Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Juni 2006
Aktenzeichen: 14 W (pat) 50/04
(BPatG: Beschluss v. 22.06.2006, Az.: 14 W (pat) 50/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Mit dem angefochtenen Beschluss vom 13. August 2004 hat die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 198 17 481 mit der Bezeichnung
"Verfahren zur Herstellung eines Kaltleiterwerkstoffes"
widerrufen.
Dem Beschluss liegen die erteilten Patentansprüche 1 bis 6 zu Grunde, von denen die Ansprüche 1 und 4 wie folgt lauten:
"1. Verfahren zur Herstellung eines Kaltleiterwerkstoffes, bei dem einem Werkstoff aus dotiertem (BaxPb1-x)TiO3 im verglühten Zustand vor und/oder während der Mahlung 0,2-8 Mol-% einer Verbindung von Bor und/oder Silicium, in Form ihrer Nitride oder Carbide, zugegeben wird und nach der Mahlung und Formgebung die Sinterung durchgeführt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem 2-5 Mol-% Bornitrid oder Borcarbid zugegeben werden."
Der Widerruf ist im Wesentlichen damit begründet, die Lehre des Anspruchs 1 sei gegenüber dem aus
(2) HO I.-C.; HSIEH H.-L.: Low temperature fired positive temperature coefficient resistors. In: Journal of Electronic Materials, 1994, Vol. 23, No. 5 Seiten 471 bis 476 abzuleitenden Stand der Technik nicht mehr neu.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie trägt vor, eine Erfindung sei neu, wenn die beanspruchte Lehre in einem Merkmal von den Merkmalen einer Entgegenhaltung abweiche. Nach dem geltenden Anspruch 1 solle eine Verbindung von Bor und/oder Silicium in Form ihrer Nitride oder Carbide zugegeben werden.
In der Entgegenhaltung (2) sei lediglich die Zugabe von Bornitrid offenbart. Es sei auch kein weiterer Hinweis auf Borcarbide oder Siliciumnitride oder Siliciumcarbide oder Bor-Silicium-Nitride oder Bor-Silicium-Carbide vorhanden. Damit sei ein Unterschied in mehr als einem Merkmal vorhanden und die Neuheit gegeben.
Die Patentinhaberin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Patentabteilung vom 13. August 2004 aufzuheben und das Streitpatent im vollen Umfang aufrecht zu erhalten.
Eine Äußerung des Einsprechenden ist nicht zur Akte gelangt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig. Sie konnte jedoch nicht zum beantragten Ergebnis führen, da dem Verfahren nach Anspruch 1 auch nach Auffassung des Senats gegenüber (2) die Neuheit nicht zuerkannt werden kann.
Es trifft zu, dass bei der Neuheitsprüfung der Patentgegenstand mit jeder Entgegenhaltung einzeln zu vergleichen ist und die Neuheit bereits durch ein unterschiedliches Merkmal begründet wird. Diese Patentierungsvoraussetzung muss der Patentanspruch aber im gesamten Bereich erfüllen. Gehört eine umfasste Ausführungsform zum vorbekannten Stand der Technik, so ist der Anspruch neuheitsschädlich getroffen und insgesamt nicht gewährbar bzw. nicht rechtsbeständig (Schulte PatG 7. Aufl. § 34 Rdn. 150; Benkard/Melullis PatG 10. Aufl, § 3 Rdn. 12).
Vorliegend ist - von der Patentinhaberin in der Beschwerdebegründung nicht bestritten - aus (2) ein Verfahren bekannt, bei dem Bornitrid verwendet wird. Von einem solchen Verfahren macht auch das Streitpatent im Falle der Verwendung von Bornitrid (nach Anspruch 1, Anspruch 4 und sämtlichen Beispielen) Gebrauch. Für eine bereits bekannte Lehre kann aber der Patentschutz nicht aufrecht erhalten werden.
Für eine Untersuchung, ob Anspruch 1 möglicherweise auch patentfähige Ausführungsformen umfasst, bleibt kein Raum, da der Senat an den Antrag der Patentinhaberin gebunden ist und kein hiervon abweichendes Patent aufrechterhalten kann (Schulte PatG 7. Aufl. Einl. Rdn. 7, vgl. auch BPatG GRUR 1996, 44 - Tetrafluoräthan).
Im Übrigen hat der Einsprechende bereits in seinem Einspruchsschriftsatz substantiierte Zweifel an der Patentfähigkeit von weiteren unter den Patentanspruch 1 zu subsumierenden Ausführungsformen dargelegt, nämlich von Verfahren, bei denen Borcarbid, Siliziumnitrid oder Siliziumcarbid zugegeben wird.
BPatG:
Beschluss v. 22.06.2006
Az: 14 W (pat) 50/04
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