Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 6. Mai 2010
Aktenzeichen: 3 U 140/08
(OLG Hamburg: Urteil v. 06.05.2010, Az.: 3 U 140/08)
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15. Juli 2008, Az. 407 O 138/07, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Agenturpreislisten für jedes der von ihr verlegten Telefon- und Branchenbücher auszuhändigen, nachdem sie die Beklagte hierzu für die Bücher einer jeden Auflage (nach Erscheinen der Vorauflage) aufgefordert hat und nachdem die Beklagte mit dem Vertrieb von Anzeigen zum Abdruck in dem jeweiligen von ihr verlegten Telefon- und Branchenbuch begonnen hat, und zwar entweder durch
a) Direktvertrieboder b) Vertrieb durch ihre Handelsvertreteroder c) Vertrieb durch die Werbeagentur T...;werden von einer Agenturpreisliste mehrere Telefon- und Branchenbücher erfasst, so ist auf den Vertriebsbeginn (im vorgenannten Sinne) für das erste Verzeichnis aus der gemeinsamen Agenturpreisliste abzustellen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Leistungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 30.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 30.000,00 festgesetzt.
Gründe
A.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Kartell- und Wettbewerbsrecht auf Belieferung mit Agenturpreislisten in Anspruch.
Die Klägerin ist eine Werbeagentur, die unter anderem für ihre Kunden Anzeigen und Einträge in Telefon- und Branchenverzeichnissen platziert.
Die Beklagte verlegt mehrere örtliche Telefon- und Branchenverzeichnisse (€Das Örtliche€, €Gelbe Seiten€ und €Das Telefonbuch€) im norddeutschen Raum. Andere, vergleichbare Verzeichnisse zu den kostenlos verteilten Produkten der Beklagten sind nicht vorhanden. Die Klägerin schaltete in den letzten Jahren für vier ihrer Kunden jeweils insgesamt acht Anzeigen in den Telefonverzeichnissen der Beklagten. Dies führte bei einem Umsatzvolumen von € 11.800,00 zu einem Erlös der Klägerin in Höhe von € 1.770,00 pro Jahr.
Die Beklagte akquiriert Werbeanzeigen für ihre Telefonverzeichnisse auf drei verschiedenen Wegen. Anzeigen werden von den Kunden direkt bei der Beklagten geschaltet, über Handelsvertreter der Beklagten vermittelt oder durch Werbeagenturen geschaltet. Die Werbeagenturen, zu denen auch die Klägerin zählt, schalten die Anzeigen ihrer Kunden bei der Beklagten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Für die mit den Werbeagenturen vereinbarten Anzeigen werden gegenüber den direkt geschalteten oder über Handelsvertreter vermittelten Anzeigen um etwa 15 % erhöhte Preise (Agenturpreise) vereinbart. Die rund 15%-ige Differenz zu den Preisen direkt geschalter Anzeigen verbleibt den Werbeagenturen. Die Handelsvertreter der Beklagten erhalten die €Preislisten für direkt schaltende Kunden€ (€Grundpreislisten€), die Werbeagenturen sog. Agenturpreislisten. Insgesamt verlegt die Beklagte 67 Telefonverzeichnisse. Sie verwendet insgesamt 35 Grundpreislisten und 35 Agenturpreislisten. Einige Preislisten gelten für mehrere Bücher.
Zu den Werbeagenturen mit langjährig bestehenden Lieferbeziehungen zählt neben der Klägerin die Werbeagentur T. ... Die Werbeagentur T. gehört zum Firmenverbund der Beklagten. Persönlich haftende Gesellschafterin der Werbeagentur T. Fa. H..GmbH (Anlage B 8), deren Geschäftsanteile von der Fa. V. GmbH & Co. KG gehalten werden. Die Geschäftsanteile der persönlich haftenden Gesellschafterin der Fa. V. GmbH & Co. KG, nämlich der Fa. H. GmbH, werden von denselben Personen gehalten, die auch die Geschäftsanteile der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten halten.
Im Jahr 2003 begann die Beklagte damit, ihr Vertriebssystem umzustellen. Sie wollte die Werbeanzeigen nur noch direkt oder durch ihre Handelsvertreter akquirieren. Im Hinblick auf die Akquisition von Werbeeinträgen durch Werbeagenturen, sollten Anzeigenaufträge nur noch von denjenigen Werbeagenturen angenommen werden, mit welchen sie bereits vor dem 1. August 2003 zusammengearbeitet hatte, und welche seither fortlaufend Agenturaufträge mit eigenen Kunden erteilt hatten (vgl. Ziffer 19 und 20 der AGB der Beklagten sowie die €Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Werbungsmittler€/Anlage K 2).
Im Zuge der Umstellung ihres Vertriebssystems überließ die Beklagte ihren Handelsvertretern die für sie bestimmten Preislisten (€Grundpreislisten€) deutlich früher, als der Klägerin die für sie bestimmten €Agenturpreislisten€. Daher konnten die Beklagte und ihre Handelsvertreter früher mit dem Anzeigenvertrieb beginnen, als die Klägerin. Zwischen den Parteien ist streitig, ob auch die Werbeagentur T. die Agenturpreislisten früher bekommt, als die Klägerin.
In der Vergangenheit hat die Beklagte der Klägerin die Agenturpreislisten in der Regel etwa 3 ½ bis sechs Monate vor Anzeigenschluss zur Verfügung gestellt. So übersandte die Beklagte der Klägerin mit Telefax vom 27. Januar 1998 Agenturpreislisten für die Gelben Seiten, Einzelausgaben und Kombis, Ausgabe 1999/2000. Zudem kündigte sie an, die Agenturpreislisten für die kommende Ausgabe zu übersenden, sobald ihr diese vorlägen (Anlage K 4). Mit Schreiben vom 17. Juli 2002 übersandte die Beklagte der Klägerin die Anzeigenpreislisten für verschiedene Gelbe Seiten, Ausgabe 2003/2004. Der entsprechende Anzeigenschluss lag im Februar 2003 (Anlage K 6). Mit Schreiben vom 31. Juli 2002 übersandte die Beklagte zudem die Agenturpreisliste für verschiedene Telefonbücher (Nr. 6, 7, 9 und 112) der Ausgabe 2003/2004. Die entsprechenden Anzeigenschlüsse lagen zwischen dem 31. Oktober 2002 und dem 15. Januar 2003 (Anlage K 5).
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2004 bat die Klägerin die Beklagte um Hergabe der Mediadaten und Agenturpreislisten für die Gelben Seiten regional, Telefonbücher und Örtliche Telefonbücher des Jahrganges 2005/2006 (Anlage K 12). Den Erhalt dieses Schreibens hat die Beklagte in der Berufungsinstanz erstmalig bestritten. Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 wiederholte die Beklagte ihre Bitte (Anlage K 13). Auch den Erhalt dieses Schreibens hat die Beklagte erstmalig in der Berufungsinstanz bestritten. Mit Schreiben vom 1. September 2005 übersandte die Beklagte €wunschgemä߀ die Mediadaten an die Klägerin (Anlage K 14).
Die Werbeagentur T. hatte bereits zuvor zwei Anzeigen der Firma B. GmbH & Co. KG für die €Gelben Seiten regional Eutin, Malente, Plön und Umgebung, Ausgabe 2006/2007€ akquiriert und der Kundin bis zum 16. August 2005 eine entsprechende Druckvorlage (einschließlich Preisangabe) übersandt (Anlage K 10).
Mit Schreiben vom 8. September 2005 bat die Klägerin die Beklagte um Hergabe der Mediadaten und Agenturpreislisten für die Gelben Seiten Kombi Nord, Gelbe Seiten, Gelbe Seiten regional, Telefonbücher und Örtliche Telefonbücher des Jahrganges 2006/2007 (Anlage BfK 6). Mit Schreiben vom 16. September 2005 führte die Beklagte gegenüber der Klägerin aus, dass die angeforderten Agenturpreislisten für die Ausgabe 2006/2007 inzwischen übersandt worden seien. Darüber hinausgehende Unterlagen existierten nicht bzw. würden nicht mehr für Agenturen erstellt. Es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte nur noch ausnahmsweise und nur im Rahmen einer Übergangsfrist mit Werbeagenturen zusammenarbeite. Daher werde auch die inhaltliche Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen €im Sinne einer Nichtmehrzusammenarbeit€ heruntergefahren. Gewisse Serviceleistungen, die bisher für die Agenturen erbracht worden seien, würden nicht mehr zur Verfügung gestellt (Anlage K 7).
Mit Schreiben vom 16. März 2007 wandte sich der Klägervertreter an die Beklagte. Er machte geltend, dass die Beklagte €bezüglich des Zeitpunktes der Herausgabe der Agenturpreislisten... mit direkt schaltenden Kunden€ gleichbehandelt werden müsse (Anlage Bf K 8).
Mit Antwortschreiben vom 27. März 2007 (Anlage K 8) führte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten aus, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf habe bzgl. des Zeitpunktes der Herausgabe der Agenturpreislisten mit direkt schaltenden Anzeigenkunden oder den Handelsvertretern der Beklagten gleichbehandelt zu werden. Dies gelte umso mehr, als die Handelsvertreter andere Preislisten als die Agenturen erhielten. Die Agenturpreislisten müssten gesondert erstellt werden. Es bestünden zumindest sachliche Gründe, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten. Da die Beklagte berechtigt sei, ihr Anzeigenannahmesystem dahingehend umzustellen, das Werbeagenturen gänzlich ausgeschaltet würden, sei es ihr erst recht unbenommen, nach und nach denjenigen Unternehmen, denen sie nur noch im Rahmen einer Umstellungsfrist Bestandschutz gewähre, diejenigen Privilegien zu entziehen, welche sie den nach ihrem neuen Anzeigenauftrags-Annahmesystem allein zur Gewinnung von Werbekunden zuständigen Handelsvertretern gewähre. Diesbezüglich berief sich die Beklagte auf das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2005, Az. 315 O 322/05, welches zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ergangen ist (Anlage K 9).
Weiter ließ die Beklagte mit dem Schreiben vom 27. März 2007 ausführen, dass die Klägerin allenfalls verlangen könne, mit anderen Werbeagenturen gleichgestellt zu werden. Dies habe die Beklagte zugesagt, und daran halte sie sich auch. Sie werde der Beklagten auf schriftliches Anfordern hin jeweils die Agenturpreislisten zukommen lassen, sobald diese fertiggestellt seien. Um den Verwaltungsaufwand der Beklagten in vertretbaren Grenzen zu halten werde die Klägerin darum gebeten, von Anzeigenpreislistenanforderungen abzusehen, welche früher als zwei Monate -in Hamburg: drei Monate- vor dem Anzeigenannahmeschluss des jeweiligen Telefonbuchs versandt würden (Anlage K 8).
Nachfolgend ließ die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 30. März 2007 vorgerichtlich abmahnen. Sie forderte die Beklagte zum einen auf, es zu unterlassen die Klägerin gegenüber der Werbeagentur T. bei der Versendung von Agenturpreislisten ungleich zu behandeln. Zum anderen verlangte sie, dass die Beklagte ihr die Agenturpreislisten zu demjenigen Zeitpunkt zur Verfügung stellen müsse, zu dem die Preislisten für direktschaltende Anzeigenkunden (€Grundpreislisten€) an die Handelsvertreter der Beklagten herausgegeben und die Akquisition begonnen werde. Die Beklagte war jedoch nicht bereit, dem Verlangen der Klägerin zu entsprechen (Anlage K 8).
Mit Schreiben vom 12. April 2007 führte die Klägerin aus, dass sie statt der Agenturpreislisten auch die Übermittlung der Grundpreislisten für direkt schaltende Kunden akzeptiere. Auf deren Grundlage werde sie die um rund 15% höheren Agenturpreise selbst ermitteln (Anlage K 8). Zu einer Einigung der Parteien kam es jedoch nicht.
Nachfolgend erhob die Klägerin am 11. Juni 2007 die vorliegende Hauptsacheklage.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie durch das Vorgehen der Beklagten sowohl unbillig behindert (§ 20 Abs. 1 1. Alt. GWB), als auch ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandelt werde (§ 20 Abs. 1 2. Alt. GWB). Sie könne aufgrund der verspäteten Übersendung der Agenturpreislisten erst zu einem Zeitpunkt mit dem Vertrieb von Werbeanzeigen beginnen, zu dem der Direktvertrieb der Beklagten, der Vertrieb über die Handelsvertreter der Beklagten sowie über die Werbeagentur T. bereits seit Monaten stattfinde. Sie, die Klägerin, werde monatelang von dem bereits laufenden Anzeigenvertrieb ausgeschlossen. Daher könne sie erst dann tätig werden, wenn die meisten potentiellen Anzeigenkunden bereits vertraglich gebunden seien.
Die Fassung des Klagantrags zu 1. sei -entgegen der Ansicht der Beklagten- nicht zu beanstanden. Zum einen bleibe es der Beklagten überlassen, ob sie der Klägerin die Agenturpreislisten oder die Preislisten für direkt schaltende Kunden zusende. Zum anderen werde die Übersendung der Preislisten zu dem Zeitpunkt verlangt, zu dem erstmals Preislisten an die Handelsvertreter der Beklagten herausgegeben würden. Für den Fall, dass eine Preisliste für mehrere Verzeichnisse gelte, mache die Klägerin die Herausgabe der Agenturpreisliste mit dem Vertriebsbeginn für das erste Verzeichnis aus der gemeinsamen Preisliste geltend.
Bei der Werbeagentur T. handele es sich nicht mehr um eine Tochtergesellschaft der Beklagten, denn die Beklagte sei -anders als zum Zeitpunkt der BGH-Entscheidung vom 24. September 2002 (Anlage K 2)- nicht mehr Komplementärin der Werbeagentur T..
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte stelle der Werbeagentur T. die Mediadaten (inkl. Preislisten) etwa 5 bis 6 Monate vor Anzeigenschluss zur Verfügung, mithin deutlich früher als der Klägerin, und in etwa zu dem Zeitpunkt, zu dem auch die Handelsvertreter der Beklagten die für sie bestimmten Preislisten erhielten.
Das ergebe sich aus dem Umstand, dass die Werbeagentur T. Anzeigenaufträge bereits zu einem Zeitpunkt habe akquirieren können, zu dem der Klägerin -trotz entsprechender Anforderung per Telefax vom 16. Dezember 2004 und 31. Mai 2005 (Anlagen K 12 und K 13)- die entsprechende Agenturpreisliste für die Ausgaben 2005/2006 (Anlage B 4) noch nicht zur Verfügung gestanden habe.
Für das Branchenbuch Gelbe Seiten Regional Eutin, Malente, Plön und Umgebung, Ausgabe 2006/2007, habe die Beklagte der Klägerin die Preisliste trotz frühzeitiger Anfrage später als der Werbeagentur T. übermittelt. Die Werbeagentur T. habe einen diesbezüglichen Anzeigenauftrag bereits im August 2005, und damit rund 3 Monate vor dem Anzeigenschluss im November 2005 abschließen können (Anlage K 10). Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin die Agenturpreisliste bei der Beklagten noch nicht einmal anfordern können. Die entsprechende Agenturpreisliste (Anlage B 4) sei der Klägerin erst mit Schreiben vom 1. September 2005 übersandt worden (Anlage K 14).
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 20 Abs. 1 GWB auf Gleichbehandlung sowohl mit den anderen Werbeagenturen, wie insbesondere der Werbeagentur T., als auch mit den direkt schaltenden Kunden zu. Weder andere Werbeagenturen wie die Werbeagentur T., noch die direkt schaltenden Kunden dürften Preisinformationen früher als die Klägerin erhalten. Der Klägerin komme deshalb gegen die Beklagte ein Anspruch auf Übermittlung der Preislisten zu, sobald entweder andere Werbeagenturen oder die direkt schaltenden Kunden über Zugang zu Preisinformationen verfügten. Dieser Anspruch könne entweder durch die Übermittlung der Agenturpreisliste oder -wenn die Beklagte dies vorziehe- der Grundpreisliste erfüllt werden.
Die diskriminierende Verzögerung in der Übermittlung der Agenturpreislisten benachteilige die Klägerin gegenüber der Beklagten und deren Handelsvertretern im Wettbewerb, insbesondere um Neukunden. Während die Klägerin potentiellen Neukunden erst nach Erhalt der Agenturpreislisten genaue Auskünfte über Anzeigenpreise erteilen und entsprechende Angebote unterbreiten könne, habe die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits eine Vielzahl von Verträgen direkt oder über ihre Handelsvertreter geschlossen.
Diese Diskriminierung sei auch nicht durch den (Ab-)Lauf einer Übergangsfrist für die Umstrukturierung der Akquisitionsbemühungen der Beklagten gerechtfertigt. Zum einen habe die Beklagte bislang keine Frist zum Ablauf der Übergangszeit gesetzt. Zum anderen unterlägen die Konditionen der Auftragsvergabe jedenfalls solange dem Diskriminierungsverbot, wie die Beklagte Aufträge von externen Werbeagenturen noch akzeptierte.
Ferner liege in der Verzögerung der Herausgabe der Preislisten eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern nach § 4 Nr. 10 UWG.
In ihrer Klagschrift vom 22. Mai 2007 hat die Klägerin zunächst darauf angetragen, die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten € zu unterlassen,
die Agenturpreislisten (oder Preislisten für direkt schaltende Kunden) trotz Aufforderung nicht zu den Zeitpunkten der Klägerin zur Verfügung zu stellen, in denen Preislisten für direkt schaltende Kunden an die Vertreter der Beklagten herausgegeben werden und diese mit der Akquisition begonnen haben.
2. an die Klägerin € 1.005,40 zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 6. August 2007 hat die Klägerin angekündigt, hilfsweise zum Klagantrag zu 1. zu beantragen, die Beklagte zu verurteilen,
die Agenturpreislisten (oder Preislisten für direktschaltende Kunden) nach Aufforderung der Klägerin zu den Zeitpunkten zur Verfügung zu stellen, in denen Preislisten für direktschaltende Kunden an die Vertreter der Beklagten herausgegeben werden und diese mit der Akquisition begonnen haben.
In der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2008 -vor dem Vorsitzenden der KfH- hat die Klägerin zunächst beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten € zu unterlassen,
die Agenturpreislisten (oder Preislisten für direkt schaltende Kunden) trotz Aufforderung nicht zu den Zeitpunkten der Klägerin zur Verfügung zu stellen, in denen Preislisten für direkt schaltende Kunden an die Vertreter der Beklagten herausgegeben werden und diese mit der Akquisition begonnen haben;
hilfsweise,
die Agenturpreislisten (oder Preislisten für direktschaltende Kunden) nach Aufforderung der Klägerin zu den Zeitpunkten zur Verfügung zu stellen, in denen Preislisten für direktschaltende Kunden an die Vertreter der Beklagten herausgegeben werden und diese mit der Akquisition begonnen haben;
2. an die Klägerin € 1.005,40 zu zahlen.
In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2008 -vor der voll besetzten KfH- hat die Klägerin hinsichtlich des Klagantrags zu 1. beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
der Klägerin die Agenturpreislisten (oder Preislisten für direktschaltende Kunden ) für jedes der von ihr verlegten Telefon- und Branchenbücher auszuhändigen, nachdem sie die Beklagte hierzu für jedes Buch und jede Auflage (nach Erscheinen der Vorauflage) aufgefordert hat und die Beklagte mit dem Vertrieb von Anzeigen zum Abdruck in dem jeweiligen von ihr verlegten Telefon- und Branchenbuch begonnen hat, und zwar entweder durch
a) Direktvertrieboder b) Vertrieb durch ihre Handelsvertreteroder c) Vertrieb durch die Werbeagentur T..Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dem Klagantrag zu 1. fehle die hinreichende Bestimmtheit. Er lasse zum einen offen, ob das Wahlrecht, €Agenturpreislisten oder Preislisten für direkt schaltende Kunden€ der Klägerin oder der Beklagten zustehen solle. Zum anderen stehe ihr ein Anspruch auf die Preislisten für direkt schaltende Kunden nicht zu, denn gemäß Ziffer 2 der €Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Werbemittler€ seien für Agenturaufträge -unstreitig- ausnahmslos die Agenturpreislisten zugrunde zu legen (Anlage B 5). Zudem lasse der Antrag offen, ob die Herausgabepflicht bereits durch die erste Aufnahme des Vertriebs auf einem der drei Vertriebswege entstehe, oder die Beklagte ihrer Pflicht auch dann nachkomme, wenn sie die Preisliste mit der Aufnahme des Vertriebs auf einer beliebigen dieser drei Stufen aushändige.
Zudem sei der Antrag zu weit gefasst. Er trage nicht dem Umstand Rechnung, dass die Beklagte nach Ablauf der Frist zur Umstellung ihres Vertriebssystems überhaupt nicht mehr zur Herausgabe von Preislisten an externe Werbeagenturen verpflichtet sei.
Die Beklagte sei nicht verpflichtet, auf die pauschalen Anforderungsschreiben der Klägerin (Anlagen K 12 und K 13) die entsprechenden Agenturpreislisten zu übersenden. Zu einer unaufgeforderten Übersendung sei sie schon gar nicht verpflichtet.
Die Beklagte hat bestritten, dass der Werbeagentur T. die Agenturpreislisten früher als der Klägerin zur Verfügung gestellt würden. Insbesondere stelle sie der Werbeagentur T. die Agenturpreislisten nicht schon dann zur Verfügung, wenn sie den Handelsvertretern die für sie bestimmten Preislisten zur Verfügung stelle. Wenn der Werbeagentur T. einzelne Preislisten früher als der Klägerin zur Verfügung gestanden hätten, sei dies darauf zurückzuführen, dass die Klägerin diese Listen erst später oder gar nicht angefordert habe.
Im Hinblick auf den Anzeigenauftrag der Firma B. GmbH & Co für die Gelben Seiten regional Eutin, Malente, Plön, Ausgabe 2006/2007(Anlage K 10), weist die Beklagte darauf hin, dass die zugrundeliegende Agenturpreisliste (Anlage B 4) alle Gelben Seiten regional eines Jahrgangs betreffe, und zwar sowohl die Gelben Seiten der Ausgabe 2005/2006, als auch die Gelben Seiten regional der Ausgabe 2006/2007. Diese Preisliste habe bereits seit dem 15. Februar 2005 zur Verfügung gestanden. Die Klägerin habe diese Liste -so wie dies die Werbeagentur T. getan habe- schriftlich anfordern können. Wenn sie dies getan hätte, wäre ihr die Liste schon deutlich vor dem 16. August 2005 zugänglich gemacht worden.
Darüber hinaus diskriminiere die Beklagte die Klägerin gegenüber ihren direkt schaltenden Kunden nicht, weil die direkt schaltenden Kunden -im Gegensatz zur Beklagten- überhaupt keine Preislisten ausgehändigt erhielten.
Eine -bestrittene- Ungleichbehandlung der Beklagten gegenüber der Werbeagentur T. stelle keine nach § 20 Abs. 1 GWB unzulässig Diskriminierung dar, weil die Werbeagentur T. mit der Beklagten eine wirtschaftliche Einheit bilde, und somit kein €anderes Unternehmen€ im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB darstelle und folglich als Bezugspunkt einer Diskriminierung ausscheide. Die Werbeagentur T. sei eine (mittelbare) Tochtergesellschaft der Beklagten (Anlage B 1).
Weiterhin sei die Beklagte nach dem zwischenzeitlich erfolgten Ablauf einer angemessenen Übergangszeit von mehreren Jahren dazu berechtigt, die Geschäftsbeziehungen zu externen Werbeagenturen gänzlich einzustellen. Die Beklagte dürfe daher erst Recht einzelne Konditionen der Geschäftsbeziehungen zum Nachteil der externen Werbeagenturen verändern.
Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG liege ebenfalls nicht vor, weil der Klägerin nach Ablauf der Umstellungsfrist kein Anspruch auf Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen zustehe.
Das Landgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 15. Juli 2008, Az. 407 O 138/07, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle an einer unbilligen Behinderung sowie einer Ungleichbehandlung der Klägerin durch die Beklagte. Die Klägerin könne von vornherein keine Gleichbehandlung mit direkt schaltenden Kunden nach § 20 Abs. 1 GWB beanspruchen, weil diese direkt schaltenden Kunden keine Wettbewerber der Klägerin, sondern Endverbraucher seien. Zudem überlasse die Beklagte den direkt schaltenden Kunden keine vollständigen Anzeigenpreislisten, so dass keine Ungleichbehandlung vorliege. Auch eine Gleichstellung mit Handelsvertretern, die mit der Beklagten in einem Lager stünden, könne die Klägerin nicht verlangen. Eine unzulässige Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber anderen externen Werbeagenturen sei von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt worden. Die Klägerin lege lediglich einen Kundenkontakt der Werbeagentur T. dar, der zwar zum Abschluss eines Anzeigenvertrags geführt habe, jedoch nicht den Schluss erlaube, dass der Werbeagentur T. die Preisliste früher als der Klägerin zur Verfügung gestanden habe. Schließlich fehle es für einen auf § 4 Nr. 10 UWG gestützten Anspruch an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten.
Gegen das landgerichtliche Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die sie -unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens- auch form- und fristgerecht begründet hat.
Die Klägerin trägt in der Berufungsinstanz ergänzend vor, die Beklagte habe zwischenzeitlich der Werbeagentur T. Preislisten für das Branchenverzeichnis Gelbe Seiten, Bereich Kiel, Ausgabe 2008, früher als der Klägerin zur Verfügung gestellt (Anlagen Bf K 1 bis Bf K 3). Das ergebe sich daraus, dass die Beklagte der Klägerin erst mit Schreiben vom 27. März 2008 (Anlage Bf K 1) die Mediadaten (einschließlich Agenturpreisliste) für die Gelben Seiten, Bereich Kiel, Ausgabe 2008, und der Gelben Seiten Kombi-Nord, Ausgaben 2008 und 2009 übersandt habe. Anzeigenschluss sei der 15. Mai 2008 gewesen (Anlage Bf K 2). Bereits zuvor habe jedoch die Werbeagentur T. hinsichtlich des Kunden E. Service GmbH einen entsprechenden Telefonbucheintrag akquiriert, und dem Kunden bis zum 6. März 2008 eine entsprechende Druckvorlage (inkl. Preisangabe) übersandt (Anlage Bf K 3). Die Werbeagentur T. sei bereits seit Februar 2008 im Besitz der entsprechenden Agenturpreisliste gewesen. Die Werbeagentur T. erhalte jede Agenturpreisliste ohne Aufforderung, zumindest ohne Aufforderung für jedes Buch mit gesondertem Schreiben.
Ihre Anforderungsschreiben, mit denen die Agenturpreislisten für die Ausgaben eines Jahres verlangt würden, seien inhaltlich ausreichend (Anlagen K 12 und K 13). Diese Schreiben hätten die Beklagte auch erreicht, weil sie die verlangten Listen nachfolgend €wunschgemä߀ übersandt habe (Anlage K 14).
In der Vergangenheit habe die Beklagte solche Anforderungsschreiben zeitweise genügen lassen. So habe die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 19. Mai 2008 um die Hergabe der Agenturpreislisten und Mediadaten zur Ausgabe 2009/2010 der Gelbe Seiten, Gelbe Seiten regional, Telefonbücher und örtliche Telefonbücher, gebeten (Anlage Bf K 4). Daraufhin habe die Beklagte der Klägerin die angeforderten Mediadaten und Agenturpreislisten mit den Schreiben vom 30. Juni 2008 (Gelbe Seiten, Hamburg), 13. August 2008 (Das Örtliche Neumünster, Das Örtliche Bordesholm und Gelbe Seiten regional Neumünster), 5. September 2008 (Das Örtliche Rendsburg), 8. September 2008 (Gelbe Seiten), 11. September 2008 (Gelbe Seiten Kombi-Nord), 24. September 2008 (Gelbe Seiten regional für Heide, Brunsbüttel), 10. Oktober 2008 (Das Örtliche, Fehmarn) und 23. Oktober 2008 (Gelbe Seiten regional für Husum) übersandt (Anlagenkonvolut Bf K 5). Dieser Ablauf sei für beide Parteien praktikabel und zumutbar.
Angesichts der mehr als zehn-jährigen Geschäftsbeziehung sei die Beklagte ohnehin verpflichtet, der Klägerin die Agenturpreislisten unaufgefordert zuzusenden.
Weiterhin führt die Klägerin in der Berufungsinstanz aus, das Landgericht habe seine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 GWB hinsichtlich der Gleichbehandlung mit direkt schaltenden Kunden bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nicht geäußert. Bei dem angefochtenen Urteil handele es sich deshalb um eine verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommene Überraschungsentscheidung.
Darüber hinaus setze § 20 Abs. 1 GWB kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den ungleich behandelten Unternehmen, sondern lediglich einen gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr voraus. Dass diese Voraussetzung im Verhältnis der Klägerin zu den direkt schaltenden Kunden erfüllt sei, zeige schon die zwischen den Parteien ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
Dass die Beklagte den direkt schaltenden Kunden keine Anzeigenpreislisten zur Verfügung stelle, stehe weder einer unbilligen Behinderung noch einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung entgegen, da direkt schaltende Anzeigenkunden im Gegensatz zur Beklagten sich von vorneherein nur für wenige Angebotsvarianten interessierten. Jedenfalls erhielten sie die für sie relevanten Preisauskünfte.
Zudem setze sich das angefochtene Urteil nicht mit dem Vortrag der Klägerin auseinander, aus dem sich -insoweit übereinstimmend mit dem Vortrag der Beklagten- ergebe, dass die Werbeagentur T. die betreffende Preisliste vor dem 16. August 2005 und damit früher als die Klägerin erhalten habe.
Schließlich liege auch das für einen auf § 4 Nr. 10 UWG gestützten Anspruch erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis vor, weil die Klägerin mit der Beklagten um Anzeigenkunden konkurriere.
Mit der Berufungsbegründungsschrift hatte die Klägerin zunächst darauf angetragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 15. Juli 2008, Aktenzeichen 407 O 138/07, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Agenturpreislisten (oder Preislisten für direkt schaltende Kunden) für jedes der von ihr verlegten Telefon- und Branchenbücher auszuhändigen, nachdem sie die Beklagte hierzu für jedes Buch und jede Auflage (nach Erscheinen der Vorauflage) aufgefordert hat und die Beklagte mit dem Vertrieb von Anzeigen zum Abdruck in dem jeweiligen von ihr verlegten Telefon- und Branchenbuch begonnen hat, und zwar entweder durch
a) Direktvertrieboder b) Vertrieb durch ihre Handelsvertreteroder c) Vertrieb durch die Werbeagentur T.Nunmehr beantragt die Klägerin -nach Erörterung in der Berufungsverhandlung-,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 15. Juli 2008, Aktenzeichen 407 O 138/07, die Beklagte zu verurteilen,
der Klägerin die Agenturpreislisten für jedes der von ihr verlegten Telefon- und Branchenbücher unverzüglich auszuhändigen, nachdem sie die Beklagte hierzu für die Bücher einer jeden Auflage (nach Erscheinen der Vorauflage) aufgefordert hat und nachdem die Beklagte mit dem Vertrieb von Anzeigen zum Abdruck in dem jeweiligen von ihr verlegten Telefon- und Branchenbuch begonnen hat, und zwar entweder durch
a) Direktvertrieboder b) Vertrieb durch ihre Handelsvertreteroder c) Vertrieb durch die Werbeagentur T.;werden von einer Agenturpreisliste mehrere Telefon- und Branchenbücher erfasst, so ist auf den Vertriebsbeginn (im vorgenannten Sinne) für das erste Verzeichnis aus der gemeinsamen Agenturpreisliste abzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Sie hat erstmals in der Berufungsinstanz bestritten, dass sie die Anforderungsschreiben der Klägerin für die Agenturpreislisten/Mediadaten der Ausgaben 2005/2006 vom 16. Dezember 2004 (Anlage K 12) und vom 31. Mai 2005 (Anlage K 13) erhalten habe. Weiter führt sie aus, dass es ohnehin nicht genüge, wenn die Beklagte pauschal alle Agenturpreislisten für einen gesamten Jahrgang anfordere.
Die Beklagte bestreitet, dass sie der Werbeagentur T. die Agenturpreisliste für das Branchenverzeichnis Gelbe Seiten, Bereich Kiel, Ausgabe 2008, früher als der Klägerin zur Verfügung gestellt habe (Anlage Bf K 1 bis Bf K 3). Die entsprechende Preisliste betreffe sechs weitere Gelbe Seiten, die ausweisliche der Anlage Bf K2 in der zweiten Jahreshälfte 2008 erscheinen sollten (Anlage B 6). Dass diese Agenturpreisliste der Klägerin nicht erst im März 2008 (Anlage Bf K 1), sondern bereits im Oktober 2007 bekannt gewesen sei, ergebe sich aus der Bestellung einer Anzeige für die Fa. BR. in den Gelben Seiten, Bereich Lüneburg, Ausgabe 2008/2009, welche bereits im Oktober 2007 erfolgt sei (Anlage B 7).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 18. Februar 2010 Bezug genommen.
B.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
I.
Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin aus § 20 Abs. 1 1. Alt. GWB (Behinderung) und aus § 20 Abs. 1 2. Alt. GWB (Ungleichbehandlung/Diskriminierung) zu.
1.
Der jetzt noch im Streit befindliche Antrag ist hinreichend bestimmt.
a) Danach soll die Beklagte verpflichtet werden,
der Klägerin die Agenturpreislisten für jedes der von ihr verlegten Telefon- und Branchenbücher unverzüglich auszuhändigen, nachdem sie die Beklagte hierzu für die Bücher einer jeden Auflage (nach Erscheinen der Vorauflage) aufgefordert hat und nachdem die Beklagte mit dem Vertrieb von Anzeigen zum Abdruck in dem jeweiligen von ihr verlegten Telefon- und Branchenbuch begonnen hat, und zwar entweder durch
a) Direktvertrieboder b) Vertrieb durch ihre Handelsvertreteroder c) Vertrieb durch die Werbeagentur T. .;werden von einer Agenturpreisliste mehrere Telefon- und Branchenbücher erfasst, so ist auf den Vertriebsbeginn (im vorgenannten Sinne) für das erste Verzeichnis aus der gemeinsamen Agenturpreisliste abzustellen.
b) Mit der klargestellten Fassung des geltend gemachten Leistungsantrages hat die Klägerin den Bedenken der Beklagten und den Anforderungen an einen hinreichend bestimmten Klagantrag hinreichend Rechnung getragen.
Zum einen steht fest, dass Gegenstand des geltend gemachten Anspruchs die Aushändigung der Agenturpreislisten ist. Soweit die Klägerin der Beklagten dadurch entgegen kommen wollte, dass sie statt einer Überlassung der Agenturpreislisten auch eine Aushändigung der Grundpreislisten akzeptiert hätte, hat sie diese Modalität -nachdem die Beklagte insoweit Bedenken gegen eine hinreichende Bestimmtheit des gestellten Antrages angemeldet hatte- fallen lassen. Dies ist im Wege der Klarstellung erfolgt.
Die Klägerin hat mit der jetzt noch geltend gemachten Fassung des Leistungsantrages ihr Begehren auch insoweit klargestellt, als die genannten Aufforderungsschreiben nicht für jedes einzelne Telefon- oder Branchenbuch der Beklagten erstellt und zugesandt werden sollen, sondern dass ein einheitliches Aufforderungsschreiben je Auflage, d.h. für einen ganzen Jahrgang der jeweiligen Telefon- und Branchenbücher der Beklagten genügen soll. Diese Aufforderungsschreiben dürfen jedoch frühestens nach Erscheinen der jeweiligen Vorauflage versandt werden.
Zum anderen ist auch der Zeitpunkt , zu dem die Agenturpreislisten ausgehändigt werden sollen, hinreichend bestimmt angegeben. Bei Vorliegen eines entsprechenden Aufforderungsschreibens der Klägerin, muss die Beklagte die Agenturpreislisten aushändigen, sobald der Anzeigenvertrieb für die erste von der Preisliste erfasste Ausgabe über zumindest einen der im Antrag zu a) bis c) aufgeführten Vertriebswege begonnen worden ist. Auch dies ist durch die Ergänzung des vorbereiteten Antrages klargestellt worden.
2.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen Behinderung ein Anspruch aus § 20 Abs. 1 1. Alt. GWB (unbillige Behinderung) zu.
a) Die Beklagte ist Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB . Die marktbeherrschende Stellung der Beklagten auf dem jeweiligen Markt für Werbeanzeigen in örtlichen Telefon- und Branchenverzeichnissen steht zwischen den Parteien -zu Recht- nicht im Streit.
Die Beklagte verlegt für einen umgrenzten räumlichen Bereich ausschließlich die so genannten amtlichen Telefonbücher, wozu u.a. die €Gelben Seiten€ zählen. Dieses Medium ist durch andere Werbemittel nicht zu ersetzen, weil es eine umfassende Gliederung nach Branchen enthält und praktisch in jedem Haushalt vorhanden ist. Es dient für den von ihm erfassten Bereich einer vollständigen Gesamtübersicht über die Branchenmitglieder und stellt eine umfassende Auflistung der entsprechenden Fax- und Telefonnummern der Branchenangehörigen dar. Für die Sicherstellung der Ansprechbarkeit durch potenzielle Kunden sind Telefonbücher von besonderer Bedeutung, weil sie in den einzelnen Haushalten - im Gegensatz zu anderen Werbemitteln - aufbewahrt und für den Bedarfsfall griffbereit gehalten werden. Auf diesem Markt für Werbeeinträge in Telefonbüchern stehen sich die Beklagte als Anbieterin und die Klägerin als Nachfragerin gegenüber (so schon BGH GRUR 2003, 542 - Vorleistungspflicht).
b) Durch die Annahme von Werbeaufträgen sowohl von direkt schaltenden Kunden, als auch von der Werbeagentur T. akquirierten Kunden, als auch von den Handelsvertretern der Beklagten akquirierten Kunden als auch von externen Werbeagenturen (wie der Klägerin) unterhält die Beklagte einen Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Indem das Landgericht für die Gleichartigkeit der Unternehmen zwischen diesen ein Wettbewerbsverhältnis fordert, überspannt es die Anforderungen an das Merkmal der Gleichartigkeit im Geschäftsverkehr.
An das Erfordernis der Gleichartigkeit, wonach es sich um einen gleichartigen Unternehmen zugänglichen Geschäftsverkehr handeln muss, dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BGH GRUR 2003, 542, 543 - Vorleistungspflicht; BGH NJW 1996, 2656, 2657 f. - Pay-TV-Durchleitung; BGH NJW-RR 1991, 825 - Zuckerrübenanlieferungsrecht), insbesondere ist nicht erforderlich, dass die zu vergleichenden Unternehmen untereinander in einer aktuellen oder potentiellen Wettbewerbsbeziehung stehen (Immenga/Mestmäcker € Markert, Wettbewerbsrecht, Bd. 2 GWB, 4. Auflage, 2007, § 20 Rn. 101).
Das Merkmal der Gleichartigkeit ist erfüllt, wenn die zum Vergleich herangezogenen Unternehmen im Wesentlichen gleiche Funktionen ausüben (BGH GRUR 2003, 542, 543 - Vorleistungspflicht; BGH GRUR 1998, 1049, 1050 - Bahnhofsbuchhandel; OLG München NJOZ 2005, 1796, 1801 - Bestandsschutz für Werbemittler). Dabei kommt es auf das Verhältnis der zu vergleichenden Unternehmen zur Marktgegenseite dieses Geschäftsverkehrs an (BGH GRUR 2004, 351, 352 - Depotkosmetik im Internet; BGH GRUR 1998, 1049, 1050 - Bahnhofsbuchhandel; Immenga/Mestmäcker € Markert, Wettbewerbsrecht, Bd. 2 GWB, 4. Auflage, 2007, § 20 Rn. 99).
aa) Nicht gleichartig im Sinne dieser Regelungen sind die Werbeagentur T. und die Klägerin, denn die Beklagte und die Werbeagentur T. stellen eine unternehmerische Einheit dar.
Ob dies der Fall ist, war erstinstanzlich streitig. Die Klägerin hatte dazu einerseits vorgetragen, dass die persönlich haftende Gesellschafterin der Werbeagentur T. , die Fa. H. GmbH, von den gleichen Geschäftsführern (...) geführt werde, wie die Beklagte (Seite 5 der Klagschrift vom 22. Mai 2007). Andererseits hat sie darauf hingewiesen, dass die Beklagte -anders als zum Zeitpunkt der BGH-Entscheidung €Vorleistungspflicht€ (BGH GRUR 2003, 542 ff.)- keine Tochtergesellschaft der Beklagten mehr sei. Die Beklagte sei nämlich nicht mehr Komplementärin der Werbeagentur T. (Seite 7 der Klagschrift vom 22. Mai 2007).
Die Beklagte hat dazu bereits erstinstanzlich ausgeführt, dass persönlich haftende Gesellschafterin der Werbeagentur T. seit dem 25. April 2001 die Fa. H. GmbH sei, deren Gesellschafter die V. GmbH & Co. sei. Der diesbezüglich als Anlage B 1 vorgelegte Handelsregisterauszug war jedoch nicht mehr aktuell. Nachdem die Beklagte in der Berufungsinstanz auf entsprechende Auflage des Senats einen aktuellen Handelsregisterauszug zur Akte gereicht (Anlage B 8), und weiteren Vortrag gehalten hat, hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung vom 18. Februar 2010 nicht mehr bestritten, dass es sich bei der Beklagten und der Werbeagentur T. um gesellschaftsrechtlich verbundene Unternehmen handelt, welche eine unternehmerische Einheit darstellen.
Auch die Handelsvertreter der Beklagten sind nicht als gleichartig anzusehen, denn sie vermitteln lediglich Anzeigenaufträge, schalten jedoch die Werbeaufträge nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.
bb) Als gleichartig sind jedoch die Klägerin, die von der Werbeagentur T. akquirierten Kunden, die von den Handelsvertretern der Beklagten akquirierten Kunden sowie die direkt bei der Beklagten schaltenden Anzeigenkunden anzusehen.
Zwar fragen € wie das Landgericht zutreffend feststellt € direkt schaltende Kunden und die über die Werbeagentur T. und über die Handelsvertreter der Beklagten akquirierten Kunden die Anzeigen zu eigenen Werbezwecken nach, während Werbemittler wie die Klägerin für Drittunternehmen gestaltete Anzeigen in Auftrag geben. Aus Sicht der anbietenden Klägerin fragen jedoch sowohl die Klägerin, als auch die Direktkunden, als auch die über die Werbeagentur T. und über die Handelsvertreter der Beklagten akquirierten Kunden die Werbeanzeigen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung nach. Diese von verschiedenen Unternehmen erteilten Telefonbuchaufträge stellen einen Geschäftsverkehr dar, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist (ausdrücklich zum Verhältnis von Werbemittlern und direkt schaltenden Anzeigenkunden bei Telefonverzeichnissen BGH GRUR 2003, 542, 543 - Vorleistungspflicht; OLG München NJOZ 2005, 1796, 1801 - Bestandsschutz für Werbemittler). Auf dem Markt für Werbeeinträge in Telefonbüchern stehen sich die Beklagte als Anbieterin und die Klägerin -ebenso wie die Kunden der Werbeagentur T. , die über die Handelsvertreter vermittelten Kunden und die direkt schaltenden Kunden der Beklagten- als Nachfrager gegenüber.
cc) Als gleichartige Unternehmen wären auch die weiteren externen -d.h. nicht mit der Beklagten verbundenen Werbeagenturen - anzusehen. Insoweit hat die Beklagte jedoch -ohne dass die Klägerin darauf substantiell erwidert hätte- vorgetragen, dass sie die Klägerin ebenso behandelt, wie die anderen externen Werbeagenturen.
c) Das Vorgehen der Beklagten stellt eine unbillige Behinderung der Klägerin im Sinne von § 20 Abs. 1 1. Alt. GWB dar.
aa) Das Vorgehen der Beklagten behindert die Klägerin.
Unter der Behinderung eines anderen Unternehmens i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB ist in einem rein objektiven Sinne jede Beeinträchtigung seiner Betätigungsmöglichkeiten im Wettbewerb zu verstehen, gleichgültig, ob dabei €wettbewerbsfremde€ oder in sonstiger Weise anfechtbare Mittel angewendet werden (BGH NJW 2007, 2184, 2185 - Verzicht auf Ausschreibung-Bevorzugung einer Behindertenwerkstatt; BGH GRUR 1999, 278, 280 - Schilderpräger im Landratsamt).
Da gemäß Ziffer 2 der €Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Werbungsmittler€ der Beklagten für Agenturaufträge €ausnahmslos die in der Agenturpreisliste vermerkten Preise€ gelten (vgl. Anlagen K 3 und B 5), kann der Anzeigenvertrieb der Klägerin erst dann erfolgen, wenn ihr die für sie maßgebliche Agenturpreisliste vorliegt. Nur bei Kenntnis der von der Beklagten verlangten Preise kann die Klägerin seriöser Weise an etwaige Kunden herantreten und diesen ernstliche Angebote unterbreiten.
aaa) Unstreitig ist, dass die Klägerin die Agenturpreislisten nicht mehr -wie zuvor (Anlagen K 4 bis K 6)- unaufgefordert und mit Beginn des Anzeigenvertriebs durch die Handelsvertreter der Beklagten oder die Beklagte direkt erhält. Zudem hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 27. März 2007 auffordern lassen, Anforderungen der Agenturpreislisten nicht früher als zwei Monate -in Hamburg: drei Monate- vor dem jeweiligen Anzeigenannahmeschluss vorzunehmen (Anlage K 8).
Unstreitig ist weiter, dass die Handelsvertreter der Beklagten die für sie maßgeblichen Grundpreislisten mit Beginn des Vertriebs, und damit zu einem Zeitpunkt erhalten, bevor die Klägerin die Agenturpreislisten anfordern und erhalten kann. Da die Beklagte selbst diese Grundpreislisten erstellt, stehen sie für ihren eigenen Direktvertrieb ebenfalls frühzeitig zur Verfügung. Das führt dazu, dass sowohl die über die Handelsvertreter der Beklagten akquirierten Kunden , als auch die Direktkunden der Beklagten früher mit den für sie relevanten Preisinformationen versorgt werden, und damit auch früher Anzeigen schalten können.
Eine verzögerte Aushändigung der Agenturpreisliste an die Klägerin führt dazu, dass diese erst mit zeitlicher Verzögerung an etwaige Kunden herantreten und von diesen Anzeigenaufträge einwerben kann. Demgegenüber können die Direktkunden der Beklagten und die durch die Handelsvertreter akquirierten Kunden deutlich früher mit Preisinformationen versorgt, und entsprechende Anzeigenaufträge erteilt werden.
Die zeitliche Verzögerung in der Abgabe der relevanten Preisinformationen führt zum einen dazu, dass der Klägerin bis zum Annahmeschluss (Redaktionsschluss) ein deutlich kürzerer Zeitraum für die Gewinnung von Anzeigenkunden und die Erteilung von Anzeigenaufträgen verbleibt. Zum anderen führt die Verzögerung dazu, dass die Klägerin mit der Anzeigenakquisition erst zu einem Zeitpunkt beginnen kann, zu dem zahlreiche Kunden bereits vertraglich gebunden sind, weil sie entsprechende Anzeigenaufträge bereits bei der Beklagten direkt oder über die Handelsvertreter der Beklagten oder die Werbeagentur T. erteilt haben.
Dies stellt eine Behinderung der Klägerin dar, denn es liegt eine tatsächliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten der Klägerin im Wettbewerb vor.
bbb) Fraglich ist, ob eine Behinderung auch deshalb vorliegt, weil auch die Werbeagentur T. , und damit die über diese Agentur schaltenden Kunden der Werbeagentur T. , früher mit den notwendigen Preisinformationen versorgt worden sind.
Streitig ist insoweit, ob die Werbeagentur T. die Agenturpreislisten unaufgefordert und vor der Klägerin erhält. Die Klägerin hat dies behauptet und zum Beweis die Vernehmung des Vertriebsleiters der Werbeagentur T. angeboten. Insoweit fehlt es jedoch an hinreichend substantiiertem Klagvorbringen. Eine Beweisaufnahme war nicht durchzuführen, weil sie auf die Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises hinausgelaufen wäre.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin -wiederum unsubstantiiert- behauptet, dass die Werbeagentur T. die Agenturpreislisten ohne jede Aufforderung, zumindest ohne gesonderte Aufforderung für jedes Buch, erhalte. Der diesbezüglich angebotene Beweis, d.h. die Vernehmung der Zeugin K. und des Vertriebsleiters der Werbeagentur T. , war mangels substantiierten Vorbringens ebenfalls nicht zu erheben.
Die Behinderung der Klägerin gegenüber den Kunden der Werbeagentur T. ergibt sich jedoch daraus, dass die Werbeagentur T. den Werbeauftrag der Fa. B. GmbH & Co. KG mit den entsprechenden Anzeigenpreisen bereits zu einem Zeitpunkt bestätigt hat (Anlage K 10), zu dem die Klägerin die entsprechenden Agenturpreislisten -trotz entsprechender Anforderungsschreiben- noch nicht zugesandt erhalten hatte.
Diesbezüglich hat die Klägerin zwei mit Preisen versehene Korrekturabzüge der Werbeagentur T. vorgelegt, welche diese dem Werbekunden €B. GmbH & Co. KG€ bereits Mitte August 2005 für die Gelben Seiten regional Eutin, Malente, Plön und Umgebung, Ausgabe 2006/2007, sowie für die Gelben Seiten Eutin, Malente, Plön und Umgebung, Ausgabe 2006/2007zugesandt hat (Anlage K 10). Sie hat weiter vorgetragen, dass sie selbst die entsprechenden Agenturpreislisten und Mediadaten bereits mit den Schreiben vom 16. Dezember 2004 (Anlage K 12) und 31. Mai 2005 (Anlage K 13) bei der Beklagten angefordert habe. Die Mediadaten seien ihr dann jedoch erst mit Schreiben der Beklagten vom 1. September 2005 (Anlage K 14) übersandt worden.
Die Beklagte hat die entsprechende Agenturpreisliste als Anlage B 4 zur Akte gereicht. Die Agenturpreisliste hat den Stand von Februar 2005 und umfasst die Ausgaben 2005/2006 sowie 2006/2007 für diverse Gelbe Seiten regional (vgl. Anlage B 4). Die Beklagte hat weiter ausgeführt, dass die Werbeagentur T. diese Agenturpreisliste nur deshalb früher gehabt habe, weil sie diese -anders als die Klägerin- auch frühzeitig angefordert habe. Sie hat in der Berufungsinstanz erstmalig bestritten, die Anforderungsschreiben der Klägerin vom 16. Dezember 2004 (Anlage K 12) und vom 31. Mai 2005 (Anlage K 13) erhalten zu haben.
Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien lag der Werbeagentur T. am Tag der Übersendung der beiden Korrekturabzüge (Anlage K 10), d.h. am 16. August 2005, die entsprechende Agenturpreisliste der Beklagten (Anlage B 4) vor. Zum einen hat die Beklagte dies eingeräumt, zum anderen deckt sich dies auch mit dem Inhalt der Korrekturabzüge, denn diese enthalten die entsprechenden Preise und tragen das Datum vom 16. August 2005 (Anlage K 10).
Streitig ist im Wesentlichen, ob die Klägerin die entsprechende Agenturpreisliste bereits zuvor bei der Beklagten angefordert hatte. Nachdem dies erstinstanzlich unstreitig war, hat die Beklagte in der Berufungsinstanz erstmalig bestritten, die Anforderungsschreiben der Klägerin vom 16. Dezember 2004 (Anlage K 12) und vom 31. Mai 2005 (Anlage K 13) erhalten zu haben. Dieses Bestreiten ist zum einen verspätet erfolgt und damit nicht zu berücksichtigen. Zum anderen ist das Bestreiten aber auch substanzlos und schon deshalb unbeachtlich.
Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde, oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus Nachlässigkeit unterlassen hat. Vorliegend handelt es sich um ein neues Vorbringen, weil der erstinstanzlich unstreitige Klagvortrag zur Übersendung zweier Anforderungsschreiben der Klägerin nunmehr von der Beklagten bestritten wird. Die Zulassung dieses Vorbringens würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Zur Frage, ob die Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 16. Dezember 2004 und vom 31. Mai 2005 (Anlagen K 12 und K 13) bei der Beklagten eingegangen sind, wäre der angebotene Beweis zu erheben. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass eine solche Beweisaufnahme den vorliegenden Rechtsstreit verzögern würde.
Das verspätete Beklagtenvorbringen ist auch nachlässig im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Nachlässigkeit liegt immer dann vor, wenn die Partei in fahrlässiger Weise ihre Prozessförderungspflicht aus § 282 ZPO vernachlässigt, wenn also dasjenige unterbleibt, was jeder Partei als notwendig hätte einleuchten müssen. So liegt es hier, denn schon nach dem erstinstanzlich unterbreiteten Streitstoff kam es u.a. auch auf die Übersendung der beiden Anforderungsschreiben der Klägerin (Anlagen K 12 und K 13) an. Den diesbezüglichen Tatsachenvortrag hat die Beklagte jedoch -ohne dass ersichtlich ist, weshalb dies unterblieben ist- erstinstanzlich nicht bestritten.
Zudem ist das Bestreiten der Beklagten auch unsubstantiiert. Zum einen spricht das Antwortschreiben der Beklagten, in welchem ausgeführt wird, dass die Mediadaten €wunschgemä߀ an die Klägerin übersandt würden (Anlage K 14), dafür, dass die Beklagte auch die vorangegangenen €Wünsche€ der Klägerin, nämlich zumindest eines der beiden Anforderungsschreiben vom 16. Dezember 2004 und vom 31. Mai 2005 (Anlagen K 12 und K 13) erhalten hat. Zum anderen ist auch der entsprechende Vortrag der Beklagten ohne jede Substanz, insbesondere ist weder dazu vorgetragen worden, wie es gleichwohl zu dem Antwortschreiben der Beklagten vom 1. September 2005 (Anlage K 14) gekommen sein soll, noch wie der fehlende Zugang der beiden Aufforderungsschreiben der Klägerin im Hause der Beklagten überprüft bzw. festgestellt worden sein soll.
Da das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich des €Falles B. € unbeachtlich ist, ist festzustellen, dass die Beklagte der Werbeagentur T. die entsprechende Agenturpreisliste spätestens Mitte August 2005 überlassen hat, wohingegen die Klägerin diese Liste, trotz zuvor erfolgter Aufforderungsschreiben vom Dezember 2004 und Mai 2005 (Anlagen K 12 und K 13), erst mit Schreiben vom 1. September 2005 (Anlage K 14) erhalten hat.
Damit liegt eine Behinderung der Klägerin gegenüber den Kunden der Werbeagentur T. vor.
Ob sich die Behinderung der Klägerin gegenüber den Kunden der Werbeagentur T. darüber hinaus auch aus dem klägerischen Vorbringen zu dem Anzeigenauftrag der Fa. E. GmbH (Anlagen Bf K 1 bis Bf K 3) ergibt, kann offen bleiben.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Klägerin gegenüber den direkt schaltenden Kunden der Beklagten sowie gegenüber den Kunden der Werbeagentur T. sowie gegenüber den durch die Handelsvertreter der Beklagten akquirierten Kunden behindert wird. Diesen Kunden stehen die für ihre wirtschaftliche Tätigkeit erforderlichen Preisinformationen deutlich früher zur Verfügung als der Klägerin.
bb) Diese Behinderung der Klägerin ist auch unbillig .
Die Frage der Unbilligkeit ist unter Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu entscheiden (BGH GRUR 1999, 276, 278 - Depot-Kosmetik). Das Interesse der Klägerin liegt in einem behinderungsfreien Zugang zu den für sie maßgeblichen Preisinformationen, nämlich den Agenturpreislisten der Beklagten. Die Interessen der Beklagten liegen nach ihrem Verteidigungsvorbringen zum einen in der Vermeidung zusätzlichen Aufwandes bei der Erstellung und Aushändigung der Agenturpreislisten an die Klägerin sowie in der freien Gestaltung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit.
aaa) Da die Beklagte nach wie vor mit externen Werbeagenturen zusammenarbeitet, muss sie die Agenturpreislisten ohnehin erstellen. Denn nach ihren eigenen Geschäftsbedingungen sind allein diese Agenturpreislisten für die Werbeagenturen maßgeblich. Zudem sind die in der Agenturpreisliste aufgeführten Preise wenn auch nicht exakt, so doch in etwa rund 15% höher als die in der Grundpreisliste genannten Preise. Der Aufwand zur Erstellung der Agenturpreislisten ist daher -bei Vorliegen der Grundpreislisten- recht überschaubar.
Soweit die Beklagte vorträgt, dass die Anzeigenpreislisten auf der Basis der Grundpreislisten gesondert erstellt werden müssten, will sie wohl -ohne dies konkret auszusprechen- vorbringen, dass die Erstellung der Agenturpreislisten personellen Einsatz und Zeit erfordert, was zu einer verzögerten Fertigstellung des Agenturpreislisten führt bzw. führen muss. Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten ist jedoch unsubstantiiert, insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Erstellung der (nur aus 2 Seiten bestehenden) Agenturpreislisten -wie sie z. B. als Anlagen B 4 und B 6 zur Akte gereicht worden sind- einen Zeitaufwand erfordert, der zu zeitlichen Verzögerungen führen muss. Zudem vermag dies nicht zu erklären, weshalb diese Agenturpreislisten der Werbeagentur T. früher vorliegen, als der Klägerin, denn alle Werbeagenturen arbeiten auf der Grundlage derselben Agenturpreislisten. Auch ein erheblicher personeller Einsatz auf Seiten der Beklagten ist dem Vorbringen der Beklagten und den vorgelegten Agenturpreislisten nicht zu entnehmen.
Auch der mit der Zusendung der Agenturpreislisten verbundene Aufwand der Beklagten ist gering. Soweit die Beklagte dazu in der Berufungsinstanz ausgeführt hat, sie müsse ein gesondertes Fristenüberwachungssystem betreiben, um festzustellen, welche Agenturpreislisten sie wann an die Klägerin aushändigen müsse, vermag dies nicht zu überzeugen.
Zum einen ist schon nicht substantiiert dargelegt, dass insoweit überhaupt ein messbarer Aufwand entsteht. Die Klägerin fordert in der Regel jede Agenturpreisliste an. Die Beklagte weiß -das zeigt auch der vorliegende Rechtsstreit-, dass die Klägerin jede Agenturpreisliste bekommen möchte. Bei Erstellung der Agenturpreisliste weiß die Beklagte daher, dass sie diese Liste (auch) an die Klägerin aushändigen soll. Ein Fristenüberwachungssystem ist insoweit also nicht erforderlich.
Zum anderen war es die Beklagte, die im Verlauf der Geschäftsbeziehungen der Parteien das Verlangen nach einem gesonderten Anforderungsschreiben für jedes Telefonverzeichnis eines jeden Jahrgangs aufgestellt hat. Eine nachvollziehbare Begründung für diese Forderung hat sie nicht gegeben; sie ist auch sonst nicht ersichtlich. Etwaigen Verwaltungsaufwand, der sich daraus ergibt, dass die Klägerin diesem Verlangen nachkommt, kann die Beklagte daher nicht für ihren Standpunkt geltend machen.
Der von der Beklagten zu tätigende Aufwand erscheint auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin in den letzten Jahren nur Anzeigen für vier Kunden geschaltet hat, nicht als unangemessen hoch.
bbb) Auch der Umstand, dass die Beklagte eine Umstellung der Organisation ihres Vertriebssystems vornehmen will, lässt das Vorgehen der Beklagten nicht billig erscheinen.
Zwar führt die Beklagte zu Recht aus, dass sie nicht dauerhaft zur Zusammenarbeit mit externen Werbemittlern wie der Beklagten verpflichtet ist. Auch ein marktbeherrschendes Unternehmen ist durch § 20 Abs. 1 GWB nicht grundsätzlich gehindert, sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie es dies für wirtschaftlich richtig und sinnvoll hält. Dies schließt auch eine Umgestaltung zum Nachteil einzelner Nachfrager, insbesondere den Ausschluss von Nachfragern von der Belieferung, nicht aus, sofern hierfür ein sachlich berechtigtes Interesse besteht und die Handlungsfreiheit des benachteiligten Unternehmens nicht unangemessen beeinträchtigt wird (BGH GRUR 2005, 177, 178 - Sparberaterin; BGH GRUR 1998, 1049, 1051 - Bahnhofsbuchhandel; BGH GRUR 1987, 393, 396 f. - Freundschaftswerbung, Rn. 63).
Das Verbot der ungerechtfertigten Diskriminierung -und der unbilligen Behinderung- aus § 20 Abs. 1 GWB will nur den Missbrauch von Marktmacht verhindern und belässt auch dem marktbeherrschenden Unternehmen einen unternehmerischen Freiraum bei der Gestaltung und Pflege seiner Vertragsbeziehungen (BGH GRUR 2003, 893, 894 - Schülertransporte).
Eine Umstellung des Vertriebssystems, die zum Abbruch der bestehenden Lieferbeziehungen mit einer Gruppe von Nachfragern führt, kann jedoch unbillig sein, wenn den bisher belieferten Händlern keine angemessene Umstellungsfrist eingeräumt wird (BGH GRUR 1987, 393 f. - Freundschaftswerbung; BGH GRUR 1998, 1049, 1051 - Bahnhofsbuchhandel; Immenga/Mestmäcker € Markert, Wettbewerbsrecht, Bd. 2 GWB, 4. Aufl. 2007, § 20 Rn. 153). Entschließt die Beklagte sich, den Anzeigenvertrieb ausschließlich durch eigene Handelsvertreter, verbundene Unternehmen oder selbst abzuwickeln und nach Ablauf des Übergangszeitraumes die Geschäftsbeziehungen zu externen Werbeagenturen gänzlich einzustellen, entfällt ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Preislisten.
Eine entsprechende Umstellungsfrist für die Klägerin hat die Beklagte jedoch noch nicht einmal in Gang gesetzt. Mit der Änderung ihrer €Zusätzlichen Geschäftsbedingungen für Werbungsmittler€ (Anlage K 3) hat sie zwar den Kreis der Werbeagenturen, mit denen sie zusammenarbeitet, beschränkt. Die Klägerin zählt jedoch zu diesem beschränkten Kreis von Werbeagenturen und hat auch nach Umstellung im Juli/August 2003 weiter mit der Beklagten zusammen gearbeitet. Ein Ende dieser Zusammenarbeit ist weder in den vorgenannten €Zusätzlichen Geschäftsbedingungen€, noch in sonstiger Weise konkret angekündigt worden.
Zudem lässt der Lauf einer etwaigen Umstellungsfrist, die ausschließlich der Vermeidung unbilliger Härten durch die sofortige Umstellung der Vertriebsstruktur dient, die Anforderungen an eine behinderungs- und diskriminierungsfreie Ausgestaltung des neuen Vertriebssystems unberührt. Nach Ablauf der Umstellungsfrist ist das marktbeherrschende Unternehmen zwar berechtigt, die von der Umstrukturierung betroffene Nachfragergruppe von den Lieferbeziehungen auszuschließen. Es ist ihm jedoch verwehrt, die Lieferbeziehungen zu der betroffenen Nachfragergruppe schon im Verlauf der Umstellungsfrist auf eine Weise zu reduzieren, die den Anforderungen an ein behinderungs- und diskriminierungsfreies Vertriebssystem nicht Rechnung trägt. Durch die Pflicht zur Beachtung des Behinderungs- und des Diskriminierungsverbotes läuft die Befugnis des marktbeherrschenden Unternehmens zur Änderung des eigenen Vertriebssystems -entgegen der Ansicht des Landgerichts Hamburg (Urteil vom 27. Oktober 2005, Az. 315 O 322/05, S. 16)- nicht leer. Das marktbeherrschende Unternehmen bleibt lediglich gehalten, seine Freiräume zur Gestaltung der eigenen Vertragsbeziehungen behinderungs- und diskriminierungsfrei zu nutzen. Umgekehrt liefe der vom Landgericht gezogene Erst-Recht-Schluss auf die Möglichkeit hinaus, durch eine Ausdehnung der Umstellungsphase und eine schrittweise Reduktion der bestehenden Lieferbeziehungen die Anforderungen des Behinderungs- und Diskriminierungsverbots zu umgehen.
Zwar wäre die Beklagte nach Ablauf des Umstellungszeitraumes berechtigt, den Vertrieb ausschließlich direkt sowie über unternehmenseigene Tochtergesellschaften zu organisieren. Unzulässig wäre jedoch ein Vertriebssystem, das auch auf externe Werbemittler zurückgreift, und diese ohne besondere rechtfertigende Umstände behindert bzw. schlechter behandelt als gleichartige Unternehmen (BGH GRUR 2005, 177, 179 - Sparberaterin). Der Lauf des Umstellungszeitraumes, der allein der Abfederung unbilliger Härten dient, stellt keinen rechtfertigenden Umstand für die kartellrechtswidrige Gestaltung seitens der Beklagten dar.
Bei Abwägung der Interessen der Beteiligten und unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichtete Zielsetzung des GWB erweist sich die Behinderung der Klägerin, welche mit der verzögerten Übersendung der Agenturpreislisten entsteht, als unbillig im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB.
Der geltend gemachte Leistungsanspruch ist somit bereits gemäß § 20 Abs. 1 1. Alt. GWB begründet.
3.
Darüber hinaus steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 20 Abs. 1 2. Alt. GWB auf Gleichbehandlung gegenüber denjenigen Kunden zu, die ihre Anzeigen direkt bei der Beklagten oder vermittelt über deren Handelsvertreter oder über die Werbeagentur T. schalten.
a) Wie bereits oben ausgeführt, ist der gestellte Leistungsantrag hinreichend bestimmt.
b) Die Beklagte ist auch -wie bereits oben ausgeführt- Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB .
c) Die Beklagte behandelt die Klägerin im Rahmen eines Geschäftsverkehrs, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, unterschiedlich i. S. d. § 20 Abs. 1 2. Alt. GWB (Ungleichbehandlung/Diskriminierung).
aa) Als gleichartig in diesem Sinne sind -wie bereits oben ausgeführt- die Klägerin, die von der Werbeagentur T. akquirierten Kunden, die von den Handelsvertretern der Beklagten akquirierten Kunden sowie die direkt bei der Beklagten schaltenden Anzeigenkunden anzusehen. Nicht gleichartig in diesem Sinne sind die Werbeagentur T. und die Handelsvertreter der Beklagten.
bb) Eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin besteht gegenüber denjenigen Kunden, die bei der Beklagten direkt oder über ihre Handelsvertreter oder über die Werbeagentur T. Anzeigen schalten. Die verzögerte Aushändigung der von der Klägerin angefragten Preisinformation stellt gegenüber diesen anderen Kunden eine Ungleichbehandlung und Benachteiligung dar.
Zwar weist die Beklagte darauf hin, dass die Agenturpreislisten weder den Direktkunden, noch den Kunden der Werbeagentur T. , noch den über die Handelsvertreter vermittelten Kunden zur Verfügung gestellt würden, eine Ungleichbehandlung der Klägerin bezüglich der Überlassung der Agenturpreislisten somit gar nicht vorliege. Diese Betrachtungsweise greift jedoch zu kurz.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage, die für sie relevanten Informationen über Anzeigenpreise der Branchen- und Telefonverzeichnisse der Beklagten, nicht später zu erhalten, als die jeweils relevanten Preisinformationen auf unterschiedlichen Wegen den sonstigen Anzeigenkunden der Beklagten zur Verfügung stehen. Damit, dass sie ihren Leistungsantrag allein auf die Aushändigung der Agenturpreislisten richtet, berücksichtigt die Klägerin, dass sie allein diese Agenturpreislisten für ihre wirtschaftliche Tätigkeit benötigt. Für externe Werbeagenturen wie die Klägerin, die für Drittunternehmen gestaltete Telefonbucheinträge nachfragen, sind von vornherein nicht nur einzelne, sondern die Preise aller verfügbaren Leistungen, mithin die Agenturpreislisten, relevant. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass ihre Kunden potentielle Abnehmer jeder Anzeigenart und -größe sind.
Zur Beurteilung der Frage, ob eine kartellrechtswidrige Ungleichbehandlung vorliegt, ist hier maßgeblich darauf abzustellen, ob und wann diejenigen Unternehmen, denen der gleichartige Geschäftsverkehr offen steht, die für sie und ihre wirtschaftliche Betätigung relevanten Preisinformationen erhalten.
Die direkt schaltenden Kunden benötigen nicht die gesamten Preislisten, sondern nur die für sie bzw. ihren Anzeigenwunsch jeweils maßgeblichen Preisinformationen. Diese Informationen erhalten die direkt schaltenden Kunden sobald der Direktvertrieb der Beklagten auf der Grundlage der jeweils aktuellen Grundpreisliste aufgenommen worden ist, und damit -unstreitig- früher als die Klägerin.
Bei den über die Handelsvertreter akquirierten Kunden verhält es sich ebenso. Das heißt, dass auch diese Kunden die für sie relevanten Preisinformationen -unstreitig- früher erhalten, als die Klägerin die für sie relevanten Preisinformationen erhält.
Auch bei den Kunden der Werbeagentur T. verhält es sich so. Auch diese erhalten nicht die Agenturpreislisten der Beklagten, sie erhalten jedoch von der Werbeagentur T. die für sie jeweils maßgeblichen Preisinformationen, und zwar -wie bereits oben ausgeführt- bevor die Klägerin die für sie maßgeblichen Preisinformationen (Agenturpreislisten) erhält.
Mithin wird die Klägerin gegenüber denjenigen Kunden, die bei der Beklagten direkt oder über ihre Handelsvertreter oder über die Werbeagentur T. Anzeigen schalten, ungleich behandelt. Die verzögerte Aushändigung der von der Klägerin angefragten Preisinformationen (Agenturpreislisten) stellt gegenüber diesen anderen Kunden eine Benachteiligung dar.
Die zeitliche Verzögerung in der Abgabe der relevanten Preisinformationen führt -wie bereits oben ausgeführt- zum einen dazu, dass der Klägerin bis zum Annahmeschluss (Redaktionsschluss) ein deutlich kürzerer Zeitraum für die Gewinnung von Anzeigenkunden und die Erteilung von Anzeigenaufträgen verbleibt. Zum anderen führt die verzögerte Aushändigung der Agenturpreislisten dazu, dass die Klägerin mit der Anzeigenakquisition erst zu einem Zeitpunkt beginnen kann, zu dem zahlreiche Kunden bereits vertraglich gebunden sind, weil sie entsprechende Anzeigenaufträge bereits bei der Beklagten direkt oder über die Handelsvertreter der Beklagten oder über die Werbeagentur T. erteilt haben.
d) Für diese Ungleichbehandlung bedarf es eines sachlich gerechtfertigten Grundes , der nach einer Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu beurteilen ist (BGH GRUR 2003, 893, 895 - Schülertransporte). Diese Interessenabwägung geht zulasten der Beklagten aus. Insbesondere scheidet ein etwaiger Ablauf des Umstellungszeitraumes als Rechtfertigungsgrund aus. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zu I. 2. c) bb) Bezug genommen.
Bei Abwägung der Interessen der Beteiligten und unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichtete Zielsetzung des GWB erweist sich die Diskriminierung der Klägerin, welche mit der verzögerten Übersendung der Agenturpreislisten entsteht, als unbillig im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB. Der geltend gemachte Leistungsanspruch ist somit auch gemäß § 20 Abs. 1 2.. Alt. GWB begründet.
4.
Da der geltend gemachte Leistungsanspruch bereits gemäß § 20 Abs. 1 1. Alt. und 2. Alt. GWB begründet ist, kann die Frage, ob der Leistungsanspruch auch wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 10 UWG begründet ist, offen bleiben.
5.
Die Klägerin hat den erstinstanzlich geltend gemachten Zahlungsanspruch in der Berufungsinstanz nicht mehr aufgegriffen, so dass insoweit nur noch über die Kosten zu entscheiden ist.
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Änderungen des Klagantrags I. gegenüber dem in der Berufungsbegründung angekündigten Antrag stellt eine kostenneutrale Präzisierung des Antrags dar.
In der Beschränkung des Klagantrages auf den Antrag auf Aushändigung der Preislisten in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2008 liegt eine konkludente partielle Rücknahme des in der Klagschrift vom 22. Mai 2007 angekündigten und in der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2008 zunächst auch gestellten Zahlungsantrages. Deren Folge für die Kosten der ersten Instanz (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO) hat der Senat jedoch nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unberücksichtigt gelassen.
III.
Die Zulassung der Revision ist veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache geht über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt hinaus und ist zudem zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
OLG Hamburg:
Urteil v. 06.05.2010
Az: 3 U 140/08
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