Verwaltungsgericht Berlin:
Beschluss vom 10. Juni 2009
Aktenzeichen: 14 KE 183.06, 10 A 140.02
(VG Berlin: Beschluss v. 10.06.2009, Az.: 14 KE 183.06, 10 A 140.02)
Tenor
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 3. August 2006 € VG 10 A 140.02 € wird zurückgewiesen.
Der Erinnerungsführer trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Gründe
Die zulässige Erinnerung bleibt ohne Erfolg. Sie richtet sich dagegen, dass die Urkundsbeamtin die von dem Erinnerungsführer in seinem Festsetzungsantrag vom 18. Juli 2006 angesetzten Kosten für die Bahnreisen seiner Bevollmächtigten zu den Verhandlungsterminen am 10. Februar 2006 und am 15. Februar 2006 (insgesamt 218,-- Euro) nur teilweise (in Höhe von 56,-- Euro) zur Erstattung festgesetzt hat.
1. Die im Kostenfestsetzungsantrag für den Termin am 10. Februar 2006 angesetzten Kosten einer Bahnfahrt von Hannover nach Berlin in Höhe von 109,-- Euro sind nicht erstattungsfähig, da durch den Termin tatsächlich keine Fahrtkosten in dieser Höhe entstanden sind und es in der hier gemäß § 60 bzw. § 61 RVG für die Anwaltskosten noch anwendbaren Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) an einer Rechtsgrundlage für eine anteilige Erstattung der Kosten der von dem Bevollmächtigen des Erinnerungsführers zuvor erworbenen Bahncard 100 fehlt.
Nach § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 28 BRAGO kann der Rechtsanwalt als Teil des ihm zustehenden Auslagenersatzes bei Geschäftsreisen u.a. die Erstattung der Fahrtkosten beanspruchen. Bei der Benutzung anderer Verkehrsmittel als eines eigenen Kraftfahrzeugs sind gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO die tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie angemessen sind, zu erstatten. Der Erstattungsanspruch erfasst deshalb nur die für die konkrete Geschäftsreise tatsächlich entstandenen Reisekosten. Die Kosten der von dem Bevollmächtigten des Erinnerungsführers, Prof. Dr.V., im November 2005 mit Gültigkeit ab dem 3. Januar 2006 erworbenen €Mobility BahnCard 100 First€, die während der einjährigen Geltungsdauer beliebig viele Fahrten in fast allen Zügen der Deutschen Bahn (1. Klasse) und auf ausgewählten Bus- und Bahnlinien vieler weiterer Verkehrsunternehmen gestattete, sind dagegen nicht durch die hier abgerechnete Reise verursacht oder in ihrer Höhe durch sie beeinflusst. Sie lassen sich dieser Reise auch nicht nachträglich in Höhe eines bestimmten Kostenanteils zurechnen, denn es lässt sich nicht verlässlich ermitteln, welcher Anteil der durch die Bahncard 100 insgesamt gewährten Vorteile auf diese Reise entfällt. Soweit der Erinnerungsführer geltend macht, sein Bevollmächtigter verfüge seit mehreren Jahren über die Bahncard 100 und könne die jährlich damit gefahrenen Bahnkilometer auf ca. 17.000 beziffern, weshalb sich bei Anschaffungskosten in Höhe von 5.500,-- Euro ein Kostenbetrag von 0,32 Euro pro km und somit für die anlässlich des Termins vom 10. Februar 2006 zurückgelegte Bahnstrecke von ca. 560 km ein Betrag von 179,20 Euro ergebe, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei der angegebenen Fahrleistung von 17.000 Kilometern ersichtlich nur um eine € nicht näher belegte und im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüfbare € Schätzung handelt. Selbst wenn € was erst nach Ablauf der Gültigkeit der Bahncard 100 möglich wäre € ein Nachweis aller mit der Bahncard absolvierten geschäftlichen und privaten Reisen erbracht würde, könnte aus der insgesamt erreichten Kilometerleistung nicht verlässlich auf die Kosten einer bestimmten Bahnfahrt geschlossen werden, denn das derzeitige, im Grundsatz im Dezember 2002 eingeführte Tarifsystem der Deutschen Bahn AG koppelt die Preise nicht ausschließlich an die Streckenlänge, sondern lässt daneben noch andere Faktoren, wie etwa die benutzte €Produktklasse€, den Komfort und die Nachfrage bestimmter Relationen sowie den Zeitpunkt der Buchung einfließen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. April 2009 € I-10 W 32/09 €, OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2006 € 2 E 1123/05 €, VG Köln, Beschluss vom 9. August 2005 € 6 K 2566/02 €, alle bei juris; zur Berechnung der Bahnpreise vgl. auch den Wikipedia-Artikel €Preissystem der Deutschen Bahn€, Stand: 10. Juni 2009; im Ergebnis ebenso Madert, in Gerold/Schmidt/v. Eicken, RVG, 17. Aufl. 2006, Rn. 20 zu Nrn. 7003, 7004 VV RVG; a.A., aber ohne Berücksichtigung der Einwendungen gegen eine Zurechnung der Kosten der Bahncard zu einer bestimmten Fahrt, OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. Mai 2006 € 18 W 24/06 €).
Auch eine Pauschale in Anlehnung an die in § 28 Abs. 2 Nr. 1 BRAGO für den Fall der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs vorgesehene Regelung scheidet angesichts der jedenfalls noch in der BRAGO eindeutig getroffenen Bestimmung, wonach bei Benutzung anderer Verkehrsmittel nur die (angemessenen)tatsächlichenKosten zu erstatten sind, aus.
Eine andere Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten der Bahncard 100 ist nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus § 25 Abs. 3 BRAGO, dass Auslagenersatz nur nach Maßgabe der dieser Vorschrift nachfolgenden Bestimmungen beansprucht werden kann. Die die Erstattung der Reisekosten des Rechtsanwalts betreffenden Vorschriften der §§ 28 ff. BRAGO enthalten demnach eine abschließende Regelung. Die Aufwendungen für die Anschaffung einer Bahncard 100 fallen nach alledem unter die nach § 25 Abs. 1 BRAGO nicht gesondert erstattungsfähigen Allgemeinkosten des Rechtsanwalts, die durch die ihm zustehenden Gebühren mit abgegolten sind.
2. Hinsichtlich der Reisekosten für den Fortsetzungstermin am 15. Februar 2006 ist der Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls nicht zu beanstanden. Ein Ansatz anteiliger Kosten für die von dem Bevollmächtigten Prof. Dr.V. erworbene Bahncard 100 kommt insoweit schon deshalb nicht in Betracht, weil der Erinnerungsführer in diesem Termin ausweislich des Sitzungsprotokolls nur durch den Rechtsanwalt J. vertreten war. Dessen Bahnfahrtkosten sind jedoch durch die im Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegte Fahrkarte (2. Klasse) nebst Reservierungsbeleg nur in Höhe von 56,-- Euro nachgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
VG Berlin:
Beschluss v. 10.06.2009
Az: 14 KE 183.06, 10 A 140.02
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