Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 31. Juli 2003
Aktenzeichen: 1 K 1017/02
(VG Köln: Urteil v. 31.07.2003, Az.: 1 K 1017/02)
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Beteiligten für erledigt erklärt haben.
Der Bescheid der RegTP vom 16.01.2002 wird insoweit aufgehoben, als er in Satz 1 des Tenors eine Feststellung zur Marktabgrenzung enthält.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte.
Tatbestand
Die Klägerin bietet als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost bzw. der
Deutschen Bundespost Telekom und Eigentümerin der von diesen Unternehmen
aufgebauten und betriebenen Telekommunikationsnetze auf der Grundlage einer
räumlich nicht begrenzten Lizenz der Klasse 4 Sprachtelefondienstverbindungen an.
Mit Schreiben vom 30.06.2000 beantragte die Klägerin bei der
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), festzustellen, dass
sie auf dem Regionalmarkt Berlin hinsichtlich der Geschäftskundenangebote für
Anschlüsse und die über diese vermittelten nationalen und internationalen
Sprachtelefondienstverbindungen nicht marktbeherrschend sei und - hilfsweise -
dass aus diesem Grunde die entsprechenden Entgelte und entgeltrelevanten
Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht genehmigungspflichtig
seien.
Mit Bescheid vom 16.01.2002 (BK 2c 00/021) entschied die RegTP:
"Ein räumlich auf die Region Berlin begrenzter Markt für das Angebot von
Anschlüssen und die über diese vermittelten nationalen und internationalen
Sprachtelefondienstverbindungen an Geschäftskunden besteht nicht. Eine
Ausnahme von der nach § 25 Abs. 1 TKG grundsätzlich bestehenden
Genehmigungspflicht der Entgelte und entgeltrelevanten Bestandteile der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Angebot von Anschlüssen und die über
diese vermittelten nationalen und internationalen Sprachtelefondienstverbindungen
ist somit nicht möglich".
Zur Begründung berief sich die RegTP auf § 25 Abs. 1 i.V.m. §§ 73 ff TKG und führte
im Wesentlichen aus, es bestehe weder ein sachlich relevanter eigenständiger Markt
für Geschäftskunden noch ein selbständiger Berliner Markt für Anschlüsse und
Verbindungen.
Die Klägerin hat am 15.02.2002 Klage erhoben.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit
für erledigt erklärt, als die Klage ursprünglich auch auf Aufhebung der Regelung in
Satz 2 des Tenors des Bescheides vom 16.01.2002 gerichtet war.
Nunmehr begehrt die Klägerin allein die Aufhebung von Satz 1 des vorerwähnten
Bescheides und macht im Wesentlichen geltend:
Die Anfechtungsklage sei zulässig. Die RegTP habe nicht den gestellten
Verwaltungsantrag abgelehnt, sondern eine darüber hinausgehende Feststellung von
weitreichender Bedeutung getroffen. Die vorgenommene Marktabgrenzung gelte
nämlich unabhängig von ihren -der Klägerin- derzeitigen oder zukünftigen
Marktanteilen. Würde der Verwaltungsakt bestandskräftig, könne eine inhaltlich
davon abweichende Beurteilung der Marktbeherrschung erst nach vorheriger
Aufhebung nach §§ 48 ff VwVfG erfolgen. Eine solche Maßnahme stehe aber im
Ermessen der RegTP. Um ihren - der Klägerin - Rechtsschutz nicht zu
verschlechtern, bedürfe es der Aufhebung des Bescheides.
Die Klage sei auch begründet, da die im Bescheid getroffene Feststellung
rechtswidrig sei. Nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept bestehe im Bereich der
Anschlüsse, Orts-, Fern- und Auslandsgespräche für das Segment der
Geschäftskunden ein eigener Markt. Zudem sei dieser auch regional eigenständig,
da sich die Verhältnisse in Berlin hinsichtlich der Art und Zahl der Geschäftskunden
signifikant vom Umland unterschieden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der RegTP vom 16.01.2002 insoweit aufzuheben, als
er
in Satz 1 des Tenors eine Feststellung zur Marktabgrenzung enthält.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der angegriffene Teil des Bescheides sei von § 25 Abs. 1
TKG gedeckt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der RegTP
verwiesen.
Gründe
Das Verfahren ist entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die
Beteiligten den Rechtsstreit in Bezug auf die Regelung in Satz 2 des Tenors des
angegriffenen Bescheides für erledigt erklärt haben.
Der noch anhängige, gegen Satz 1 des Tenors des Bescheides vom 16.01.2002
gerichtete Teil der Anfechtungsklage ist begründet (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Feststellung, es bestehe kein räumlich auf die Region Berlin begrenzter
Geschäftskunden-Markt für das Angebot von Anschlüssen und
Sprachtelefondienstverbindungen, ist rechtswidrig, weil es für eine derartige
Feststellung keine Verwaltungsakts-Ermächtigung gibt.
Das erkennende Gericht hat bereits
VG Köln, Urteil vom 15.05.2003 - 1 K 2184/01 -, Juris
die ähnliche Frage, ob es eine Ermächtigung zur negativen Feststellung einer
marktbeherrschenden Stellung gebe, verneint und zur Begründung ausgeführt:
"Zwar lässt sich § 25 Abs. 1 TKG im Wege der Auslegung die Befugnis der
Regulierungsbehörde zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts über
die Frage der Genehmigungspflichtigkeit bestimmter Entgelte entnehmen,
so: OVG NRW, Beschlüsse vom 05.07.2000 - 13 B
2019/99 - und 27.11.2001 - 13 A 2940/00 -; VG Köln,
Urteile vom 06.04.2000 - 1 K 7606/97 -, Juris, und vom
07.06.2001 - 1 K 8347/99 -, Juris.
Denn damit erlangt der Marktbeherrscher auf einfacherem Wege
Rechtssicherheit über die im Einzelfall möglicherweise schwierige Frage der
Genehmigungsbedürftigkeit bestimmter Entgelte und vermeidet so ein
aufwendiges Genehmigungsverfahren. Für eine dahinter zurückbleibende, nur
auf ein bestimmtes Merkmal des Genehmigungstatbestandes beschränkte
Feststellung ist aber ein Bedürfnis nicht erkennbar, so dass auch kein Anlass
zu einer entsprechenden Auslegung des § 25 Abs. 1 TKG besteht.
Sinnvollerweise kann es nur um die positive oder negative Feststellung der
Genehmigungspflichtigkeit des Entgelts gehen, nicht aber um die Klärung
bloßer Vorfragen."
Was für die Vorfrage der Marktbeherrschung gilt, muss erst recht für die der
Feststellung der Genehmigungspflichtigkeit noch weiter vorgelagerte Frage der
Marktabgrenzung gelten.
Die Klägerin ist auch in ihren Rechten verletzt. Denn solange der angegriffene
feststellende Verwaltungsakt besteht, hat er Bindungswirkung. Er stünde einer davon
inhaltlich abweichenden Marktabgrenzung entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht bezüglich des erledigten Teils auf § 161 Abs. 2
VwGO. Insoweit waren die Kosten nach billigem Ermessen der Klägerin
aufzuerlegen, da sie bei streitiger Entscheidung voraussichtlich unterlegen gewesen
wäre. Für eine isolierte Aufhebung der Regelung in Satz 2 des Tenors des
angegriffenen Bescheides - statt einer Verpflichtung der RegTP zur Erteilung eines
Negativattestes - fehlte nämlich das nötige Rechtsschutzbedürfnis. Die
Kostenentscheidung im Óbrigen ergibt sich aus
§ 154 Abs. 1 VwGO.
VG Köln:
Urteil v. 31.07.2003
Az: 1 K 1017/02
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