Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 9. März 2005
Aktenzeichen: 6 U 219/04

(OLG Köln: Urteil v. 09.03.2005, Az.: 6 U 219/04)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. November 2004 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 234/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich des vom Landgericht titulierten Unterlassungsanspruchs 25.000,00 EUR und im übrigen 120% des zu vollstreckenden Kostenbetrages.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird unter gleichzeitiger Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung im Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2004 auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger, der L'er W e.V., verlangt von der Beklagten, der Q GmbH, es künftig zu unterlassen, wie nachstehend wiedergegeben einen finanzierten Kauf unter Angabe einer Anzahlung zu bewerben:

pp.

Er hat die Auffassung vertreten, mit der konkreten Art der Werbung für den in der Werbeanzeige abgebildeten Q Petit Filou verstoße die Beklagte gegen § 1 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (im folgenden: "PAngVO") und folglich auch § 4 Nr. 11 UWG.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt und sich zur Begründung auf das im vorauslaufenden einstweiligen Verfügungsverfahren 6 U 19/04 OLG Köln ergangene Urteil des Senats vom 07.05.2004 (veröffentlicht in MD 2004, 791 f. und OLGR 2004, 374 f.) bezogen. Gegen diese vom Landgericht erneut vorgenommene Beurteilung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie ist namentlich weiterhin der Auffassung, ihre Werbung unterfalle nicht dem Anwendungsbereich des § 1 PAngVO, weil sie entgegen den vom Senat getroffenen Feststellungen lediglich eine Finanzierungsbedingung nenne, die gemäß § 6 PAngVO nur zur Angabe des effektiven Jahreszinses verpflichte. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrags der Beklagten wird der Inhalt ihrer Berufungsbegründung vom 13.12.2004 (Bl. 69 ff. d. A.) in Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

die angefochtene Entscheidung zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass der Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 1 Abs. 1 PAngVO in Verbindung mit § 4 Nr. 11 UWG n.F. (vormals § 1 UWG a.F.) folgt.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngVO sind Endpreise anzugeben, wenn Waren angeboten werden oder wenn unter Angaben von Preisen dafür geworben wird. Das bedeutet, dass bei einem Angebot die Preisangabe einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Endpreise) stets erforderlich ist, während bei der Werbung die Endpreise nur genannt zu werden brauchen, wenn überhaupt (Einzel-) Preise angegeben werden. Zweck der Preisangabenverordnung ist, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weisen die Bestimmungen der Preisangabenverordnung Wettbewerbsbezug auf, weshalb Verstöße gegen sie zugleich Verstöße gegen § 1 UWG a.F. darstellen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 03.07.2003, NJW 2003, 3343, 3344 = BGHZ 155, 301 ff. = WRP 2003, 1347 ff. = GRUR 2003, 971 ff. = MMR 2003, 783 f. "Telefonischer Auskunftsdienst" und BGH, Urteil vom 15.01.2004, GRUR 2004, 435, 436 "FrühlingsgeFlüge"). Auch nach neuem Recht sind die Vorschriften der Preisangabenverordnung solche, die im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln; darunter ist nämlich jede Tätigkeit zu verstehen, die unmittelbar oder mittelbar der Förderung des Absatzes oder Bezugs eines Unternehmens dient, wozu auch die Werbung gehört (vgl. dazu OLG Hamm, Urteil vom 12.08.2004, GRUR-RR 2005, 27, 29 "Internetversandhandel" unter Hinweis auf den in NJW 2004, 2121, 2124 veröffentlichten Aufsatz von Köhler).

Allerdings trifft es weiterhin zu, dass die konkret beanstandete werbliche Ankündigung der Beklagten kein Anbieten von Waren im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 PAngVO darstellt. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH GRUR 1980, 304, 306 "Effektiver Jahreszins") ist der Begriff des Anbietens einerseits zwar weit zu verstehen. Es liegt in jedem Verhalten, dass die Bereitschaft zum Ausdruck bringt, eine bestimmte Ware oder Leistung gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Andererseits liegt noch kein Angebot im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngVO vor, wenn es für ein Geschäft noch weiterer Angaben und Verhandlungen bedarf (BGH GRUR 1982, 493, 494 "Sonnenring"; BGH GRUR 1994, 222, 223 "Flaschenpfand" und aus dem juristischen Schrifttum Völker, Preisangabenrecht, 2. Aufl. 2002, § 1 PAngVO Rdnr. 25). Da die Ankündigung ihrem Inhalt nach so konkret gefasst sein muss, dass sie den Abschluss des Geschäfts auch aus Sicht des Kunden ohne weiteres zulässt (Völker, a.a.O. m.w.N.), sind in der Regel allgemein gehaltene Kfz-Anzeigen kein Angebot, da zahlreiche für den Kaufentschluss wesentliche Faktoren meist unerwähnt bleiben (vgl. u.a. BGH GRUR 1983, 658, 660 "Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung" und BGH GRUR 1983, 661, 662 f. "Sie sparen 4.000,-- DM").

Ist die werbliche Ankündigung der Beklagten damit zu unbestimmt, um von den angesprochenen Käuferkreisen bereits als Angebot verstanden werden zu können, verhilft das ihrem Verteidigungsvorbringen gleichwohl nicht zum Erfolg. Denn aus der maßgeblichen Sicht des angesprochenen Verkehrs bewirbt die Beklagte nicht lediglich ein Finanzierungsangebot der Q Bank, sondern bietet den in der Werbung abgebildeten Q 206 Petit Filou auch zum Kauf an, und zwar unter Angabe von Preisbestandteilen. Soweit die Beklagte insbesondere im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederum die Auffassung vertreten hat, es handele sich ausschließlich um eine Werbung für ein Finanzierungsangebot, trifft dies aus tatsächlichen Gründen nicht zu. Aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs, zu dem die Mitglieder des Senats zählen und was diese deshalb ebenso wie die Mitglieder der Kammer aus eigener Sachkunde und Erfahrung zu beurteilen in der Lage sind, wirbt die Beklagte zumindest auch für den Verkauf des Fahrzeugs Q Petit Filou. Das folgt aus der konkreten Gestaltung der Werbeanzeige. In ihr heißt es schon zu Beginn nach dem einleitenden Satz "Geben Sie Ihrem Leben mehr Raum!"

"4 Jahre Herstellergarantie inklusive".

Schon die Betonung dieser Herstellergarantie ist keine einleitende Äußerung einer finanzierenden Bank, sondern diejenige eines namentlich benannten Unternehmens, das mit Autos handelt. Durch Fettdruck ist hervorgehoben, dass das Angebot von der

Q GmbH

stammt. Das Q-Logo ist unten rechts wiedergegeben und optisch hervorgehoben, von der räumlichen Aufteilung her nimmt die Werbeanzeige rund ein Viertel ihres Raumes für die Benennung der Filialen der Beklagten in Köln, Bonn und anderswo ein. Der Hinweis, dass die Q Bank den abgebildeten Q 205 Petit Filou 1.1 unter bestimmten Konditionen gegen Zahlung einer Monatsrate in Höhe von 148,75 EUR finanziere, ist demgegenüber eher versteckt. Insgesamt hat der Betrachter der Werbung der Beklagten keinen Zweifel daran, dass die Beklagte unter Angabe von Preisbestandteilen zumindest auch dafür wirbt, ihm in einer ihrer Filialen den Q 206 Petit Filou zum Kauf anbieten zu wollen.

Einen Grund, von seiner bereits im Verfügungsverfahren geäußerten Rechtsauffassung abzuweichen, dass die Bestimmungen der Preisangabenverordnung dazu dienen, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten, und dass deshalb jedenfalls die Benennung einer zu leistenden Anzahlung als Werbung mit einem bestimmten Preisbestandteil den Werbenden zur Endpreisangabe verpflichtet (Köhler/Piper, UWG, 3. Auflage, PAngVO § 1, Rn 22; Völker, a.a.O., § 1 PAngVO Rdnr. 39 unter Hinweis auf Gimbel/Boest, Die neue Preisangabenverordnung, 1985, § 1 PAngVO Anm. 10), sieht der Senat nicht. Die in der Werbung genannte Anzahlung ist nämlich letztlich nichts anderes als eine erste auf den Kaufpreis zu zahlende Rate. Insoweit bleibt der Senat auch bei seiner Auffassung, dass die maßgebenden Gedanken, die den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung "Sonnenring" vom 04.03.1982 (WRP 1982, 411 ff. = NJW 1982, 1877 f. = MDR 1982, 823 f. = GRUR 1982, 493 ff.) dazu bewogen haben, Angaben zur Höhe der monatlichen Belastung in einer Werbeanzeige für Eigentumswohnungen als zur Angabe des Endpreises zwingende Preisangaben einzustufen, auch im Streitfalle einschlägig sind.

Mit Rücksicht auf den gestellten Unterlassungsantrag, über den der Senat gemäß § 308 Abs. 1 ZPO nicht hinausgehen darf, kann im übrigen offen bleiben, ob bereits die angegebene monatliche Belastung einen Preisbestandteil im Sinne der Preisangabenverordnung mit der Folge darstellt, dass die konkrete Werbung auch dann zu unterlassen wäre, wenn in ihr von einer Anzahlung nicht die Rede wäre. Das liegt nach Auffassung des Senates nahe, und zwar deshalb, weil unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Preisangabenverordnung, nämlich Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und dem Verbraucher optimale Preisvergleichsmöglichkeiten zu geben, ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngVO bereits dann vorliegen dürfte, wenn mit Preisbestandteilen geworben wird, die dem Betrachter der Werbung eine ungefähre Vorstellung darüber vermitteln, wie hoch der Kaufpreis sein könnte. Dann aber ist der Werbende gerade wegen des vorumschriebenen Zwecks der Preisangabenverordnung gehalten, den Endpreis zu nennen. Deshalb heißt es in der neueren Kommentarliteratur (vgl. z.B. Harte/Henning/Völker, UWG, § 1 PAngV Rdnr. 12; ähnlich Fezer/Wenglorz, Lauterkeitsrecht, § 4 - S 14 Rdnr. 89) zu Recht, eine zur Endpreisangabe verpflichtende Angabe von Preisen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngVO liege bereits dann vor, wenn sie geeignet sei, beim Publikum konkrete Vorstellungen über den Preis oder zumindest das Preisniveau der betroffenen Ware/Leistung hervorzurufen.

Eine andere Sicht der Dinge ist auch weiterhin nicht etwa deshalb angezeigt, weil die Beklagte in ihrer Werbung auch auf Finanzierungsmöglichkeiten hinweist. Die Entscheidungen "Teilzahlungspreis I, II und III" des Bundesgerichtshofs (WRP 1992, 696 f., WRP 1993, 108 f. und WRP 1994, 179 ff.) sind nicht einschlägig, weil sich der Bundesgerichtshof in diesen Fällen ausschließlich mit der Frage beschäftigt hat, inwieweit neben der - hier fehlenden - Angabe des Barzahlungspreises als Endpreis im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngVO darüber hinaus die von ihm verneinte Verpflichtung besteht, zusätzlich auch den Teilzahlungsendpreis anzugeben.

Der damit vorliegende Verstoß gegen die Vorschriften der Preisangabenverordnung ist sicher keine Bagatelle im Sinne einer nur unerheblichen Beeinträchtigung im Sinne des § 3 UWG n.F.. Denn mit Rücksicht darauf, dass der Verkehr der konkreten Werbung den zu zahlenden Kaufpreis nicht entnehmen kann, fehlt ihm die maßgebliche Vergleichsgröße, die er braucht, um die Preiswürdigkeit des Angebots der Beklagten mit dem Angebot von Konkurrenten vergleichen zu können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die im Anschluss an die Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgenommene Änderung des Streitwertes beruht auf der Überlegung, dass der vom Landgericht angenommene und seiner Entscheidung zugrundegelegte Streitwert von lediglich 13.000,00 EUR dem Wert des zweitinstanzlich maßgeblichen Interesses der Beklagten als Berufungsklägerin, in Zukunft wie geschehen werben zu dürfen, nicht hinreichend Rechnung trägt. Unter Abwägung der von den Parteien in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente hat der Senat es für angemessen erachtet, den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren auf insgesamt 25.000,00 EUR festzusetzen.

Anlass, gemäß § 543 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es geht im Streitfall um eine individuell gestaltete Werbung der Beklagten, die nach den vom Senat zuvor tatrichterlich getroffenen Feststellungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs in ihrer konkreten Ausgestaltung zumindest auch eine Werbung für einen Autokauf darstellt. Damit handelt es sich um eine vornehmlich auf tatrichterlichem Gebiet beruhende Entscheidung im Einzelfall, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht abweicht und die keine grundsätzliche Bedeutung hat.






OLG Köln:
Urteil v. 09.03.2005
Az: 6 U 219/04


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