurch widerlegt, dass gemäß unbestrittener Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung es sich um einen Familienanschluss handelt, den sowohl sein Bruder als auch seine Eltern im Zeitraum der behaupteten Verletzungshandlungen mitgenutzt haben. Weitergehender Feststellungen, insbesondere zum Umfang der zeitlichen Nutzung des Anschlusses, bedarf es zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung nicht. Die Begründung einer tatsächlichen Vermutung ist nämlich nur dann zulässig, wenn ein gesicherter Erfahrungssatz vorliegt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die vermutete Tatsache schließen lässt (Musielak JA 2010, 565). Wird ein Internetanschluss nicht nur vom Anschlussinhaber genutzt, sondern darüber hinaus unbeaufsichtigt von weiteren Personen, spricht - unabhängig von der Frage der Nutzung des Internetanschlusses an einem bestimmten Tag - die Lebenserfahrung nicht mehr dafür, dass lediglich der Anschlussinhaber als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt, denn schon die abstrakte Zugriffsmöglichkeit lässt unabhängig von der tatsächlichen Nutzung zu einem bestimmten Zeitpunkt die Grundlage des vom BGH angenommenen Erfahrungssatzes, dass der Anschlussinhaber als typischer Alleinnutzer anzusehen sei, entfallen (siehe auch die wörtlichen Ausführungen in BGH NJW 2014, 2360):

"Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten ... ."

Für den Wegfall der tatsächlichen Vermutung genügt also bereits die reine Zugriffsmöglichkeit.

Der Beklagte ist jedoch seiner ihm darüber hinaus obliegenden sekundären Darlegungslast, Umstände vorzutragen, die die ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft eines weiteren Mitnutzers eröffnen, nicht nachgekommen. Nach seinem Vortrag, dass die übrigen Mitnutzer kein Filesharing betrieben haben, scheiden diese als potenzielle Täter aus. Auch ergeben sich aus dem Vortrag des Beklagten keine Tatsachen, die es denkbar erscheinen lassen, dass unberechtigte Dritte über das WLAN auf den Anschluss zugegriffen haben. Dem Vortrag des Beklagten ist auch nicht zu entnehmen, dass er die Richtigkeit der Ermittlung und Zuordnung der IP-Adresse zu seinem Anschluss bestreiten will. Der Hinweis, er befürchte, dass man "Internet-IDs" kaufen könne und er deswegen die Abmahnung erhalten habe, genügt hierfür nicht. Es ist schon nicht klar, was unter einer "Internet-ID" zu verstehen sein soll; soweit hiermit eine IP-Adresse gemeint sein sollte, so ist diese nicht käuflich zu erwerben, sondern wird von jeweiligen Provider dem einzelnen Nutzer bei Verbindung mit dem Internet zugeteilt. Im Übrigen bestreitet der Beklagte mit seiner Äußerung auch keine Tatsachenbehauptungen der Klägerin, sondern stellt lediglich Mutmaßungen auf.

Da somit mangels Nachkommens der sekundären Darlegungslast der Beklagte als Täter der Urheberrechtsverletzung gemäß § 97 Abs. 2 UrhG anzusehen ist, ist sodann die Höhe des Schadenersatzes zu ermitteln. Dabei ist die Berechnung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zulässig. Stehen der Klägerin nur sonstige ausschließliche Rechte am Werk zu, so hat sie in Bezug auf eine unerlaubte Internetverbreitung ein negatives Verbietungsinteresse und damit einen Unterlassungsanspruch und einen Schadenersatzanspruch bezüglich des durch die unerlaubte andere Verbreitung entstandenen Schadens (BGH GRUR 1999, 984). Indes kann der insoweit entstandene Schaden aber nur konkret und nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werden. Zweck dieser Berechnungsmethode ist es, den Schädiger nicht besser zu stellen als im Fall einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechtsinhaber, die Lizenzanalogie läuft also auf die Fiktion eines Lizenzvertrages hinaus (BGH GRUR 1990, 1008). Diese Fiktion läuft jedoch leer, wenn die Klägerseite mangels Inhaberschaft einer entsprechenden Lizenz selbst nicht zur Vergabe von Internetlizenzen berechtigt ist. Soweit teilweise in der Literatur angeführt wird, für die Berechnung des Schadenersatzes nach Lizenzanalogie sei es unerheblich, ob der Verletzte rechtlich in der Lage ist, die Lizenz zu erteilen (Wandtke-Bullingerv. Wolff UrhG § 97 Rn. 71), gibt dies die Rechtslage stark verkürzt wieder. Vielmehr hat auch der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass Voraussetzung für den Schadenersatz nach Lizenzanalogie die rechtliche Möglichkeit der Lizenzeinräumung ist; wobei es hierfür genügt, dass der Verletzte in der Lage ist, sich mit schuldrechtlicher Wirkung gegenüber Dritten zu verpflichten, die sich aus der Verletzung seines Rechtes ergebenden Ansprüche nicht geltend zu machen (BGH GRUR 1966, 275 (276)); weiter ist der Schadenersatz für den Fall einer auf dem Verhalten des Verletzers beruhenden Unzulässigkeit eines Lizenzvertrages für die konkrete Nutzung nach dem Inhalt eines zulässigen Lizenzvertrages zu bestimmen (BGH GRUR 1996, 275 (276)). Auf das Filesharing übertragen bedeutet dies, dass Erwägungen bezüglich einer allgemeinen Unzulässigkeit von Filesharing-Lizenzen den Schadenersatz nach Lizenzanalogie ebenso wenig berühren wie eine etwaig fehlende Berechtigung des Rechteinhabers, seine ihm gemäß §19a UrhG zustehenden Internet-Verbreitungsrechte weiter zu lizenzieren. Hingegen verbleibt es dabei, dass die Berechnung des Schadenersatzes nach Lizenzanalogie nicht zulässig ist, wenn ein Lizenzvertrag über die Internetverbreitung eines Werkes daran scheitert, dass der Verletzte selbst keine Rechte für diese Vertriebsform inne hat. So verhält es sich hier jedoch nicht. Zwar steht der Klägerin hinsichtlich der Internetrechte gemäß Anlage K5 nur das Recht zum "On Demand / Demand View" zu, was lediglich den Einzelabruf, nicht hingegen die Verbreitung des Werkes durch Dritte ermöglicht, jedoch genügt diese für eine ausreichende Vergleichbarkeit des gewährten Nutzungsrechts mit der Verbreitung durch Filesharing. Entscheidend ist nicht, ob die Klägerin in der Lage wäre, Dritten das Recht zur Verbreitung des Werkes über das Internet einzuräumen. Ebenso wenig wie es die Berechnung nach Lizenzanalogie hindert, wenn die Klägerin Inhaberin umfassender Internetrechte wäre, diese aber gemäß Vertragsinhalt mit dem Lizenzgeber nicht weiterlizenzieren dürfte, hindert es diese Berechnungsmethode nicht, dass der Klägerin allgemein lediglich der Teilbereich On-Demand-View der Internetrechte eingeräumt ist. Entscheidend ist lediglich, ob die vom Verletzer betriebene Nutzungsart mit der eingeräumten vergleichbar ist, mithin eine gedachte Weiterlizenzierung der der Klägerin gewährten Rechte an den Verletzer zu einer ähnlichen Position führen würde wie die zu Unrecht in Anspruch genommene. Dies ist hier der Fall, weil der Inhaber einer Lizenz zum On-Demand-View berechtigt ist, das Werk auf eine solche Art und Weise ins Internet zu stellen, dass Interessierte zu einem von ihnen gewählten Zeitpunkt hierauf zugreifen können und zur dauerhaften Speicherung einer Kopie zur Eigennutzung in die Lage versetzt werden. Gleiches ermöglicht ein Filesharer den übrigen Nutzern des Filesharing-Netzwerkes, solange er mit diesem verbunden ist.

Nach der vom Gericht bevorzugten Berechnungsmethode ist bei nur einer zugeordneten IP-Adresse davon auszugehen, dass eine Verbindung mit dem Filesharing-Netzwerk nur für die Dauer des eigenen Downloadvorgangs bestand, bei mehreren zugeordneten IP-Adressen ist ein vernünftiger Zeitraum der Nutzung des Filesharing-Netzwerkes zu schätzen. Es ist sodann die Anzahl der für die Rechtsverletzung relevanten Downloads durch Dritte unter Beteiligung von Chunks der Beklagtenseite in diesem Zeitraum zu bestimmen und mit dem Lizenzbetrag pro Einzeldownload zu multiplizieren, sodann ist der so errechnete Betrag wegen der Eingriffsschwere des Filesharings zu verdoppeln und abschließend eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen (siehe bereits AG Düsseldorf 57 C 16445 / 14, BeckRS 2014, 12540 und 57 C 7592 / 14, BeckRS 2015, 02395; auch kostenfrei abrufbar über die Entscheidungsdatenbank NRW-E). Bei einem Verkaufspreis von 15 Euro brutto zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung ist die Lizenzgebühr ohne näheren Vortrag auf 20% des Nettoverkaufspreises, also 2,52 Euro, zu schätzen. Aus anderen Verfahren ist der Spezialabteilung des Amtsgerichts bekannt, dass Lizenzgebühren meist 20-30% des Verkaufspreises betragen, mangels näheren Vortrags der Klägerseite hierzu ist eine zurückhaltende Schätzung geboten. Soweit die Klägerin in ihrer Klageschrift im Rahmen eines Rechenbeispieles einen Lizenzbetrag von 5 Euro anführt, ist schon der für eine Tatsachenbehauptung erforderliche konkrete Fallbezug nicht erkennbar, vielmehr erfolgen die Ausführungen im Rahmen längerer abstrakter Ausführungen zu möglichen Methoden der Berechnung des Schadenersatzes nach Lizenzanalogie, die gerichtsbekannt unabhängig vom konkret betroffenen Werk in zahlreichen Anspruchsbegründungen Verwendung finden.

Hier ist lediglich eine einzelne IP-Adresse dem Anschluss des Beklagten zugeordnet, so dass von einer Verbreitung des Werkes lediglich für die Dauer der eigenen Downloadzeit auszugehen ist. Die Dateigröße beträgt hier gemäß Anlage K2 749 MB und legt man die Eigenschaften eines üblichen DSL6000-Anschlusses zugrunde ergibt sich die Möglichkeit zum Download von beim Beklagten angekommenen Chunks durch andere Nutzer des Filesharingnetzwerkes während der Dauer seiner eigenen Downloadzeit in folgendem Umfang: Ein DSL6000-Anschluss ermöglicht den Download mit bis zu 6016 kbit/s. Dies entspricht 752 KB/s. Eine Filmdatei der angenommenen Größe von 749 MB entspricht 766€976 KB. Mithin beträgt unter optimalen Bedingungen die Downloadzeit ca. 17 Minuten. Uploads sind über den DSL6000-Anschluss lediglich mit einer Geschwindigkeit von 576 kbit/s, möglich (http://hilfe.telekom.de/hsp/cms/content/HSP/de/3378/FAQ/theme-45858870/Internet/theme-45858861/Internetueber-DSL-und-VDSL/theme-45858858/Anschlussvarianten/theme-45858857/DSL-1000-16000/faq-1005140). Da die Bandbreite teilweise aber auch für die Übertragung von Protokolldaten verwendet wird, wird bei einem DSL6000-Anschluss für das Bittorrent-Netzwerk empfohlen, die Uploadgeschwindigkeit für die optimale Nutzung auf 57 KB/s zu begrenzen (http://wiki.vuze.com/w/Optimale_Einstellungen), weswegen es gerechtfertigt erscheint, auch diese Uploadgeschwindigkeit als Grundlage der Berechnung anzusetzen (vgl. auch Weller, Anmerkung zu AG Düsseldorf 57 C 3122/13 vom 03.06.2014, jurisPR-ITR 20/2014 Anm. 6). Innerhalb eines Zeitraums von 17 Minuten können demnach theoretisch maximal 57 MB (1 MB = 1024 KB) an andere Nutzer des Filesharingnetzwerkes verbreitet werden. Gemäß FAQ (bittorrentfaq.de) beträgt die Größe eines einzelnen Chunks, also einer kleinsten Einheit, aus denen sich die gesamte heruntergeladene Datei zusammensetzt, 9 MB. Innerhalb des eigenen Downloadzeitraums sind daher rechnerisch lediglich 6 Downloads durch andere unter Beteiligung von Chunks der Beklagtenseite möglich, mithin ist ein Multiplikationsfaktor 6 auf den Einsatzbetrag anzuwenden. Es ergibt sich somit ein Betrag von 15,12 Euro, nach Verdoppelung 30,24 Euro. Ein Abschlag im Hinblick auf mögliche ausländische Downloader, die Rechte der Klägerin nicht beeinträchtigen, oder Leerlaufzeiten ist nicht vorzunehmen, da die Beschränkung der Berechnung auf die eigene Downloadzeit der Beklagtenseite im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO bereits entgegen kommt, da eine Trennung exakt im Zeitpunkt des vollständigen Downloads in der Praxis nicht zu erwarten ist. Vielmehr führt die Berechnung hier wegen der kleinen Größe der Datei und der damit verbundenen kurzen Downloadzeit zu einem nicht mehr angemessen niedrigen Schadenersatz, sodass der Umstand, dass eine Trennung unmittelbar nach Abschluss des Downloads unrealistisch ist, hier durch eine weitere Erhöhung des errechneten Ergebnisses zu berücksichtigen ist. Um zu gemäß § 287 Abs. 1 ZPO angemessenen Ergebnissen zu kommen, erscheint hier eine weitere Verdopplung des Schadenersatzes auf 60 Euro geboten. Dies entspricht einer Berechnung an Hand der doppelten eigenen Downloadzeit. Weitergehende Erhöhungen erscheinen hingegen nicht mehr angemessen, weil es der Klägerin möglich und zumutbar ist - wie entsprechende Tatsachenfeststellungen in anderen Verfahren auch zeigen - mehrere IP-Adressen zu ermitteln, um hierdurch die Verbreitung über einen längeren Zeitraum beweisen zu können. Angesichts des Zweckes der Nutzung eines Filesharing-Netzwerkes, eine kostenlose Kopie des Werkes zum Eigengebrauch zu erhalten, spricht auch keine Lebenserfahrung für ein noch längeres Andauern der Verbreitungshandlung, weil hierfür nach Download der Datei kein Anlass mehr besteht. Auch die in anderen Fällen erfolgten Ermittlungen mehrerer IP-Adressen im Abstand weniger Stunden oder Tage lassen es naheliegend erscheinen, dass in Fällen der Ermittlung lediglich einer einzelnen Adresse, ein längerer Verbreitungszeitraum tatsächlich nicht gegeben ist.

Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung ergibt sich aus §97a Abs. 1 UrhG a. F. Für die Höhe des Anspruchs ist der Streitwert des Unterlassungsanspruchs zu bestimmen, aus dem sich die Kosten der Abmahnung ergeben. Streitwerte von 10€000 Euro und mehr erscheinen nicht gerechtfertigt. Sie stehen außer Verhältnis zur Höhe des zu leistenden lizenzanalogen Schadenersatzes und berücksichtigen auch nicht hinreichend, dass durch die abmahnende Vorgehensweise gegen den Einzelnen das Filesharing in seiner Gesamtheit nur wenig berührt wird. Die Annahme eines hohen Streitwertes zum Zwecke der Generalprävention, also im Hinblick auf eine möglicherweise abschreckende Wirkung gegenüber Dritten, ist dem Zivilrecht wesensfremd und daher unzulässig (OLG Celle BeckRS 2011, 28345). Die Höhe des Streitwertes des Unterlassungsanspruchs ist gegenüber Privatpersonen zurückhaltend zu bestimmen und beträgt im Hauptsacheverfahren das Dreifache der Lizenzgebühr im Fall eines Fotos bei einer Ebay-Versteigerung (OLG Nürnberg NJOZ 2013, 1035). Das OLG Düsseldorf nimmt jedenfalls dann, wenn der Schadenersatz nach Lizenzanalogie sich aus einer hohen Jahreslizenz bemisst, selbst im Fall einer Verbreitung einer öffentlichen Fußball-Übertragung durch einen Gastwirt unter Verletzung der ausschließen Nutzungsrechte des Rechteinhabers, also bei einer Verletzung im kommerziellen Bereich, lediglich eine Verdreifachung des Schadenersatzes zur Bemessung des Streitwertes der Unterlassung vor (OLG Düsseldorf I 20 W 81/12 vom 19.12.2013). Geht es um Schadenersatz wegen Filesharings ist zu berücksichtigen, dass die Eingriffsschwere im Hinblick auf die Weiterverbreitungsmöglichkeit tiefer ist als bei einer zeitlich eng begrenzten privaten Ebay-Auktion. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die dem Filesharing immanente Möglichkeit unendlicher Weiterverbreitung bereits bei der Höhe des Schadenersatzes berücksichtigt ist und daher wenig Anlass besteht, aus diesem Grund nochmals den Streitwert massiv zu erhöhen. Insgesamt erscheint dem Gericht gegenüber einer Privatperson, die Filesharing betreibt, ein Streitwert in Höhe des Fünffachen des Schadenersatzes nach Lizenzanalogie, hier 300 Euro, angemessen (vgl. (siehe bereits AG Düsseldorf 57 C 16445 / 14, BeckRS 2014, 12540 und 57 C 7592 / 14, BeckRS 2015, 02395; auch kostenfrei abrufbar über die Entscheidungsdatenbank NRW-E)). Nach dem bis zum 31.07.2013 gültigen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ergeben sich somit unter Zugrundelegung einer 1,3-Gebühr gemäß VV 2300 zuzüglich 20% Auslagenpauschale Kosten der Abmahnung von 39 Euro.

Insgesamt sind damit 99 Euro zu zahlen.

Prozesszinsen gemäß § 291 BGB sind entsprechend § 187 Abs.1 BGB ab dem Tag nach Eingang der Akte beim Streitgericht zu entrichten. § 696 Abs. 3 ZPO findet keine Anwendung, weil die Zahlung der weiteren Kosten des streitigen Verfahrens nicht alsbald nach Aufforderung hierzu erfolgt ist.

5 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 955,00 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.






AG Düsseldorf:
Urteil v. 24.03.2015
Az: 57 C 9341/14


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/56b9d9b6f7a4/AG-Duesseldorf_Urteil_vom_24-Maerz-2015_Az_57-C-9341-14




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