Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. März 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 209/05

(BPatG: Beschluss v. 07.03.2006, Az.: 27 W (pat) 209/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 2. September 2005 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen "Werbung; Dienstleistung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft" zurückgewiesen wurde.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit dem im Tenor genannten Beschluss die Anmeldung der für u. a.

"Werbung; Dienstleistung im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft"

als Wortmarke beanspruchten Kennzeichnung RETTET DIE BOLZPLÄTZE nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist unter Hinweis auf den Beanstandungsbescheid vom 13. Juni 2005, welchem die Anmelderin nicht widersprochen habe, ausgeführt, die schutzsuchende Wortfolge weise bei den zurückgewiesenen Dienstleistungen nur auf deren thematische Ausrichtung hin, indem sie der Durchführung von Rettungsaktionen zum Erhalt von Spiel-, Fußball- und Bolzplätzen dienen oder hierauf bezogen sein könnten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach könne die angemeldete Wortfolge mögliche Merkmale der zurückgewiesenen Dienstleistungen nicht beschreiben. Sie möge zwar Assoziationen hervorrufen, sei aber völlig unspezifisch und vage. Sie sei daher weder freihaltungsbedürftig noch könne ihr die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Hierfür spreche schließlich auch die Eintragung vergleichbarer Wortfolgen im nationalen Register.

II Die zulässige Beschwerde ist überwiegend begründet, denn während der angemeldeten Bezeichnung für die im Tenor genannten Dienstleistungen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann, hat die Markenstelle zu Recht die Anmeldung für die Dienstleistung "Dienstleistung im Bereich der Gartenwirtschaft" zurückgewiesen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/ Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - unter uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT. 2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - bar jeder Vernunft) der Fall ist. Nach diesen Grundsätzen ist der angemeldeten Bezeichnung lediglich für die beanspruchte Dienstleistung im Bereich der Gartenwirtschaft die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen.

Unter dem Begriff "Bolzplatz" wird im Allgemeinen ein "(Spiel)platz" verstanden, "auf dem Kinder Fußball spielen können" (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 [CD-ROM]). In Zusammenhang mit einzelnen, hiermit gekennzeichneten Tätigkeiten werden die angesprochenen Verkehrskreise - dies sind mit Ausnahme der Dienstleistung "Werbung", die sich weitgehend nur an Gewerbetreibende richtet, vorliegend wegen der nur nach ihren Oberbegriffen genannten Dienstleistungen der Klasse 44, welche sich grundsätzlich an jeden richten können, die Allgemeinheit - die Wortfolge "Rettet die Bolzplätze" daher nur in dem Sinn verstehen, dass diese mit solchen (Kinder-) Spielplätzen befasst sind, insbesondere ihrem Erhalt dienen.

Ein solches Verständnis wird sich dem Verkehr allerdings nur bei solchen Tätigkeiten aufdrängen, die üblicherweise mit der Herrichtung und Pflege von Bolzplätzen zu tun haben können. Da es sich hierbei im Wesentlichen um gartenbautechnische und -pflegerische Dienste handelt, liegt das vorgenannte Verständnis für die beanspruchte "Dienstleistung im Bereich der Gartenwirtschaft" geradezu auf der Hand; hier werden die angesprochenen Verkehrskreise der Wortfolge mithin nur den - werbeanpreisenden - beschreibenden Hinweis entnehmen, dass diese Dienstleistung auf die Anlage und insbesondere den Erhalt von Bolzplätzen gerichtet ist.

Anderes gilt indessen für die ebenfalls zurückgewiesenen Dienstleistungen "Werbung; Dienstleistung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft". Die Dienstleistung "Werbung", die als selbständige Dienstleistung Dritten gegenüber erbracht wird, kann - wie die Dienstleistungen "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und Büroarbeiten" - nämlich ganz verschiedene Gegenstände betreffen, wobei sie üblicherweise im Verkehr nicht nur für einen der möglichen Gegenstände angeboten wird, weil bei ihnen die Tätigkeit als solche ohne Spezifizierung auf einen bestimmten Zweck im Vordergrund steht (vgl. Senat, 27 W (pat) 144/03 - IRISH COB, veröffentlicht auf der PAVIS-CD-ROM). Den angesprochenen Verkehrskreisen, bei denen es sich im allgemeinen um Gewerbetreibende handelt, liegt es daher fern, die Bezeichnung "RETTET DIE BOLZPLÄTZE" in Verbindung mit Werbung nur als thematische Eingrenzung dieser Dienstleistung auf den bloßen Erhalt und die Pflege von Kinderfußballspielplätzen anzusehen. Dienstleistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sind demgegenüber thematisch auf das planmäßige Betreiben von Ackerbau und Viehhaltung zum Erzeugen von tierischen und pflanzlichen Produkten (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.) bzw. die wirtschaftliche Nutzung, die Pflege und den Anbau des Waldes (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.) eingegrenzt; hierzu zählt aber im Allgemeinen nicht die Anlage und die Pflege von Kinderspielplätzen, so dass die angemeldete Wortfolge in Bezug auf diese Dienstleistungen eher verfremdend und fantasievoll wirkt; damit hat der Verkehr keine Veranlassung mehr, sie als eine im Vordergrund stehende, den möglichen Inhalt oder die mögliche Bestimmung dieser Dienstleistungen beschreibende Angabe anzusehen; vielmehr wird er dazu tendieren, sie als "originellen" Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen. Damit kann der angemeldeten Wortfolge aber das erforderliche geringe Mindestmaß an Unterscheidungskraft für diese Dienstleistungen letztlich nicht abgesprochen werden.

Ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hat schon die Markenstelle nicht angenommen. Auch der Senat sieht dies so.

Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zu Unrecht die Eintragung für die angemeldeten Dienstleistungen "Werbung; Dienstleistung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft" wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle hinsichtlich dieser Dienstleistungen teilweise aufzuheben, während die auch die zutreffende Schutzversagung der Anmeldemarke für die "Dienstleistung im Bereich der Gartenwirtschaft" angreifende weitergehende Beschwerde zurückzuweisen war.






BPatG:
Beschluss v. 07.03.2006
Az: 27 W (pat) 209/05


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