Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Juli 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 102/01
(BPatG: Beschluss v. 25.07.2001, Az.: 30 W (pat) 102/01)
Tenor
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters Dr. B..., des Vorsitzenden Richters S..., der Richterinnen M..., W... und S1... sowie des Richters S2... wegen Besorgnis der Befangenheit wird ver- worfen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Mitinhaber einer Marke, deren Löschung auf einen Widerspruch hin am 12. November 1998 durch die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes angeordnet wurde, wogegen Beschwerde erhoben wurde.
Die beiden diesbezüglichen Verfahren mit den Aktenzeichen 30 W (pat) 46/99 und 30 W (pat) 83/00 sind zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossen; im Verfahren 30 W (pat) 83/00 wurde dem Kläger der Beschluss am 23. August 2000 an Verkündungs Statt zugestellt.
Im Verfahren 30 W (pat) 83/00 wurde ein Ablehnungsantrag des Nichtigkeitsklägers vom 4. August 2000 mit Beschluss vom 17. August 2000 als unbegründet zurückgewiesen, ein weiterer Ablehnungsantrag vom 24. August 2000 wurde durch am 21. Dezember 2000 zugestellten Beschluss teilweise als unzulässig verworfen, teilweise als unbegründet zurückgewiesen und zwei weitere Befangenheitsanträge des Nichtigkeitsklägers vom 23. Oktober 2000 beziehungsweise vom 30. Dezember 2000 wurden mit Beschluss vom 12. März 2001 als unzulässig verworfen.
Mit Schriftsatz vom 18. April 2001, beim Bundespatentgericht eingegangen am 19. April 2001, erhob der Nichtigkeitskläger die Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss vom 12. März 2001 und lehnte gleichzeitig die Vorsitzenden Richter Dr. B... und S..., die Richterinnen M..., W..., S1... und den Richter S2... wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Be- gründung ist ausgeführt, dass bei einer Beteiligung der Genannten an der vom Nichtigkeitskläger erstrebten Entscheidung die Gefahr bestünde, ein Nichtigkeitsgrund werde nicht nach objektiven Maßstäben festgestellt, da bei Feststellung der Nichtigkeit der Entscheidung vom 12. März 2001 der Antrag auf Feststellung der Befangenheit vom 30. Dezember 2000 wieder auflebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten des Verfahrens 30 W (pat) 83/00 sowie den Schriftsatz vom 18. April 2001 Bezug genommen II.
Der vorliegende Antrag des Nichtigkeitsklägers auf Ablehnung der genannten Richterinnen und Richter ist unzulässig.
Obwohl der vorliegende Antrag auch durch die Abgelehnten entschieden werden könnte (vgl Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl, § 46 Rdnr 4) ist auch eine Behandlung durch die zuständigen Vertreter möglich.
Nachdem im Verfahren 30 W (pat) 83/00 die insgesamt vier Anträge des Nichtigkeitsklägers auf Ablehnung der dort genannten Richterinnen und Richter, die mit Ausnahme des zwischenzeitlich in den Ruhestand getretenen Richters S3..., nunmehr wieder abgelehnt werden, allesamt entweder als unbegrün- det zurückgewiesen oder aber als unzulässig verworfen wurden, ist damit rechtskräftig das Nichtvorhandensein eines Ablehnungsgrundes im Sinne des § 42 Abs 2 ZPO festgestellt worden.
Das nunmehrige Vorbringen des Nichtigkeitsklägers, eine Annahme der Befangenheit der genannten Richterinnen und Richter im Verfahren über die anhängige Nichtigkeitsklage beruhe darauf, dass die Genannten teilweise mit der Sachentscheidung im Verfahren 30 W (pat) 83/00 befasst waren, teilweise mit der Entscheidung über Befangenheitsanträge des Nichtigkeitsklägers in diesem Verfahren, entbehrt einer sachlichen Grundlage.
Soweit der Vorsitzende Richter S..., die Richterin M... und der Richter S2... abgelehnt werden, ist der Antrag schon deshalb unzulässig, weil der Vorsitzende Richter S... überhaupt nicht und die Richterin M... sowie der Richter S2... nicht mit der Sachentscheidung im Verfahren 30 W (pat) 83/00 betraut waren.
Hinsichtlich des Vorsitzenden Richters Dr. B... und der Richterinnen S1... und W... ist zwar eine Vorbefassung insoweit gegeben, als diese im Verfahren 30 W (pat) 83/00 die Sachentscheidung trafen; gleichwohl ist hier das Ablehnungsgesuch im Schriftsatz vom 18. April 2001 unzulässig. Die Befangenheit eines Richters, die gleichbedeutend mit Parteilichkeit und Voreingenommenheit ist, ist nur dann anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Richters aufkommen lassen (vgl Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl, § 42 Rdnr 8. Ein solcher Umstand ist aber nicht in der pauschalen Behauptung des subjektiven Standpunkts eines Verfahrensbeteiligten unter Hinweis auf die bloße Mitwirkung im Vorverfahren zu sehen. Abgesehen davon, dass im Markenrecht lediglich in § 2 Abs 2MarkenG für den Fall der Vorbefassung als Mitwirkendender im patentamtlichen Verfahren ein Ausschlussgrund normiert wird, fehlt in den darüber hinaus gemäß §§ 72 Abs 1, 82 Abs 1 MarkenG anzuwendenden Vorschriften der ZPO eine dem § 3 Abs 2 StPO entsprechende Vorschrift, so dass die bloße Mitwirkung an einer im Wiederaufnahmeverfahren angefochtenen Entscheidung für sich allein und ohne Hinzutreten weiterer Umstände keinen Ablehnungsgrund bilden kann. Anderenfalls würde ein neuer, gesetzlich nicht vorgesehener Ausschließungsgrund geschaffen (vgl Zöller/Vollkommer, aaO, § 2 Rdnr 18). Umstände, die auf eine Parteilichkeit oder Voreingenommenheit schließen ließen, sind hier aber weder vorgetragen noch erkennbar, vielmehr wird pauschal auf die Vorbefassung der Abgelehnten verwiesen.
Eine solche - prozessrechtlich typische - Vorbefassung eines Richters mit der betreffenden Sache kann für sich genommen schon deshalb eine Ablehnung nicht begründen, weil es ein Verfahrensbeteiligter durch sein Verhalten sonst in der Hand hätte, sich nach Belieben jedem Richter zu entziehen (vgl BVerfG NJW 1996, 2022). Eine solche Ablehnung als Manipulationstaktik ist jedoch als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässig zu bewerten (vgl Zöller/Vollkommer, aaO, § 42 Rdnr 29).
Der Antrag war daher zu verwerfen.
Grabrucker Kunze Voit Hu
BPatG:
Beschluss v. 25.07.2001
Az: 30 W (pat) 102/01
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