Landgericht München I:
Urteil vom 23. Juli 2009
Aktenzeichen: 7 O 22065/08
(LG München I: Urteil v. 23.07.2009, Az.: 7 O 22065/08)
Tenor
I. Die Beklagten werden verpflichtet, hinsichtlich des Werkes €Das Kufsteiner Lied (Die Perle Tirols)€, wie bei der GEMA unter der Werknummer 481.391 registriert, der GEMA ihre Einwilligung zur Änderung der Registrierung zur Urheberschaft am Originalwerk in allen Werkfassungen zu erteilen, so dass der Datenbankeintrag diesbezüglich ausschließlich lautet:
Textdichter: G., Karl
Komponist: G., Karl
II. Die Beklagten haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar gegen das Leisten einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Kläger begehren von den Beklagten Zustimmung zur Änderung einer GEMA-Registrierung.
Die Kläger sind Kinder von Karl G. und Gertraud G. Karl G. war bis 2001 als Komponist und Texter des Musikstücks €Das Kufsteiner Lied. Die Perle Tirols€ im GEMA-Register eingetragen. Es handelt sich um ein aus drei Strophen bestehendes Musikstück, welches als Refrain einen Jodler, in der streitgegenständlichen Fassung mit den nachgestellten Worten €Bei uns in Tirol€, aufweist.
Der Beklagte zu 1) ist Musikproduzent und Mitglied des Aufsichtsrates der GEMA. Er ist Geschäftsführer der Beklagten zu 2), welche als Musik-Verlag das Werk €Das Kufsteiner Lied€ (Verlagsvertrag vom 18.11.1967 vorliegend als K 6) verwaltet. Vor Abschluss dieses Verlags-Vertrages schloss Karl G. im Jahr 1957 bereits einen Verlagsvertrag (K 7) mit dem E. Verlag Josef H., heute Teil der Edith H. Verlagsgesellschaft mbH für Österreich. Zwischen den Parteien ist streitig, welche Rechte der österreichische Verlag wahrnimmt. Die österreichische Verwertungsgesellschaft AKM vertritt insoweit die Ansicht, dass die Edith H. Verlagsgesellschaft mbH die Rechte am €Kufsteiner Lied€ für Österreich wahrnimmt. Die Kläger und auch Karl G. sind, bzw. waren Mitglieder der AKM.
Der Vater der Kläger, Karl G., komponierte die Melodie des €Kufsteiner Lieds€ ursprünglich im Jahr 1947. In der Folgezeit ist Karl G. mit wechselnden Musikern aufgetreten und hat das Musikstück anschließend in Teilen geändert. Ursprünglich wurde das Stück in einem Tango-Takt (4/8-tel) ohne Jodel-Part aufgeführt und wurde nach und nach geändert und dem Geschmack des Publikums angepasst, bis es schließlich einen ¾ tel-Takt und einen Jodel-Part als Refrain erhielt. Dieser wurde ebenfalls in verschiedenen Versionen aufgeführt, insbesondere in Gestalt des früher entstandenen €Kuckuck-Jodlers€ und des hier streitgegenständlichen €Oktav-Jodlers€, dessen Entstehung und genaue Ausgestaltung zwischen den Parteien streitig ist.
Im Jahr 1963 lernte Karl G. den Beklagten zu 1) kennen, welcher als Produzent für ihn tätig wurde. Auf Veranlassung des Beklagten zu 1) wurde das €Kufsteiner Lied€ im Jahr 1967 durch den Musiker Franzl Lang aufgenommen. In dieser Version entwickelte sich das Lied sich zu einem der beliebtesten volkstümlichen Musikstücke im deutschsprachigen Raum.
In den 1970€er Jahren behaupteten verschiedene Musiker, mit denen Karl G. zusammen gespielt hat, dass sie zur Schaffung des €Kufsteiner Lieds€ einen schöpferischen Beitrag geleistet haben. Insbesondere mit dem Musiker Hans B. kam es zu einem mehrjährigen Rechtsstreit vor dem Landesgericht Innsbruck. B. behauptete, dass er für den (Oktav-)Jodler im €Kufsteiner Lied€ verantwortlich sei. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit B. bestätigte der Beklagte zu 1), dass Karl G. Komponist und Texter des vollständigen €Kufsteiner Liedes€ sei (Schreiben an die AKM Direktion vom 08.10.1974, K 28). Dieses Schreiben ist auf einem Briefbogen mit dem Briefkopf des Beklagten zu 1) verfasst und weist die Unterschriften des Beklagten zu 1) und Karl G. auf. Es lautet auszugsweise:
€Der Autor und Urheber des Werkes: Das Kufsteiner Lied € Die Perle Tirols € K. G. legt Wert auf folgende Feststellungen:
1. Karl G., Sch. bei Kufstein in Tirol, ist der alleinige Autor und Urheber des Werkes: Das Kufsteiner-Lied ..,
6. Das Werk wurde nach seiner Veröffentlichung von den verschiedensten Interpreten mit den verschiedensten Jodelteilen gesungen, u.a. auch mit dem Jodelteil der nun von Hr. H B., im Sinne einer Urheberschaft beansprucht wird. €
Am 29.11.1980 (K 29) unterzeichneten der Beklagte zu 1) und Karl G. ein Schriftstück, in dem Karl G. erklärt, dass er am €Kufsteiner Lied, mit allen derzeit bekannten Jodlerparts die druckmäßig fixiert sind,€ das geistige Eigentum besitze und €jedwede andere musikalischen oder textlichen Teile€ auf seiner Urheberschaft beruhen.
Karl G. verstarb im Jahr 1988. Alleinerbin wurde seine Frau Gertraud G., welche am 13.10.2001 verstarb. Die Kläger sind der Ansicht, dass sie alleinige Rechtsnachfolger von Gertraud G. seien. Sie leiten ihre Erbenstellung aus einem Testament vom 08.04.1992 (B 24; siehe dazu: Protokoll des Notartermins vom 20.11.2002; K 37, bei dem der Beklagte zu 1) persönlich anwesend war) ab. Als Anlage K 3 liegt eine €Einantwortungsurkunde€ des Bezirksgerichts Kufstein vor, welches die Kläger als jeweils hälftige Erben ausweist
Bis zum Jahr 2001 lautete die GEMA-Registrierung für das €Kufsteiner Lied€ so, dass Karl G. alleiniger Urheber der Musik und des Textes war. Mit einer auf den 26.07.2001 datierten €Mitteilung über die Veränderung an einem Werk€ (K 8) teilte die Beklagte zu 2), vertreten durch den Beklagten zu 1) der GEMA mit, dass sich das Urheberrecht am Werk geändert habe. Es laute nunmehr:
€Das Kufsteiner Lied €Die Perle Tirols€Musik: Karl G.Text: Karl und Traudl G.Bearbeitung des Jodelparts und Jodelphonetik: Egon L. F.€Dieser Änderung liegt zum einen die Auffassung des Beklagten zu 1) zugrunde, dass er die von Karl G. geschaffene Liedversion dahingehend bearbeitet habe, dass sie €bierzelttauglicher€ wurde. Er habe deshalb den in der durch Franzl Lang dargebotenen Version enthaltenen €Oktav-Jodler€ ausgewählt und die €Jodelphonetik€ € den Text des Jodlers € niedergeschrieben. Deshalb sei er als Bearbeiter des Werkes anzusehen. Weiterhin vertreten die Beklagten die Ansicht, dass Gertraud G., die Ehefrau von Karl G. die zweite Strophe des €Kufsteiner Lieds€ geschaffen habe. 2001 habe Gertraud G. dem Beklagten zu 1) erstmalig mitgeteilt, dass sie Schöpferin der zweiten Strophe des €Kufsteiner Lieds€ gewesen sei.
Bereits vor Unterzeichnung der €Mitteilung über die Veränderung an einem Werk€ fertigte der Beklagte zu 1) am 14.06.2001 eine mit einer Schreibmaschine geschriebene €Rechtsverbindliche Erklärung und Handlungsvollmacht€ (K 30) in der Gertraud G. erklärt, dass sie an der Schaffung des Textes des €Kufsteiner Lieds€ mitgewirkt habe. Außerdem wurde eine unwiderrufliche Handlungsvollmacht zu Gunsten der Beklagten erklärt. Dieses Schreiben unterzeichnete Gertraud G.. Am selben Tag schloss Gertraud G. einen Verlagsvertrag (K 32) mit der Beklagten zu 2), in der sie ihre Rechte €als Textautorin und Rechtsnachfolgerin von Karl G.€ an dem €Kufsteiner Lied€ übertrug.
Gertraud G. selbst war zu keinem Zeitpunkt Mitglied einer Verwertungsgesellschaft. Zwischen den Parteien ist strittig, ob dies dazu führte, dass die auf Gertraud G. entfallenen Ausschüttungen entfallen.
Es liegt ein auf den 28.07.2001 datiertes Schriftstück vor (K 35), welches handschriftlich vom Beklagten zu 1) verfasst wurde und den letzten Willen der Gertraud G. enthalten soll. Dem Text nachgestellt ist der Satz €Dies ist mein Wille, Sch. 28.07.2001€ und die Unterschrift von Gertraud G.. An der Seite dieses Schriftstücks sind unter dem Zusatz €Bezeugt und akzeptiert€ die Unterschriften der Kläger angebracht. Das Datum €13.10.2001€ ist ebenfalls am Rand vermerkt. Auf den Inhalt dieses Schriftstücks wird Bezug genommen.
Die GEMA teilte der österreichischen Verwertungsgesellschaft AKM am 01.08.2001 mit, dass sie beabsichtigte eine der Änderungsmitteilung vom 26.07.2001 entsprechende Umschreibung der GEMA-Registrierung vorzunehmen (K 9). Auf dieses beabsichtigte Vorgehen äußerte sich die AKM mit Schreiben vom 11.09.2001 (K 10) und forderte weitere Sachverhaltsaufklärung. Mit Schreiben vom 24.09.2001 (K 11) widersprach die Edith H. Verlagsgesellschaft mbH dem von der GEMA beabsichtigten Vorgehen. Dennoch wurde die Umschreibung in der von der Beklagten zu 2) beantragten Form vorgenommen.
Mit Schreiben vom 08.09.2006 (K 13) teilte die AKM der GEMA mit, dass ihrer Ansicht nach kein Grund für die Umregistrierung vorgelegen habe. Daraufhin vertrat die GEMA mit Schreiben vom 16.10.2006 den Standpunkt, dass sich die beiden Verwertungsgesellschaften neutral verhalten sollten: €Wenn zwischen den Berechtigten Anteile oder Ansprüche strittig sind, ist es die Aufgabe der Berechtigten selbst, dies zu klären. Die GEMA ist zu einer Klärung der Sachlage nicht befugt€ (K 14).
Die Kläger forderten die GEMA mit Schreiben vom 04.06.2008 (K 15) auf, die Änderungen im GEMA-Datensatz rückgängig zu machen. Mit Schreiben vom 17.06.2008 (K 16) teilte die GEMA mit, dass sie in Streitfällen einen neutralen Standpunkt einnähme. Die Beteiligten müssten sich selbst einigen, notfalls im Klagewege.
Die AKM forderte die GEMA mit Schreiben vom 15.10.2008 (K 21) auf, die Datensätze zu korrigieren, da die durch die Umschreibung betroffenen Rechte zumindest teilweise auf Grund des Gegenseitigkeitsvertrages mit der AKM eingebracht wurden. Deshalb sei die GEMA zu einer Änderung ohne vorherige gerichtliche Klärung nicht berechtigt gewesen. Mit Schreiben von 19.11.2008 (K 22) wies die GEMA eine Änderung zurück mit der Begründung, dass bei der Änderung eine Handlungsvollmacht von Gertrude G. vorgelegen habe.
Gertraud G. war Alleinerbin des im Jahr 1988 verstorbenen Karl G.. Die Kläger sind der Ansicht, dass sie alleinige Rechtsnachfolger der im Jahr 2001 verstorbenen Gertraud G. seien. Sie leiten ihre Erbenstellung aus einem Testament vom 08.04.1992 (B 24) ab. Die beiden Testamente, welche Gertraud G. kurz vor ihrem Tod unter Hilfestellung des Beklagten zu 1) verfasst habe, seien nicht gültig. Auf die Niederschrift vor dem österreichischen Notar Dr. A. (K 37) wird Bezug genommen. Als Anlage K 3 liegt eine €Einantwortungsurkunde€ des Bezirksgerichts Kufstein vor, welches die Kläger als jeweils hälftige Erben ausweist.
Die Kläger sind der Ansicht, dass Karl G. alleiniger Urheber des €Kufsteiner Liedes€ war. Die Umschreibung des Werkregisters der GEMA, die maßgeblich für die Ausschüttung der GEMA-Einnahmen ist, sei zu unrecht erfolgt. Es habe einen anrüchigen Charakter, dass die GEMA die Umschreibung zugunsten ihres Aufsichtsratsmitglieds ohne weiteres vornimmt und sich später, als es um die Frage einer Herstellung der ursprünglichen Fassung geht, auf eine angebliche Neutralität zurückzieht. Im Ergebnis habe der Beklagte zu 2) über einen längeren Zeitraum Ausschüttungen erhalten, die ihm nicht zustünden.
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihre Zustimmung zur Änderung der GEMA-Registrierung zu erteilen. Als Anspruchsgrundlage komme der auf die Kläger im Wege der Erbfolge übergegangene Verlagsvertrag aus dem Jahr 1967 in Betracht. Zudem würde die falsche Urheberangabe, welche auf die Beklagten zurückzuführen sei, einen Verstoß gegen § 13 UrhG darstellen. Auch ein Anspruch aus allgemeiner Störerhaftung und vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sei gegeben. Die Beklagten seien verpflichtet, den ursprünglichen Zustand, wonach Karl G. als alleiniger Urheber von Text und Musik des €Kufsteiner Lieds€ benannt ist, wieder herzustellen.
Die Kläger beantragen zuletzt zu erkennen:
1. Die Beklagten werden verpflichtet, hinsichtlich des Werks €Das Kufsteiner Lied (Die Perle Tirols)€, wie bei der GEMA unter der Werknummer 481.391 registriert, der GEMA seine Einwilligung zur Änderung der Registrierung zur Urheberschaft am Originalwerk in allen Werkfassungen zu erteilen, das dass der Datenbankeintrag diesbezüglich ausschließlich lautet: Textdichter: G., Karl; Komponist: G., Karl.
Hilfsweise:
2. Festzustellen, dass dem Beklagten zu 1) und Frau Gertraud G. hinsichtlich des Werks €Das Kufsteiner Lied (Die Perle Tirols)€, wie bei der GEMA unter der Werknummer 481.391 registriert, keine Ansprüche gegen die GEMA aus der Auswertung dieses Werkes zustehen.
Die Beklagten beantragen
Klageabweisung
Die Beklagten sind der Ansicht, dass der Anspruch auf Zustimmung zur Löschung bereits verjährt sei und erheben die Einrede der Verjährung. Es gelte eine dreijährige Verjährungsfrist ab Kenntnis der wesentlichen Umstände, welche zur Durchsetzung des Anspruchs erforderlich seien. Diese Kenntnis hätten die Kläger bereits im Jahr 2001 erlangt, da eine Mitteilung über die Umschreibung an die Mutter der Kläger geschickt wurde. Es könne nicht sein, dass die Kläger von der Umschreibung nichts mitbekommen haben. Die als Anlage K 30 vorgelegte €Rechtsverbindliche Erklärung und Handlungsvollmacht€ sei von den Klägern zeitnah gegengezeichnet worden (B 3). Im Jahr 2001 sei eine CD mit dem Titel €Kufstein € Die Perle Tirols€ (Cover in Kopie als B 4) erschienen. In deren Booklet sei die Urheberschaft von Gertraud G. und dem Beklagten zu 1) vermerkt. Die Mitglieder der Familie G. hätten selbstverständlich mehrere Exemplare dieser CD erhalten. Die Schwiegertochter von Gertraud G. habe diese CDs damals sogar im Schaukasten ihrer Pension €Die Perle Tirols€ zum Verkauf angeboten.
Insgesamt sei es ohnehin so, dass das Verhalten der Kläger nur dem Einfluss des in Wien ansässigen H.-Verlages zuzuschreiben sei, der sich über Jahrzehnte nicht um das Werk gekümmert habe, nun aber meine, dass er Terrain gutmachen müsse. Nach der Änderung der Registrierung im Jahr 2001 hätten sich die Kläger sechs Jahre lang nicht gerührt.
Karl G. habe das €Kufsteiner Lied€ lediglich in der Nähe Kufsteins aufgeführt, bis er 1963 den Beklagten zu 1) kennenlernte. Erst auf Grund der Erfahrung des Beklagten zu 1), Autor und Produzent der meisten Jodellieder der Welt, sei das €Kufsteiner Lied€ überregional bekannt geworden. Der Beklagte zu 1) habe sich nicht nur organisatorisch um die Vermarktung von Musikstücken gekümmert, vielmehr habe er auch bei der Entstehung als schöpferischer Autor und Produzent kreativ mitgearbeitet. Alle seine Produktionen seien von seinem Gedankengut mitgeprägt. Beim €Kufsteiner Lied€ habe der Beklagte zu 1) sich bemüht, durch einen €packenderen€ Jodler eine bessere €Mit-Sing-Qualität€ herbeizuführen, damit das Lied auf Veranstaltungen wie dem Oktoberfest Erfolg habe. Dafür habe sich besonders gut der €Oktav-Jodler€ geeignet. Einerseits habe es diesen Jodel-Typus schon früher gegeben, andererseits habe er für das €Kufsteiner-Lied€ durch den Beklagten zu 1) eine besondere Ausgestaltung erfahren. Desgleichen habe er die Jodelphonetik geschaffen, also den Jodeltext, welche lautet:
€Holla-rä-di-ri, di-ri, di-ri, holla-ri hol-la-rei-di € ho! Gug-gu! Holla-ri hol-la-rei di-ho! Gug-gu! Holla-ri hol-la-rei-di-ho! Gug-gu!...€
Weiterhin habe er den Zusatz €Bei uns in Tirol€ als Schlusssequenz eingefügt. Dieser Beitrag des Beklagten zu 1) sei als Bearbeitung des ursprünglichen Werkes anzusehen.
Die Urheberschaft des Karl G. am €Kufsteiner Lied€ sei öfters angegriffen worden, was daran lag, dass dieser das Lied über einen längeren Zeitraum mit einer Vielzahl von Musikern aufgeführt hat, die nachdem das Lied erfolgreich wurde, einen Anteil an dem Werk haben wollten. Diese Angriffe habe Karl G. unter Hilfe des Beklagten zu 1) stets abwehren können. Insbesondere in der Auseinandersetzung mit Johann B. sei dies besonders schwer gewesen. B. habe behauptet, dass die Bearbeitung des Kufstein-Liedes, der Jodelpart mit Text und das Zwischenspiel von ihm stammten. In dem daraus resultierenden Prozess vor dem Landesgericht Innsbruck habe sich der Beklagte zu 1) entschlossen, nicht herauszukehren, dass tatsächlich er der Urheber gewesen sei (Klageerwiderung, S. 9; Bl. 37). Er habe sich immer zurückgenommen, um Karl G. bei den zahlreichen Auseinandersetzungen mit Dritten nicht noch zusätzlich zu schwächen. Diese Zurückhaltung habe er erst abgelegt, als er Divergenzen in Bezug auf die Ansichten der potentiellen Erben von Gertraud G. feststellen musste.
In einem auf den 01.03.1973 datierten Schreiben (B 15), schrieb Karl G., wobei er den Text von seiner Frau Gertraud G. hat schreiben lassen, in Bezug auf die Auseinandersetzung mit B., dass dieser kaum beweisen könne, dass der Jodler von ihm stammt. Auf den genauen Text des Briefes wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des Anteils der Gertraud G. am Text des €Kufsteiner Lieds€ habe sie sich dem Beklagten zu 1) gegenüber das erste Mal im Jahr 2001 geäußert. Anlässlich einer Jubiläumsausgabe des €Kufsteiner Lieds€ habe der Beklagte zu 1) Gertraud G. besucht. Diese habe ihm dann berichtet, wie der Text des Liedes entstanden sei. Wörtlich habe sie gesagt:
€Egon, die zweite Strophe des Kufsteiner-Lieds ist von mir.€
Darauf habe der Beklagte zu 1), der sofort die Tragweite dieser Äußerung erkannte, erwidert:
€Traudl, wenn das wahr ist, bist du unsterblich.€
Worauf Gertraud G. mit den Worten €Egon, es ist wahr.€ antwortete.
Die Schwiegertochter Maria Theresia G. könne bezeugen, dass sie immer davon ausgegangen sei, dass Gertraud G. Miturheberin gewesen sei. Außerdem ergebe sich auch aus dem Eintrag im Gästebuch der Pension €Die Perle Tirols€, dass Gertraud G. Miturheberin gewesen sei. Dort wird die Geschichte des €Kufsteiner Lieds€ aus der Sicht des Liedes dargestellt. Es lautet:
€Ja wia bin i eigentlich entstanden€Ja dis woas i eigentlich söwa nimma, es is jao scho mehra wia 50 Joar her.Auf jeden foi is mei Schouffa in Kufstoan auf da Ofnbonk gsitzt und hoat mi gmoucht.Karl G. hot a€koasn und auft Weat is a kemma in Brixlegg. Do hat a aa sei Frau kenna glernt die Traudl G..Und wia mi da Franzl Lang nocha ausaträllat hot dann bin i so richtig brümt woan.Da hot a noch a€a€Goat koupt mei Schouffa, das a si a Gousthaisl baun hot kina.Dis wos na a Frühstückspension is € di Perle Tirols.Wira 62 Joar wour, is a gstorm mei Schouffa und ca. 10 Joar spada sei Frau die Traudl.Owa i € i bi a ewigi Erinnerung a di zwou.€Aus der letzten Zeile würde sich ergeben, dass das Lied auch von Gertraud G. geschaffen sei, denn nur dann könne das Lied als Erinnerung an sie aufgefasst werden.
Auf einer Notenausgabe des €Kufsteiner Liedes€ (B 16), welche die Beklagte zu 2) herausgegeben habe, ist vermerkt, dass Gertraud G. Miturheberin des Textes sei und der Beklagte zu 1) den Jodelpart bearbeitet und die Jodelphonetik entwickelt habe. Daraus folge eine Urhebervermutung gemäß § 10 UrhG, welche auch den Klägern gegenüber gelte. Diese hätten sich sechs Jahre nicht dagegen gewendet.
Dem Beklagten zu 1) seien sowohl von Karl G. als auch von Gertraud G. umfassende und ausschließliche Handlungsvollmachten eingeräumt worden. Dies zeige das Vertrauensverhältnis gegenüber dem Beklagten zu 1).
Am 28.07.2001 habe Gertraud G. gegen 20.22 Uhr ein erstes Testament diktiert (B 25). Bei dessen Niederschrift durch den Beklagten zu 1) seien die Kläger anwesend gewesen. Gegen 20.53 Uhr habe Gertraud G. dem Beklagten zu 1) dann ein weiteres Testament diktiert (K 35). Bei diesem Diktat seien die Kläger auf Wunsch von Gertraud G. nicht anwesend gewesen, da dieses Testament für die Kläger unangenehme Regelungen enthalten sollte. Später hätten die Kläger dieses Testament gegengezeichnet und durch ihre Unterschriften € nach Ansicht der Beklagten € zu erkennen gegeben, dass sie die dortigen Regelungen gegen sich gelten lassen wollten.
Dem Beklagten zu 1) und Gertraud G. sei es nicht darum gegangen, die urheberrechtliche Schutzdauer des €Kufsteiner Lieds€ zu verlängern. Vielmehr sollte die wahre Urheberlage dokumentiert werden. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung sei Gertraud G. geschäftsfähig gewesen. Dies belege eine Bestätigung der sie zuletzt behandelnden Ärztin (B 34).
Der Beklagte zu 1) sei schöpferisch tätig gewesen. Der €Guggu-Jodler€ habe einen anderen Eindruck als der €Oktavjodler€. Die Jodelphonetik habe der Beklagte zu 1) wesentlich mitgeprägt. €Diri€ habe eine andere Klangfarbe und einen anderen Charakter als €Dürü€. Weiter habe die Schlusssequenz €Bei uns in Tirol€ schöpferische Qualität. Den Voraussetzungen der sogenannten €kleinen Münze€ sei damit genüge getan.
Darauf erwidern die Kläger , dass sie von der Änderung der GEMA-Registrierung erst im Jahr 2005 erfahren hätten.
Bis zum Zeitpunkt, als der Beklagte zu 1) von der schweren Erkrankung von Gertraud G. im Jahr 2001 erfahren habe, sei niemals in Frage gestanden, dass Karl G. alleiniger Urheber der Musik und des Textes des €Kufsteiner Lieds€ gewesen sei. Alle Aktivitäten des Beklagten zu 1) seien nur vor dem Hintergrund zu sehen, dass er seine Position gegenüber den Erben sichern wollte.
Dass sich die Beklagten unter Bezugnahme auf die ab dem Jahr 2001 erschienenen Werke auf die Urhebervermutung des § 10 UrhG berufen, sei unverständlich. Bis zu diesem Jahr war Karl G. immer als alleiniger Urheber benannt (SS vom 03.04.2009, S. 3 ff. mit zahlreichen Beispielen; Bl. 62 ff.). Unter mehreren aufeinanderfolgenden Urheberbezeichnungen mit abweichendem Inhalt habe stets die ältere Urheberbezeichnung Vorrang.
Was die als Zeugin benannte Dagmar D. zum Beweis, dass der Beklagte zu 1) den Jodlerpart bearbeitet und die Jodelphonetik geschaffen habe, angeben solle, sei nicht ersichtlich. Ob der Beklagte zu 1) ein Lied einstudiert habe, sei für die Frage der Urheberschaft unerheblich.
Die Unterschrift auf der Rückseite des Dokuments (Anlage K 30/ B3) sei allenfalls so zu verstehen, dass die Existenz des Schriftstücks zur Kenntnis genommen wurde. Die Kläger können sich auch nicht daran erinnern, ob der handschriftliche Zusatz €zur Kenntnis genommen und akzeptiert€ in dieser Form zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung bereits vorhanden war.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstige Aktenteile.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Musik und Text des €Kufsteiner Lieds€, einschließlich des Jodler-Teils wurden von Karl G. geschaffen. Die Beklagten konnten die aus der langjährigen Nennung des Karl G. resultierende Vermutung gemäß § 10 I UrhG nicht widerlegen. Die Kläger können als dessen Rechtsnachfolger von den Beklagten gemäß § 97 I UrhG i.V.m. § 13 UrhG verlangen, dass die Beklagten ihre Einwilligung zur Änderung der GEMA-Registrierung erteilen. Das GEMA-Register war bis zur Umsetzung der €Mitteilung über die Veränderung an einem Werk€ vom 26.07.2001 zutreffend. Sowohl der Beklagte zu 1) als unmittelbar handelnde Person, als auch die Beklagte zu 2), als der durch den Beklagten zu 1) vertretene Musikverlag sind als Täter anzusehen, bzw. haften nach § 31 BGB. Sie sind verpflichtet, die durch ihr Handeln verursachte Beeinträchtigung zu beseitigen.
Nach § 13 S.1 UrhG hat jeder Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft. Nach dem Versterben des Urhebers sind die Erben berechtigt, zu bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist und welche Bezeichnung zu verwenden ist. Die Erben sind hingegen nicht berechtigt, die Anerkennung der Urheberschaft einer Person zu verlangen, die das Werk nicht geschaffen hat (Schulze in Dreier/ Schulze, 3. Aufl., § 28 UrhG, Rn. 3). Da das GEMA-Register auf Grund der Eintragung von Gertraud G. als Miturheberin des Textes und der Eintragung des Beklagten zu 1) als Verantwortlichen für den Jodelpart und die Jodelphonetik falsch ist, können die Kläger die Beseitigung dieser Störung aus § 97 I UrhG verlangen.
1. Antragstellung
Aus der Rechtsprechung zur Korrektur fehlerhafter GEMA-Datensätze (BGH ZUM 2004, 921) folgt, dass bei einem Streit über die urheberrechtlichen Befugnisse an bestimmten Musikstücken eine Klage auf Feststellung, dass der anderen Partei keine Ansprüche gegen die GEMA aus der Auswertung dieser Musikstücke zustehen, herbeigeführt werden kann. Für eine solche Klage, die das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen der anderen Partei und der GEMA betrifft, fehlt nicht das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist der Antrag auf Zustimmung der Beklagten zur Einwilligung der Änderung der GEMA-Registrierung begründet, da die GEMA in dem Schreiben vom 16.10.2006 (K 14) den Standpunkt einnimmt, eine neutrale Position beziehen und eine Klärung zwischen den Parteien abwarten zu wollen. Es macht keinen Unterschied, ob gemäß der zitierten Entscheidung ein Feststellungsurteil zwischen den Parteien herbeigeführt wird, oder ob die Beklagten zur Abgabe einer bindenden Erklärung gegenüber der GEMA verpflichtet werden. Die hier gewählte Antragsstellung hat vielmehr den Vorteil, dass sie sich direkt an die GEMA richtet und von dieser als abschließende Erklärung der Beklagten anzusehen ist. Dies geht über die Wirkung eines reinen Feststellungsurteils zumindest hinsichtlich der Vollstreckung hinaus.
2. Urheberschaft des Karl G.
Das Werk €Die Perle Tirols€ ist sowohl hinsichtlich der Melodie, als auch hinsichtlich des Textes und des Jodelparts als Werk nach § 2 I Nr. 2, II UrhG anzusehen. Zugunsten des von den 60€er Jahren bis zum Jahr 2001 als Urheber eingetragenen Karl G. greift die Vermutung der Urheberschaft nach § 10 I UrhG. Die aus der langjährigen Urheberbenennung resultierende Vermutung konnten die Beklagten weder hinsichtlich der behaupteten schöpferischen Bearbeitung des Jodelparts und der Jodelphonetik durch den Beklagten zu 1), noch hinsichtlich des Beitrags der Gertraud G. hinsichtlich der Miturheberschaft am Text widerlegen.
a. Vermutung der Urheberschaft nach § 10 I UrhG
Nach § 10 I UrhG wird € bis zum Beweis des Gegenteils € die Urheberschaft für denjenigen vermutet, der auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienen Werkes oder auf dem Original als Urheber bezeichnet ist. Im Falle mehrfacher Veröffentlichung unter abweichender Urheberbezeichnung genießt die frühere Urheberbezeichnung grundsätzlich den Vorrang (OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 121, 123 € Cat Stevens unter Bezugnahme auf die Kommentierung bei Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl. 1999, § 10 Rdn. 9).
Karl G. war über einen Zeitraum von über 30 Jahren bei dem in der Öffentlichkeit oft aufgeführten und bekannten Stück als alleiniger Urheber eingetragen. In mindestens einem Rechtsstreit hat er € unter Hilfestellung des Beklagten zu 1) € seine Stellung als Urheber in einem Gerichtsverfahren verteidigen müssen. Daraus resultiert eine sehr starke Vermutungswirkung. Diese wird nicht dadurch widerlegt oder erschüttert, dass die Beklagten ab dem Jahr 2001 diverse Werke mit abweichenden Urheberbezeichnungen in den Verkehr gebracht haben.
68Die in § 10 I UrhG niedergelegte Urhebervermutung beruht auf der Annahme, dass es in der Regel nur dem tatsächlichen Urheber möglich sein wird, seinen Namen auf dem Werk oder auf den Vervielfältigungsstücken anzubringen oder anbringen zu lassen. Einem Dritten wird es selten möglich sein, ohne ein rechtliches Einschreiten des tatsächlich Berechtigten herauszufordern, seinen Namen an einem von einer anderen Person geschaffenen Werk anzubringen. Dies rechtfertigt es aus der Tatsache, dass ein Urhebervermerk an einem Werk angebracht ist, eine widerlegbare Vermutung herzuleiten. Diese Vermutung kann aber nicht für sich in Anspruch nehmen, wer sich mit jemanden, der nachweisbar früher Urheberrechte an dem gleichen Werk für sich in Anspruch nimmt und dies durch entsprechende Urhebervermerke belegen kann, streitet. Ansonsten wäre es jedermann möglich, sich in einem Rechtsstreit mit einem Urheber eine bessere prozessuale Position zu verschaffen, indem er neue Werke mit entsprechenden Urhebervermerken versieht. Es bestünde ein hohes Missbrauchsrisiko. Die neue geänderte Urheberangabe kann somit allenfalls im Verhältnis zu Dritten Bedeutung haben, nicht aber im Verhältnis zu der bisher unangefochten als Urheber angegebenen Person.
69Die Ansicht der Beklagten (Bl. 89 d. Akten), dass die Vermutung des § 10 I UrhG zusätzlich dadurch geschwächt sei, dass Gertraud G. als Rechtsnachfolgerin des Karl G. selbst behauptet, Miturheber zu sein und dass der Beklagte zu 1) Bearbeiter des Jodelrefrains war, kann nicht gefolgt werden. Wer Urheber ist, bestimmt sich gemäß § 7 UrhG allein danach, wer das Werk geschaffen hat. Eine schuldrechtliche oder erbrechtliche Übertragung der Urheberstellung ist nicht möglich.
In der Praxis wird es oft so sein, dass die Vermutung des § 10 I UrhG dann besonders schwer erschüttert wird, wenn der Urheber selber angibt, dass er nicht der alleinige Urheber ist. Denn ein solcher € vermeintlicher € Urheber wird genaue Angaben machen können, weshalb der Urhebervermerk zu seinen Gunsten lautet und weshalb er bislang nicht gegen seine Nennung vorgegangen ist. Für jemanden, der seine Rechtsposition aus einer Erbenstellung ableitet, kann dies nicht gelten, zumal dies, nach dem Ableben des ursprünglich benannten Urhebers, dazu führen könnte, dass sich die Schutzdauer in willkürlicher Weise verlängern ließe.
b. Schaffung der Jodelpassage durch den Beklagten zu 1)
Der Tatsachenvortrag der Beklagten ist nicht ausreichend, um die aus § 10 I UrhG resultierende Vermutungswirkung zu erschüttern und Grundlage für den von den Beklagten zu führenden Vollbeweis der Urheberschaft des Beklagten zu 1) zu sein.
aa) Der nunmehr gebrachte Vortrag der Beklagten zur angeblichen Urheberschaft des Beklagten zu 1) steht im Widerspruch zu mehreren urkundlich belegten Behauptungen des Beklagten zu 1), wonach Herrn Karl G. die alleinige Urheberschaft am Kufsteiner Lied zustehe. Diese Urkunden sind jeweils nach der angeblichen Schaffung des sogenannten Oktavjodlers in den 60er Jahren entstanden:
Im Rahmen der oben erwähnten Auseinandersetzung mit B. bestätigte der Beklagte zu 1) in seinem Schreiben vom 08.10.1974 an die AKM Direktion, dass Karl G. Komponist und Texter des vollständigen €Kufsteiner Liedes€ sei (K 28). Dieses Schreiben ist auf einem Briefbogen mit dem Briefkopf des Beklagten zu 1) verfasst und weist die Unterschriften des Beklagten zu 1) und Karl G. auf. Es lautet auszugsweise:
€Der Autor und Urheber des Werkes: Das Kufsteiner Lied € Die Perle Tirols € K. G. legt Wert auf folgende Feststellungen:
1. Karl G., Sch. bei Kufstein in Tirol, ist der alleinige Autor und Urheber des Werkes: Das Kufsteiner-Lied ..,
6. Das Werk wurde nach seiner Veröffentlichung von den verschiedensten Interpreten mit den verschiedensten Jodelteilen gesungen, u.a. auch mit dem Jodelteil der nun von Hr. H B., im Sinne einer Urheberschaft beansprucht wird. €
Am 29.11.1980 (K 29) unterzeichneten der Beklagte zu 1) und Karl G. ein Schriftstück, in dem Karl G. erklärt, dass er am €Kufsteiner Lied, mit allen derzeit bekannten Jodlerparts die druckmäßig fixiert sind,€ das geistige Eigentum besitze und €jedwede andere musikalischen oder textlichen Teile€ auf seiner Urheberschaft beruhen.
Der Beklagte zu 1), der diese Aussagen jeweils unwidersprochen ließ und mit seiner Unterschrift bestätigte, hat nicht vorgetragen, dass er dem € nach seiner heutigen Darstellung nur vermeintlichen € Schöpfer des Jodelparts Karl G. zu dessen Lebzeiten an anderer Stelle widersprochen oder auf den eigenen Schöpfungsbeitrag hingewiesen hätte. Damit hat er die unangefochtene Vermutung der Urheberschaft des Karl G. am gesamten Werk mit allen seinen Ausgestaltungen tatkräftig mit aufgebaut und streitet damit heute gegen diese selbst verfestigte Vermutung an.
Die Indizwirkung der selbst verfassten und unterschriebenen Schriftstücke ist so stark, dass eine Anfangswahrscheinlichkeit für den von den Beklagten nun unterbreiteten Sachvortrag, die Voraussetzung für eine etwaige Vernehmung des Beklagten zu 1) gemäß § 448 ZPO als Partei wäre, nicht im Ansatz bejaht werden kann.
bb) Nur ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass die Behauptung des Beklagten zu 1), er habe die Jodelpassage mitgestaltet, nicht hinreichend substantiiert vorgetragen ist. Im Schriftsatz vom 25.02.2009 lautet es insofern auf Seite 7, dass sich der Beklagte zu 1) bemühte, dem Lied einen bessere €Mit-Sing-Qualität€ zu geben. Hierfür habe sich nach den Vorstellungen des Beklagten zu 1) der sogenannte €Oktav-Jodler€ geeignet. Diesen Jodler-Typ habe es bereits gegeben. Er habe aber für das hier vorliegende Lied eine konkrete Form erfahren. Diese habe der Beklagte zu 1) besorgt. Zudem habe er die Jodelphonetik, gewissermaßen den Jodeltext geschaffen. In der mündlichen Verhandlung führte der Beklagtenvertreter aus, dass der Beklagte zu 1) an der Ausgestaltung des Jodlers mitgearbeitet habe. Weitergehender Vortrag, wann der Beklagte zu 1) was und wo gemacht hat, ist nicht erfolgt.
Dieser Vortrag ist € unabhängig von der Tatsache, dass keine beachtlichen Beweisangebote vorgebracht wurden € nicht so konkret, dass sich aus ihr eine nach dem Urheberrecht schützenswerte Position ersehen läßt. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Form der Beklagte zu 1) den €Oktav-Jodler€ aufgefunden hat, welche Versionen des €Kufsteiner Lieds€ bereits vorhanden waren und in welcher Form der Beklagte zu 1) einen eigenschöpferischen Anteil eingebracht hat. Soweit der Beklagte zu 1) für sich in Anspruch nimmt, dass er die €Jodelphonetik€ geschaffen habe, kann daraus kein Urheberschutz hergeleitet werden. Bei der von den Beklagten als €Jodelphonetik€ benannten Text: €Holla-rä-di-ri, di-ri, di-ri, holla-ri hol-la-rei-di € ho! Gug-gu! Holla-ri hol-la-rei di-ho! Gug-gu! Holla-ri hol-la-rei-di-ho! Gug-gu!...€ handelt es sich lediglich um eine lautmalerische Umschreibung des Jodlers. Das Gericht hat mehrere in dieses Verfahren eingeführte Versionen des €Kufsteiner Lieds€ angehört und konnte sich davon überzeugen, dass der Jodler nicht streng nach der angeblich vom Beklagten zu 1) geschaffenen €Jodelphonetik€ gejodelt wurde. Es gibt stets Abweichungen bei den Silben. Es ist nach Überzeugung der Kammer, die, da ihre Mitglieder selbst musikalisch tätig sind, insoweit selbst sachkundig ist, auch so, dass einerseits bestimmte Laute für die Teile des Jodlers, die mit der Bruststimme gesungen werden, andere für die in der Kopfstimme gesungenen, naheliegen und andererseits die genaue Phonetik vom jeweiligen Künstler unter Berücksichtigung seiner Stimmlage, des individuellen Übergangs von Brust- zu Kopfstimme (Jodelsprung) und im Hinblick auf die individuellen Ausschmückungen und Verzierungen gewählt wird. Letzterer Umstand ist gerade auch in der Aufnahme von Franzl Lang, die die vom Beklagten zu 1) angeblich festgelegte Textfassung gerade nicht einhält, zu beobachten.
Die von der Beklagtenseite zum Beweis angebotene Zeugin Dagmar D. (Bl. 35) war nicht zu hören. Es ist nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse sie zur Frage der etwaigen Urheberschaft des Beklagten zu 1) beitragen kann. Allein aus der Tatsache, dass der Beklagte zu 1) den €Oktav-Jodler€ mit Carlos D. einstudierte, kann nicht gefolgert werden, wer Urheber dieses Werkes ist.
c. Schaffung der zweiten Strophe durch Gertraud G.
Der Tatsachenvortrag der Beklagten ist auch nicht ausreichend, um die aus § 10 I UrhG resultierende Vermutungswirkung in Bezug auf die Miturheberschaft der Gertraud G. zu erschüttern.
Die Stellungnahme der Gertraud G. vom 14.06.2001 (K 30), dass sie Urheberin der zweiten Strophe des €Kufsteiner Lieds€ gewesen sei, ist nicht geeignet, die zugunsten ihres Ehemanns Karl G. bestehende Urhebervermutung zu widerlegen. Sie hat gewusst, dass ihr Ehemann Karl G. über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren als alleiniger Urheber des Textes eingetragen war. Wie sich aus dem von ihr verfassten Schreiben B 15 ergibt, war sie auch in die Rechtsstreitigkeiten um die Urheberschaft des €Kufsteiner Lieds€ mit Hans B. eingeweiht. Selbst wenn Sie aus Rücksicht auf ihren Ehemann ihren €Anteil€ am Text des €Kufsteiner Lieds€ nicht einforderte, so ist nicht nachvollziehbar, dass sie selbst nach seinem Ableben im Jahr 1988 keine Maßnahmen traf, um ihre Urheberstellung zu sichern. Nachdem Frau G. über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahre keine Anstrengungen getroffen hat, um ihr Recht zu sichern, ist eine einfache Erklärung, zu einem Zeitpunkt, in dem der vermerkte Urheber bereits verstorben ist und sich nicht zur Wehr setzen kann, nicht ausreichend.
Der von der Beklagtenpartei zum Beweis der Miturheberschaft angeführte Eintrag im Gästebuch der Pension €Die Perle Tirols€ ist nicht geeignet, diesen Beweis zu erbringen. Es ist bereits nicht ersichtlich, wer diesen Text geschrieben hat. Er wurde offensichtlich nach dem Versterben von Gertraud G. geschrieben. Zudem unterscheidet dieser Text zwischen dem €Schaffer€ und seiner Frau. Daraus ergibt sich, dass die Frau und damit Frau Gertraud G. nicht der Schaffer und damit wohl auch nicht Urheber war.
Die zum Beweis angebotene Schwiegertochter von Gertraud G. war nicht zu hören. Selbst wenn sie tatsächlich angeben sollte, sie sei stets von der Miturheberschaft der Gertraud G. überzeugt gewesen, so würde dies nicht bedeuten, dass dies auch tatsächlich so war. Tatsachenvortrag, auf welche Erlebnisse die Schwiegertochter ihre Überzeugung stützt, wurde nicht vorgetragen, so dass sie nicht einmal als Zeugin vom Hörensagen in Betracht kommt.
3. Rechteeinräumung durch Gertraud G.
Die Beklagten berufen sich darauf, dass Gertraud G. in dem als K 30 vorliegenden Schriftstück vom 14.06.2001 erklärt habe, dass sie selbst Miturheberin an dem Liedtext gewesen sei. Weiterhin habe sie bestätigt, dass der Beklagte zu 1) an der Schaffung des €Oktav-Jodlers€ mit der Endung €Bei uns in Tirol€ schöpferisch beteiligt gewesen sei. Daraus würde sich eine Rechtsposition der Beklagten herleiten. Denn zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung sei Gertraud G. Erbin der Urheberrechte des Karl G. gewesen und deshalb auch zur Abgabe einer solchen Erklärung berechtigt gewesen.
Diese Ansicht der Beklagtenpartei ist unzutreffend. Wenn die Urheberrechte nur aus einer Erbenstellung abgeleitet sind, können solche Erklärung nicht rechtswirksam abgegeben werden. Nach § 28 I UrhG ist nur das Urheberrecht vererblich, nicht aber die Urheberschaft (so Schulze in Dreier/Schulze, 3. Aufl., § 28 S. 3). Es bestünde einerseits die Gefahr, dass Erben von Urhebern versuchen, die Schutzdauer eines Werkes über die Dauer von 70 Jahren ab Versterben des tatsächlichen Urhebers zu verlängern. Zum anderen könnten Erben versuchen, auf Kosten der eigentlichen Urheber ihren Namen mit dem geschützten Werk in Verbindung zu bringen.
4. Verjährung
Kläger haben in der Verhandlung angegeben, dass sie selbst erst im Jahr 2005 erfahren haben, dass die streitgegenständliche Umschreibung erfolgt ist. Diesem Vortrag ist die Beklagtenseite in der Verhandlung nicht hinreichend entgegengetreten. Sie beruft sich vielmehr darauf, dass der Beklagte zu 1) der Mutter der Kläger im Jahr 2001 die Umschreibung bekannt gemacht habe. Dies hätte auch den Klägern bekannt gewesen sein müssen.
Soweit sich der Kläger auf die Gegenzeichnung der Anlage K 30, bzw. B 3 beruft, ist nicht ersichtlich, weshalb daraus eine Kenntnis von der Änderung der GEMA-Registrierung resultieren soll. Auch aus der Tatsache, dass sich auf dem Booklet der CD €Kufstein € Die Perle Tirols€ die Namen von Gertraud G. und dem Beklagten zu 1) finden, ergibt sich keinerlei Bedeutung für eine Kenntnis hinsichtlich der Änderung des GEMA-Registers. Auf CD-Booklets kann derjenige, der den Druck veranlasst, angeben was er will. Es ist offensichtlich, dass dies nicht deklaratorisch sein kann. Zumal die Beklagten keinen Vortrag bringen, wann die Kläger genau Kenntnis genommen haben sollen.
5. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
Hinsichtlich der im Tenor benannten Abgabe der Zustimmung handelt es sich um die Abgabe einer nicht vertretbaren Willenserklärung. Eine solche ist der vorläufigen Vollstreckung nicht zugänglich. Insofern war der in der mündlichen Verhandlung ursprünglich verkündete Tenor gemäß § 319 ZPO zu berichtigen. Die weitere Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
LG München I:
Urteil v. 23.07.2009
Az: 7 O 22065/08
Link zum Urteil:
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