Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 6. Oktober 1997
Aktenzeichen: 14 S 2808/97

(Hessischer VGH: Beschluss v. 06.10.1997, Az.: 14 S 2808/97)

Gründe

Der von den Erinnerungsführern, den Prozeßbevollmächtigten des Antragsgegners im vorangegangenen atomrechtlichen Eilverfahren, im eigenen Namen gestellte Antrag auf Entscheidung des Gerichts nach §§ 165, 151 VwGO (Erinnerung) gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 3. Juli 1997 ist bereits unzulässig.

Die Erinnerungsführer sind nicht berechtigt, die vorgenommene Festsetzung der zu erstattenden Kosten anzufechten.

Die Erinnerungsführer haben ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 165 VwGO gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ausdrücklich im eigenen Namen und nicht namens des Antragsgegners gestellt. Als Prozeßbevollmächtigten der erstattungsberechtigten Partei steht ihnen aber ein eigenes Anfechtungsrecht gegen die Kostenfestsetzung nicht zu.

Die Erinnerungsführer sind zum einen nicht Beteiligte des Kostenfestsetzungsverfahrens. Die Festsetzung der zu erstattenden Kosten erfolgt gem. § 164 VwGO auf den Antrag des nach der gerichtlichen Kostenentscheidung Erstattungsberechtigten. Erstattungsberechtigt ist vorliegend gemäß der in dem Beschluß des Senats vom 25. März 1997 in dem vorangegangenen Eilverfahren getroffenen Kostenentscheidung der Antragsgegner. In dessen Namen beantragten die Erinnerungsführer als seine Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 2. April 1997 die Festsetzung der von den Antragstellern zu 1) - 4) an ihn zu erstattenden Kosten. Damit sind der Antragsgegner einerseits und die nach der gerichtlichen Kostenentscheidung zur Kostenerstattung Verpflichteten andererseits Beteiligte dieses Kostenfestsetzungsverfahrens, nicht aber die Erinnerungsführer selbst.

Des weiteren können sich die Erinnerungsführer auch nicht auf die in § 146 Abs. 1 VwGO vorgesehene Erweiterung des Beschwerderechts auf die "sonst von der Entscheidung Betroffenen" berufen, da diese Vorschrift auf sie keine - auch keine analoge - Anwendung finden kann.

Der nach § 165 Satz 2 VwGO entsprechend anzuwendende § 151 VwGO, der das Erinnerungsverfahren regelt, verweist in Satz 3 nicht auf § 146 VwGO, sondern allein auf die §§ 147 - 149 VwGO (so zutreffend Bay. VGH, Beschluß vom 15. Juni 1977, BayVBl. 1977, S. 611 sowie VG Frankfurt, Beschluß vom 23. Juni 1988, NVwZ-RR 1989, S. 222).

Aber selbst wenn man in entsprechender Anwendung von § 146 Abs. 1 VwGO den Kreis der Anfechtungsberechtigten erweitern wollte, sind die Erinnerungsführer nicht als von der Entscheidung Betroffene im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen, denn sie werden von dem Kostenfestsetzungsbeschluß nicht unmittelbar, sonder nur mittelbar betroffen. Wie das OVG Münster bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1965 (Beschluß vom 27. Dezember 1965, NJW 1966, S. 2425) zu Recht ausgeführt hat, wird in dem Kostenfestsetzungsverfahren allein über den Erstattungsanspruch des Erstattungsberechtigten, also des Verfahrensbeteiligten selbst entschieden. Auch wenn in diesem Zusammenhang (unter anderem) eine Prüfung des Gebührenanspruchs des Prozeßbevollmächtigten gegen seine Partei zu erfolgen hat, um die Höhe der zu erstattenden Gebühren zu ermitteln, wird der Gebührenanspruch nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens, so daß der Anwalt durch die Festsetzung auch nur mittelbar betroffen ist.

Der Anspruch des Prozeßbevollmächtigten gegen seine eigene Partei ist vielmehr Gegenstand des Verfahrens nach § 19 BRAGO (Vergütungsfestsetzung). Auf dieses Verfahren ist der Prozeßbevollmächtigte verwiesen, wenn er der Ansicht ist, daß ihm eine höhere oder eine weitere Gebühr zusteht, dies aber im Kostenfestsetzungsverfahren seiner Partei gegen den Erstattungsgegner keine Berücksichtigung gefunden hat. Beide Verfahren sind voneinander unabhängig, da sie zwischen anderen Personen geführt werden und sie jeweils einen anderen Streitgegenstand haben (s. von Eicken in Gerold/ Schmidt/von Eicken/Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, § 19 Rdnr. 2).

Der vom OVG Lüneburg in einer Entscheidung aus dem Jahr 1972 (Beschluß vom 21. April 1972, NJW 1972, S. 2015) vertretenen Gegenmeinung, auf die auch Kopp (VwGO, § 165, Rdnr. 4) Bezug nimmt, ist entgegenzuhalten, daß diese auch den Gebührenanspruch des Prozeßbevollmächtigten gegenüber seiner eigenen Partei als Regelungsgegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens betrachtet, mit der Begründung, daß die gerichtliche Entscheidung in dem Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO "füglich" nicht insoweit zu einem anderen Ergebnis kommen dürfe als die Kostenfestsetzungsentscheidung (s. OVG Lüneburg, a.a.O., S. 2016).

Diese Auffassung verkennt die strikte Trennung beider Verfahren und den unterschiedlichen Streitgegenstand. Im übrigen führt sie dazu, daß der Wille des Erstattungsberechtigten, die festgesetzte Kostenerstattung - gleich aus welchen Gründen - zu akzeptieren, indem er von seinem Recht auf Erinnerung keinen Gebrauch macht, völlig unbeachtlich wird, dadurch, daß der Prozeßbevollmächtigte in dieser Situation im Wege der im eigenen Namen eingelegten Erinnerung eine andere, seinen Gebührenansatz in der beantragten Höhe berücksichtigende Kostenerstattung erreichen könnte.

Die Durchsetzung seines Gebührenanspruchs ist dem Anwalt gegenüber seinem Mandanten nur auf der Grundlage des dem Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO zugrundeliegenden Auftragsverhältnisses möglich, nicht dagegen in dem im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO maßgeblichen Verhältnis seiner Partei zu der zur Kostenerstattung verpflichteten Gegenpartei.

Die hier vom erkennenden Senat vertretene Auffassung, die auch von Redeker/von Oertzen (VwGO, § 165, Rdnr. 2) und Eyermann/Fröhler (VwGO, § 165 Rdnr. 2) geteilt wird, führt auch nicht zu voneinander abweichenden gerichtlichen Entscheidungen in Bezug auf die dem Prozeßbevollmächtigten gegenüber seiner Partei zustehende Gebührenhöhe. Die in diese Richtung zielende Argumentation des OVG Lüneburg geht daher ins Leere.

Wird allein von dem Prozeßbevollmächtigten einer Partei (im eigenen Namen), nicht aber von der Partei selbst die gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenfestsetzung beantragt, so findet mangels Anfechtungsberechtigung des Prozeßbevollmächtigten eine Sachprüfung im Erinnerungsverfahren nicht statt, der Kostenfestsetzungsbeschluß des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wird also bestandskräftig. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO kann der Prozeßbevollmächtigte sodann den von ihm für zutreffend erachteten Gebührenansatz geltend machen, ohne daß die Bestandskraft der Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO dem entgegenstünde, denn - wie ausgeführt - der Streitgegenstand der beiden Verfahren ist nicht - auch nicht zum Teil - identisch.

Die Auffassung, daß dem Prozeßbevollmächtigten im Kostenfestsetzungsverfahren seiner erstattungsberechtigten Partei ein eigenes Anfechtungsrecht nicht zusteht, ist - soweit ersichtlich - in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung sowie in der entsprechenden Literatur nicht ernsthaft in Frage gestellt worden (vgl. nur Baumbach/ Lauterbach, ZPO, § 104 Rdnr. 49 m.w.N. aus der Rechtsprechung; Thomas-Putzo, ZPO, § 104 Rdnr. 32). Gründe, warum die Erinnerungsbefugnis im Kostenfestsetzungsverfahren nach der VwGO anders behandelt werden sollte, sind dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr sprechen die oben aufgezeigten Gründe sowie auch der Gegenschluß aus dem Umstand, daß in § 9 Abs. 1 BRAGO die Maßgeblichkeit der Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren auch für die Rechtsanwaltsgebühren ausdrücklich bestimmt ist und in Konsequenz dazu dem Anwalt in Absatz 2 der genannten Vorschrift ein eigenes Beschwerderecht eingeräumt wird, gerade gegen die Annahme eines eigenen, vom Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehenen Anfechtungsrechtes des Rechtsanwaltes im Kostenfestsetzungsverfahren.

Die Kostenentscheidung zu Lasten der Erinnerungsführer beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).






Hessischer VGH:
Beschluss v. 06.10.1997
Az: 14 S 2808/97


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